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Die gesellschaftlich notwendige Arbeit ist in der marxistischen politischen Okonomie die in einer Ware enthaltene Menge der zu ihrer Herstellung verausgabten abstrakten Arbeit gemessen in Zeiteinheiten Sie ist von Karl Marx als eine Durchschnittsgrosse definiert worden 1 Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit bestimmt demnach den Wert einer Ware und dieser wird auf einem Markt durch den Tauschwert 2 und den Preis 3 ausgedruckt Die gesellschaftlich notwendige Arbeit ist von der notwendigen Arbeit zu unterscheiden die einen Teil des Arbeitstages darstellt Inhaltsverzeichnis 1 Gesellschaftlich notwendige Arbeit bei Marx 2 Arbeitswert und Preis 3 Die Bestimmung der erforderlichen Arbeit in der Neoklassik 4 Notwendige Arbeit im neoricardianischen Modell 5 Literatur 6 Sekundarliteratur 7 EinzelnachweiseGesellschaftlich notwendige Arbeit bei Marx BearbeitenDie Quantitat der Arbeit wird anhand der Zeitdauer gemessen Um als notwendig zu gelten mussen gewisse Voraussetzungen erfullt sein Ganz elementar ist die Voraussetzung dass es sich uberhaupt um Arbeit handelt das heisst um eine bewusste und zielgerichtete Tatigkeit von Menschen zur Herstellung eines bestimmten Gebrauchswerts Des Weiteren kommt es darauf an dass die Arbeitsbedingungen diese im weitesten Sinne aufgefasst so dass Technologien Arbeitsmittel Arbeitsgegenstande und sowohl Organisation als auch soziale Einbettung des Arbeitsprozesses dazugehoren dem jeweiligen Entwicklungsstand der Gesellschaft entsprechen und nicht etwa vorsintflutlich sind Alle diese qualitativen Einschrankungen fasst Marx mit wenigen Worten zusammen Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist die Arbeitszeit die erforderlich ist um einen Gebrauchswert ein Sachgut mit den vorhandenen gesellschaftlich normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensitat der Arbeit herzustellen 4 Wertbildend ist demnach nicht die individuell aufgewandte sondern die durchschnittliche Arbeitszeit Die Arbeit jedoch welche die Substanz der Werte bildet ist gleiche menschliche Arbeit Verausgabung derselben menschlichen Arbeitskraft Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft die sich in den Werten der Warenwelt darstellt gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskraften besteht 5 Geht man von einem volkswirtschaftlichen Modell mit Ein Produkt Zweigen aus in dem der Zusammenhang zwischen Arbeit und Wert modelliert wird so ist jeder Industriezweig durch das Produkt definiert das er herstellt Da sich in den einzelnen Produktionsstatten eines Zweiges die Produktionsbedingungen zwar nicht prinzipiell aber in vielen Details unterscheiden und da auch das Geschick und die Intensitat der Arbeit je nach den Gegebenheiten verschieden sind zahlt nicht die in einer einzelnen Produktionsstatte aufgewendete tatsachliche Arbeitszeit als wertbildend sondern die im ganzen Zweig im Durchschnitt aufgewandte Arbeitszeit Fur ganze Branchen kann man annehmen dass sie tendenziell jene einschrankenden Bedingungen erfullen so dass die den einzelnen Produzenten unbekannte insgesamt in einem Zweig aufgewandte Arbeitszeit der gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit unter quantitativem Aspekt entspricht 6 Arbeitswert und Preis BearbeitenIm Rahmen der Marxschen Arbeitswerttheorie wird zwischen Wert und Preis einer Ware unterschieden Wahrend der Wert die Produktionsverhaltnisse ausdruckt bildet sich der Preis auf der Grundlage des Wertes und des Verhaltnisses von Angebot und Nachfrage auf dem Markt heraus Den Prozess der Preisbildung erlautert Marx im Kapital anhand eines Beispiels Gesetzt jedes auf dem Markt vorhandne Stuck Leinwand enthalte nur gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit Trotzdem kann die Gesamtsumme dieser Stucke uberflussig verausgabte Arbeitszeit enthalten Vermag der Marktmagen das Gesamtquantum Leinwand zum Normalpreis von 2 Sh per Elle nicht zu absorbieren so beweist das dass ein zu grosser Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit in der Form der Leinweberei verausgabt wurde Die Wirkung ist dieselbe als hatte jeder einzelne Leinweber mehr als die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit auf sein individuelles Produkt verwandt Hier heisst s Mitgefangen mitgehangen Alle Leinwand auf dem Markt gilt nur als ein Handelsartikel jedes Stuck nur als aliquoter Teil 7 Das Resultat ist eine Reduktion des Preises so dass er