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Seit 1940 hat es entweder in der gesamten Turkei oder bestimmten Provinzen immer wieder aussergewohnliche Formen des Regierens gegeben Nach den Artikeln 119 122 der Verfassung der Republik Turkei aus dem Jahre 1982 gibt es vier Formen der ungewohnlichen Herrschaft Kriegsrecht sikiyonetim Ausnahmezustand olaganustu hal Mobilmachung seferberlik und Kriegszustand savas hali Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Rechtsgrundlage 2 1 Ausnahmezustand 2 2 Kriegsrecht 3 Verhangung des Kriegsrechts 4 Ausnahmezustand 4 1 OHAL 4 2 Bilanz nach 15 Jahren OHAL 4 3 Kriegsrecht und Ausnahmezustand ab 2016 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAm 27 Dezember 2001 fuhrte der Verfassungsrechtler Prof Dr Zafer Uskul in der Tageszeitung Radikal einige Einzelheiten auf 1 Das erste Gesetz aus dem Jahre 1940 nannte sich Gesetz zur aussergewohnlichen Verwaltung Idare i Orfiye Kanunu Es wurde 1971 durch das Kriegsrecht ersetzt 2 Das erste Gesetz zu Ausnahmezustand Mobilmachung und Krieg wurde unter militarischer Herrschaft im Jahre 1983 erlassen 1 Es war das Gesetz Nr 2935 verabschiedet am 25 Oktober 1983 veroffentlicht im Amtsblatt der Turkei am 27 Oktober 1983 3 Rechtsgrundlage BearbeitenAusnahmezustand Bearbeiten In den Artikeln 119 und 120 der Verfassung werden als Grunde fur die Verhangung des Ausnahmezustands genannt Artikel 119 In Fallen einer Naturkatastrophe gefahrlicher Seuchen oder einer schweren Wirtschaftskrise kann der unter dem Vorsitz des Prasidenten der Republik zusammentretende Ministerrat in einem Teil oder mehreren Teilen des Landes oder im ganzen Land fur eine Dauer von nicht mehr als sechs Monaten den Notstand ausrufen Artikel 120 Ergeben sich ernsthafte Anzeichen fur sich ausbreitende Gewalthandlungen die auf eine Aufhebung der durch die Verfassung begrundeten freiheitlichen demokratischen Ordnung oder der Grundrechte und freiheiten gerichtet sind oder wird die offentliche Ordnung ernsthaft gestort so kann der unter dem Vorsitz des Prasidenten der Republik zusammentretende Ministerrat nach Einholung der Ansicht des Nationalen Sicherheitsrates in einem Teil oder mehreren Teilen des Landes oder im ganzen Land fur eine Dauer von nicht mehr als sechs Monaten den Notstand ausrufen Kriegsrecht Bearbeiten Der Terminus Kriegsrecht wurde in der Ubersetzung als Ausnahmezustandsverwaltung wiedergegeben Artikel 122 Aus Grunden der Ausbreitung von Gewalthandlungen welche auf die Aufhebung der durch die Verfassung anerkannten freiheitlichen demokratischen Ordnung oder der Grundrechte und freiheiten gerichtet und ernster sind als die die Ausrufung des Notstandes erfordernden Falle oder des Auftretens des Kriegsfalles oder einer einen Krieg erfordernden Lage eines Aufstandes oder einer Unternehmung von gewaltsamen Aktionen gegen das Vaterland oder die Republik oder der Ausbreitung von Gewalthandlungen welche von innen oder aussen die Unteilbarkeit des Landes und der Nation in Gefahr bringen kann der unter dem Vorsitz des Prasidenten zusammentretende Ministerrat nach Einholung der Ansicht des Nationalen Sicherheitsrates in einem Teil oder in mehreren Teilen des Landes oder im ganzen Land fur eine Dauer von nicht mehr als sechs Monaten die Ausnahmezustandsverwaltung Kriegsrecht ausrufen Die Verlangerung der Ausnahmezustandsverwaltung Kriegsrecht um jeweils nicht mehr als vier Monate ist von dem Beschluss der Turkischen Grossen Nationalversammlung abhangig In Fallen des Krieges bedarf es dieser Frist von vier Monaten nicht Welche Vorschriften in den Fallen der Ausnahmezustandsverwaltung der Mobilmachung und des Krieges Anwendung finden und auf welche Art und Weise die Geschafte gefuhrt werden die Beziehungen zur Verwaltung die Art und Weise der Beschrankung oder Aussetzung der Freiheiten und im Falle des Auftretens eines Krieges oder einer einen Krieg erfordernden Lage die den Staatsburgern aufzuerlegenden Verpflichtungen werden durch Gesetz geregelt 4 Verhangung des Kriegsrechts BearbeitenEnde 2001 sagte Rechtsprofessor Zafer Uskul dass 40 der 78 Jahre seit der Grundung der Republik Turkei unter Ausnahmeverwaltung