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Josef Estermann 28 Dezember 1898 8 November 1982 war ein deutscher Kommunalpolitiker in Wasserburg am Inn Oberbayern Mitglied der KPD zeitweise der SPD und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus tatig Er gilt als beherzter Retter Wasserburgs und trug wesentlich dazu bei dass die Stadt gegen Ende des Zweiten Weltkriegs kampflos den amerikanischen Streitkraften ubergeben wurde und es nicht wie andernorts zu blutigen Gewalttaten kam 1 Werdegang BearbeitenJosef Sepp Estermann wurde am 28 Dezember 1898 in Wasserburg geboren wuchs in einfachen Verhaltnissen auf und war zunachst als Landarbeiter tatig 1916 wurde er zum Ersten Weltkrieg eingezogen und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet da er einem Offizier das Leben rettete 2 Nach Kriegsende beteiligte er sich als Spartakist an der Verteidigung der Munchner Raterepublik und ware im Gefangnis Stadelheim von den Regierungstruppen fast hingerichtet worden In Wasserburg baute er den Ortsverein der KPD auf wahrend sich seine Frau in der Roten Hilfe engagierte 1930 verurteilte ihn das Reichsgericht in Leipzig wegen Waffendiebstahl und Hochverrat zu einer dreijahrigen Gefangnisstrafe da er mit weiteren Kommunisten versteckte Maschinengewehre aus einer Ziegelei bei Pfaffing entwendete Er floh mit Hilfe der KPD kurzfristig in die UdSSR wurde nach seiner freiwilligen Ruckkehr 1931 in die Haftanstalt Bernau verbracht wo er das Korbmacherhandwerk erlernte und infolge der Schleicher Amnestie am 20 Dezember 1932 vorzeitig entlassen Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 kam er mehrmals auf Betreiben ortlicher Nationalsozialisten in Schutzhaft und mindestens einmal von August 1933 bis Mai 1934 ins Konzentrationslager Dachau 3 wo er zum zweiten Mal in seinem Leben nur knapp der Hinrichtung entkam als er Lebensmittel fur hungernde Mithaftlinge stahl Nach seiner Entlassung widmet er sich vordringlich dem Aufbau einer beruflichen Existenz als selbstandiger Korbmacher Gegen Ende des 2 Weltkriegs baute Estermann eine Widerstandsgruppe in Wasserburg auf die nach dem Rundfunkaufruf der Freiheitsaktion Bayern am 28 April 1945 aktiv wurde und sich fur das Ende der NS Herrschaft und die friedliche Kapitulation der Stadt einsetzte Im Mai 1945 ernannte ihn die amerikanische Militarregierung zum Ersten Burgermeister der besetzten Stadt Wasserburg am Inn und beauftragte ihn im Oktober des gleichen Jahres mit dem Amt des Landrats des Landkreises Wasserburg am Inn 4 Infolge des Verdachts er sei ein V Mann der Gestapo gewesen wurde er ab 1 Marz 1946 vorubergehend seines Amtes enthoben 5 In der Verhandlung vor einem U S Militargericht im Wasserburger Rathaussaal konnte der Vorwurf ausgeraumt und Estermann ab 25 Marz 1946 weiter als kommissarischer Landrat eingesetzt werden 6 Er blieb bis zur Wahl des Nachfolgers am 30 September 1946 im Amt Bereits im Dezember 1945 wurde Estermann nach Zerwurfnissen aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und ging spater zur SPD Er war bis zu seinem Tod als Geschaftsmann in der Fertigung von Korb und Spielwaren in Wasserburg tatig Verdienste um die friedliche Kapitulation der Stadt Wasserburg in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges BearbeitenEstermann gehorte einer in Wasserburg operierenden Widerstandsgruppe an die sich auf die Freiheitsaktion Bayern berief Als es der Freiheitsaktion Bayern am 28 April 1945 gelang nach der Besetzung zweier Reichssender einen Widerstandsaufruf uber den Bayerischen Rundfunk zu verbreiten 7 besetzten Mitglieder der Gruppe um Estermann das Kreishaus der NSDAP und entwaffneten die anwesenden Angestellten wahrend zeitgleich andere Widerstandler die bei der Post arbeiteten die ortlichen Telefonleitungen manipulierten so dass keine Hilfe von aussen zur Niederschlagung des Aufstands gerufen werden konnte 8 