unter den wertadaquaten Preis fallt Im Band 3 des Kapital MEW 25 wird eine weiter entwickelte Theorie der Preisbildung dargestellt die berucksichtigt dass der Kapitaleinsatz sehr unterschiedlich sein kann Die Folge ist dass zwei Unternehmen die die gleiche Masse an Mehrwert produzieren ganz unterschiedliche Profitraten haben konnen Marx nimmt an dass sich die Profitraten in einer Volkswirtschaft tendenziell ausgleichen Dabei bildet sich ein Preis heraus den Marx Produktionspreis nennt Der Ubergang von einem Preis der die Werte ausdruckt zum Produktionspreis ist Gegenstand des sogenannten Transformationsproblems Die moderne okonomische Theorie kennt den Begriff der gesellschaftlich notwendigen Arbeit nicht da der Einsatz von Arbeit in gewissen Grenzen durch den Einsatz von Kapital substituiert werden kann In welchem Masse das geschieht hangt vom Verhaltnis zwischen Lohn und Kapitalkosten ab Bei der Bestimmung dieses Verhaltnisses kommen Optimierungsmethoden zum Einsatz die sich der Marginalanalyse bedienen bzw der Methoden der linearen Programmierung Dabei geht es um Kostenminimierung Im Optimum entsprechen die Grenzkosten von Arbeit und Kapital dem Lohnsatz bzw der Profitrate Die Bestimmung der erforderlichen Arbeit in der Neoklassik BearbeitenDer Arbeitsaufwand sei es in einem einzelnen Unternehmen in einem Industriezweig oder in einer Volkswirtschaft wird durch die Unternehmer bestimmt da sie es sind die uber den Einsatz der Ressourcen entscheiden Dabei orientieren sie sich an den Kosten von Arbeit und Kapital Bei der theoretischen Darstellung der Kostenminimierung wird im Allgemeinen unterstellt dass die Unternehmen unter den Bedingungen der vollstandigen Konkurrenz operieren Dies besagt dass die Preise der Produkte p displaystyle p nbsp der Preis fur die Arbeit also die Lohnrate w displaystyle w nbsp und die zu erzielende Profitrate r displaystyle r nbsp gegeben und nicht beeinflussbar sind In der Theorie werden dabei Durchschnitte unterstellt so dass beispielsweise p displaystyle p nbsp das durchschnittliche Preisniveau darstellt Das Problem besteht unter diesen Voraussetzungen fur die Unternehmer darin die Produktionsfaktoren so zu kombinieren dass die Kosten der Produktion minimal sind Diese Problemstellung ist aquivalent zur Profitmaximierung Der Profit P displaystyle Pi nbsp ergibt sich nach folgender Formel P p Y w L r K displaystyle Pi pY wL rK nbsp Dabei ist Y displaystyle Y nbsp das reale Produkt L displaystyle L nbsp die Anzahl der Arbeiter und K displaystyle K nbsp das Kapital Notwendige Bedingung fur das Maximum ist dass die partiellen Ableitungen der Profitfunktion nach L displaystyle L nbsp und nach K displaystyle K nbsp null sind P L p Y L w 0 displaystyle frac partial Pi partial L p frac partial Y partial L w 0 nbsp P K p K L r 0 displaystyle frac partial Pi partial K p frac partial K partial L r 0 nbsp Aus der Optimalitat ergibt sich dass der Wert des Grenzproduktes eines jeden Faktors gleich dem Preis seiner Dienste ist Fur den Fall der Arbeit bedeutet das dass der Kapitalist die Menge der Arbeit in Bezug auf die Produktionsmittel so justiert dass die Lohnrate w displaystyle w nbsp gleich der Grenzproduktivitat der Arbeit Y L displaystyle partial Y partial L nbsp multipliziert mit dem Preis des Produktes p displaystyle p nbsp ist Fur den Einsatz von Arbeit und Kapital gilt w p Y L displaystyle w p frac partial Y partial L nbsp r p Y K displaystyle r p frac partial Y partial K nbsp Die Lohnrate wird hier Geld pro Arbeit ausgedruckt Der Sinn dieses theoretischen Ansatzes kommt besser zum Ausdruck wenn die Gleichung umgeformt wird w p L Y displaystyle frac w p frac partial L partial Y nbsp Dabei ist w p displaystyle frac w p nbsp der Reallohn Bedenkt man dass diese Beziehung Resultat einer Optimierung ist die der Profitmaximierung dient so bedeutet sie dass die Produktion so lange ausgedehnt wird bis der Reallohn dem Grenzprodukt der Arbeit entspricht Der Grenzproduzent hatte demnach einen Profit von null 8 Der Ausdruck dL dx findet sich in der Literatur der politischen Okonomie das erste Mal bei William Stanley Jevons in seiner Theory of Political Economy 9 Er bezeichnet ihn subjektivistisch als Grenzleid englisch marginal disutility einer Ableitung aus dem Arbeitsleid englisch disutility Der Ausdruck ist aber objektiv als produktionstheoretische Grosse bestimmbar Es ist die Menge Arbeit die im Durchschnitt notwendig ist um eine zusatzliche Einheit des Produktes