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Ein Gleitsichtglas ist ein spezielles Brillenglas mit unterschiedlichen Brechwerten zur Fern und Nahkorrektur von Fehlsichtigkeiten und in der Regel einer Alterssichtigkeit Presbyopie Ein Gleitsichtglas bietet eine stufen und ubergangslose Moglichkeit in allen Distanzen zwischen dem individuellen Fern und Nahpunkt scharf zu sehen Dies steht im Gegensatz zu Bi und Trifokalglasern bei denen zum Fernteil noch ein oder zwei zusatzliche optisch wirksame Bereiche eingearbeitet werden die bei ihrer Nutzung zu entsprechenden Bildsprungen fuhren und auch nur fur zwei bzw drei statische Entfernungen ausgelegt sind Relativiert werden die Vorteile der Gleitsichtglaser durch optische Nebenwirkungen eine gewisse Gewohnungsbedurftigkeit und die hohen Kosten Sicht durch eine Gleitsichtbrille Bei normalem Gebrauch wird nur ein kleiner Teil des Glases genutzt sodass die Verzerrung geringer ist Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 2 Nahkomfortglas 3 Vorteile 4 Nachteile 5 Geschichte 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAufbau BearbeitenGleitsichtglaser sind in drei ineinander ubergehende Progressionszonen aufgeteilt obere Zone fur Fernsicht bzw maximale Distanz bei Nahkomfortglasern mittlere Zone fur Zwischenentfernungen und untere Zone fur Nahsicht Man unterscheidet zudem nach normalen und Short Gleitsichtglasern Um alle drei Zonen komfortabel nutzen zu konnen benotigen diese zwei Varianten eine Mindesthohe von der Pupillenmitte bis zum unteren Glasrand Diese liegt im Schnitt bei normalen Gleitsichtglasern bei 21 mm bei Short Glasern um 15 mm Bei der Wahl einer kleinen Fassung ist also darauf zu achten dass Short Glaser verwendet werden die gemessene Hohe mindestens 15 mm betragt die maximale Nahaddition 2 0 dpt nicht ubersteigt da Short Glaser bei hoheren Additionen starkere seitliche Verzerrungen Abbildungsfehler hervorrufen Die optische Wirkung zwischen Fern und Nahteil verandert sich stufenlos Ein abrupter Ubergang wie bei herkommlichen Multifokalglasern ist hier nicht vorhanden Ein hoher Grad an Individualisierung und Passgenauigkeit soll fur eine moglichst schnelle Eingewohnung sorgen Nahkomfortglas BearbeitenAls sogenannte Nahkomfortglaser 1 decken Gleitsichtglaser einen erweiterten Nahbereich ohne Fernbereich zwischen etwa 40 und 100 cm ab und sind als solche auch wegen der an diese Distanzen angepassten Progressionszonen fur Bildschirmtatigkeiten Bildschirmarbeitsplatzbrille oder ahnliche Einsatzbereiche besonders geeignet Vorteile BearbeitenDer gleitende Ubergang zwischen den unterschiedlichen Starken wird oft angenehmer empfunden als der harte bei Bi oder Trifokalbrillen Gleitsichtglaser ermoglichen ein scharfes Sehen auch in Zwischendistanzen Gleitsichtglaser sind unauffalliger und haben einen asthetischen Vorteil hinsichtlich ihrer Erkennbarkeit Bei fruhem Tragebeginn ist die Zeit der Eingewohnung in der Regel gering Nachteile BearbeitenDie Gewohnungsbedurftigkeit ist bei spaterem Tragebeginn auf Grund der optischen Eigenschaften fur viele Menschen deutlich hoher als bei herkommlichen Mehrstarkenglasern In der Eingewohnungsphase konnen unterschiedliche Beschwerden auftreten Die Sehbereiche fur Ferne und Nahe sind kleiner als bei einer Einzelbrille und die Progressionszonen relativ schmal Linien und Ebenen konnen auf Grund von Schaukeleffekten besonders in den Randzonen verzerrt erscheinen Das Schatzen von Entfernungen kann wahrend der Eingewohnungsphase erschwert sein Die Kosten fur Gleitsichtglaser sind deutlich hoher Geschichte BearbeitenDas erste Gleitsichtglas wurde im Jahr 1953 