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Die Entmundigung war in Deutschland bis 1992 ein gerichtliches Verfahren das zum Verlust der Geschaftsfahigkeit der betroffenen Person und zur Bestellung eines Vormunds fuhrte Die Entmundigung wurde mit dem Betreuungsgesetz abgeschafft und durch die rechtliche Betreuung ersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Voraussetzungen 2 Gerichtliches Verfahren 3 Bestellung eines Vormunds 4 Kritik 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseVoraussetzungen BearbeitenNach 6 BGB a F waren die Grunde fur eine Entmundigung Geisteskrankheit Geistesschwache Verschwendung Trunksucht und Rauschgiftsucht Hierbei handelt es sich um juristische Begriffe wie sie heute noch im Strafrecht zur Feststellung der Schuldunfahigkeit einer Person verwendet werden Eine Entmundigung wegen Geisteskrankheit fuhrte nach 104 Abs 3 BGB a F zur vollstandigen Geschaftsunfahigkeit und damit auch zur Testierunfahigkeit und Eheunfahigkeit Eine Entmundigung aus anderen Grunden fuhrte nach 114 BGB a F zur beschrankten Geschaftsfahigkeit wie sie auch fur Minderjahrige bis zum 18 Lebensjahr gilt Eine Entmundigung fuhrte in jedem Fall zu einem Wahlverbot und wurde im Bundeszentralregister vermerkt Nach 115 BGB a F fuhrte eine erfolgreiche Anfechtung der Entmundigung zur ruckwirkenden Wiederherstellung der Geschaftsfahigkeit auf die zwischenzeitlich vom Vormund abgeschlossenen Rechtsgeschafte hatte dies indes keinen Einfluss Gerichtliches Verfahren BearbeitenDas gerichtliche Verfahren zur Entmundigung erfolgte in einem Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit vor dem Amtsgericht und war in 645 687 ZPO a F geregelt Die Entmundigung erfolgte auf Antrag durch Beschluss zustandig war das Amtsgericht am Wohnsitz des zu Entmundigenden Antragsberechtigt waren der Ehegatte sonst die Eltern eines minderjahrigen Kindes sonst jeder Verwandte Der Staatsanwalt hatte ein eigenes Antragsrecht und war am gesamten Verfahren beteiligt Dem Antrag beizufugen war ein arztliches Gutachten aus dem der Gesundheitszustand des Betroffenen hervorgeht Dieses bildete daraufhin die Grundlage fur weitere Ermittlungen seitens des Gerichts Die Entmundigung setzte hierbei mindestens ein Sachverstandigengutachten heraus zu dem der Betroffene in der Regel personlich vernommen werden sollte Hierfur konnte der Betroffene fur bis zu sechs Wochen zwangseingewiesen werden Gab das Gericht dem Antrag statt wurde das Jugendamt daruber informiert um fur die nun entmundigte Person einen Vormund zu bestellen Der Beschluss wurde dem Betroffenen bei einer Entmundigung wegen Geisteskrankheit nicht bekanntgegeben sondern nur dem Antragsteller und dem Staatsanwalt Mit der Bekanntgabe wurde der Beschluss sofort wirksam Die Kosten des Verfahrens mussten vom Betroffenen selbst getragen werden soweit der Antrag Erfolg hatte ansonsten trug die Staatskasse die Kosten Wurde die Entmundigung abgelehnt stand dem Antragsteller und dem Staatsanwalt das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu Wurde der Entmundigung stattgegeben konnte der Betroffene oder ein anderer Antragsberechtigter gegen diesen Beschluss binnen eines Monats vor dem zustandigen Landgericht Klage erheben Ihm war auf Antrag ein Rechtsanwalt als Vertreter zu bestellen Hatte die Klage Erfolg war der Beschluss aufzuheben Die Kosten des Verfahrens trug grundsatzlich der Unterlegene eroffnete der Staatsanwalt die Klage trug in jedem Fall die Staatskasse die Verfahrenskosten Der Entmundigte sein Vormund oder der Staatsanwalt konnten jederzeit eine Aufhebung der Entmundigung beim zustandigen Amtsgericht beantragen Die Verfahrenskosten trug der Entmundigte in jedem Fall selbst wenn er Erfolg haben sollte Der Staatsanwalt konnte gegen eine erfolgreiche Wiederaufhebung der Entmundigung sofortige Beschwerde einlegen Wurde der Antrag hingegen abgelehnt konnte hiergegen wie oben Klage vor dem Landgericht eingelegt werden Wurde eine Entmundigung wegen Verschwendung Trunksucht und Rauschgiftsucht beantragt war der Staatsanwalt an diesem Verfahren nicht beteiligt Nach dem Gesetz war der Beschluss uber eine solche Entmundigung offentlich bekannt zu machen Diese Vorschrift verstiess jedoch gegen die Menschenwurde aus Art 1 GG und war damit mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig 1 Bestellung eines Vormunds BearbeitenFur