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Als Probierkunst oder Dokimastik bezeichnet man im Huttenwesen die Kenntnis und die Anwendung von Mitteln und Verfahren um bei Mineralien und bei Produkten der Schmelzhutten in kurzer Zeit die Inhaltsstoffe zu bestimmen Die Probierkunst ist der Vorlaufer der analytischen Chemie 1 Probierer vor einem Probierofen Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Arbeitsablaufe 3 Werkzeuge und Gerate 4 Hilfsmaterialien 5 Probenahme 5 1 Erzproben 5 2 Metallproben 6 Probenvorbereitung 7 Analyse der Probe 7 1 Trockenchemische Methoden 7 2 Nasschemische Methoden 7 3 Lotrohranalytik 8 Munzmetalle 9 Literatur 10 Einzelnachweise 11 WeblinksGrundlagen BearbeitenBei der Probierkunst handelt es sich um eine alte Wissenschaft Mit Hilfe verschiedener Methoden wurde hierbei der Feingehalt an Edelmetallen in einer Erzprobe ermittelt Im Altertum waren mineralische Sauren noch nicht bekannt deshalb wurden mittels eines Schmelzprozesses die unedlen von den edlen Metallen abgetrennt Bei dieser trockenchemischen Methode wurde goldhaltiges Erz mit einem bleihaltigen Aufschlussmittel versehen und eingeschmolzen In einem Treibprozess wurde das Blei anschliessend verdampft und der Goldanteil der Probe gravimetrisch bestimmt Diese quantitative Methode wird bereits im Alten Testament an mehreren Stellen erwahnt Spater wurden andere Bestimmungsmethoden entwickelt und angewendet 2 Angewendet wurde die Probierkunst im europaischen Mittelalter und der fruhen Neuzeit von staatlichen Beamten den Wardeinen Die Grundsatze und Regeln der Probierkunst wurden in ein Probierbuch eingetragen welches die Probierer fuhrten Die einzelnen Untersuchungen fuhrte der Probierer oft in einem Probierhaus durch Als Lohn erhielt der Probierer die Probiergebuhr 3 Arbeitsablaufe BearbeitenDie Arbeit beim Probieren lief in mehreren Schritten ab Zunachst nahm der Probierer eine Probe Probiergut von der zu uberprufenden Ware Die Probe wurde durch weitere Aufbereitungsschritte wie Trocknen Zerkleinern oder Sieben vorbereitet Anschliessend wurde die Probe gewogen dieses Wiegen erfolgte mehrmals im Arbeitsablauf Als Nachstes kamen die analytischen Operationen die in den Anfangen der Probierkunst auf trockenem Weg im Probierofen erfolgten Es wurden auch nasse Analysen unter Einsatz von Chemikalien durchgefuhrt 4 Werkzeuge und Gerate Bearbeiten nbsp Probiergefasse nbsp ProbiernadelnFur die Anwendung der Probierkunst standen dem Probierer eine Reihe von Werkzeugen und Geraten zur Verfugung die je nach Arbeitsschritt zur Anwendung kamen Es waren dies der Probierscheffel der Probierstein die Probiernadel die Probierwaage die Probiergewichte die Probierschalchen die Probierkluft die Probierschirbel der Probierofen und das Probierblech Der Probierscheffel war ein Behalter mit einem genau bestimmten Rauminhalt dieses Mass wurde auf der Joachimsthaler Hutte eingefuhrt In den Probierscheffel fullte der Probierer die vom Erzhaufen genommenen Erzproben Der Probierstein oder Streichstein war ein schwarzer nicht allzu harter Stein der beim Begiessen mit Scheidewasser nicht schaumte und der vom Scheidewasser nicht angegriffen wurde Der Stein wurde verwendet um den Mischungsgrad des Metallstuckes festzustellen Dazu wurde jeweils mit einer Probiernadel und mit dem zu untersuchenden Metallstuck ein Strich auf den Stein gezogen An der Ahnlichkeit der Strichfarbe konnte der Probierer Ruckschlusse auf die Metallzusammensetzung ziehen Mit der Probierwaage wurden die jeweiligen Gewichte der Proben bestimmt Jeder Probierer hatte mindestens zwei Probierwaagen Eine Waage diente als Einwiegwaage um das Probiermehl