Im ersten Kreis (russisch В круге первом W kruge perwom), auch Der erste Kreis oder, in der ersten deutschen Übersetzung, Der erste Kreis der Hölle genannt, ist ein Roman von Alexander Issajewitsch Solschenizyn. Das 1968 veröffentlichte Buch beschreibt das Leben in einer sogenannten „Scharaschka“, einem Arbeitslager für Wissenschaftler und Ingenieure. Es basiert auf Solschenizyns eigenen Erfahrungen im Spezialgefängnis Nr. 16 des MGB in Moskau.
Der Titel ist eine Anspielung auf Dantes Göttliche Komödie. Dante schätzte die griechischen Philosophen sehr, konnte sie jedoch als gläubiger Christ in seinem Werk nicht im Himmel auftreten lassen. So leben sie in einem ummauerten, grünen Garten, wesentlich besser als die übrigen Insassen der Hölle, jedoch bleibt ihnen der Zutritt zum Paradies verwehrt.
„Die Scharaschka ist lediglich der höchste, beste, der erste Kreis der Hölle. Sie ist – beinahe das Paradies.“
Ähnlich geht es den Insassen der Scharaschka: Sie leben angenehmer als die übrigen GULAG-Häftlinge; ohne harte Arbeit, bekommen genug zu essen und müssen nicht frieren, dafür aber ihre Arbeitskraft einem ihnen feindlichen System zur Verfügung stellen.
Entstehungsgeschichte Bearbeiten
Die vollständige Version des Buches enthält 96 Kapitel. Da Solschenizyn nicht hoffen konnte, das Buch in dieser Form in der UdSSR zu veröffentlichen, entstand eine gekürzte Version, um deren Veröffentlichung er sich 1965 bemühte, was aber abgelehnt wurde. Diese Version war es auch, die 1968 außerhalb der Sowjetunion das erste Mal veröffentlicht wurde. Die komplette Version, die Solschenizyn nachträglich wieder zusammentrug, wurde von YMCA Press 1978 das erste Mal auf Russisch, später auch in Übersetzungen veröffentlicht.
Handlung (Version von 1968) Bearbeiten
Die nachfolgende Zusammenfassung der Handlung folgt der Version von 1968. Hier geht es beim Telefonat des Diplomaten Wolodin um ein medizinisches „Geheimnis“. In späteren Versionen geht es um die Atombombe. Die Handlung spielt von Sonnabend, dem 24. Dezember 1949, bis Dienstag, den 27. Dezember 1949. Das Buch beinhaltet eine Reihe von Rückblenden.
Am Abend des 24. Dezember ruft der russische Diplomat Innokentij Wolodin aus einer Telefonzelle bei dem Medizinprofessor Dr. Dobroumow an, den er aus seiner Kindheit kennt. Wolodin will Dobroumow warnen, da die Staatsmacht vermutet, Dobroumow wolle ein Geheimnis an französische Kollegen verraten. Wolodin erreicht jedoch nur eine unbekannte weibliche Person und kann seine Warnung nicht in geeigneter Weise aussprechen. Die Verbindung wird noch während des Gesprächs unterbrochen.
Am gleichen Abend feiern einige deutsche Kriegsgefangene in der Scharaschka Marfino bei Moskau – auch Labor Nummer 7 genannt – Weihnachten. Bei ihnen ist der sowjetische Jude Lew Rubin. Rubin hatte während des Kriegs sowjetische Propaganda in Deutschland betrieben und wurde nachher eingesperrt, weil er gegen die Behandlung der besiegten Deutschen protestierte.
Gleb Nerschin, ein Freund Rubins, wird zum Chefingenieur Jakonow bestellt. Dieser bietet ihm an, in einer neuen Arbeitsgruppe zur Kryptographie mitzuarbeiten. Nerschin weigert sich, obwohl er weiß, dass das für ihn die sichere Verschickung in ein „richtiges“ Arbeitslager des GULAG bedeutet. Serafima, eine freie – nicht inhaftierte – Mitarbeiterin der Scharaschka, und Nershin kommen sich näher. Es wird behauptet, dass jede der über 20 freien Mitarbeiterinnen strengstens verbotenen – teilweise intimen – Kontakt mit einem Häftling aufgenommen hat.
Am selben Abend bestellt der Minister für Staatssicherheit Abakumow den Leiter der Scharaschka, Jakonow, und dessen Vorgesetzte zu sich. Er glaubt deren Beteuerungen nicht, dass ein Apparat für „Geheimtelephonie“, an dem in Marfino gearbeitet wird, bald fertig sei. Abakumow bestellt die Häftlinge Prjantschikow und Bobynin zu sich, die seinen Verdacht bestätigen. Ängstlich bricht Abakumow auf, um Stalin Bericht zu erstatten. Stalin vergisst jedoch, Abakumow auf das Thema anzusprechen. Vor der Einführung von Stalin als Romanfigur widmet Solschenizyn einige Kapitel einer zynischen Kurzbiographie, die aus Stalins Sicht erzählt wird.
