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Der Dschanibekow Effekt auch Tennisschlagereffekt ist eine besondere Form des Torkelns eines kraftefrei rotierenden Korpers die 1985 vom sowjetischen Kosmonauten Wladimir Dschanibekow wahrend eines Raumfluges an einer Flugelmutter beobachtet wurde 1 Siehe auch nebenstehendes Video das den Effekt an einem Handgriff zeigt source source source source source source source source Dschanibekow Effekt in der Schwerelosigkeit der ISS Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung der Theorie 2 Mathematische Motivation 2 1 Stabilitat der Rotation um die erste und dritte Haupttragheitsachse 2 2 Instabilitat der Rotation um die zweite Haupttragheitsachse 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntwicklung der Theorie BearbeitenGrundsatzlich ist seit 1834 bekannt dass ein frei rotierender Korper mit drei unterschiedlichen Haupttragheitsmomenten eine stabile Orientierung der Drehachse nur zeigt wenn er naherungsweise um eine der beiden Haupttragheitsachsen rotiert zu denen das grosste bzw das kleinste Tragheitsmoment gehort Bei Rotation um die dritte dazu senkrechte Haupttragheitsachse hingegen entwickelt der Korper aus kleinsten Abweichungen grosse Torkelbewegungen wenn der Drehimpulsvektor anfangs nicht exakt mit dieser Haupttragheitsachse ubereinstimmt 2 Der Drehimpulsvektor selbst bleibt dabei konstant nicht aber die Richtung der momentanen Drehachse in Bezug auf das korperfeste und das raumfeste Koordinatensystem Die besonders eigentumliche Art des Torkelns die Dschanibekow in der Schwerelosigkeit beobachtete scheint sogar eine wiederholte Umkehr der Drehrichtung einzuschliessen wie im Video zu sehen Diese Umkehrung gilt aber lediglich in Bezug auf das korperfeste Koordinatensystem wahrend vom raumfesten System aus gesehen der Drehsinn sich nicht umkehrt Diese Bewegung wurde 1991 theoretisch begrundet 3 Der Effekt beruht in mathematischer Sicht darauf dass die betreffende Haupttragheitsachse auf dem Energieellipsoid nicht wie die anderen beiden Achsen zu einem elliptischen sondern zu einem hyperbolischen Fixpunkt gehort genauer zu einem Sattelpunkt Naheres siehe Bewegung kraftefreier Kreisel Mathematische Motivation BearbeitenDie Eulerschen Gleichungen der Kreiseltheorie vereinfachen sich im Falle der kraftefreien Rotation zu folgenden Ausdrucken fur die Tragheitsmomente I 1 I 2 I 3 displaystyle I 1 I 2 I 3 nbsp der drei Rotationsachsen eines Korpers beziehungsweise fur die Komponenten des Tragheitstensors I 1 w 1 I 2 I 3 w 2 w 3 1 I 2 w 2 I 3 I 1 w 3 w 1 2 I 3 w 3 I 1 I 2 w 1 w 2 3 displaystyle begin aligned I 1 dot omega 1 amp I 2 I 3 omega 2 omega 3 text 1 I 2 dot omega 2 amp I 3 I 1 omega 3 omega 1 text 2 I 3 dot omega 3 amp I 1 I 2 omega 1 omega 2 text 3 end aligned nbsp wobei I 1 gt I 2 gt I 3 displaystyle I 1 gt I 2 gt I 3 nbsp angenommen wird und w i displaystyle omega i nbsp die Rotationsgeschwindigkeit um die i displaystyle i nbsp te Achse beschreibt w i displaystyle dot omega i nbsp beschreibt die zeitliche Veranderung der Rotationsgeschwindigkeit Es kann nun gezeigt werden dass Rotationen um die erste und die dritte Achse stabil sind Rotationen um die zweite Achse hingegen nicht Intuitiv lasst sich dies wie folgt verstehen Fur einen gegebenen