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Islandische Zwiegesange islandisch tvisongur Plural tvisongvar sind die einzige lebendig uberlieferte Form einer improvisierten volkstumlichen Mehrstimmigkeit in Europa welche auf dem Prinzip der Stimmfuhrung in parallelen Quinten beruht Die von einem Mannerchor gesungene Hauptstimme wird von einer solistisch improvisierten Folgestimme erganzt Eigenheiten sind Stimmkreuzungen der Folgestimme in Bezug zur Hauptstimme aus der Unterquinte in die Oberquinte und umgekehrt Die wichtigste Sammlung und schriftliche Aufzeichnung der Gesange stammt von dem islandischen Pfarrer Bjarni THorsteinsson die von 1906 bis 1909 erschienen Das Buch von Bjarni thorsteinsson 1861 1938 findet sich online unter m baekur is Der Artikel uber die Zwiegesange beginnt ab Seite 764 und endet auf Seite 803 Die Noten der Zwiegesange finden sich ab Seite 776 Inhaltsverzeichnis 1 Erforschung 2 Musikwissenschaftliche Relevanz 3 Tontrager 4 Literatur 5 EinzelnachweiseErforschung BearbeitenErich Moritz von Hornbostel einer der Begrunder der vergleichenden Musikwissenschaft konnte in den 1930er Jahren von dem Islander Jon Leifs auf Wachswalzen aufgenommenen Zwiegesange untersuchen In seinem Aufsatz Phonographierte islandische Zwiegesange schrieb er Alle phonographierten Zwiegesange und 30 von den 42 bei Bjarni THorsteinsson stehen im Fa Modus und spater es ware irrefuhrend sie als lydisch zu bezeichnen Die Tone haben je nach dem Zusammenhang verschiedene Funktionen f ist ausser Tonika auch absteigender Leitton zur Nebendominante e e ist bald Nebendominante bald Leitton Mitte der 1970er Jahre kam Gerhard Annewanter bei seinen Untersuchungen zum Ergebnis dass die wechselnde Funktion der Tone wie von von Hornbostel korrekt beschrieben schlussiger durch die Postulierung einer Halbtonpentatonik mit den Tonen e f a h c als Grundstruktur der Zwiegesange zu erklaren ist Auch die Grunde fur die Stimmkreuzungen waren jetzt durch die Beschreibung einer pentatonischen Grundstruktur bei der am Verszeilenende grundsatzlich eine reine Quinte aus der pentatonischen Reihe steht nachvollziehbar Ein Verszeilenschluss auf a wird in den original islandischen Zwiegesangen immer mit der Oberquinte e in der Folgestimme beantwortet und nicht mit der meist bequemer zu singenden Unterquinte d diese gehort nicht zur pentatonischen Reihe Auch die Einklangstone der Stimmkreuzungen a oder h gehoren ausschliesslich zur pentatonischen Reihe ebenso die Sonderform eines Stimmtausches beim Wechsel der Folgestimme in die Ober oder Unterquinte mit den Tonen f und c Die Halbtonpentatonik als Hauptmerkmal lasst sich in den 13 Zwiegesangen mit islandischen Hauptstimmen sowie in drei Zwiegesangen mit vollstandig umgesungenen ehemals kirchlichen Hauptstimmen nachweisen Wesentliche strukturelle Merkmale dieser 16 Zwiegesange finden wir auch in den 26 Zwiegesangen mit kirchlichen oder ursprunglich nicht fur den Zwiegesang vorgesehenen islandischen Hauptstimmen So ist in 14 auf f bezogenen Melodien das b ursprunglich F Dur bereits durch den Ton h vollstandig ersetzt vier Zwiegesange stehen noch in F Dur und ein Zwiegesang kann sich nicht zwischen b und h entscheiden Die pentatonischen Stimmkreuzungen uber die Einklangstone a oder h sind auch hier noch in zwei von drei Fallen nachzuweisen Musikwissenschaftliche Relevanz BearbeitenDie Kompositionsregeln der Zwiegesange sind im Vergleich zu den Regeln des kirchlichen Organums sehr komplex Die Bedeutung dieser mehrstimmigen Gesange ist fur die Frage nach dem Ursprung der Mehrstimmigkeit in Europa nicht hoch genug einzuschatzen Dass sich Mehrstimmigkeit aus vergleichsweise einfachen Konstrukten wie dem kirchlichen Organum entwickelt haben soll ist nach der eingehenden Beschaftigung mit den islandischen Beispielen sehr unwahrscheinlich Wahrscheinlicher ist die Entstehung echter Mehrstimmigkeit aus volkstumlichen und lange Zeit nur mundlich gepflegten Formen wie sie z B in den islandischen Zwiegesangen uberliefert sind 1 2003 erschien eine neuere Untersuchung zu den islandischen Zwiegesangen von dem Komponisten und Musikwissenschaftler Arni Heimir Ingolfsson als Dissertation an der Harvard University die sich nach Angaben des Autors mehr mit den kirchlichen Handschriften und weniger mit der mundlichen Tradition beschaftigt Tontrager BearbeitenTvisongur islensk fjolroddun i fimm aldir five centuries of Icelandic two part polyphony Smekkleysa Reykjavik 2004 1 CD 67 Min mit Beiheft mit Gesangstexten in lateinischer islandischer und englischer Sprache Literatur BearbeitenBjarni THorsteinsson Islenzk thjodlog Bjarni THorsteinsson hefur safnad logunum 1880 1905 og samid ritgjordirnar Moller Kopenhagen 1906 1909 S 995 3 Ausgabe Nachdruck Siglufjardarprentsmidja Reykjavik 1993 islandisch Gerhard Annewanter Zur Struktur der islandischen Zwiegesange In Jahrbuch fur musikalische Volks und Volkerkunde Eisenach 8 1977 S 12ff ISSN 0075 2703 ZDB ID 2675 x 2 Die Webseite des Autors ist down Die Struktur der Islandischen Zwiegesange Gerhard Annewanter ISLANDISCHE ZWIEGESANGE Memento vom 24 Oktober 2012 im Internet Archive Arni Heimir Ingolfsson These are the Things You Never Forget The Written and Oral Traditions of Icelandic Tvisongur Harvard University Diss 2003 754 S 3 Arni Heimir Ingolfsson Islenkst tvisongslag og mariusongur fra Montserrat In Gripla Stofnun Arna Magnussonar Reykjavik Bd 15 2004 S 195 208 ISSN 1018 5011 ZDB ID 428022 2 Erich von Hornbostel Phonographierte islandische Zwiegesange In Deutsche Islandforschung 1930 http baekur is bok 000042130 IslenzkEinzelnachweise Bearbeiten Kopie seines Beitrages Zur Struktur der islandischen Zwiegesange 1977 auf der Website des Autors Kopie auf der Website des Autors Abstract auf www musik is englisch abgerufen am 26 Februar 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Islandischer Zwiegesang amp oldid 238516229