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Klima der Angst Politische Essays ist ein Buch des nigerianischen Schriftstellers Wole Soyinka Die Sammlung von funf Essays wurde 2004 zuerst auf Englisch veroffentlicht In ihnen erlautert Soyinka seine Anhaltspunkte dafur dass es ein Muster gibt wonach durch Angst gepragte Regime von Machthabern und selbsternannten Kampfern in verschiedenen Landern zunehmen Er vertritt die Auffassung dass politische Ursachen auf der Basis eines ethischen Willens in einem heilenden Prozess identifiziert und beseitigt werden mussen 1 Wole Soyinka 2008 Das Buch des Literaturnobelpreistragers von 1986 basiert auf funf Vortragen mit dem Titel A changing mask of fear die ursprunglich fur offentliche Lesungen in London Bristol Leeds und Atlanta verfasst worden sind Sie wurden als The Reith Lectures 2004 zwischen dem 10 Marz und dem 8 Mai 2004 von BBC Radio 4 ausgestrahlt 1 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Rezeption 3 Ausgaben 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenSoyinka bringt seine Angste vor einem sich entwickelnden Muster zum Ausdruck wonach in verschiedenen Landern zunehmend mittels Angst regiert werde Er verknupft in seiner Darstellung konkrete Ereignisse aus vielen Jahren und vielen Landern bei denen er zum Teil zugegen war und kommentiert sie nicht zuletzt unter dem Eindruck der Ereignisse vom 11 September 2001 In gelegentlichen historischen Ruckblicken etwa zu 1968 in Paris und Westeuropa nimmt Soyinka distanzierend Bezug auf anarchistische Aktionen derjenigen Studenten und allen nur denkbaren Gruppen enttauschter Jugendlicher die Marx Rechtsanalyse fur sich entdeckt hatten Das Gesetz war nicht neutral sondern ein Instrument zum Schutz der herrschenden Klassen S 83 Im Vorwort Konig Bassajew und das Massaker an den Unschuldigen von September 2004 kommentiert Soyinka zeitnah das Massaker an Schulkindern bei der Geiselnahme von Beslan in Tschetschenien die von Schamil Salmanowitsch Bassajew organisiert worden war Bewaffnete Erwachsene seien zum Wohle von Kindern in den Ort eingefallen und hatten ihnen Wasser und Nahrung weggenommen Hunderte von Kindern seien ihrer Wurde beraubt und zutiefst in ihrer Verwundbarkeit getroffen worden S 9 Soyinka fordert Personen der islamischen Glaubensgemeinschaft dazu auf diese Graueltat von Beslan zu verurteilen als eine Verzerrung des moralischen Kompasses des Islam und die Fuhrung zu ubernehmen um Bassajew vor Gericht zu stellen S 11 Um die Hinrichtung des nigerianischen Schriftstellers und Oko Aktivisten Ken Saro Wiwa und acht weiterer Burgerrechtler in Nigeria 1995 geht es zu Beginn des Kapitels Eine sich standig verandernde Maske der Angst Hier spricht Soyinka zunachst uber Kunst und spricht in diesem Zusammenhang auch Gewaltverhaltnisse in vielen weiteren Landern an Dann erweitert er seine Frage von vor 20 Jahren wie Kreativitat unter willkurlicher Machtausubung uberleben konne durch die Beobachtung In der heutigen Zeit ist die Gemeinde derjenigen die in Angst leben viel grosser und weniger selektiv geworden S 17 Uber Symptome der Angst konne man sich vermutlich leicht einigen Man spure einen Verlust der gewohnten Willensfreiheit fuhle sich in seinem Freiheitsgefuhl auf schmerzhafte Weise eingeschrankt werde weniger impulsiv und sei mehr auf der Hut S 17 In einem Zwischenfazit halt Soyinka fest dass der Angriff auf die menschliche Wurde eines der wichtigsten Ziele in der Heimsuchung durch die Angst ist ein Vorspiel zur Beherrschung des Geistes und zum Triumph der Macht S 21 Im Vortrag Uber Macht und Freiheit fragt Soyinka was Macht eigentlich sei Sie wirke so dass Angst vor Kontrolle steige Aber Es ist die freie Willensausserung an der wir so verzweifelt festhalten die unsere Vervollkommnung als soziale Wesen definiert S 67 68 Am Beispiel Algerien zeigt Soyinka wie Normen einer zivilisierten Gesellschaft auf der Strecke bleiben wenn Selbstgerechtigkeit an die Stelle des Rechts tritt etwa weil Staat und Quasi Staat einander bekampfen S 50 51 Macht sei paradoxerweise der Beginn von Angst Gegen neurotische Selbstuberschatzung hatten altere Gesellschaften Szenarien entwickelt die der Banalisierung von Macht dienen Er habe als Dramatiker damit experimentiert Soyinka schildert am Beispiel von Jean Genets Stuck Der Balkon 1957 eine eigene modernisierte Zusammenfassung dazu wie formale Macht ritualisiert wird S 71 Um zwei Analyseperspektiven auf offentliche