Estermann forderte den Wasserburger Kreisleiter der NSDAP Kurt Knappe sowie den Kampfkommandanten und Leiter des Wehrmeldedamts Oberstleutnant Puhl auf einen Aufruf zur Nichtverteidigung der Stadt zu erlassen Infolge initiierte man 10 minutige Lautsprecherdurchsagen und Flugblattaushange an verschiedenen Stellen in der Stadt in denen die Bevolkerung aufgerufen wurde Ruhe zu bewahren und keine Gegenwehr zu leisten obwohl dies zu dieser Stunde noch als Hochverrat gelten musste Deutsche Wir wissen heute dass jeder Widerstand gegen den Feind vergeblich ist und ein Verbrechen ware Vermeidet jede Unbesonnenheit 9 Hierfur zeichneten namentlich der Leiter des ortlichen Wehrmeldeamtes Oberstleutnant Nikolaus Puhl der Landrat des Landkreises Wasserburg Willi Moos der Wasserburger Burgermeister Baumann und fur die deutsche Freiheitsbewegung Josef Estermann verantwortlich Alle Unterzeichner sowie der diesen Vorgang duldende Kreisleiter Knappe wurden kurz darauf wegen Landes und Hochverrats durch ein Kriegsgericht bzw auf Veranlassung des Gauleiters Giesler zum Tode verurteilt Die Urteile konnten wegen des Vorruckens der U S Armee bzw aufgrund der Flucht von Estermann und Baumann nicht mehr vollstreckt werden so dass die Wasserburger Freiheitsaktion glimpflich verlief Ob die Gruppe um Estermann auch die vollstandige Sprengung der Innbrucke verhindern konnte ist ungeklart da zu deren Rettung vermutlich mehrere Personen unabhangig voneinander aktiv wurden Als in der Nacht vom 2 zum 3 Mai 1945 eine Eskalation der Kampfe zwischen US amerikanischen und deutschen Truppen drohte organisierte Josef Estermann die Entfernung der Panzersperren um die Nichtverteidigung der Stadt zu signalisieren In der Fruh ging er alleine der U S Armee entgegen die bereits auf Hohe des Ortsteils Gabersee stand und gab sich als Antifaschist zu erkennen Anschliessend zeigte er den amerikanischen Truppen den Weg bestieg den ersten Panzer und fuhr anschliessend mit einer weissen Fahne winkend in die Stadt ein Die Stadt Wasserburg konnte somit am Morgen des 3 Mai 1945 friedlich und ohne Schusswechsel ubergeben werden obwohl sich Einheiten der Wehrmacht und der SS bis zuletzt verteidigungswillig zeigten 10 Einzelnachweise Bearbeiten Hans Klinger Gestorben wird erst spater Ein deutscher Lebenslauf J G Blaschke St Michael 1984 ISBN 3 7053 2115 3 Vgl Stadtarchiv Wasserburg VIT 082 Interview Hans Klinger mit Josef Estermann 17 Juni 1975 Staatsarchiv Munchen SpkA K 3828 Schutzhaftbefehl des Bezirksamts Wasserburg vom 14 August 1933 Jaromir Balcar Politik auf dem Land Studien zur bayerischen Provinz 1945 bis 1972 Bayern im Bund Bd 5 Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Bd 56 Oldenbourg Munchen 2004 ISBN 3 486 56598 2 149 Zugleich Munchen Universitat Dissertation 2002 Stadtarchiv Wasserburg VI5606 Schreiben OMGB vom 1 Marz 1946 BayHStA MInn 96106 Schreiben OBGB vom 25 Marz 1946 Bayerischer Rundfunk auf historisches lexikon bayerns de Bericht Josef Estermann Die F A B Wasserburg vermutlich kurz nach Kriegsende 1945 Hermann Auer Der Landkreis Wasserburg im Dritten Reich Eine Dokumentation der Zeitgeschichte Erlebnisse Erinnerungen 1933 1945 2 Auflage Wasserburger Bucherstube Wasserburg am Inn 2005 ISBN 3 9808031 6 3 S 653 Hans Klinger Gestorben wird erst spater Ein deutscher Lebenslauf J G Blaschke St Michael 1984 ISBN 3 7053 2115 3 S 217 ff Landrate des Landkreises Wasserburg a Inn Hermann Horst 1939 1941 Wilhelm Moos 1942 1945 Josef Estermann 1945 1946 Hans Niedermeier 1946 1948 Heinrich Stulberger 1948 1970 Josef Bauer 1970 1972 Normdaten Person GND 118879235 lobid OGND AKS VIAF 32794572 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Estermann JosefKURZBESCHREIBUNG deutscher KommunalpolitikerGEBURTSDATUM 28 Dezember 1898STERBEDATUM 8 November 1982 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Estermann Landrat amp oldid 236527898