die Bestellung eines Vormunds fur die nun entmundigte Person war grundsatzlich das Jugendamt zustandig das einen entsprechenden Antrag vor dem Vormundschaftsgericht stellte Auf diese Vormundschaft fanden die Regelungen zur Vormundschaft fur Kinder weitestgehend Anwendung wobei es jedoch einige Besonderheiten bedingt durch die unterschiedliche Situation von Kindern und Erwachsenen gab So konnte ein Vormund fur einen Erwachsenen nicht im Testament der Eltern benannt werden Stattdessen wurde grundsatzlich der Ehegatte zum Vormund bestellt sonst die Eltern der Entmundigte konnte der Bestellung seiner Eltern zum Vormund nicht widersprechen Die Eltern waren kraft Gesetzes befreite Vormunder und ihnen konnte ein Gegenvormund nur auf eigenen Antrag bestellt werden Da ein Erwachsener in der Regel keine Erziehung und Pflege mehr benotigt war die Personensorge uber den Mundel auf das fur die Vormundschaft erforderliche eingeschrankt Fur Schenkungen aus dem Vermogen des Mundels und fur den Abschluss eines Mietvertrags uber mehr als vier Jahre benotigte der Vormund die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts Wurde das formliche Entmundigungsverfahren zu lange dauern konnte auch ein vorlaufiger Vormund fur eine Person bestellt werden In diesem Fall konnte das Gericht eine beliebige Person zum Vormund bestellen Die vorlaufige Vormundschaft endete automatisch mit Stattgabe oder Abweisung des Antrags auf Entmundigung oder dann wenn der Betroffene keinen vorlaufigen Vormund mehr benotigte Kritik BearbeitenSowohl am Institut der Entmundigung selbst als auch an der praktischen Durchsetzung durch die Vormunder wurde grosse Kritik ausgeubt So fuhrte der vollstandige Verlust der Geschaftsfahigkeit von Entmundigten zu einem starken Eingriff in dessen Grundrechte Dies hatte auch zur Folge dass der Entmundigte keine Moglichkeit hatte gegen Handlungen des Vormunds vorzugehen da er durch die fehlende Geschaftsfahigkeit auch prozessunfahig wurde und somit nicht rechtlich gegen den Vormund vorgehen konnte Indes war die Vormundschaft fur Erwachsene weitestgehend ausschliesslich als Vermogensverwaltung ausgestaltet der Vormund hatte keinerlei Verpflichtungen die Gesundheit des Mundels in irgendeiner Weise zu fordern oder zu bessern was auch durch die gesetzlichen Regelungen die die Personensorge fur erwachsene Mundel beschrankten manifestiert wurde Um rechtlichen Problemen im Rahmen der Personensorge aus dem Weg zu gehen liessen die meisten Vormunder ihre Mundel fur den Rest ihres Lebens im Heim oder in der Psychiatrie unterbringen Auf die Wahl des Vormunds hatte der Entmundigte keinerlei Einflussmoglichkeit so dass es zu Interessenskonflikten kommen konnte wenn etwa das Heimpersonal als Vormund fur einen Heimbewohner bestellt wurde Kriterien zur Eignung des Vormundes fehlten vollig es gab auch keine Fallzahlbeschrankung so dass es durchaus ublich war dass ein Vormund 300 Falle oder in Einzelfallen weitaus mehr verwaltete in dem meisten Fallen ohne diese Personen je personlich getroffen zu haben Die Wunsche des Entmundigten waren keineswegs bindend fur den Vormund er konnte sie auch vollig ubergehen Die Vormunder erhielten keinerlei Hilfe und Unterstutzung in der Ausubung ihres Amtes Auch die Richter waren haufig nicht in solchen Fragen qualifiziert bisweilen entmundigten sie Personen schlicht nach Aktenlage was in der Rechtswissenschaft als Skandal galt Da die Verhandlungen uber die Entmundigung nach dem Grundsatz der Offentlichkeit offentlich zuganglich waren ergab sich eine zusatzliche Stigmatisierung des Betroffenen Die meisten dieser Kritikpunkte wurden mit der Einfuhrung der rechtlichen Betreuung im Jahr 1992 gezielt behoben So sind Betreute im Betreuungsverfahren grundsatzlich immer prozessfahig sie haben ein weitestgehendes Wahlrecht bei der Person des Betreuers und bestimmte Personengruppen z B Heimpersonal durfen grundsatzlich nicht zum Betreuer bestellt werden Ferner wurde die personliche Betreuung im Gesetz festgeschrieben und auch die Rehabilitation als Ziel der Betreuung erklart Den Wunschen des Betreuten ist grundsatzlich Folge zu leisten sofern sie sein Wohl nicht gefahrden Siehe auch BearbeitenGebrechlichkeitspflegschaftEinzelnachweise Bearbeiten BVerfG 9 Marz 1988 AZ 1 BvL 49 86Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Entmundigung Deutschland amp oldid 236325935