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Der Begriff der Deep focus cinematography bezeichnet die Anwendung moglichst grosser Scharfentiefe im Film mit Hilfe von kameratechnischen Mitteln wie etwa der Verwendung von Weitwinkelobjektiven und einer moglichst kleinen Apertur Die Deep focus cinematography steht in einem engen Zusammenhang mit der Deep Space Mise en scene muss mit ihr jedoch nicht gleichbedeutend sein Paradigmatisches Beispiel ist der Film Citizen Kane Orson Welles USA 1941 Die Anwendung von Scharfentiefe als kinematografisches Verfahren ist jedoch nicht erst eine Erfindung der 1940er Jahre Die Deep focus cinematography wie auch ihr enger Verwandter die Deep space mise en scene waren bereits in der Anfangszeit des Kinos als Stilmittel bekannt Wahrend der 1920er und 1930er Jahre setzte sich jedoch zumindest im klassischen Hollywood ein Stil durch der auf Tiefe oftmals verzichtete In diesem weichen Stil soft style wurden scharfe Kontraste als unkunstlerisch abgelehnt eine leichte Unscharfe uber alle Bildebenen war vielmehr das Ziel Betrachtet man die technologischen Innovationen in dieser Zeit so wird offensichtlich wie sehr stilistische Praferenzen der Filmemacher und technologische Innovationen sich wechselseitig beeinflussen Inhaltsverzeichnis 1 Licht 2 Filmmaterial 3 Die Einfuhrung des Tons 4 Scharfentiefe oder Soft Style 5 Deep Space Cinematography und Realismus 6 Literatur 7 EinzelnachweiseLicht BearbeitenBis weit in die 1920er Jahre gehorten Kohlebogenlampen und orthochromatischer Film zum Standard der Filmemacher Gluhlampen wie die von General Electrics hergestellte Mazda Lampe konnten sich lange Zeit nicht durchsetzen da ihre Lichttemperatur im roten Bereich lag der den orthochromatischen Film nicht belichten konnte Anfang 1928 schliesslich wurden vereinzelte Innovationen in einem grosseren Forschungs und Entwicklungsprogramm zusammengefasst Die ein Jahr zuvor gegrundete Academy organisierte mit der ASC und betroffenen Firmen wie General Electrics Mole Richardson oder Eastman ein Testprogramm in dem Vorteile und Handhabung von Mazda Lampen und panchromatischem Film eruiert wurden Gluhlampen hatten den grossen Vorteil dass sie aufgrund ihres geringeren Stromverbrauches wesentlich billiger waren dazu auch einfacher zu handhaben und zu transportieren Zudem hatten die Kohle Bogenlampen den Nebeneffekt dass sie ein dauerndes hohes Pfeifen von sich gaben was wahrend der Einfuhrung des Tonfilms ein deutlicher Nachteil war Die Gluhlampen erlangten so innerhalb kurzer Zeit weite Verbreitung in den Studios Eine weitreichende Konsequenz der Mazda Lampen war es jedoch dass diese eine gewisse Unscharfe und Kontrastschwache mit sich brachten Dies passte zwar zu dem damals beliebten Soft Style fuhrte jedoch immer wieder zu Versuchen einzelner Filmemacher zu Kohle Bogenlampen zuruckzukehren Mit der Entwicklung des Technicolor Dreifarbsystems das nur schwer mit Gluhlampen arbeitete wurden die Kohle Bogenlampen weiterentwickelt und konnten Ende der 1930er Jahre wieder ein gewisses Marktsegment fur sich beanspruchen Filmmaterial BearbeitenBereits im Laufe der 1920er Jahre setzte sich der panchromatische Film nach und nach durch Da er auch auf rotes Licht reagierte konnten Hauttone wesentlich besser dargestellt werden Die ersten panchromatischen Filmmaterialien waren noch sehr lichtunempfindlich langsam Die Apertur musste weit geoffnet werden das Licht verstarkt werden Folge waren eine kontrastarme helle Beleuchtung sowie eine geringe Scharfentiefe die dem Bild einen weichen Ausdruck gab Im Laufe der 1930er Jahre wurden die Filmmaterialien weiterentwickelt Doch verwendeten die meisten Kameraleute eine weit geoffnete Blende und helle Beleuchtung da nur diese den damals gewunschten soft style ergaben Nur wenige Filmemacher zogen es vor auch hohere Kontraste scharfe Umrisse und eine gewisse Scharfentiefe zu verwenden Die Einfuhrung des Tons BearbeitenSind die beiden Entwicklungen von Beleuchtung und Filmmaterial zunachst als unabhangig zu betrachten so lasst sich jedoch nicht leugnen dass sie genau in die Zeit fielen in denen Hollywood auf den Ton umstellte So ergeben sich aus der Einfuhrung des Tons weitere Faktoren die Beleuchtung und Filmmaterial beeinflussten Die Synchronisation des Tons mit dem Bild machte eine Erhohung der Filmgeschwindigkeit auf 24 fps notwendig Daraus resultierte eine geringere maximale Belichtungszeit die wiederum eine starkere Ausleuchtung des Sets notwendig machte Weiterhin mussten die lauten Bogenlampen schallisoliert