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Chlorofasern Kurzzeichen CLF sind eine Gattung von chlorhaltigen Polyvinylfasern mit mehr als funfzig Prozent Gewichtsanteilen Chlor wobei sich zwei Gruppen von Chlorofasern unterscheiden lassen die aus dem Standardpolymeren Polyvinylchlorid PVC und seinen Modifikationen erzeugten und die aus strukturell verandertem Polyvinylchlorid gewonnenen Fasern 1 2 3 Die PVC Standardfaser werden aus dem reinen Polymeren PVC das durch Polymerisation aus dem Monomeren Vinylchlorid entsteht nach dem Trockenspinnverfahren gewonnen 4 DP Grad liegt zwischen 1000 und 2500 5 Die Gattung der Chlorofasern hat nur noch eine geringe Marktbedeutung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Herstellung 3 Eigenschaften und Anwendung 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenBereits am 4 Juli 1913 wurde in einem deutschen Patent 6 das auf Forschungsarbeiten von Fritz Klatte beruhte 7 vorgeschlagen das Polymerisationsprodukt des Chlorvinyls in heissem Chlorbenzol zu losen und aus der Losung durch Einpressen in ein Fallbad kunstliche Faden zu erspinnen 8 Es ist als Grundpatent fur die Synthesefasern zu werten 9 Allerdings blieb der praktische Erfolg zunachst versagt da es dem seinerzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik weit vorauseilte 10 Die Herstellung von Filamenten aus Polyvinylchlorid wurde erstmals im Jahre 1931 von Emil Hubert und Mitarbeitern bei der I G Farben in Wolfen durchgefuhrt die auf einem Patent von Emil Hubert Heinrich Pabst und Hermann Hecht beruhte 11 Es wurden die ersten in textiltechnischer Hinsicht vollwertigen synthetischen Fasern erzeugt Allerdings war das Verfahren zur Verspinnung von in Cyclohexanon gelostem PVC in eine 30 ige Essigsaure grosstechnisch nicht umsetzbar weil Geruchsbelastigung durch das Essigsaurespinnbad zu gross war und die Ruckgewinnung des hoch siedenden Cyclohexanons Schwierigkeiten bereitete 12 13 1932 schlug Hubert vor PVC schrittweise nachzuchlorieren um damit moglicherweise ein acetonlosliches Zwischenprodukt zu erhalten 14 Beim Nachchlorieren wird der Chlorgehalt im PVC bis auf 63 65 erhoht Die Regularitat der Struktur wird herabgesetzt die Intensitat der zwischenmolekularen Wechselwirkungen vermindert und damit ein besseres Losen in ublichen Losungsmitteln moglich 15 Die Nachchlorierung wurde technisch von Curt Schonburg und Mitarbeitern im Werk Bitterfeld beruhend auf einem Patent von Schoneburg 16 realisiert Es wurde festgestellt dass man aus dem acetonloslichen Produkt Fasern und Filamente erhalten konnte Die Erzeugung der nachchlorierten PVC Fasern der sogenannten PeCe Fasern wurde 1934 in Wolfen aufgenommen nachdem herausgefunden wurde dass sich die acetonischen Spinnlosungen einfach in Wasser verspinnen liessen 17 Ab 1938 wurden die Fasern in Wolfen auch grosstechnisch hergestellt 18 Polyvinylchlorid wurde in Faserform in grossem Ausmass wahrend des Zweiten Weltkrieges in Deutschland fabriziert 1940 44 waren es ca 2500 Tonnen in den Fabriken Wolfen Dormagen und Freiburg i B 19 Die PeCe Fasern wurden spater in der DDR unter dem Handelsnamen Piviacid weiterhin in Wolfen produziert Eine nachchlorierte PVC Faser entsprechend der PeCe Faser wurde unter dem Handelsnamen Chlorin in den 50erJahren auch in der Sowjetunion hergestellt 20 21 In den USA ging man einen anderen Weg um losliche Ausgangsstoffe fur die Fasererspinnung zu erhalten Man konzentrierte sich auf Mischpolymerisate Beruhend auf Entwicklungsarbeiten bei Union Carbide and Carbon Corporation mit dem daraus hervorgegangenem Patent 22 wurden ab 1935 Fasern aus dem Copolymer von Vinylchlorid und Vinylacetat vorzugsweise 87 bis 90 Vinylchlorid und 10 bis 13 Vinylacetat erzeugt und unter dem Handelsnamen Vinyon verkauft 23 24 Diese Faser wurde 1947 durch eine Mischpolymerisat aus Vinylchlorid und Acrylnitril 60 40 abgelost die unter der Bezeichnung Vinyon N auf den Markt kam 25 26 Diese Faser die