Rhetorik geht es im Kapitel Eine Rhetorik die bindet und blendet namlich um eine politische und eine religiose Politik und Religion sind nach Soyinkas Auffassung oft nur zwei Seiten derselben Medaille was sich auch darin zeige dass die politische Seite frommelnde Zuge trage und die religiose Seite heilige Unantastbarkeit mime wenn sie ihren Wirkungsbereich auf das Politische und das Profane ausdehnt S 73 Soyinka wagt die Wirkung von Gesprachsformen wie Monolog und Dialog am Beispiel von Ayatollah Khomeini und Mohammad Khatami Ziemlich sicher sei rhetorische Hysterie ein Produkt einer einseitigen Kommunikation S 76 Seinen Anfang nehme dieser Zustand gelegentlich in kleinen Nadelstichen durch die eine selbstgefallige Gesellschaft belastigt und vielleicht ein gemeinschaftliches Gefuhl des Andersdenkens verstarkt werden soll S 170 Soyinka bezieht sich auf den Jugendaufstand in Paris im Mai 1968 der ein anderer bemerkenswerter Ausdruck des leidenschaftlichen Strebens nach Veranderung gewesen sei und den Soyinka als eine ernste Herausforderung des Status quo einschatzt S 79 Auch heute noch gebe es den leidenschaftlichen Drang sein Tun auf ideologischer Selbstgerechtigkeit zu grunden der sich tagtaglich in isolierten anarchistischen Einzeltaten gegen die Gesellschaft wie auch in ideologisch begrundeten Kriegen rund um den Globus manifestiere S 78 Auf Kindersoldaten geht Soyinka kurz im Zusammenhang mit der ugandischen Feldherrin Alice Lakwena ein die 1986 das Holy Spirit Movement gegrundet hatte Im letzten Abschnitt des Kapitels betont Soyinka dass Dialog die Chance sei das gegenwartige Klima der Angst abzuschwachen S 95 und er hofft dass mit Khatami als Prasidenten in Iran die millionenfache Lobpreisung der Grosse Gottes sich von der plumpen ultranationalistischen Politik des Sieg Heil Grolens loslost S 102 Anhand eines Beispiels aus Nordirland geht Soyinka in Das Streben nach Wurde der Frage nach warum der Begriff Wurde in allen Kulturen und Zivilisationen und uber alle politischen Umsturze hinweg in so vielen Dokumenten festgeschrieben worden sei S 104 Das Streben nach menschlicher Wurde scheine sich geradezu als Ausloser fur Kriege und andere Gewalttaten an sich oder anderen entpuppt zu haben Dies erlautert Soyinka anhand eines Gespraches das er mit dem Botschafter Kubas in Nigeria gefuhrt hat in dem dieser bestrebt war eine Moglichkeit zu suchen wie die kubanische Regierung zur Auflosung der wirtschaftlichen Sanktionen seitens der USA den Dialog eroffnen konne unter der Bedingung die eigene Wurde nicht preiszugeben Wurde sagt Soyinka sei ganz einfach ein anderes Gesicht der Freiheit und somit das genaue Gegenteil von Macht und Unterdruckung S 118 Wo fanatischer Geist herkommt versucht Soyinka in Ich habe recht und du bist tot zu erklaren Er sieht im Menschen eine naturliche Veranlagung alternative Konzepte oder Varianten zu formulieren Diese Veranlagung auszubilden werde nahezu unmoglich wenn wie beim theokratischen Zwilling der Ideologie S 141 geheime Raume der Offenbarung anstelle von materiellen Bedingungen die Orte seien aus denen Geltungsanspruche hergeleitet wurden Angst verkleide sich dann haufig als gottgefallige Frommigkeit und dieser Angst falle Neugier zum Opfer S 141 Im Folgenden nimmt Soyinka u a kritisch Stellung zum Verhalten der Regierung Bush nach den Ereignissen des 11 September 2001 und fragt auch wie es um andere Glaubensrichtungen bestellt ist die bei der Aufteilung des Globus unter der Fuchtel zweier blutbeschmierter Glaubensriesen routinemassig an den Rand gedrangt werden S 149 Ein eigenes Gedicht in dem es um Taslima Nasrin geht Sie schrieb von einem gleichmachenden Gott androgyn und beidhandig mit der Linken und Rechten gleich geschickt stellt Soyinka ans Ende seines funften Vortrags S 157 Im Beitrag Toleranz die Lehre des Orisha der anstelle eines Nachworts auf die funf Vortrage folgt schildert Soyinka wie sich in den letzten hundert Jahren das Verhaltnis zwischen christlich und muslimisch lebenden Familien am Ort seiner Herkunft verandert habe Als zutiefst e ntmutigend sieht er an dass sich lebensbedrohliche Risse aufgetan haben S 159 Man feiere bei religiosen Festen nicht mehr gemeinsam wie dies in seiner Jugend selbstverstandlich gewesen sei Abschliessend fragt Soyinka danach was indigene Religionen dazu sagen wenn der Gesellschaft oder Gemeinschaft ein theokratisches Mandat auferlegt wird Hier schildert er anhand der Yoruba seiner