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Georges Canguilhem 4 Juni 1904 in Castelnaudary 11 September 1995 in Marly le Roi war ein franzosischer Philosoph Wissenschaftshistoriker Epistemologe Mediziner und Widerstandskampfer Georges Canguilhem Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke Auswahl 3 Sekundarliteratur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLeben BearbeitenGeorges Canguilhem wurde 1904 in Castelnaudary einer Gemeinde im Suden Frankreichs geboren 1924 wurde er in die Ecole normale superieure aufgenommen im selben beruhmten Jahrgang wie Jean Paul Sartre Raymond Aron und Paul Nizan Er bestand seine agregation in Philosophie im Jahr 1927 und unterrichtete anschliessend in Gymnasien in verschiedenen Stadten Frankreichs 1 Als er in Toulouse unterrichtete nahm er das Studium der Medizin auf Er bekam 1941 eine Stelle an der Universitat von Strassburg und wurde 1943 in Medizin promoviert Unter dem Pseudonym Lafont nahm Canguilhem aktiv an der Resistance teil Er arbeitete als Arzt in der Auvergne Im Juni 1944 war er sudlich von Clermont Ferrand am Mont Mouchet an einer der grossten Schlachten zwischen der Resistance und den Deutschen beteiligt 1948 wurde er Dekan der Fakultat fur Philosophie in Strassburg Sieben Jahre spater 1955 wurde er als Nachfolger von Gaston Bachelard Inhaber des Lehrstuhls fur Philosophie und Wissenschaftsgeschichte sowie Direktor des Instituts fur Geschichte und Philosophie der Wissenschaft und der Technologie an der Sorbonne 2 Er behielt diese Position bis zu seiner Emeritierung 1971 und war auch danach noch in der Forschung aktiv Als Generalinspekteur fur den Philosophieunterricht und als Prasident der Prufungskommission fur die agregation hatte er grossen und direkten Einfluss auf den Philosophieunterricht in Frankreich und war mehr als einer Generation akademischer Philosophen als strenger Prufer bekannt Philosophen wie Gilles Deleuze Michel Serres Jacques Derrida Michel Foucault Louis Althusser und Gilbert Simondon wurden durch ihn beeinflusst Canguilhem wird seit den 90er Jahren nun auch vermehrt als eigenstandiger Theoretiker rezipiert Er formuliert in Anlehnung an die Arbeiten der Neurophysiologen Kurt Goldstein und Viktor von Weizsacker eine an den Lebenswissenschaften und der Medizin ausgerichtete Philosophie die den Anspruch vertritt das Wissen und die Wissenschaft aus der Perspektive des Lebens und des Lebendigen darzustellen Er ist zusammen mit Gaston Bachelard der Begrunder einer Methodologie der Wissenschaftsgeschichte die als historische Epistemologie bzw epistemologische Historie die innere Logik historischer Wissensordnungen im Zusammenhang mit der Aktualitat des jeweiligen Wissens in der Gegenwart untersucht Eine der methodisch bedeutenden Unterscheidungen ist diejenige zwischen dem Objekt der Wissenschaftsgeschichte und dem der Wissenschaften Die Wissenschaftsgeschichte ist selbst keine Wissenschaft Ihr Gegenstand ist das Wissen in seiner sozialen religiosen politischen und moralischen Bedeutung das Wissen als Kulturphanomen und nicht bloss als logisch koharentes Gefuge von Satzen Das Projekt der Philosophie Canguilhems ist es die Geschichte und Geschichtlichkeit der menschlichen Erkenntnis aus der Perspektive des Lebens und nicht aus derjenigen der Wissenschaft verstandlich zu machen Sie setzt ihren Akzent auf den Widerspruch und nicht auf die Identitat auf den Irrtum und nicht auf zeitlose Wahrheiten Das vom Irrtum erreur charakterisierte Fortschreiten der Wissenschaft pragt die Spuren ihres Umherirrens errance in ihre Begriffe und ihre Definitionen ein Diesen Spuren zu folgen heisst den linearen Pfad der Geschichte zu verlassen dem Wissen seine Lebendigkeit und der Norm ihre einzigartige Vielfalt zuruckzuerstatten Mit diesem Programm dessen Grundstein in der Schrift zum Normalen und Pathologischen schon 1943 gesetzt ist schafft Canguilhem einen Massstab der historischen Kritik wissenschaftlicher Objektivitat aus der die franzosische Nachkriegsphilosophie