in Berlin hergestellt Der gelernte Brillenmacher Rolf Riekher der inzwischen am Institut fur Optik und Feinmechanik der Akademie der Wissenschaften in Berlin Adlershof als Mitarbeiter arbeitete hatte sie auf Initiative seines Chefs Professor Dr Ernst Lau fur diesen und mit ihm zusammen entwickelt Laut einer Laudatio von W Dick 2011 erinnerte sich Riekher spater 2 Lau uberraschte mich am 4 Januar 1953 mit einer Idee Die Alterssichtigkeit storte ihn sehr mit seiner neuen Zweistarkenbrille war er ganz unzufrieden Er wunschte eine Brille mit einem stetigen Ubergang von der Ferne zur Nahe und mit einem ungestorten Gesichtsfeld Mit dem Versuch Prof Lau diese Idee auszureden hatte ich keinen Erfolg Am gleichen Abend konzipierten wir einen Losungsvorschlag in welchen in den nachsten Tagen Dr G Jaeckel einbezogen wurde Gemeinsame Patente wurden noch im Januar und Marz 1953 angemeldet Lau hatte dafur den Begriff Brillenglas mit gleitender Dioptrienzahl gewahlt der bald in Gleitsichtglas verkurzt wurde eine Bezeichnung die sich heute allgemein durchgesetzt hat Im Laufe des Jahres hatten wir erste Glaser hergestellt und erprobt Lau trug von 1953 bis zu seinem Tod 1978 nur die von uns hergestellten Glaser Ab 1959 begann man in Frankreich unter der Bezeichnung Varilux1 mit der Entwicklung von Gleitsichtglasern So war es erstmals fur Personen mit Fehlsichtigkeiten Kurz Weit Stabsichtigkeit und gleichzeitiger Alterssichtigkeit Presbyopie moglich dies mit einer einzigen Brille auszugleichen welche uber den ganzen Tag getragen werden konnte 3 Der Generaldirektor der Firma Carl Zeiss Jena lehnte 1969 die gewerbliche Produktion fur die Allgemeinheit jedoch ab 4 Die weltweit ersten individuellen Gleitsichtglaser die personliche Eigenheiten des Tragers berucksichtigten sollen dann im Jahr 2000 annahernd zeitgleich von den deutschen Glasherstellern Rodenstock und Carl Zeiss auf den Markt gebracht worden sein Die Fertigung von Gleitsichtglasern unterliegt der DIN EN ISO 8980 Literatur BearbeitenDIN Verlag Beuth DIN EN ISO 8980 1 Augenoptik Rohkantige fertige Brillenglaser Franz Grehn Augenheilkunde 30 uberarbeitete und aktualisierte Auflage Springer Heidelberg 2008 ISBN 978 3 540 75264 6 S 344 Bernhard Lachenmayr Annemarie Buser Auge Brille Refraktion Schober Kurs verstehen lernen anwenden 4 uberarbeitete Auflage Thieme Stuttgart u a 2006 ISBN 3 13 139554 0 S 135 ff Gian P Paliaga Die Bestimmung der Sehscharfe Ophthalmothek Bd 16 Quintessenz Munchen 1993 ISBN 3 86128 204 6 Harald Presser Brille und Auge Optik des Auges Ametropien Presbyopie Korrektionen Binokularsehen Storungen und Korrektionen Optik und Abbildung der Sehhilfen Mehrstarkenglaser und Gleitsichtglaser Auswahlkriterien fur Brillenglaser Filterglaser Oberflachenveredelung Kontaktlinsen und Pflegemittel CHK Verlag Stephanskirchen 2001 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gleitsichtglas Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Ilka Schwarz Martin Zimmermann Mehr Nahe erleben Designtuning fur Nahkomfortglaser Memento vom 16 Oktober 2014 im Internet Archive In Deutsche Optikerzeitung Heft 4 2009 ISSN 0344 7103 S 60 64 Jurgen Hamel Rolf Riekher Der Meister und die Fernrohre das Wechselspiel zwischen Astronomie und Optik in der Geschichte Festschrift zum 85 Geburtstag von Rolf Riekher 1 Auflage Frankfurt M 2007 ISBN 978 3 8171 1804 5 Gleitsichtglas Herstellung Abgerufen am 7 September 2019 Dieter Kalder Gleitsichtglaser WVAO Wissenschaftliche Vereinigung fur Augenoptik und Optometrie Mainz 2003 ISBN 3 935647 19 0 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gleitsichtglas amp oldid 230982688