einzuwiegen Die andere Waage diente als Kornwaage um die ausgebrachten Korner zu wiegen Einige Probierer hatten zusatzlich eine dritte Waage um die Bleigewichte abzuwiegen Die Probiergewichte waren unterschiedlich schwere Gewichte die beim Abwiegen eingesetzt wurden Es gab das gemeine Probiergewicht das Markgewicht und das Pfenniggewicht das auch Richtpfennig genannt wurde Daneben gab es noch den Probiercentner das war ein in mehrere gleichschwere Teilgewichte aufgeteilter Centner Die Probierschalchen Probierschalgen waren kleine Schalchen aus Kupfer die in die Waagschalen der Einwiegwaage gesetzt wurden In diese Schalchen wurde mit einem Loffel das Probiermehl eingefullt Die Probierkluft war eine Art Zange mit einem Ruckstellmechanismus Durch Federkraft wurde die Probierkluft nach dem Zusammendrucken wieder auseinander gedruckt Mit der Probierkluft legte der Probierer die jeweiligen Probierschirbel in den Probierofen oder nahm sie aus dem Ofen heraus Die Probierschirbel oder Probiernapfgen sind kleine feuerfeste Gefasse in die das mit Zusatzstoffen Probierblei vermengte Probiermehl gefullt wurde Anschliessend wurden die Probierschirbel in den Probierofen gesetzt bis das Probiermehl durch die Hitze des Feuers verschlackte Der Probierofen war ein kleiner Ofen der aus Backsteinen oder aus starkem Blech gebaut war In dem Ofen wurden die jeweiligen Proben geschmolzen und verschlackt Das Probierblech war eine Tafel die aus Kupfer oder Eisen bestand In das Probierblech wurden die verschlackten Proben gegossen und nach dem Erkalten mit einem Stiel zerkleinert 3 Hilfsmaterialien BearbeitenAls Hilfsmaterialien wurden verschiedene atzende Flussigkeiten wie Salzsaure Salpetersaure Essigsaure Weinessig und Konigswasser verwendet Aber auch kohlensaure Erden Pottasche und Kolophonium kamen zur Anwendung Zum Auflosen wurden Salze eingesetzt zum Auflosen von Kalksteinen wurde auch Weinstein verwendet Zum Auflosen von Eisen oder Zink benotigte man Schwefelsaure Gold wurde durch Konigswasser angegriffen Auch gewohnliches Kochsalz Borax Glasgalle Salmiak und Salpeter wurden verwendet 5 Probenahme BearbeitenDas Probenehmen war der erste Schritt beim Probieren Je nach zu untersuchendem Material waren die Arbeitsschritte bei den Probenahmen unterschiedlich aufgebaut Erzproben Bearbeiten Dabei kam es drauf an dass der Probierer die Probe so aus dem vorhandenen Erzhaufen nahm dass die Probe einen reprasentativen Querschnitt der Gesamtmenge darstellte Bei Haufwerken mit ziemlich gleicher Zusammensetzung z B Eisenerzen wurde die Probe aus der Mitte und von mehreren Punkten des Randbereichs genommen Schwierigkeiten ergaben sich dann wenn das zu uberprufende Material in unterschiedlicher Zusammensetzung und Korngrosse vorhanden war Hier wurden mehrere Proben genommen die Stucke wurden dann zerkleinert miteinander vermischt und anschliessend wurde hieraus eine Probe genommen Fur die Vorbereitung solcher Proben gab es genaue Handlungsanweisungen Metallproben Bearbeiten Fur Metalle gab es vier Methoden zur Probenahme Aushiebprobe Bohrprobe Spanprobe SchopfprobeDie Aushiebprobe wurde hauptsachlich bei gegossenen Barren wie Silberbarren oder Goldbarren angewendet Hierzu wurde zunachst die Oberflache des zu prufenden Barrens gereinigt Anschliessend wurde mit einem Hohlmeissel an mehreren Stellen des Barrens ein sogenannter Aushieb gemacht Die herausgeschlagenen Stucke der Aushieb wurden dann auf einem polierten Amboss zu dunnen Blattchen ausgeblattet Anschliessend wurde von diesen Blattchen mit einer Schere kleine Stucke abgeschnitten und eingeschmolzen Bei der Bohrprobe wurde das Metallstuck an mehreren