schopft Canguilhem wurde 1983 mit der George Sarton Medaille ausgezeichnet einem der renommiertesten Preise fur Wissenschaftsgeschichte der von George Sarton und Lawrence Joseph Henderson gegrundeten History of Science Society HSS Werke Auswahl BearbeitenEcrits sur la Medicine Editions du Seuil Paris 2002 ISBN 2 020551705 dt Schriften zur Medizin Ubersetzt von Thomas Laugstien diaphanes Verlag Zurich 2013 ISBN 978 3037343791 Le normal et le pathologique 1943 dt Das Normale und das Pathologische Hanser Munchen 1974 ISBN 978 3446118546 dt Das Normale und das Pathologische Ubersetzt von Monika Noll und Rolf Schubert August Verlag Berlin 2017 ISBN 978 3941360204 La Connaissance de la vie 1952 dt Die Erkenntnis des Lebens August Verlag Berlin 2009 ISBN 978 3941360006 La Formation du concept de reflexe aux XVIIe et XVIIIe siecles PUF Paris 1955 dt Die Herausbildung des Reflexbegriffs im 17 und 18 Jahrhundert Ubersetzt von Henning Schmidgen Wilhelm Fink Munchen 2008 ISBN 978 3770545254 Ideologie et rationalite dans l histoire des sciences de la vie Vrin Paris 2009 1977 Wissenschaftsgeschichte und Epistemologie Gesammelte Aufsatze Ubersetzt von Michael Bischoff und Walter Seitter Herausgegeben von Wolf Lepenies Suhrkamp Frankfurt am Main 1979 ISBN 978 3518078860 Grenzen medizinischer Rationalitat historisch epistemologische Untersuchungen Ubersetzt von Monika Noll Edition Diskord Tubingen 1989 ISBN 978 3892955320 Gesundheit eine Frage der Philosophie Herausgegeben und ubersetzt von Henning Schmidgen Merve Verlag Berlin 2005 ISBN 978 3883962047 Wissenschaft Technik Leben Beitrage zur historischen Epistemologie Herausgegeben und mit einem Nachwort von Henning Schmidgen Merve Verlag Berlin 2006 ISBN 978 3883962245 Uber Maurice Halbwachs hrsg und mit einem Essay zum Problem der Umwelt von Henning Schmidgen August Verlag Berlin 2022 ISBN 978 3 7518 9007 6 Sekundarliteratur BearbeitenDominique Lecourt Kritik der Wissenschaftstheorie Marxismus und Epistemologie uber Bachelard Canguilhem Foucault Verlag fur das Studium der Arbeiterbewegung Berlin 1975 ders Georges Canguilhem PUF Paris 2008 Reihe Que sais je In frz Sprache Georges Canguilhem philosophe historien des sciences Actes du colloque organise au Palais de la Decouverte les 6 7 et 8 decembre 1990 par Etienne Balibar M Cardot F Duroux M Fichant Dominique Lecourt et J Roubaud Bibliotheque du College International de Philosophie Albin Michel Paris 1993 ISBN 2 226 06201 7 Georges Canguilhem Philosophie de la vie Francois Dagonet Paris 1997 Special issue of Economy and Society dedicated to G Canguilhem Economy and Society 27 2 3 1998 R Horton G C Philosopher of disease in Journal of the Royal Society of Medicine 88 316 319 1995 Cornelius Borck Hrsg Mass und Eigensinn Studien im Anschluss an Georges Canguilhem Munchen Wilhelm Fink 2005 Heike Delitz Bergson Effekte Aversionen und Attraktionen im franzosischen soziologischen Denken Weilerswist Velbruck 2015 S 268 288 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Georges Canguilhem im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek 1 Cornelius Borck Volker Hess amp Henning Schmidgen Erkenntnis des Lebenden Eine Skizze zu G C 1904 1995 deutsch zahlreiche Lit angaben PDF Datei 304 kB Anmerkungen Bearbeiten Didier Eribon Michel Foucault Eine Biographie 6 Auflage Suhrkamp Frankfurt am Main 2019 ISBN 978 3 518 39586 8 S 166 Ugo Balzaretti Georges Canguilhem In Clemens Kammler Rolf Parr Ulrich Johannes Schneider Foucault Handbuch Leben Werk Wirkung 2 Auflage J B Metzler Heidelberg 2020 S 202 205 S 202 Normdaten Person GND 118666932 lobid OGND AKS LCCN n83198187 NDL 00464203 VIAF 41837558 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Canguilhem GeorgesALTERNATIVNAMEN LafontKURZBESCHREIBUNG franzosischer Philosoph Mediziner und WiderstandskampferGEBURTSDATUM 4 Juni 1904GEBURTSORT Castelnaudary bei ToulouseSTERBEDATUM 11 September 1995STERBEORT Marly le Roi Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Georges Canguilhem amp oldid 236069049