verbracht wurden 1 Am 25 Dezember 1978 wurde nach dem Pogrom von Kahramanmaras in 13 Provinzen der Turkei das Kriegsrecht ausgerufen 5 In den darauffolgenden Monaten wurde es auf 20 Provinzen ausgedehnt 6 Mit dem Militarputsch in der Turkei 1980 verhangten die funf Generale des Generalstabs das Kriegsrecht in allen 67 seinerzeit existierenden Provinzen der Turkei Ab Dezember 1983 wurde es langsam aufgehoben und teilweise durch Ausnahmezustand ersetzt Im Juli 1987 wurde das Kriegsrecht in der gesamten Turkei beendet 6 Am 1 Juli 1982 legten funf Lander Danemark Norwegen Schweden Frankreich und die Niederlande eine Staatenklage gegen die Turkei bei der Europaischen Kommission fur Menschenrechte ein Im Dezember 1985 wurde eine gutliche Einigung erzielt mit der sich die Turkei verpflichtete das Kriegsrecht in 18 Monaten aufzuheben Das war einer der Grunde fur die Abschaffung des Kriegsrechts und den Ubergang zum Ausnahmezustand 7 Ausnahmezustand BearbeitenMit der Einrichtung eines Gebietes unter Ausnahmezustand in den Provinzen Bingol Diyarbakir Elazig Hakkari Mardin Siirt Tunceli und Van und der Einstufung der Provinzen von Adiyaman Bitlis und Mus zu Nachbarprovinzen Mucavir Il begann am 19 Juli 1987 eine neue Ara 8 Die gesetzliche Grundlage war die Entschliessung 285 mit Gesetzeskraft 285 sayili Kanun Hukmunde Kararname 9 mit der ein regionaler Gouverneur fur das Gebiet unter Ausnahmezustand ernannt wurde Das Gebiet und die herrschende Form der Verwaltung wurde bekannt als OHAL Abkurzung fur turkisch Olaganustu hal der Ausnahmezustand OHAL Bearbeiten Der Ausnahmezustand wurde 46 Mal fur je vier Monate verlangert 8 Am 6 Mai 1990 wurden die neu geschaffenen Provinzen Batman und Sirnak in die OHAL Region aufgenommen Am 19 Marz 1994 wurde Bitlis zu einer Nachbarprovinz erklart Ab Ende 1994 wurde das Gebiet langsam verkleinert Elazig wurde aus dem OHAL Verband herausgenommen und Adiyaman gehorte nicht mehr zu den Nachbarprovinzen Am 30 November 1996 wurde Mardin auf eine Nachbarprovinz zuruckgestuft So geschah es mit den Provinzen Batman Bingol und Bitlis am 6 Oktober 1987 Der Ausnahmezustand wurde in der Provinz Siirt am 30 November 1999 in Van am 30 Juli 2000 und in Hakkari und Tunceli am 30 Juli 2002 beendet 8 Am 30 November 2002 wurde der OHAL vollstandig aufgehoben Bis zuletzt gehorten die Provinzen Diyarbakir und Sirnak zu diesem Gebiet Die regionalen Gouverneure auch Supergouverneure genannt waren Hayri Kozakcioglu 12 Januar 1987 bis 2 August 1991 Necati Cetinkaya 17 August 1991 bis 29 Januar 1992 Unal Erkan 21 Februar 1992 bis 1 November 1995 10 Necati Bilican Aydin Arslan starb 1999 an Herzversagen als er im Amt war Gokhan Aydiner 11 Nach 2002 haben die Turkische Streitkraften Teile des OHAL Gebietes zu Sicherheitszonen guvenlik bolgesi erklart 12 Bilanz nach 15 Jahren OHAL Bearbeiten In einem Artikel haben die Anwalte M Sezgin Tanrikulu und Serdar Yavuz beide in Diyarbakir niedergelassen einige Daten zu Menschenrechtsverletzungen in der Region unter Ausnahmezustand zwischen 1987 und 2002 prasentiert 13 Es sind offizielle Zahlen denn sie wurden am 28 Februar 2003 als Antwort auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten fur Diyarbakir Mesut Deger vom 29 Januar 2003 vom Verteidigungsminister gegeben Todesfalle waren Zivilisten Sicherheitsbeamte Militante5 105 3 541 25 344Des Weiteren starben 371 Angehorige der Streitkrafte und 572 Zivilisten durch Explosionen von Minen oder Bomben In der Region wurden 1 248 politische Morde verubt von denen 750 aufgeklart wurden aber in 421 konnten keine Tater ermittelt werden In Polizeihaft verstarben 18 Personen und 194 Personen verschwanden Einige wurde in Gefangnissen bei guter Gesundheit oder tot aufgefunden aber 132 blieben verschwunden Es gab 1 275 Beschwerden wegen Folter und es wurde in 1 177 Fallen ermittelt Von den daraufhin eroffneten 296 Verfahren endeten 60 mit einer Verurteilung wobei in 56 Fallen die Strafen zur Bewahrung ausgesetzt wurden Kriegsrecht und Ausnahmezustand ab 2016 Bearbeiten Im Zuge des Putschversuchs vom 15 Juli 2016 verhangte die putschende Fraktion der turkischen Streitkrafte das