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Der Fremdling im Ṛgveda ist eine 1938 erschienene Abhandlung in welcher der Indologe Paul Thieme unter anderem die Etymologie des so genannten Arier Namens untersucht also die Bedeutung der Vokabel a rya in der Rigvedasamhita RgS 1750 1200 v Chr dem wahrscheinlich altesten in Indien uberlieferten altindoarischen Text Thieme zufolge hat der vedische Begriff arya in seinen fruhesten Nachweisen die Bedeutung Fremder jedoch Fremder im Sinne von potentieller Gast im Gegensatz zu barbarisch mleccha dasa Dies deutet darauf hin dass arya ursprunglich als ethnische Selbstbezeichnung der Indo Iranier fungierte als Sammelname fur Stamme und Clans 1 die in der Fruhzeit Indiens derselben Kulturgemeinschaft angehort haben 2 Inhaltsverzeichnis 1 Die Ableitungskette 1 1 ari 1 2 arya 1 3 a rya 2 Quellen und weiterfuhrende Informationen 2 1 Hauptliteratur 2 2 Einzelnachweise und Anmerkungen 2 3 Zitierte Literatur 3 Siehe auchDie Ableitungskette BearbeitenThieme hat in seinem Werk die gesamte Wortsippe welcher a rya angehort ausfuhrlich dargestellt Ihm zufolge ist das Wort eine Ableitung in zweiter Generation von dem Nominalstamm ari Die Ableitungskette besteht aus den folgenden Gliedern ari Bearbeiten Das Stammwort ari kommt haufig in der RgS vor 3 Das Wort kann einen freundlichen wie auch entgegengesetzt einen feindlichen Sinn haben Thieme schliesslich ubersetzt ari mit Fremder Fremdling 4 Der Fremde ist bald der hostis bald der Gast 5 Auch die Entwicklung hin zu ari Feind im jungeren Sanskrit ist nachvollziehbar arya Bearbeiten Der Nominalstamm arya ist eine Ableitung von ari mittels des Suffixes ya das Adjektive bildet mit den verschiedensten Bedeutungen wie z B Zugehorigkeit oder Beziehung Eine ganze Bandbreite von Bedeutungen in der RgS lasst sich auf mit dem Fremden in Beziehung stehend zuruckfuhren Thieme ubersetzt z B das tiras cid aryam in 8 33 14 indem er einen Aspekt der Zugehorigkeit und Beziehung ansetzt namlich den Besitz hinweg uber das dem Fremdling gehorige 6 Gottern kommt manchmal ein Attribut arya zu und Thieme ubersetzt dies im erweiterten Sinne mit den Fremdling beschutzend so z B das varuṇo devo aryaḥ in 7 64 3 mit Varuna der fremdlingsbeschutzende Himmlische 7 arya in Bezug auf historische Figuren ist im Sinne von gastfreundlich ubersetzbar so z B in 8 51 9 arye rusame pariravi bei dem fremdlingsbeschutzenden gastlichen Rusama Pariru 8 Von den heiligen Kuhen als Milchgeber wird in 10 68 3 gesungen sie seien sadhvarya Thieme ubersetzt in guter Weise schonstens fremdenfreundlich gastlich Der Ausdruck aryaya in 5 75 7 hat wohl die Bedeutung im Wunsch nach einem Fremdlingsbeschutzer Thieme ubersetzt aus dem Vers etwas freier mit Suche nach einem gastlichen Herrn 9 Den Vokativ arya schliesslich ubersetzt Thieme mit Herr 10 Dieser Vokativ ist eine hochachtungsvolle Anrede unabhangig davon ob der Angeredete tatsachlich gastfreundlich ist oder nicht Nach Thieme hat sich aus diesem Vokativ das vornbetonte arya entwickelt dem der Grammatiker Panini 5 Jh v Chr spater den Sinn von Swami Meister Herr bzw Vaishya Bauer Kaufmann 3 Kaste zuschreibt 11 Dieses Lexem