Stellen mit einem Bohrer durchbohrt Die anfallenden Bohrspane wurden danach eingeschmolzen und das geschmolzene Metall wurde anschliessend auf eine blanke Eisenplatte zu dunnen Streifen gegossen Nach dem Erkalten wurden die Streifen in kleine Stucke geschnitten Das Verfahren wurde fur Kupfer und Blei angewendet Bei der Spanprobe wurde ein polierter Eisenstab in geschmolzenes Metall meistens Kupfer eingetaucht und die angesetzte Metallkruste wurde danach abgeschlagen und lamelliert Diese Methode war aber fur die Probennahme weniger gut geeignet Bei geschmolzenen Metallen wurde die Schopfprobe angewendet Sie wurde bei Legierungen eingesetzt und gab bei richtiger Anwendung sehr genaue Aufschlusse uber die Zusammensetzung der Gesamtmenge 6 Probenvorbereitung BearbeitenNachdem die Probe genommen war wurde sie fur die Analyse vorbereitet Von der Erzprobe wurde zunachst ein Teil abgetrennt diese behielt der Probierer fur die weiteren Untersuchungen Der Rest der Erzprobe wurde zunachst in eisernen Pfannen getrocknet und danach in funf Portionen aufgeteilt anschliessend wurden sie versiegelt und verschickt Jeweils eine Portion der Probe erhielten das Oberbergamt der Huttenraiter der Gewerkenprobierer der Huttenmeister und der Erzlieferant 3 Als weiterer Schritt wurde bei der zur weiteren Untersuchung vorliegenden Probe der Nassegehalt bestimmt Dazu wurde ein Teil des Probengutes aus der Mitte des Gefasses genommen und gewogen Anschliessend wurde dieser Teil getrocknet und erneut gewogen aus der Differenz wurde der Nassegehalt der Gesamtprobe bestimmt Danach wurde das ganze Probiergut getrocknet Hierfur wurde das Probiergut in eine Schale gefullt und entweder in einem Wasserbad auf 100 Grad oder in einem Luftbad auf 120 Grad erhitzt Fur mehrere Proben gab es spezielle Trockenscheiben Nach dem Trocknen wurde das Probiergut in einem Morser feingerieben und anschliessend durch ein Messingdraht oder Haarsieb gesiebt Eventuell vorhandene Gusseisenteilchen wurden mit einem Magneten aus der Probiermehl entfernt Anschliessend wurden verunreinigende Substanzen in einem Sichertrog ausgeschlammt Bei Metallproben beschrankte sich die Vorbereitung des Probiergutes auf das Abplatten und Zerkleinern der Metallstreifen 6 Analyse der Probe BearbeitenZur genauen Untersuchung des Probiergutes standen dem Probierer zwei grundsatzliche Methoden zur Verfugung Dies waren zum einen trockenchemische Methoden und zum anderen nasschemische Methoden Als Schnelltest fur Metallproben diente ausserdem die Strichprobe fur erste Ergebnisse Trockenchemische Methoden Bearbeiten Bei den trockenchemischen Methoden wurde die zu untersuchende Probe mit Zusatzstoffen wie Alaun Borax oder Glaspulver vermischt und anschliessend in einen feuerfesten Probiertiegel gefullt Danach wurde das Probiergut in einem Probierofen stark erhitzt 2 Um die Menge der Zuschlagstoffe zu bestimmen legte der Probierer eine kleine Prise Erz auf eine Schaufel und hielt diese ins Feuer Anhand der Farbe des Rauches den die Erze entwickelten konnte der Probierer dann erkennen welche Menge an Zuschlagstoffen zugegeben werden mussten Die weitere Behandlung der Erze war sehr unterschiedlich und hing davon ab welches Metall vorhanden war Erze von Edelmetallen wurden mit Probierblei gemischt eingeschmolzen und nach dem Schmelzen wurde das Blei durch erneute Erhitzung aus der Legierung herausgetrieben 7 Nasschemische Methoden Bearbeiten Bei den nasschemische Methoden wurden mineralische Sauren eingesetzt um die beim Treibprozess erhaltenen silber oder kupferhaltigen Legierungen noch genauer untersuchen zu konnen Je nach Art der Saure wurden die Metalle unterschiedlich