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Als Huhnerhochhaus wurde ein 1967 eroffnetes zehnstockiges Gebaude in einem Industriegebiet im Berliner Ortsteil Neukolln bezeichnet Hier war seinerzeit die grosste Legebatterie in Europa mit einer Kapazitat von 150 000 Legehennen untergebracht Tierschutzer protestierten gegen die Anlage So wurde der Bau des Hauses ein Ausloser zur Frage ob Eier aus Freilandhaltung den Produkten aus Kafigzucht vorzuziehen seien HuhnerhochhausHuhnerhochhausDatenOrt Berlin NeukollnArchitekt Gunther GodeBauherr Gunther GodeBaujahr 1966Hohe 40 mKoordinaten 52 27 41 8 N 13 28 2 2 O 52 46162 13 46728 Koordinaten 52 27 41 8 N 13 28 2 2 O1972 wurde die Anlage wegen mangelnder Rentabilitat geschlossen Das Hochhaus blieb erhalten und wird von mehreren Gewerbebetrieben genutzt Inhaltsverzeichnis 1 Bau 2 Kritik am Projekt 3 Betrieb als Legebatterie 4 Spatere Nutzung 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBau BearbeitenIm Jahr 1966 begann der Bau des Hauses im Boschweg in einem Industriegebiet im Sudosten des damaligen Stadtbezirks Neukolln dicht an der Grenze zu Ost Berlin Bauherr war der Architekt Gunther Gode der zuvor andere Legebatterien entworfen hatte Mehrere Partner unterstutzten ihn 1 hinzu kamen erhebliche offentliche Mittel 2 Gode war auch Eigentumer des Objektes und grundete eine Betriebsgesellschaft fur das Projekt 3 Die Anlage galt als grosstes Hennensilo Europas 4 Das Haus wurde fur 150 000 Tiere genutzt 3 5 ein Ausbau auf 250 000 Huhner war geplant 6 1 4 Diese Erweiterung wurde nicht umgesetzt Das Gebaude besteht aus Beton mit Aluminiumverkleidung und ist 40 Meter hoch 40 Meter lang und 18 Meter breit 7 Die Baukosten betrugen 10 Millionen DM 4 Kritik am Projekt BearbeitenDer Bau der Anlage fuhrte zu heftigen Protesten bei Tierschutzern Der Bau des Europa Centers entlockte den Berlinern Lob und Anerkennung gegen den zehngeschossigen Neubau aus Stahlbeton in Neukolln hingegen laufen sie Sturm und berufen sich dabei auf ihre sprichwortliche Tierliebe Klaus Simson Gegackert wird nicht mehr In Die Zeit Nr 45 1966 S 14 Der Berliner Tierschutzverein rief dazu auf dass die Hausfrauen beim Einkauf darauf achten sollten ob die Eier von freien oder eingekerkerten Huhnern stammen 5 Bernhard Grzimek wandte sich 1967 an den damaligen Landwirtschaftsminister Hermann Hocherl um gegen die Einrichtung zu protestieren Es war der erste Einsatz von Grzimek gegen die Kafighaltung von Huhnern spater folgten eine Reihe weiterer 8 Grzimek verwies auf korperliche Schaden die die Huhner durch die Tierqualerei erleiden wurden und schrieb Wir wurden jegliche Berechtigung verlieren gegen den alljahrlichen Singvogelmord in Italien gegen die Stierkampfe und ahnliche Grausamkeiten zu protestieren wenn wir den hier in Frage stehenden Zustand weiter dulden wurden Bernhard Grzimek zitiert in Claudia Sewig Der Mann der die Tiere liebte Bernhard Grzimek Biografie Bastei Lubbe 2011 S 320 Auf Initiative des SPD Abgeordneten Fritz Buttner der dem Projekt gegenuber kritisch eingestellt war besuchte im Jahr 1969 der Innenausschuss des Deutschen Bundestages das Huhnerhochhaus 9 Der Besuch rief einen vergleichsweise positiven Eindruck hervor insbesondere konnten Geruchte dass sich die Huhner wegen der Enge ihre Federn ausreissen wurden nicht bestatigt werden 5 Anlieger kritisierten die Geruchsbelastigung durch die Huhnerkottrocknung Erste Beschwerden gab es bereits 1967 als die Anlage nur mit 27 000 statt am Ende 150 000 Hennen belegt war 5 Nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen 5 wurde schliesslich auf die Trocknung des Kots im Objekt verzichtet und dieser abtransportiert und andernorts getrocknet 2 Betrieb als Legebatterie Bearbeiten nbsp Ansicht des Hauses von OstenGeplant war dass das Huhnerhochhaus ein Siebtel bis ein Achtel des West Berliner Bedarfs an Eiern decken sollte 1 Die Legehennen kamen im Alter von vier Monaten in die Anlage wo sie acht Monate