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Hans Heinrich Boker 14 November 1886 in Ciudad de Mexico 28 April 1939 in Koln war ein deutscher Anatom und Zoologe Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Ehrungen 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Tafel fur Hans Boker in Jena Teichgraben 7Hans Boker war ein Sohn des Exportkaufmannes Heinrich Boker und von dessen Frau Luise geborene von der Nahmer Zwei Jahre nach seiner Geburt kehrte seine Familie nach Remscheid zuruck 1 Nach dem Abitur studierte Boker ab 1906 Medizin an der Albert Ludwigs Universitat Freiburg Er wurde im Corps Hasso Borussia Freiburg aktiv 2 Er wechselte an die Christian Albrechts Universitat zu Kiel und die Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin 1911 bestand er in Freiburg das Staatsexamen mit einer Arbeit uber die Entwicklungsgeschichte des Schadels des Lachses 1912 wurde er bei Robert Wiedersheim zunachst Assistent und spater Prosektor am Anatomischen Institut der Universitat Freiburg an dem er bis 1932 bis auf kurze Unterbrechungen tatig war Am 14 Februar 1913 wurde Boker als Arzt approbiert 1917 habilitierte er sich mit einer Schrift uber die Entwicklung der Luftrohre der Zauneidechse und wurde 1921 dort ausserordentlicher Professor Am 1 Oktober 1922 bekam er ein Extraordinariat an der Universitat Jena wo er bis 31 Marz 1923 blieb In Freiburg wurde er 1927 als ausserordentlicher Professor verbeamtet 1932 verliess Boker Freiburg und wurde in Jena Ordinarius fur Anatomie und Direktor des dortigen Anatomischen Instituts Am 1 Oktober 1938 folgte er einem Ruf an die Universitat zu Koln Knapp sieben Monate spater starb er 3 Hans Boker trat 1934 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Mitgliedsnummer 2 112 104 und am 1 Juli 1934 in die Sturmabteilung R II der NSDAP ein Seit 2 Mai 1934 war er Forderndes Mitglied der SS Nr 101 1297 im Opferring der NSDAP seit 1 Juni 1934 der Kreisleitung Jena Nr 157 der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt 1934 des Reichsluftschutzbundes 1935 und dank funf Kindern seit 1934 auch des Reichsbundes der Kinderreichen Boker war zweimal verheiratet seine erste Frau starb nach Geburt einer Tochter 1915 die zweite Maria Berg ab 1917 schenkte ihm drei Sohne und eine weitere Tochter 4 Dennoch war das nationalsozialistische Regime ihm nicht sehr gewogen da er Ansichten vertrat die dem propagierten rein sozialdarwinistischen Menschenbild Kampf ums Dasein naturliche Auslese starkere Vermehrung der Tuchtigeren nicht entsprachen 3 Werk BearbeitenSeit 1912 hatte Boker zahlreiche Forschungsreisen u a nach Korsika den Kanaren Nordafrika unternommen Ergebnisse liegen vor in Die biologische Anatomie der Fortbewegung auf dem Boden und ihre phylogenetische Abhangigkeit vom primaren Baumklettern bei den Saugetieren publiziert zusammen mit Rudolf Pfaff 1931 Tiere im Brasilien eine biologisch anatomische Forschungsreise nach Nordbrasilien und an den Amazonas 1932 und in den Grundzugen der vergleichenden biologischen Anatomie der Wirbeltiere 2 Bde 1935 1937 unvollendet Boker wollte mit seiner vergleichenden biologischen Anatomie noch immer lamarckistische Ideen in die zu seiner Zeit etwa bei Hermann Braus bereits starker vom funktionellen Gedanken 5 beherrschten Anatomie einbringen er sagte Die vergleichende Anatomie und Biomorphologie Biomorphologie ist ausser im Textzusammenhang vorzuziehen da Morphologie auch einen Bereich der Mathematik der Linguistik u a darstellt hat bisher weitgehend vom toten Organismus und dessen Teilen Organen usw her gedacht und vernachlassigt dass ihre Objekte lebende Tiere oder Pflanzen sind die nur als Ganze Ganzheiten agieren Mindestens ebenso interessant wie die bisher in der Morphologie erforschten Homologien sind doch die Analogien vgl unten Kropfbildungen zweier Vogelarten Nach Boker verbleiben die