Kriegsrecht uber das Land Funf Tage nach dem Scheitern des Putschversuchs verhangte die turkische Regierung Kabinett Yildirim einen Ausnahmezustand fur die gesamte Turkei fur die Dauer von drei Monaten 14 Er trat am 21 Juli fur 90 Tage also bis zum 18 Oktober in Kraft am 3 Oktober 15 am 4 Januar 2017 16 am 18 April 2017 17 am 17 Juli 2017 18 und abermals am 18 Januar 2018 19 beschloss das Parlament eine Verlangerung um jeweils weitere 90 Tage er galt damit bis zum 18 Juli 2018 20 Nach dem Putschversuch kundigte Prasident Erdogan massive Sauberungen im Staatsapparat an Seine Regierung halte den in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gulen fur dessen Drahtzieher Seit dem Putschversuch wurden Stand 3 November 2016 mehr als 110 000 Beamte Richter Staatsanwalte Polizisten und Soldaten wegen mutmasslicher Verbindungen zum Gulen Netzwerk suspendiert oder entlassen zehntausende wurden verhaftet Etwa 170 Zeitungen Zeitschriften TV Sender und Nachrichtenagenturen wurden geschlossen 21 Siehe auch BearbeitenKriegsvolkerrechtEinzelnachweise Bearbeiten a b c Zafer Uskul Olagan yonetilemiyoruz Memento vom 4 April 2012 imInternet Archive Zeitungsmeldung vom 27 Dezember 2001 Abgerufen am 4 September 2009 turkisch Siehe den Text des Gesetzes 1402 Memento vom 8 Mai 2008 im Internet Archive Abgerufen am 4 September 2009 turkisch Zum kompletten Gesetzestext Memento vom 14 November 2009 im Internet Archive Abgerufen am 4 September 2009 turkisch Die deutsche Ubersetzung unter Archivierte Kopie Memento vom 22 September 2011 im Internet Archive wahlte fur den turkischen Begriff sikiyonetim englisch martial law Ausnahmezustandsverwaltung anstatt Kriegsrecht Abgerufen am 7 September 2009 Republic of Turkey 1923 present In uca edu Abgerufen am 12 September 2018 englisch The government declared martial law in 13 provinces on December 25 1978 a b Bericht von Amnesty International AI Index EUR 44 65 88 November 1988 Human rights denied Einleitung des englischen Berichts als normaler Text Abgerufen am 4 September 2009 Anhorung im Bundestag am 11 und 12 Mai 1993 Helmut Oberdiek zu Menschenrechte in der deutschen Innen und Aussenpolitik Abgerufen am 4 September 2009 a b c Siehe dazu die Tageszeitung Yeni Safak vom 22 November 2002 Abgerufen am 4 September 2009 turkisch Text der Entschliessung 285 Memento vom 26 Februar 2013 im Internet Archive Abgerufen am 4 September 2009 turkisch Die Daten wurden in einem Papier des Dialog Kreises Krieg in der Turkei zu Parlamentarier durchbrechen Tabu in der Kurdenfrage Memento vom 26 Februar 2012 im Internet Archive PDF 53 kB veroffentlicht Abgerufen am 4 September 2009 Vgl Serif Karatas OHAL siz gune merhaba Memento vom 7 Dezember 2008 imInternet Archive Artikel der Tageszeitung Evrensel vom 31 Juli 2002 Abgerufen am 4 September 2009 turkisch Siehe dazu einen Sonderbericht das Demokratischen Turkeiforums Abgerufen am 7 September 2009 englisch Der Artikel wurde in der Zeitschrift fur Recherche in Sozialwissenschaften Sosyal Bilim Arastirmalari Dergisi herausgegeben vom Verein wissenschaftlicher Recherche und Solidaritat veroffentlicht Die online Ausgabe 1 2 Vorlage Toter Link www akader net Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis ist in turkischer Sprache Abgerufen am 4 September 2009 Nach Putschversuch Was der Ausnahmezustand fur die Turkei bedeutet In sueddeutsche de ISSN 0174 4917 sueddeutsche de abgerufen am 21 Juli 2016 tagesschau de 3 Oktober 2016 Turkei verlangert Ausnahmezustand um drei Monate Spiegel Online 4 Januar 2017 abgerufen am selben Tage Ausnahmezustand in der Turkei um drei Monate verlangert Suddeutsche Zeitung 18 April 2017 abgerufen am 27 August 2020 Turkei Ausnahmezustand erneut verlangert In handelsblatt com 17 Juli 2017 abgerufen am 23 September 2017 Recep Tayyip Erdogan Turkei verlangert Ausnahmezustand In Die Zeit 18 Januar 2018 ISSN 0044 2070 zeit de abgerufen am 18 Februar 2018 Turkei Erdogan will Ausnahmezustand aufheben In Spiegel Online 13 Juli 2018 abgerufen am 16 Juli 2018 NZZ ch 3 November 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kriegsrecht und Ausnahmezustand in der Turkei amp oldid 223609097