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Die Ghazi These ist ein in den 1930er Jahren entwickeltes Modell des Orientalisten Paul Wittek zur Erklarung der Fruhgeschichte des Osmanischen Reiches Die fruhen osmanischen Fursten seien von einem speziellen religiosen Eifer getrieben worden ihre christlichen Nachbarn mit Krieg zu uberziehen Dieser Ethos sei die gesamte Geschichte des Osmanischen Reiches von seinem Beginn bis zu dessen Auflosung latent gewesen Nach langjahriger Dominanz wird die Ghazi These seit den 1980er Jahren in Frage gestellt Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Quellen 3 Historiographie und Kritik 4 Literatur 5 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenWittek fasste seine Ergebnisse in drei Gastvorlesungen zusammen die er im Jahre 1938 an der Royal Asiatic Society zu London hielt Aus der Vortragsreihe entstand das viel beachtete Buch The rise of the Ottoman empire 1 Wittek entwickelt seine These in Abgrenzung von der osmanischen Uberlieferung Im 16 Jahrhundert waren die offizielle Historiographen bemuht die ersten osmanischen Fursten in die Abstammung zu teils legendaren Vorfahren wie Oghuz Khan einzuordnen 2 Wegen der Legendenhaftigkeit dieser Stammbaume verwirft Wittek den Gedanken vollig dass sich die Osmanen aus einer Stammeskultur entwickelt haben Anstelle von Bluts und Familienverhaltnissen seien die fruhen Osmanen durch den Eifer zusammen gehalten worden den Kampf mit Nicht Muslimen aufzunehmen they were a community of Ghazis of champions of the Mohammedan religion a community of Moslem march warriors devoted to the struggle with the infidels in their neighbourhood Paul Wittek 3 Der Ghazi Ethos sei vor allem religios motiviert trage aber auch rassische Zuge 4 Unter dem Paradigma des Ghazi Ethos erzahlt Wittek die fruhe Geschichte des osmanischen Reiches ausfuhrlich von den Beginnen der Beylikzeit bis zur Eroberung Konstantinopels 5 Zudem deutet er an dass der Ghazi Ethos nie aufgehort habe zu wirken und dass mit diesem Modell auch der jungste Niedergang des Osmanischen Reiches um 1920 erklart werden konne 6 Quellen BearbeitenFur seine These fuhrt Wittek in seinem Buch The rise of the Ottoman Empire lediglich zwei kurze Quellen aus der fruhen osmanischen Geschichte an Zum einen leitet Wittek aus der Chronik Iskender name Alexanderbuch des Ahmedi die Tugenden eines Ghazi ab Als Werkzeug Gottes wurde der Ghazi die Frommen schutzen die Unglaubigen eliminieren und dafur ewiges Leben erlangen Dies verdeutliche wie Wittek folgert dass das Wort Ghazi einen heiligen Krieger bezeichnet 3 Zum anderen verweist Wittek auf eine Inschrift an einer Moschee in Bursa aus dem Jahre 1337 Der Spender der Inschrift ein osmanischer Furst wird darauf als Ghazi bezeichnet und dessen Amtsvorganger ebenfalls Daraus schliesst Wittek dass sich die osmanischen Fursten dem Ghazi Ethos verpflichtet fuhlten 7 Historiographie und Kritik BearbeitenNachdem sie uber mehr als 50 Jahre in der Geschichtswissenschaft akzeptiert war wird die Ghazi These seit den 1980er Jahren wieder kontrovers diskutiert 8 Mehrfach wurde dabei auf Witteks Umgang mit den Quellen verwiesen Lowry hat gezeigt dass Wittek die Inschrift von der Moschee in Bursa falsch zitiert hat 9 Auch bei der angefuhrten Chronik hat Wittek die Intention des Autors ubersehen namlich die osmanische Geschichte eben nicht faktisch sondern ruhmend als Abfolge von Religionskriegen darzustellen 10 Zudem hatte das Wort Ghazi unter Zeitgenossen viel mehr Bedeutungen als nur heiliger Krieger Tatsachlich scheint die Bedeutung des Plunderers uberwogen zu haben 11 Rudi Lindner hat mit seiner Nomadenthese eine Alternative zur Ghazi These vorgeschlagen Die fruhen Osmanen seien keine hoch ideologisierte Gemeinschaft sondern ein Stammesverband gewesen Dieser sei anders als heutige Stammesgesellschaften jedoch nicht durch Bluts und Familienbeziehungen gebildet worden sondern habe auf geteilten Interessen wie etwa den Bedurfnissen nach Weideland und Kriegsbeute beruht 12 Literatur BearbeitenPaul Wittek The Rise of the Ottoman Empire Studies in the History of Turkey 13th 15th Centuries Edited by Colin Heywood Royal Asiatic Society Books Routledge London New York 2012 ISBN 978 0 7007 1500 8 Kommentierte Neuauflage von Witteks Werk englisch Heath W Lowry The Debate to Date PDF 9 S 89 kB erstes Kapitel aus Lowrys Werks The Nature of the Early Ottoman State SUNY Press New York 2003 ISBN 978 0 7914 5636 1 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Colin Heywood Wittek and the Austrian Tradition In Journal of the Royal Asiatic Society Band 120 1988 S 12 Paul Wittek The rise of Ottoman empire London 1938 S 7 a b Paul Wittek The rise of Ottoman empire London 1938 S 14 Paul Wittek The rise of Ottoman empire London 1938 S 17 Paul Wittek The rise of Ottoman empire London 1938 S 30 51 Paul Wittek The rise of Ottoman empire London 1938 S 2 3 und 5 Paul Wittek The rise of Ottoman empire London 1938 S 15 Eine detaillierte Ubersicht uber die einzelnen Wortmeldungen liefert Heath Lowry The Nature of the early Ottoman state New York 2003 S 5 12 Heath Lowry The Nature of the early Ottoman state New York 2003 S 34 41 Heath Lowry The Nature of the early Ottoman state New York 2003 S 15 30 Colin Imber What does ghazi actually mean In Barlim Harding und Imber Hrsg The balance of truth Istanbul 2000 S 165 178 Rudi Lindner What was a normadic Tribe In Comparative Studies in Society and History 24 4 1982 S 689 711 und Rudi Lindner Nomads and Ottomans in medieval Anatolia Bloomington Indiana 1983 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ghazi These amp oldid 234183981