zu erstellen Zwar meinen manche dass dies der analytische Ausdruck fur Marx Begriff der gesellschaftlich notwendigen Arbeit sei 10 doch Marx gesellschaftlich notwendige Arbeit ist weder von der Lohnrate noch von der Profitrate abhangig auch setzt dieser Begriff keine Optimierung voraus sondern bezieht sich auf die in einem Industriezweig durchschnittlich erforderliche Arbeitszeit zur Herstellung eines Produkts Zwar wirkt sich die Kostenminimierung jedes einzelnen Unternehmers auf die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit aus die er aber nicht kennt und deshalb auch seiner Kalkulation nicht zugrunde legen kann In einer kapitalistischen Wirtschaft realisiert sich das Gesetz des Wertes durch das Profit maximierende Verhalten der Kapitalisten Die Marginalanalyse ermoglicht den Einsatz von Arbeit und Kapital zu ermitteln ohne die Bedingungen anderer Produktionsprozesse zu kennen zum Beispiel der Prozesse die die Produktionsmittel geschaffen haben In der Tat entgeht den Kapitalisten durch ihre Fokussierung auf das betriebswirtschaftliche Kalkul das was Marx als die gesellschaftlich notwendige Arbeit fur die Produktion einer Ware bezeichnet hat Insofern trifft es zu dass sich das Wertgesetz hinter dem Rucken der Produzenten durchsetzt Notwendige Arbeit im neoricardianischen Modell BearbeitenPiero Sraffas Unterscheidung zwischen Basiswaren und Nicht Basiswaren hat zur Konsequenz dass in einem okonomischen System bestimmte Produktionszweige und mit ihnen auch die zugehorigen Arbeitsleistungen als notwendig charakterisiert werden konnen Unter einer Basisware versteht man Waren die direkt oder indirekt fur die Produktion aller Basis und Nicht Basis Waren erforderlich sind Nicht Basiswaren sind hingegen solche die nicht fur die Erzeugung von Basiswaren gebraucht werden wenn sie auch zu ihrer eigenen Produktion notig sein konnen 11 In gewissem Sinne kann man sagen dass die Basiswaren notwendiger fur das System sind als die Nicht Basiswaren 12 In welchem Sinn das richtig ist ergibt sich aus folgender Aussage Ist die Produktionsmenge auch nur einer Basisware null ist notwendigerweise gleichzeitig die Produktion aller Basis und Nicht Basis Waren null 13 Insofern nun die Produktion einer Basisware den Einsatz von Arbeit verlangt ist diese Arbeit notwendig Literatur BearbeitenKarl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 53 f Charles W Cobb Paul H Douglas A Theory of Production In The American Economic Review Vol 18 No 1 Supplement Papers and Proceedings of the Fortieth Annual Meeting of the American Economic Association Mar 1928 pp 139 165 Piero Sraffa Warenproduktion mittels Waren Frankfurt a M 1976 Sekundarliteratur BearbeitenZu Marx Konzept Michael Berger Karl Marx Das Kapital Munchen 2003 S 30 ff Wolfgang Fritz Haug Vorlesungen zur Einfuhrung ins Kapital Neufassung von 2005 Siebte Vorlesung Michael Heinrich Die Wissenschaft vom Wert Munster 2003 Sechstes Kapitel Klaus Muller Geld Von den Anfangen bis heute Freiburg 2015 S 64 ff Klaus Muller Mikrookonomie Chemnitz 2019 S 157 ff 227 ff Georg Quaas Die okonomische Theorie von Karl Marx Marburg 2016 S 68 ff Karl Georg Zinn Arbeitswerttheorie Herne Berlin 1972 S 16 ff Moderne Makrookonomik Olivier Blanchard Gerhard Illing Makrookonomie Munchen 2021 S 340 ff N Gregory Mankiw Makrookonomik Stuttgart 2017 S 56 71 Michael D Intriligator Econometric Models Techniques and Applications Amsterdam Oxford 1978 Chapter 8 Einzelnachweise Bearbeiten Karl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 53 Karl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 62 ff Karl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 84 ff Karl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 53 Karl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 53 Georg Quaas Die okonomische Theorie von Karl Marx Marburg 2016 3 Kapitel Karl Marx Das Kapital Erster Band In MEW Bd 23 S 121f N Gregory Mankiw Makrookonomik Stuttgart 2017 S 56 71 William Stanley Jevons Theory of Political Economy 4 Auflage 1879 S 177 Klaus Hagendorf Die Arbeitswertlehre Eine historisch logische Analyse PDF 75 kB Paris EURODOS Publication 2008 Luigi Pasinetti Vorlesungen zur Theorie der Produktion Marburg 1988 S 123 Luigi Pasinetti Vorlesungen zur Theorie der Produktion Marburg 1988 S 125 Luigi Pasinetti Vorlesungen zur Theorie der Produktion Marburg 1988 S 125 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesellschaftlich notwendige Arbeit amp oldid 221634830