lebten und anschliessend geschlachtet wurden 1 Dies bedeutete dass monatlich knapp 20 000 neue Hennen in das Objekt gebracht wurden Die Tag und Nachtzyklen im Haus wurden uber kunstliche Beleuchtungsschaltungen verwirklicht 4 Die Huhner waren in Spezialkafigen einer britischen Firma untergebracht Automatisch wurden Futter gestreut die Eier eingesammelt und der Kot in eine Trockenanlage befordert Taglich fielen etwa 40 Tonnen Kot an 1 Fur den Betrieb des gesamten Unternehmens waren 30 Mitarbeiter notig 4 Aufgrund von tierpsychologischen Berechnungen die 500 cm Bodenraum fur eine Henne als ausreichend ansahen hatten die Boxen eine Flache von 2000 cm fur jeweils vier Tiere 5 Die Zeit gab den Standpunkt des zustandigen Tierarztes wieder Drei Huhner konnen parallel stehen eins nimmt in Querlage den Hintergrund ein Hat das hintere Huhn Hunger oder Durst dann kann es in zehn Minuten eines der vorn stehenden Huhner nach hinten abdrangen Und das sei ein ganz kollegialer Rhythmus Marie Luise Scherer in Bezug auf Ausserungen des Veterinars Professor Gerriets In Berliner Gegacker Die Zeit Nr 08 1968 S 7 Finanziell entwickelte sich die Anlage nicht positiv Einerseits waren die Kosten fur die Haltung im Hochhaus von vornherein recht hoch unter anderem mussten die Eier per Fahrstuhl erst zur Sortieranlage im Erdgeschoss transportiert werden 3 Andererseits war das Jahr 1970 das wirtschaftlich schwierigste fur die West Berliner Huhnerwirtschaft seit 20 Jahren Zwar konnte das Hochhaus die Zahl von 150 000 Huhnern noch halten wahrend in den ubrigen West Berliner Betrieben von zuvor insgesamt 180 000 Huhnern 50 000 abgeschafft wurden 10 Im Folgejahr wurde die Marktsituation nicht besser die Eierpreise sanken weiter Zum 31 Marz 1972 wurde die Huhneraufzucht im Hochhaus wegen fehlender Rentabilitat eingestellt Auch die Einnahmen aus dem Verkauf des getrockneten Kots reichten nicht aus die hohen Betriebskosten zu decken 3 Die billigen Kunststoffboxen aus englischer Produktion erwiesen sich fur den Alltagsbetrieb als untauglich Die Kotbander rissen haufig 3 Ein zeitgenossischer Bericht schrieb die Voll Kunststoffbatterie erlebte ihr Waterloo im Berliner Huhnerhochhaus 11 Nach einem Ersatz der Boxen durch andere Gerate funktionierte die Anlage zwar wurde aber dennoch nicht rentabel 2 Spatere Nutzung BearbeitenDas Gebaude war von vornherein fur eine mogliche Nutzung als Lagerhaus ausgelegt worden 3 nach Einbau von Fenstern auch fur Buros 4 Obwohl zum Zeitpunkt der Schliessung der Huhneranlage aufgrund der geringeren Tragfahigkeit der Decken diverser Feuchtigkeitsschaden des Geruchs im damals noch fensterlosen Gebaude und eines damaligen Uberangebots an Buroraumen eine Weiternutzung skeptisch gesehen wurde 2 konnte das Gebaude erhalten werden Es wird als Gewerbehaus Boschweg von verschiedenen meist kleineren Firmen genutzt zwei Etagen nutzt der TUV Rheinland als Schulungszentrum Siehe auch BearbeitenSchweinehochhausWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Huhnerhochhaus Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Huhner im Hochhaus In Der Spiegel 37 1966 S 77 78 online a b c d Deutsche Geflugelwirtschaft 24 1972 S 326 a b c d e f Deutsche Geflugelwirtschaft 24 1972 S 167 a b c d e f Klaus Simon Gegackert wird nicht mehr 250 000 Huhner aus Oldenburg ziehen in Berlins neuestem Hochhaus ein In Die Zeit 45 1966 S 14 online a b c d e f Marie Luise Scherer Berliner Gegacker In Die Zeit Nr 08 1968 S 7 online Berliner Statistik Monatsschrift Kulturbuch Verlag Bande 21 22 1967 S 43 Landwirtschaftliches Zentralblatt Landtechnik Band 13 Akademie Verlag Berlin 1966 S 1535 Claudia Sewig Der Mann der die Tiere liebte Bernhard Grzimek Biografie Bastei Lubbe 2011 S 320 Deutscher Bundestag 246 Sitzung Bonn den 2 Juli 1969 online S 42 PDF 3 1 MB Deutsche Geflugelwirtschaft 23 1971 S 92 Deutsche Geflugelwirtschaft 24 1972 S 1058 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Huhnerhochhaus amp oldid 238332083