werden oder durch die leiseren Mazda Lampen ersetzt werden Auch Kameras mussten entsprechend schallisoliert werden Diese Kameragehause fuhrten jedoch mit sich dass die Kamera durch eine Glasplatte filmte was die Scharfe des Bildes und die Lichtstarke noch einmal verringerte Durch die geringere Belichtungszeit wurden Kameraleute noch weiter dazu verleitet die Blende weit zu offnen und somit die Scharfentiefe zu verringern Scharfentiefe oder Soft Style BearbeitenDie hier erwahnten technischen Mittel zielten zwar in erster Linie auf einen Markt ab der eine geringe Scharfentiefe erreichen wollte Dennoch gab es mehrere Filmemacher die bereits mit hoherer Scharfentiefe experimentierten Als Hohepunkt dieser alternativen Entwicklung kann man die Arbeit von Kameramann Gregg Toland und Regisseur Orson Welles an Citizen Kane 1941 bezeichnen Die Kombination verschiedener technischer Entwicklungen der 1930er Jahre Weitwinkelobjektive lichtempfindliche panchromatische Filme weiterentwickelte Bogenlampen speziell beschichtete Linsensysteme um Licht besser einzufangen und die neue gerauscharme Mitchell Kamera ermoglichte einen freieren Umgang mit der Scharfentiefe Die Entwicklung zeigt also eine wechselseitige Beeinflussung von Produktion und technischer Innovation Technische Entwicklungen ermoglichten nur bestimmte Arbeitsweisen und bevorzugten daher einzelne Stilmittel Andererseits stellte die Produktion konkrete Anforderungen an die Entwickler verlangte nach bestimmten Innovationen und steuerte so die Richtung der Forschung Es wurde jedoch auch alternativen Entwicklungen innerhalb dieses Beziehungssystems Raum gegeben Deep Space Cinematography und Realismus BearbeitenAndre Bazin feiert die Technik der Deep Space Cinematography allen voran den Film Citizen Kane als Paradebeispiel seiner Definition des Realismus Fur ihn sind die Regeln der Montage nur Bevormundung des Zuschauers wahrend sie er sich bei ausgepragter Scharfentiefe selbst das Ziel seiner Aufmerksamkeit wahlen kann David Bordwell widerspricht diesem Ansatz vehement und zeigt dass auch die quasi realistische Darstellung der Scharfentiefe bereits deutliche kunstlerische Verfremdungseffekte beinhaltet Eine spezielle Aufnahmetechnik die so genannte forced perspective erzwungene Perspektive gelingt nur mit der Deep focus cinematography ist aber gerade kein Beispiel fur Realismus Das fur den Walt Disney Fantasyfilm Das Geheimnis der verwunschenen Hohle Darby O Gill and the Little People 1959 entwickelte Verfahren macht sich den Umstand zunutze dass das menschliche Auge aufgrund der Zweidimensionalitat des Filmbildes nicht erkennen kann wie weit Dinge oder Personen wirklich voneinander entfernt sind solange sich die Kamera oder die gefilmten Objekte nicht aufeinander zubewegen Um nun den Eindruck zu erzeugen dass ein normal grosser Mensch mit einer Figur im Heinzelmannchen Format interagiert wurde dafur die grossere Figur mit einem Teil der Ausstattung im Vordergrund der Szenerie drapiert die kleiner erscheinen sollende hingegen in vierfacher Entfernung mit einer bildgenau passenden vierfach vergrosserten Ausstattung im Hintergrund Markierungspunkte halfen den Schauspielern dabei trotz der Entfernung unter Einhaltung der korrekten Blicklinie zusammenzuspielen Fur diese Szenen konstruierte Ub Iwerks zusammen mit dem Ingenieur Bob Otto eine Kamera mit Knotenpunkt Perspektive engl nodal point perspective camera Diese Spezialkamera erzeugte aus den zwei unterschiedlichen Sets eine nahtlos kombinierte Gesamtaufnahme 1 Die komplizierten Aufnahmen erfordern ein sehr grosses Filmset das entsprechend viel Licht benotigt damit ein tiefenscharfes Filmbild gelingt Literatur BearbeitenBlandford Steve Grant Barry Keith amp Hillier Jim 2001 The Film Studies Dictionary Arnold London Bordwell David 1985 The Mazda tests of 1928 In Bordwell David Staiger Janet amp Thompson Kristin The Classical Hollywood Cinema Film Style amp Mode of Production to 1960 Columbia University Press New York S 294 297 Bordwell David 1985 Deep focus cinematography In Bordwell David Staiger Janet amp Thompson Kristin The Classical Hollywood Cinema Film Style amp Mode of Production to 1960 Columbia University Press New York S 341 352Einzelnachweise Bearbeiten Leslie Iwerks John Kenworthy The Hand Behind the Mouse An Intimate Biography of Ub Iwerks the Man Walt Disney Called The Greatest Animator in the World Disney Editions New York 2001 ISBN 0 7868 5320 4 S 197 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deep focus cinematography amp oldid 217667406