kommt dann immer wieder im Zusammenhang mit Shudra Diener Bauer 4 Kaste vor und Thieme ubersetzt es mit Hausherr Aber das hat alles nicht viel mit den Aryas in der RgS zu tun 12 a rya Bearbeiten Thieme versteht den Nominalstamm a rya schliesslich als sogenannte Vriddhi Ableitung Dehnstufe von arya 13 Thieme ubersetzt a rya folglich mit zu den Gastlichen gehorig wirtlich und stellt fest dies sei ein Begriff den man sich wohl als Grundlage ethnischer Selbstbezeichnung denken kann Er erklart Mit dem Namen die Wirtlichen hatten sich diejenigen benannt die inmitten ihren nach Sprache und Religion fremder Volker sich mit Stolz ihrer frommen Gesittung und edlen Denkungsart bewusst waren und als charakterisches Merkmal ihrer Menschlichkeit gegenuber der Roheit ihrer Nachbarn ihre Gepflogenheit empfanden den Schutzlosen Hilfe und Obdach zu gewahren 14 Im Gegensatz zu Thiemes Ableitungskette setzen die traditionellen Grammatiker ein Necessitatis Partizip Futur Passiv von der Wurzel ṛ anheimfallen an was dann in etwa bedeuten konnte Derjenige der aufgesucht werden muss Die Wechselform iya gibt es auch beim Necessitatis 15 sodass man diesen Anschluss auf diesem Wege nicht ausschliessen kann In 8 51 9 werden in ein und demselben Vers ari arya und a rya nebeneinander verwendet Nach Festlegung einer Bedeutung von ari ergeben sich die Bedeutungen der Ableitungen geradezu mechanisch Die Debatte uber die Bedeutung von ari ist sicherlich in Reaktion auf den Fremdling auch gerade im Hinblick auf den Arier Namen fortgesetzt worden Die Untersuchung von Thieme spielt eine wichtige Rolle im zeitgenossischen indischen Geschichtsdiskurs besonders im Zusammenhang mit der Debatte um die Migration der Aryas Quellen und weiterfuhrende Informationen BearbeitenHauptliteratur Bearbeiten Paul Thieme Der Fremdling im Ṛgveda Eine Studie uber die Bedeutung der Worte ari arya aryaman und arya In Abhandlungen fur die Kunde des Morgenlandes Bd 23 2 1938 Brockhaus Leipzig 1938 doi 10 11588 xarep 00004085Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten eine Reihe von lockeren sich stets wieder auflosenden und neu zusammenfindenden Stammesverbanden die standig miteinander und gegen die Vorbevolkerung kampften Die bekanntesten sind wohl die rituell organisierten Funf Volker pancha jana usw des Panjab die Anu Druhyu Yadu Turvasha und die Puru zu denen spater auch die Bharata treten Witzel Das alte Indien S 32 In der Tat bezeichneten sich die alten Perser Ostiraner im Avesta und die vedisch sprechenden Inder selbst als arya Alle anderen Stamme die nicht der arischen Kulturgemeinschaft angehorten wurden an arya genannt Witzel op cit S 31 Letzteres in der RgS allerdings nicht belegt siehe Rgc Konsonantischer Nebentypus der i Deklination Nom Sgl ariḥ Akk arim Dat aryaḥ araye nach der agni Deklination in 6 13 5 wohl wegen des folgenden jasuraye siehe AiGr III 69a Auch in arigurta aridhayas aripra und ariṣṭuta abgelautet vielleicht auch in risa das und suri siehe EWAia Ich ubersetze ari einmal mit Fremder als einem Wort ohne gefuhlsmassigem Beiwert zum anderen mit Fremdling als einem gefuhlsbetonten Wort im guten wie im schlechten Sinne Fremdling