Organismen in Harmonie mit ihrer Umwelt solange sich diese nicht andert Geschieht dies so ergeben sich nun fur den Organismus zwei Moglichkeiten entweder er stirbt aus oder er passt sich der neuen Situation durch anatomische Umkonstruktionen Boker 1935 an Eine solche Argumentation krankt allerdings an ihrem Schematismus und man zieh Boker bald des Holismus und Lamarckismus Es gibt z B keine vollige Harmonie zwischen Organismus und Umwelt da ja standig Fressfeinde Parasiten Wetterunbilden drohen oder bereits einwirken er steht ununterbrochen vor neuen Situationen oder Herausforderungen ob er es merkt Uexkulls Merkwelt oder nicht ist dabei belanglos Im Ubrigen hat Boker als Zugestandnis an den Zeitgeist sogar angedeutet Menschenrassen konnten vielleicht konstanter d h weniger umbildungsfahig als Tierarten sein 6 Der Holismus ist in der Tat heuristisch unergiebig wie es schon Wilhelm Lubosch Prof der Anatomie in Wurzburg 1938 selbst kein Darwinist und dem Regime kaum genehm zum Ausdruck bringt Das Ganze existiert real aber erkennbar ist es nur in den Beziehungen seiner Teile Der Holismus galt damals politischerseits als gerissener Trick der romisch katholischen Wissenschaft gegen deutsche Tatsachenforschung exakte Naturwissenschaft und die Grundlagen unserer Rassenlehre und der Gauleiter Thuringens Fritz Sauckel erklarte verhindern zu wollen dass der Holismus an der Landesuniversitat Jena Fuss fasst sondern ihm und verwandten Erscheinungen jede Daseinsmoglichkeit entziehen Auch ein Publikationsverbot wurde diskutiert aber nicht umgesetzt weil man doch sehr mit personlichen Animositaten Denunziationen rechnete Hossfeld 2003 In Koln war ein Freund Bokers aus Freiburger Studienjahren der Anatom Otto Veit 1884 1976 Assistent Nach Bokers unerwartetem Tod wurde Veit bald Institutsleiter und weigerte sich beharrlich unzuverlassige missliebige u a Instituts Mitarbeiter zu entlassen nbsp Das Schopfhuhn in der HylaeaErnst Mayr 7 hielt den Bokerschen Ansatz nachtraglich zwar fur vielversprechend und visionar doch machte der fruhe Tod des Forschers Spekulationen uber dessen Potenzial ohnehin hinfallig Er stellte viele Fragen der funktionellen Anatomie vgl etwa Jan Versluys aber die Methode ihrer Beantwortung war verfehlt ausserdem stand meist der Erweis der Sinnhaftigkeit dieser Methode im Mittelpunkt weniger die Funktionalitat selbst Biologische Beobachtungen an lebenden Organismen sind prinzipiell desiderat und machen Bokers Bucher zu Fundgruben begrunden aber keinen Holismus und auch sein Lamarckismus ist nur geeignet endlose Spekulationen uber die Ursachen der Umkonstruktionen zu nahren beispielsweise beim Schopfhuhn Opisthocomus 8 Wenn der riesige Kropf dieses pflanzen hauptsachlich blatter fressenden Vogels noch ein bisschen grosser wurde konnte dieser beim ohnehin schon muhsamen Fliegen ohne grosse Umkonstruktion keine Gleichgewichtslage mehr erreichen wurde sich in der Luft leicht uberschlagen und wurde also flugunfahig Dann aber ware er zum Aussterben verurteilt weil er ja nicht uber die dann notige Kletterfahigkeit verfugte die er auch mit noch so grossen Umkonstruktionen wohl nicht erreichen konnte usw Wenn er allerdings mehr tierische Nahrung frasse die jedoch in seinem amazonischen Biotop ohnedies nur sparlich vertreten ist usw dazu waren aber wieder grosse Umkonstruktionen anatomischer wie auch physiologischer Natur notig Wenn schon gezielte Umbildungen zu prekaren Resultaten fuhren wie sollten erst die ungerichteten des Darwinismus ein Uberleben ermoglichen und die Harmonie wiederherstellen konnen nbsp Der vorwiegend pflanzenfressende Eulenpapagei dessen Entwicklung zur Flugunfahigkeit Boker Morph Jb 63 1929 ebenfalls erortert hat Hossfeld zeigt dass eine ganz ahnliche Auffassung auch dem Lyssenkoismus zugrunde liegt Der Organismus reagiert als Ganzes auf die Umwelt etwas wie Gene die