stark von den Sauren angegriffen Diese Kenntnis machte sich der Probierer bei den nasschemische Methoden zunutze 2 Lotrohranalytik Bearbeiten Eine besondere Untersuchungsmethode ist die Lotrohruntersuchung Bei der Analytik mit dem Lotrohr konnen genaue Aussagen uber die Zusammensetzung einer Probe getatigt werden Allerdings kann diese Methode nicht bei allen Proben angewendet werden 1 Mit der Lotrohranalytik konnen anhand der Flammenfarbung Ruckschlusse auf die Zusammensetzung von Bor und Kupferverbindungen gezogen werden Aber auch Untersuchungen auf die Schmelzbarkeit der jeweiligen Metalle lassen sich mit dieser Analysemethode durchfuhren Mit der Lotrohruntersuchung lasst sich bei weniger hohen Temperaturen die Zusammensetzung anhand des Verhaltens der jeweiligen Probe bestimmen 8 Munzmetalle BearbeitenDas Probieren der Munzmetalle hat in der Probierkunst einen besonders hohen Stellenwert Die meisten Munzen wurden aus Edelmetallen wie Gold oder Silber hergestellt Schon geringe Abweichungen im Edelmetallfeingehalt veranderten den Wert der Munze Aus diesem Grund wurden die Munzmetalle mit besonderer Sorgfalt uberpruft Fur das Probieren der sachsischen Denare Taler und Groschen gab es spezielle Probiervorschriften Die Munzen wurden gewogen und eingeschmolzen anschliessend die Metalle in die einzelnen Fraktionen aufgeteilt Gold wurde mit Scheidewasser abgetrennt Kupfer und Blei wurde mittels Erhitzen verfluchtigt 9 Literatur BearbeitenNeu erofnetes Probier Buch Darinnen nicht nur alle Geheimnisse der Probier Kunst die Zurichtung und Figirung derer Ertze die Schmeltzung derselben und einige chymische Hand Griffe entdecket werden sondern auch wie ein jeder diese edle Kunst ohne andern mundlichen Unterricht von Anfang bis zu Ende erlernen gelehret wird Rudiger Lubeck 1744 OCLC 312870908 Digitalisierte Ausgabe der Universitats und Landesbibliothek Dusseldorf Theodor Richter Bearb Carl Friedrich Plattner s Probirkunst mit dem Lothrohre 4 Auflage Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1865 Digitalisat Bruno Kerl Th Bodemann s Anleitung zur Berg und Huttenmannischen Probierkunst Vervollstandigt und theilweise umgearbeitet zweite Auflage Verlag der Grosseschen Buchhandlung Clausthal 1856 Einzelnachweise Bearbeiten a b Theodor Bodemann Anleitung zur berg und huttenmannischen Probierkunst Verlag der Schweizerischen Buchhandlung Clausthal 1845 online bei Bayerische StaatsBibliothek digital a b c Karl Heinz Koch Die Automatisierung einer uralten Methode zuletzt abgerufen am 20 Februar 2013 PDF 302 kB a b c Johann Christoph Stossel Hrsg Bergmannisches Worterbuch Chemnitz 1778 online bei Bayerische StaatsBibliothek digital Probierkunst In Meyers Grosses Konversations Lexikon Band 16 Leipzig 1908 S 363 online auf zeno org zuletzt abgerufen am 20 Februar 2013 C E Gellert Johann Andrea Cramers Anfangsgrunde der Probierkunst Verlag der Heinsiussischen Buchhandlung Leipzig 1766 a b Bruno Kerl Metallurgische Probierkunst zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbststudium Verlag von Arthur Felix Leipzig 1866 Georg Agricola De re metallica libri XII 1556 lateinisch Zwolf Bucher vom Berg und Huttenwesen VDI Verlag 1928 DNB 579073963 Nachdruck Marix Verlag Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 86539 097 4 Gerhard Ackermann Analytik mit dem Lotrohr zuletzt abgerufen am 20 Februar 2013 PDF 100 kB Peter Hammer Das Probieren der Munzmetalle zuletzt abgerufen am 20 Februar 2013 PDF 468 kB Weblinks BearbeitenDokimasie gestern und heute zuletzt abgerufen am 20 Februar 2013 PDF 302 kB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Probierkunst amp oldid 227455477