Drehimpuls ist die kinetische Energie bei einer Rotation um Achse 3 am grossten Achse 3 hat das kleinste Tragheitsmoment muss also am schnellsten rotieren um den vorgegebenen Drehimpuls zu erreichen Da die Geschwindigkeit quadratisch in die kinetische Energie eingeht ist diese bei einer Rotation um Achse 3 am grossten Mochte das Objekt also um eine andere Achse drehen musste es Energie abgeben konnen Bei Rotation um Achse 1 ist die kinetische Energie am kleinsten Um eine andere Achse rotieren zu konnen musste das Objekt folglich Energie gewinnen konnen Fur Achse 2 kommen diese beiden Restriktionen nicht zum Tragen Es kann also zu einem Wechsel kommen 4 Stabilitat der Rotation um die erste und dritte Haupttragheitsachse Bearbeiten Exemplarisch sei die Stabilitat einer Rotation um die erste Haupttragheitsachse gezeigt Hierbei wird angenommen dass die Rotationsgeschwindigkeit um Achse 1 am grossten ist Aus Gleichung 1 displaystyle 1 nbsp folgt dann dass w 1 displaystyle dot omega 1 nbsp klein ist Es kann also vernachlassigt werden Zunachst nimmt man die zeitliche Ableitung von Gleichung 2 displaystyle 2 nbsp und setzt w 3 displaystyle dot omega 3 nbsp aus Gleichung 3 displaystyle 3 nbsp ein Man erhalt I 2 I 3 w 2 I 3 I 1 I 1 I 2 w 1 2 w 2 displaystyle begin aligned I 2 I 3 ddot omega 2 amp I 3 I 1 I 1 I 2 omega 1 2 omega 2 end aligned nbsp Da I 1 gt I 3 displaystyle I 1 gt I 3 nbsp und I 1 gt I 2 displaystyle I 1 gt I 2 nbsp folgt dass w 2 w 2 displaystyle ddot omega 2 propto omega 2 nbsp d h die Rotation um Achse 1 ist stabil Analog ist Achse 3 stabil Instabilitat der Rotation um die zweite Haupttragheitsachse Bearbeiten Aus analogen Uberlegungen folgt dass bei einer Rotation um die zweite Haupttragheitsachse w 2 displaystyle dot omega 2 nbsp vernachlassigbar klein ist Anschliessend leitet man Gleichung 1 displaystyle 1 nbsp ab und setzt wiederum w 3 displaystyle dot omega 3 nbsp aus Gleichung 3 displaystyle 3 nbsp ein Man erhalt dann I 1 I 3 w 1 I 3 I 2 I 2 I 1 w 2 2 w 1 displaystyle begin aligned I 1 I 3 ddot omega 1 amp I 3 I 2 I 2 I 1 omega 2 2 omega 1 end aligned nbsp Hierbei gilt nun da I 2 gt I 3 displaystyle I 2 gt I 3 nbsp und I 1 gt I 2 displaystyle I 1 gt I 2 nbsp dass w 1 w 1 displaystyle ddot omega 1 propto omega 1 nbsp d h w 1 displaystyle omega 1 nbsp wachst exponentiell an Dies ist also eine instabile Konfiguration Das Objekt kippt entlang dieser Achse Siehe auch BearbeitenPoinsotsche Konstruktion dritte Animation in der Einleitung des Artikels Literatur BearbeitenLeo Van Damme Pavao Mardesic Dominique Sugny The tennis racket effect in a three dimensional rigid body Arxiv 2016 Einzelnachweise Bearbeiten yavideleto Dzhanibekov Dschanibekow auf YouTube 19 Februar 2010 abgerufen am 29 Juni 2019 auf russisch Fernsehinterview in dem der Kosmonaut Wladimir Dschanibekow einem Journalisten den Effekt erklart Louis Poinsot Theorie nouvelle de la rotation des corps Bachelier Paris 1834 1851 Mark S Ashbaugh Carmen C Chicone Richard H Cushman The twisting tennis racket In Journal of Dynamics and Differential Equations 3 1 1991 S 67 85 Veritasium The Bizarre Behavior of Rotating Bodies In YouTube Abgerufen am 28 Januar 2022 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dschanibekow Effekt amp oldid 236764380