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Ein Grubenhund ist eine spezielle Form einer Zeitungsente und war vor allem in Osterreich vom Anfang bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts verbreitet Er besteht in einem uberzeugend formulierten aber faktisch unsinnigen Leserbrief mit dem eine Redaktion hereingelegt wird indem sie ihn abdruckt ohne den inhaltlichen Unsinn zu bemerken Der Name geht auf einen satirischen Text von Karl Kraus zuruck 1 Da sich Zeitungen spater in erster Linie auf Meldungen von Presseagenturen verliessen traten Grubenhunde in spaterer Zeit nur mehr selten auf Inhaltsverzeichnis 1 Idee 2 Geschichte 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Quellen 6 Einzelnachweise 7 WeblinksIdee BearbeitenDer Grubenhund entstand zumeist aus Arger eines Lesers uber inkompetente Berichterstattung Dieser verfasste einen Beitrag der sich ganz dem Stil der jeweiligen Zeitung anpasste und den besonders in Osterreich verbreiteten Respekt vor akademischen aristokratischen oder Amtstiteln ausnutzte sodass zustandige Redakteure den unsinnigen Inhalt nicht bemerkten Die Absicht war oft mittels einer bewusst lancierten Falschmeldung Journalisten der Nachlassigkeit Eitelkeit und vor allem der Ignoranz zu uberfuhren Eine Irrefuhrung der Leser war im Gegensatz zur Zeitungsente nicht das Ziel eines Grubenhundes sondern im Gegenteil die Blossstellung des Mediums vor dem kritischen Leser Eine beliebte Technik war die falsche Verwendung von Fachausdrucken fremdsprachlichen Wortern und widerspruchlichen Aussagen Auch Akrostichen deren Zeilenanfange das Gegenteil des eigentlichen Gedichtes aussagten kamen vor Geschichte BearbeitenDer Schopfer des Grubenhundes war der Ingenieur Arthur Schutz der das Bedurfnis der Neuen Freien Presse nach Artikeln mit vielen technischen Fachausdrucken uber Erdbeben am 18 November 1911 ausnutzte 2 Zwar wurde der Grubenhund erst in diesem Leserbrief geboren doch kam die Anregung dazu von einem Grubenhund ante litteram namlich einem Leserbrief des Zivilingenieurs J Berdach der am 22 Februar 1908 in der Neuen Freien Presse erschien Er gab Beobachtungen zu einem Erdbeben wieder und enthielt Nonsens wie die Variabilitat der Eindrucksdichtigkeit oder tellurische Erdbeben im engeren Sinne die von einem kosmischen Erdbeben im weiteren Sinne als wesentlich verschieden abzugrenzen seien Dieser Ing Berdach in Wirklichkeit Karl Kraus darf als Urheber der Grubenhunde und Laufkatzen gelten auch wenn sie damals 1908 noch nicht so hiessen 3 Arthur Schutz schrieb 1911 unter dem Namen Dr Ing Erich Ritter von Winkler Satze wie Ich sass allein im Kompressorenraum als es war genau 10 Uhr 27 Minuten der grosse 400pferdekraftige Kompressor der den Elektromotor fur die Dampfuberhitzer speist eine auffallige Varietat der Spannung aufzuweisen begann und Vollig unerklarlich ist jedoch die Erscheinung dass mein im Laboratorium schlafender Grubenhund schon eine halbe Stunde vor Beginn des Bebens auffallende Zeichen grosster Unruhe gab 4 Dieser Satz begrundete den Namen Grubenhund Ein Grubenhunt bezeichnet einen unter Tage verwendeten Guterwagen ahnlich der Guterlore Die Neue Freie Presse war bevorzugtes Opfer von Grubenhunden so kamen dort feuerfeste Kohle rechteckige Kreise der Senator Duca Melbista Berso Thum 5 Du Kamel bist aber so dumm miauende Laufkatzen 6 und anderes vor Aber auch andere Zeitungen erhielten Grubenhunde die unter anderem kupferne Isolatoren verbogene Visierlinien