S 11 Thieme op cit S 10 Thieme op cit S 78 Thieme op cit S 80 Thieme op cit S 84 Siehe Thieme op cit S 85 f Z B in 8 1 34 sasvati naryabhicakṣyaha subhadramarya bhojanaṃ bibharṣi Eine Frau nach der anderen sagt wenn sie es gesehen hat ein sehr schones Genussmittel tragst du auf bzw tragst du an dir o Gastlicher bzw Herr Thieme op cit S 87 International Alphabet of Sanskrit Transliteration Aṣṭhadhyayi Bohtlingk 3 1 103 aryaḥ svamivaisyayoḥ Vgl Thieme op cit S 89 ff In der Sekundarliteratur findet man immer wieder das Missverstandnis arya wurde als Arier name fungieren Eigentlich denominales Suffix a mit Vriddhierung Dehnung des Stammvokales des Ausgangswortes siehe AiGr II 2 35a Das a der Basis wird durch das Suffix ersetzt das Derivat unterscheidet sich durch die Dehnstufe wie bei mṛḍika marḍika siehe 38g Hier haufig a r iya rekonstruierbar z B in 5 34 6 Thieme op cit S 145 Siehe Meier Bruggers Besprechung von Rubio Orecilla Rgveda Hymnen eine Hymne an den Nektar der Gotter 9 1 von Madhucchandas vor allem Schopfungslieder aus dem 10 Mandala http 12koerbe de hanumans rgveda htm eine nachdichtende freiere Ubersetzung von Hans Zimmermann Gorlitz 1998 2000 Zitierte Literatur Bearbeiten AiGr Jacob Wackernagel Altindische Grammatik II 2 Albert Debrunner Die Nominalsuffixe Gottingen 1954 III Albert Debrunner Nominalflexion Zahlwort Pronomen Gottingen 1930 EWAia Manfred Mayrhofer Etymologisches Worterbuch des Altindorarischen Heidelberg 1992 2001 Indogermanische Bibliothek Reihe 2 Worterbucher PW Otto Bohtlingk Rudolph von Roth Sanskrit Worterbuch Herausgegeben von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Neudruck der Ausgabe St Petersburg 1855 1875 Osnabruck Wiesbaden 1966 Rgc Alexander Lubotsky A Ṛgvedic word concordance 2 Bde New Haven 1997 American Oriental Series 82 83 ISBN 0 940490 12 9 Otto Bohtlingk Red Paṇini s Grammatik Herausgegeben ubersetzt erlautert und mit verschiedenen Indices versehen Delhi 2001 Nachdruck von Leipzig 1887 ISBN 81 208 1025 2 Albert Debrunner Besprechung von Thieme P Der Fremdling im Rigveda Leipzig 1938 In Indogermanische Forschungen 57 1940 S 145 148 Friedrich Max Muller Red Rig Veda Samhita The sacred hymns of the Brahmans Together with the commentary of International Alphabet of Sanskrit Transliteration Sayanacharya Krishnadas Sanskrit Series 37 Varanasi 1983 Nachdruck der 2 Aufl London 1890 Michael Meier Brugger Besprechung von Rubio Orecilla F J El sufijo de derivacion nominal i o ii o en los gerundios y gerundivos del Ṛg Veda y el Avesta Zaragoza 1995 In Indo Iranian Journal 47 2004 S 49 51 Stefan Niederreiter Morphologische Varianz und semantische Konkurrenz Verbalabstrakta im Rig Veda Graz 2001 Arbeiten aus der Abteilung Vergleichende Sprachwissenschaft Graz 16 ISBN 3 7011 0030 6 Barend A van Nooten Gary B Holland Red Rig Veda A metrically restored text with a introduction and notes Harvard Oriental Series 50 Cambridge Mass u a 1994 ISBN 0 674 76971 6 Michael Witzel Das alte Indien Beck Wissen Munchen 2003 ISBN 3 406 48004 7Siehe auch BearbeitenFremde Soziologie Gastfreund Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Fremdling im Ṛgveda amp oldid 226782102