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Die Imperativentheorie bezeichnet in der Rechtsphilosophie bzw in der Rechtstheorie die These dass die Rechtsordnung ausschliesslich aus praskriptiven d h handlungsanleitenden Satzen besteht Danach enthalt jeder vollstandige Rechtssatz entweder ein Gebot oder ein Verbot das mit einer Sanktionsdrohung durchgesetzt werden kann Recht ist somit kraft Befehl nicht weil es richtig ist Die Imperativentheorie wurde von J Bentham begrundet Bekannt wurde diese Theorie allerdings durch J Austin Veranschaulichung durch Beispiel BearbeitenEin bewaffneter Rauber befiehlt seinem Opfer ihm den Geldbeutel zu ubergeben Fur den Fall einer Weigerung droht er damit das Opfer zu erschiessen Abstrakt formuliert hat der Rauber im Beispiel eine Verhaltensanweisung ausgesprochen und diese mit einer Sanktionsdrohung versehen Daher wird nach der Imperativentheorie behauptet die staatliche Rechtsordnung sei im Grunde nichts anderes Ein Strafgesetz das ein bestimmtes Verhalten verbietet und bei Verstoss dagegen eine Freiheits oder Geldstrafe festsetzt gleiche der Situation des bewaffneten Raubers Auch hier enthalt das Strafgesetz eine Verhaltensregel die fur den Fall des Verstosses eine Sanktion vorsieht Der Unterschied des Strafgesetzes zur Drohung des Raubers beschranke sich nur darauf dass das Strafgesetz einen allgemeinen Verhaltenstypus anordnet sich an eine Vielzahl von Personen richtet und eine gewisse Bestandigkeit aufweist 1 Einwande BearbeitenGegen diese Theorie wird eingewandt dass die Vorschriften in den Gesetzen vielfach gar keine vollstandigen praskriptiven Normen enthalten Allerdings kann dieser Einwand dadurch ausgeraumt werden dass zwischen vollstandigen und unvollstandigen Rechtssatzen unterschieden wird Nur ein vollstandiger Rechtssatz druckt einen Imperativ aus Den vollstandigen Rechtssatz erhalt man durch die Zusammenstellung der zusammengehorenden unvollstandigen Rechtssatze 2 Ein weiterer Einwand der unter anderem von Karl Larenz vorgebracht wurde geht dahin dass die Imperativentheorie den eigentlichen Sinn des Rechts ignoriere Sie stelle zu stark auf die Pflichtenseite der Rechtsnorm ab Vielmehr existieren sog Bestimmungsnormen deren Hauptmerkmal in der Bestimmung von etwas liegt 3 Beispiel dafur sind Rechtsnormen die die Entstehung z B 145 BGB den Erwerb z B 873 BGB und 925 BGB oder den Verlust z B 142 BGB von Rechten regeln oder auch den rechtlichen Status von Menschen z B 1 BGB oder 105 ff BGB Auch grundet ein weiterer Einwand auf der Unterscheidung zwischen praskriptiven und konstitutiven Normen Die handlungsanleitenden praskriptiven Normen regeln Verhalten das auch ohne rechtliche Regeln vorgenommen oder unterlassen werden konnte Sie verbieten z B andere Menschen zu toten oder zu verletzen Konstitutive Normen hingegen schaffen erst die Grundlage fur bestimmtes Handeln So ist es erst durch Regeln uber den Vertragsschluss moglich bestimmte Rechtsverhaltnisse zu regeln und zu gestalten Statt Tun Sie dies ob Sie wollen oder nicht heisst es hier Wenn Sie dies tun mochten ist das der Weg dies zu tun 4 Andererseits sind auch konstitutive Normen mit Sanktionen versehen was diesen Einwand wieder entkraftet Wenn eine Vorschrift uber den Vertragsschluss nicht eingehalten wird muss mit bestimmten Konsequenzen fur den Vertrag z B Nichtigkeit gerechnet werden 5 So besteht die Sanktion im Falle eines Vertragsschlusses der einen Notar bedarf darin dass der Vertrag nichtig ist insofern er ohne ihn abgeschlossen wurde Dagegen lasst sich einwenden dass Falle denkbar sind in denen die Nichtigkeit fur den Betroffenen keine Sanktion darstellt Z B konnte eine Person die feststellt dass der Vertrag aufgrund dessen sie verklagt wird fur sie nicht bindend ist weil sie minderjahrig war oder die fur bestimmte Vertrage vorgeschriebene schriftliche Erklarung nicht unterzeichnet hat hier kein drohendes Ubel oder eine Sanktion erkennen 6 H L A Hart unterzieht die Imperativentheorie in seinem Hauptwerk Der Begriff des Rechts einer eingehenden Kritik Zusammenfassend halt er fest First even a penal statute which comes nearest to it has often a range of application different from that of orders given to others for such a law may impose duties on those who make it as well as on others Secondly other statutes are unlike orders in that they do not require persons to do things but may confer powers on them they do not impose duties but offer facilities for the free creation of legal rights and duties within the coercive framework of the law Thirdly though the enactment of a statute is in some ways analogous to the giving of an order some rules of law originate in custom and do not owe their legal status to any such conscious law creating act Erstens hat selbst ein Strafgesetz das dieser Beschreibung am nachsten kommt oft einen anderen Anwendungsbereich als ein Befehl der anderen erteilt wird denn ein solches Gesetz kann sowohl denjenigen die es erlassen als auch anderen Pflichten auferlegen Zweitens unterscheiden sich die anderen Gesetze von den Anordnungen dadurch dass sie die Personen nicht zu Handlungen verpflichten sondern ihnen Befugnisse ubertragen konnen sie erlegen keine Pflichten auf sondern bieten die Moglichkeit innerhalb des Zwangsrahmens des Gesetzes frei Rechte und Pflichten zu schaffen Drittens Obwohl der Erlass eines Gesetzes in gewisser Weise dem Erlass eines Befehls entspricht haben einige Rechtsnormen ihren Ursprung im Gewohnheitsrecht und verdanken ihre Rechtsstellung nicht einem solchen bewussten gesetzesschaffenden Akt Herbert Lionel Adolphus Hart The Concept of Law 2nd Edition 7 Belege Bearbeiten Vgl Ruthers Bernd Rechtstheorie 4 Auflage C H Beck Munchen 2008 S 33 Vgl Ruthers Bernd Rechtstheorie 4 Auflage C H Beck Munchen 2008 S 102 Vgl Larenz Karl Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6 Auflage Berlin 1991 S 253ff H L A Hart The Concept of Law 2 Auflage Oxford University Press 1961 S 28 Bernd Ruthers Christian Fischer Rechtstheorie Begriff Geltung und Anwendung des Rechts 5 uberarb Aufl Beck Munchen 2010 Rn 148d H L A Hart The Concept of Law 2 Auflage Oxford University Press 1961 S 34 H L A Hart The Concept of Law 2nd Edition S 48 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Imperativentheorie amp oldid 237173587