Degeneratoren und ahnlichen Unsinn enthielten Die meisten Verfasser von Grubenhunden blieben aber im Gegensatz zu Schutz unerkannt Eine kulturpolitische Dimension gewann der Grubenhund als die Deutschosterreichische Tages Zeitung am 27 Februar 1924 als einziges Blatt Europas uber eine angebliche Erschiessung in einem siebenburgischen Dorf und die Verhaftung des Schuldigen berichtete Die tendenziose Meldung war ernst gemeint doch als erfunden erkannt In der Folge erschienen Augenzeugenberichte die viele Schuldige an dem Blutbad und die Opfer alle mit erfundenen Namen aus Schillers Raubern und Wallenstein nannten darunter den Rittmeister Neumann der einem eitrigen Ovarialgeschwur erlag Nur einer entkam wie durch ein Wunder der stadtische Obertachometer Dredich Einer der Schuldigen war Banjakutya auf deutsch Grubenhund 7 Ernster und gefahrlicher fur den Autor einen anonymen Prager Satiriker war der Grubenhund den er unter dem Namen Heinz Werner Spalowski im nationalsozialistischen Blatt Nordbohmens Der Tag unterbringen konnte eine von absichtlichen Fehlern strotzende Polemik gegen Heine und angebliche judische Verfalschungen der deutschen Dichtung an der jedoch der antisemitische Tonfall dem Charakter der Zeitung vollkommen entsprach 8 Siehe auch BearbeitenFalschmeldung HoaxLiteratur BearbeitenSigismund von Radecki Der Grubenhund In Sigismund von Radecki Die Rose und der Ziegelstein Anekdoten aus aller Welt Rowohlt Berlin 1938 S 277 f Werner Fuld Grubenhund In Werner Fuld Das Lexikon der Falschungen Falschungen Lugen und Verschworungen aus Kunst Historie Wissenschaft und Literatur Eichborn Frankfurt am Main 1999 ISBN 3 8218 1444 6 S 96 f Hans E Goldschmidt Von Grubenhunden und aufgebundenen Baren im Blatterwald Jugend und Volk Wien u a 1981 ISBN 3 224 16000 4 Arthur Schutz Der Grubenhund Experimente mit der Wahrheit Reihe ex libris Kommunikation Bd 5 Herausgegeben und eingeleitet von Walter Homberg Fischer Munchen 1996 ISBN 3 88927 159 6 Erstausgabe 1931 im Verlag Jahoda amp Siegel dem Verleger von Karl Kraus Quellen Bearbeitendiepresse com Der Grubenhund ist ein gefahrliches Raubtier 30 Dezember 2010 Einzelnachweise Bearbeiten Karl Kraus Der Grubenhund Die Fackel Jahrgang XIII Heft 336 337 S 5 ff vom 23 November 1911 In der Folge benutzte Karl Kraus den Begriff in der Fackel bis 1931 noch 99 mal Originale Veroffentlichung Neue Freie Presse 18 November 1911 Wien Seite 10 Archiv Karl Kraus Das Erdbeben Die Fackel Jahrgang 1908 Heft 245 S 16 ff insbesondere S 22 f Karl Kraus Der Grubenhund Die Fackel Jahrgang XIII Heft 336 337 S 5 ff vom 23 November 1911 Neue Freie Presse 3 Marz 1913 zitiert in Karl Kraus Verbrecherische Irrefuhrung der Neuen Freien Presse Die Fackel Jahrgang XV Heft 372 373 S 1 ff 1 April 1913 Neue Freie Presse 23 Juni 1916 in Karl Kraus Die Laufkatze Die Fackel Jahrgang XVIII Heft 431 S 116 ff 2 August 1916 Hans Veigl Arthur Schutz in Einzelganger amp Exzentriker Aussenseiter wider den Zeitgeist Verlag Bohlau Wien 2008 S 187 ff Aus den Geheimfachern der Literaturgeschichte in Der Tag vom 9 Eismond Janner 1931 wiedergegeben in Karl Kraus Die Fackel Jahrgang XXXII Heft 852 S 29 ff Mitte Mai 1931 Weblinks BearbeitenFocus Journalisten glauben alles Bericht uber einen Entenmacher Focus 13 1997 Grubenhund bei www Sagen at Der Sex das Gen und der Versuch einer medialen Verfuhrung Telepolis 2 Juli 2004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grubenhund Zeitung amp oldid 237315134