Am nächsten Tag, Nerschins Geburtstag, erhält seine Frau Nadja mehr zufällig die Erlaubnis, ihren Mann zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit nimmt er Abschied von ihr. Nachdem Nadja viele Jahre zu ihrem Mann gehalten hatte, denkt sie nun angesichts der Repressionen, die sie als Angehörige eines politischen Häftlings ausgesetzt ist, erstmals ernsthaft an Scheidung.
Rubin erhält ebenfalls die Möglichkeit, eine neue Forschungsgruppe zu gründen: Es geht um die Identifikation von Stimmen am Telefon. Die Leitung übernimmt Jakonows Stellvertreter Roitmann. Der erste Auftrag soll den Anrufer bei Professor Dobroumow identifizieren. Die freie Mitarbeiterin Klara, Tochter des Staatsanwalts Makarygin und Schwägerin des Diplomaten Wolodin, küsst bei der „freiwilligen“ Sonntagsarbeit im Labor den Gefangenen Rusjka.
Am Abend feiert Nerschin mit einigen Freunden seinen Geburtstag. Es kommt zur Diskussion zwischen Rubin und Sologdin, die zu einem Streit ausartet. Die Folgen sind gravierend. Sologdin, der heimlich an einer Kryptographie-Maschine gearbeitet hat, beschließt, seine Pläne zu verbrennen. Rubin will sich mit vollem Eifer der Stimmidentifikation widmen.
Am Montag bestellt Jakonow Sologdin zu sich: Er hat zufällig von dessen Arbeit an der Kryptographie-Maschine erfahren. Sologdin muss sich verpflichten, weiter an der Maschine zu arbeiten, um nicht „verschickt“ zu werden.
Zur Mittagszeit warten die Häftlinge vor dem Büro des Sicherheitsoffiziers auf ihre Post. Diesen Anlass nutzt die Gefängnisleitung, um die Spitzel unter den Häftlingen zu bezahlen. Ein Doppelagent unter den Spitzeln, der Häftling Rusjka, will die anderen Spitzel verraten. Ein anderer Spitzel, Siromacha, informiert jedoch den Sicherheitsoffizier. Die Häftlinge können jedoch dank Rusjkas Hilfe ein Dutzend Spitzel enttarnen.
Rubin hat den ganzen Tag an der Stimmidentifikation gearbeitet und konnte die Liste von fünf Verdächtigen auf zwei einschränken. Noch am selben Abend werden Wolodin und einer seiner Kollegen verhaftet.
Am Dienstagmorgen schließlich werden zwanzig Häftlinge für den nächsten Transport zurück in ein Arbeitslager zusammengerufen. Unter ihnen sind Nerschin und Rusjka.
Personen Bearbeiten
Leitendes Personal des Staatsapparats
Nicht inhaftiertes Personal von Marfino
Gefangene (und deren Angehörige)
Verfilmungen Bearbeiten
Aleksander Ford führte bei einer ersten dänisch-schwedisch-polnischen Verfilmung Den foerste kreds im Jahr 1973 Regie. Obwohl die Verfilmung dem Buch sehr treu bleibt, hatte sie keinen Erfolg.
Larry Sheldon drehte 1991 eine Miniserie; eine amerikanisch-kanadische Ko-produktion. Unter anderem spielten hier Victor Garber (Lew Rubin), Christopher Plummer (Abakumow), Robert Powell (Gleb Nerschin) und F. Murray Abraham (Stalin) mit. Diese Verfilmung existiert auf DVD.
Im Januar 2006 wurde von RTR TV eine zehnteilige Miniserie von Gleb Panfilow ausgestrahlt. Solschenizyn selbst half bei der Adaption seines Werkes und sprach den Erzähler. Auch dieser Film ist auf DVD erhältlich, allerdings nur auf Russisch.
Quellen Bearbeiten
- „Der erste Kreis der Hölle“ 1968, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main/Lizenzausgabe für Bertelsmann, Reinhard Mohn OHG, Gütersloh (Der Text endet mit den Jahreszahlen „1955 - 1964“ und hat 87 Kapitel)
- Im ersten Kreis: Vollständige Ausgabe der wiederhergestellten Urfassung des Romans „Der erste Kreis der Hölle“, von Alexander Solschenizyn (Autor) und Swetlana Geier (Übersetzer), Fischer Taschenbuch, ISBN 978-3-596-25873-4
Einzelnachweise Bearbeiten
- Thomas Bührke: Die Verfolgten - Geniale und geächtete Wissenschaftler von Giordano Bruno bis Alan Turing. Klett-Cotta, 2022, ISBN 978-3-608-11936-7, S. 108.
- „Den foerste kreds“ in der imdb
- „The First Circle“ in der imdb
- „W kruge perwom“ in der imdb
- Offizielle Seite (ru)