Herkunftskultur wie mit einem Kind bei und nach der Geburt umgegangen wird Die Welt der Yoruba verabscheut jede hegemonistische Haltung S 165 Rezeption BearbeitenM A Orthofer schreibt zusammenfassend in Complete Review dass ein Klima der Angst alle diejenigen kennen die in totalitaren Regimen gelebt haben und dass dies einen Grossteil der Bevolkerung der Erde betrifft Heute allerdings seien es Quasi Staaten die die grosste Angst einflossen Soyinka nehme eine Perspektive ein in die er individuelle Handlungen und Reaktionen einbeziehe unter anderem aus den USA aus Nigeria und aus Israel Nationale Interessen seien aus Soyinkas Sicht nur ein Faktor unter vielen Er bestehe darauf dass es wichtig ist die Verhaltnisse mit einem grosseren Horizont zu betrachten Auch wenn Soyinkas Argumente letztlich relativ allgemein bleiben so sei diese Perspektive insbesondere fur Leser die die Ereignisse vom 11 September 2001 bisher nur aus nationaler Perspektive betrachtet haben eine nutzliche Anregung die Augen weiter zu offnen meint Orthofer 2 In ihrer Rezension des Bandes merkt Gaby Mayr an dass es an analytischer Scharfe mangele und dass religios motivierte Gewalt nicht ausreichend erortert werde Soyinka verwende einen Gewaltbegriff der ihr als zu beliebig aufgespannt erscheint etwa indem er auch einen Steuerbescheid erwahnenswert finde die er als Macht in seiner banalsten Form ansehe Auch lasse sich Soyinka gelegentlich zu sehr von seinen eigenen Worten mitreissen so die Rezensentin und seine ungewohnten Perspektiven auf das politische Geschehen wurden manchmal so wirken als habe der Autor die Hintergrunde nicht ausreichend recherchiert 3 Soyinka arbeite in Klima der Angst mit gut fundierten Argumenten klarer Kontextualisierung und scharfem Verstand konstatiert Alex Heminsley in The Observer im August 2004 2 Ausgaben BearbeitenAuf Englisch The climate of fear The Reith lectures 2004 Profile Press London 2004 ISBN 1 86197 783 2 US amerikanische Ausgabe Climate of fear The quest for dignity in a dehumanized world Random House Trade Paperbacks New York 2005 ISBN 0 8129 7424 7 Auf Deutsch Klima der Angst Politische Essays Aus dem Englischen ubersetzt von Gerd Meuer 172 S Ammann Zurich 2005 ISBN 3 250 30017 9 Auf Italienisch Clima di paura trad di Andrea Bajani e Mariapaola Pierini Codice Torino 2005 ISBN 88 7578 017 XDie deutschsprachige Ausgabe 2005 besteht aus folgenden Teilen Konig Bassajew und das Massaker an den Unschuldigen Vorwort zur deutschsprachigen Ausgabe 1 von September 2004 S 5 11 Eine sich standig verandernde Maske der Angst S 13 39 en Audio BBC Radio 4 aufgezeichnet in The Royal Institution London am 9 Marz 2004 gesendet am 10 April und erneut am 17 April 2004 en Transkript von The Changing Mask of Fear Uber Macht und Freiheit S 40 72 en Audio BBC Radio 4 aufgezeichnet in School of Oriental and African Studies SOAS University of London am 11 Marz 2004 gesendet am 14 April und erneut am 17 April 2004 en Transkript von Power and Freedom Eine Rhetorik die bindet und blendet S 73 102 en Audio BBC Radio 4 aufgezeichnet im IMAX Theatre in Bristol am 23 Marz 2004 gesendet am 21 April und erneut am 24 April 2004 en Transkript von Rhetoric that Binds and Blinds Das Streben nach Wurde S 103 128 en Audio BBC Radio 4 aufgezeichnet in der University of Leeds am 25 Marz 2004 gesendet am 28 April und erneut am 1 Mai 2004 en Transkript von A Quest for Dignity Ich habe recht und du bist tot S 129 157 en Audio BBC Radio 4 aufgezeichnet in der Emory University in Atlanta USA am 29 Marz 2004 gesendet am 5 Mai und erneut am 8 Mai 2004 en Transkript von I am Right You are Dead Toleranz die Lehre des Orisha Anstelle eines Nachworts S 158 173 Weblinks BearbeitenAudios und Transkripte der Vortrage englisch Gaby Mayr Uber Kampfer fur das vermeintlich Gute Wole Soyinka Klimata der Angst dradio de 25 Mai 2005 mit Zitaten in deutscher Sprache Einzelnachweise Bearbeiten a b c Klima der Angst Politische Essays Aus dem Englischen ubersetzt von Gerd Meuer 172 S Ammann Zurich 2005 ISBN 3 250 30017 9 S 10 S 4 Weitere Seitenzahlen werden direkt im Artikeltext angegeben a b M A Orthofer Climate of Fear by Wole Soyinka complete review com zuletzt abgerufen 6 Dezember 2013 Rezensionsnotiz bei Perlentaucher de zu einer Rezension von Gaby Mayr in der Suddeutschen Zeitung vom 11 Juli 2005 Zuletzt abgerufen am 30 Oktober 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klima der Angst amp oldid 234128116