den Organismus hervorbringen oder ihm jedenfalls vorgeordnet sind gibt es nicht sind lediglich eine Erfindung der Herrschenden Nach heutiger Auffassung ist allerdings der Darwinismus undenkbar wenn es nicht eine letztlich umweltunabhangige Steuerungsinstanz im Organismus gibt der insofern also keine ganzheitliche Einheit vorstellen kann Erwin Schrodinger 1944 Ehrungen BearbeitenBoker war Mitglied oder Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften wie der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina 1938 3 Schriften BearbeitenDer Schadel vonSalmo salar ein Beitrag zur Entwickelung des Teleostierschadels Bergmann Wiesbaden 1913 Examensarbeit Die Entwicklung der Trachea bei Lacerta agilis Veit Leipzig 1918 Habilitationsschrift Begrundung einer biologischen Morphologie In Zeitschrift fur Morphologie und Anthropologie Band 24 1924 S 1 22 Die biologische Anatomie der Flugarten der Vogel und ihre Phylogenie In Journal fur Ornithologie Band 75 Nummer 2 1927 S 304 371 doi 10 1007 BF01906605 Die biologische Anatomie der Fortbewegung auf dem Boden und ihre phylogenetische Abhangigkeit vom primaren Baumklettern bei den Saugetieren Die biologische Anatomie der Renner In Gegenbauers morphologisches Jahrbuch Band 68 1931 S 519 531 mit Rudolf Pfaff Goethe und die Anatomie In Munchener Medizinische Wochenschrift Band 79 1932 S 457 461 Tiere in Brasilien Strecker und Schroder Stuttgart 1932 Artumwandlung durch Umkonstruktion Umkonstruktion durch aktives Reagieren der Organismen In Acta Biotheoretica Band 1 Nummer 1 2 1935 S 17 34 doi 10 1007 BF02324293 Einfuhrung in die vergleichende biologische Anatomie der Wirbeltiere 2 Bande Gustav Fischer Jena 1935 1937 Literatur BearbeitenAdolf Meyer Abich Konstruktion und Umkonstruktion Ein Nachruf auf Hans Boker erganzt durch neue Beitrage zur Theorie der Umkonstruktionen und der Frage ihrer Vererbbarkeit Gustav Fischer Jena 1941 Uwe Hossfeld Von der Rassenkunde Rassenhygiene und biologischen Erbstatistik zur Synthetischen Theorie der Evolution Eine Skizze der Biowissenschaften In Uwe Hossfeld et al Hrsg Kampferische Wissenschaft Studien zur Universitat Jena im Nationalsozialismus Bohlau Verlag Weimar et al 2003 S 519 574 Google Books Uwe Hossfeld Evolution und Schopfung Geschichte und Theorie des Darwinismus Antidarwinismus ein Uberblick Redemanuskript Erfurter Dialog Staatskanzlei am 23 Januar 2006 online PDF Datei 140 kB Robert Mertens Boker Hans In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 397 Digitalisat Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hans Boker im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Der Remscheider Kaufmann Robert Boker war sein Grossonkel Kosener Corpslisten 1960 31 250 a b c Uwe Hossfeld Jena Redemanuskript Erfurter Dialog Staatskanzlei am 23 Januar 2006 Evolution und Schopfung Online PDF Datei 140 kB Uwe Hossfeld Von der Rassenkunde Rassenhygiene und biologischen Erbstatistik zur Synthetischen Theorie der Evolution Eine Skizze der Biowissenschaften In Uwe Hossfeld Hrsg Kampferische Wissenschaft Studien zur Universitat Jena im Nationalsozialismus Bohlau Koln u a 2003 S 554 570 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 63 Rassenkonstanz Artenwandel Rasse 1 1934 250 254 Boker griff damit eine opportunistische These des Rassentheoretikers Hans F K Gunther auf Entwicklung der biologischen Gedankenwelt Vielfalt Evolution und Vererbung 2002 374 vgl Erorterung in Arnold Gehlen Der Mensch Textkrit Ausg 1993 S 515 Normdaten Person GND 116223359 lobid OGND AKS VIAF 36988492 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Boker HansALTERNATIVNAMEN Boker Hans HeinrichKURZBESCHREIBUNG deutscher Anatom und ZoologeGEBURTSDATUM 14 November 1886GEBURTSORT Ciudad de MexicoSTERBEDATUM 28 April 1939STERBEORT Koln Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Boker amp oldid 238857398