spater den Handelsnamen Dynel trug war textil gut verarbeitbar und besass einen erhohten Erweichungstemperaturbereich 27 Fur die Faserherstellung eignete sich auch ein Mischpolymerisat das aus 15 Vinylchlorid und 85 Vinylidenchlorid bestand Sie wurde durch Dow Chemical unter der Bezeichnung Saran hergestellt und in den ersten Jahren nach 1945 bekannt 28 In Japan wurde schon 1952 von der Denka Co Japan im industriellen Massstab mit der Produktion von sehr feinen PVC Filamenten fur kunstliche Peruckenhaare begonnen Die Faser erhielt 1971 den Markennamen Toyokalon Solche dunnen Fasern konnten in hoher Qualitat nur durch ein Schmelzspinnverfahern erhalten werden 29 30 Von der Teijin Company wurde eine Loungsmittelmischung aus Aceton und Benzen gefunden die bei erhohter Temperatur eine geeignete Losung von PVC ermoglichte die in einem Trockenspinnverfahren eine PVC Faser ergab Nach dieser Methode wurde von der Teikoku Rayon Co Ltd ab 1956 die Produktion dieser Faser unter dem Handelsnamen Teviron mit einer Produktionsmenge von 5 t Tag gestartet 31 32 In Frankreich liefen die Entwicklungsarbeiten fur Chlorofasern bei der Societe Rhodiaceta Lyon Dort gelang es Jacques Corbiere und seinen Mitarbeitern 1941 ein Trockenspinnverfahren zu entwickeln das auf der Loslichkeit von Polyvinylchlorid in einem Gemisch von Schwefelkohlenstoff und Aceton beruhte 33 34 Die Faserproduktion begann 1949 unter dem Markennamen Rhovyl 35 Seit dieser Zeit entwickelte die Rhovyl SAS standig ihr PVC Faser Sortiment und produziert bis heute in ihrem Werk in Tronville en Barrois Frankreich verschiedene Fasersortimente Herstellung BearbeitenDie PVC Fasern werden meistens wie Rhovyl und Tevriron durch Trockenspinnen erzeugt Auch Nassspinnverfahren waren und sind noch im Einsatz genauso wie Schmelzspinnverfahern 36 Bedeutung konnte auch die Erzeugung von PVC Nanofasern mittels Elektrospinnen erlangen 37 Eigenschaften und Anwendung BearbeitenChlorofasern aus Standard PVC sind nicht entflammbar sie brennen nicht und haben keine Tropfenbildung Mit einem LOI Wert von 49 liegen sie uber vergleichbaren Fasern 38 39 Die Fasern sind absolut hydrophob nehmen also keine Feuchtigkeit auf weshalb die Werte fur Trocken und Nassreissfestigkeit und Trockenbruch und Nassbruchdehnung gleich sind Chlorofasern haben eine sehr gute Chemikalienresistenz sowohl gegenuber Sauren als auch gegenuber Laugen Sie zeigen keine Verrottungserscheinungen und sind witterungs und lichtbestandig 40 Polyvinylidenfasern wie Saran sind ebenfalls unbrennbar bzw schwer entflammbar Sie zeichnen sich durch eine Bestandigkeit gegenuber aliphatischen Kohlenwasserstoffen wie Benzin und Diesel aus weshalb sie fur die Herstellung von Benzinfiltern eingesetzt werden konnen Einsatzschwerpunkte sind neben technischen Textilien Heimtextilien Unterwasche und Perucken Einzelnachweise Bearbeiten Walter Loy Chemiefasern fur technische Textilprodukte 2 grundlegende uberarbeitet und erweiterte Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 86641 197 5 S 66 Aad Schaap Katharina Kowol Andreas Flachenecker Terminology of Man Made Fibres BISFA 2017 S 12 Hans J Koslowski Chemiefaser Lexikon 12 erweiterte Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2009 ISBN 978 3 87150 876 9 S 55 Walter Loy Chemiefasern fur technische Textilprodukte 2 grundlegende uberarbeitet und erweiterte Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 86641 197 5 S 66 Ursula Volker Katrin Bruckner Von der Faser zum Stoff Textile Werkstoff und Warenkunde 35 aktualisiert Auflage Verlag Dr Felix Buchner Hamburg 2014 ISBN 978 3 582 05112 7 S 76 Deutsches Patent DE 281877 Chemische Fabrik Griesheim Elektron in Frankfurt am Main Verfahren zur Herstellung einer auf Hornersatz Films Kunstfaden Lacke u dgl verarbeitbaren plastischen Massen Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 68 Robert Bauer Unternehmen Chemiefaser bei der deutschen Farbenindustrie Verlag fur Wirtschaftspraxis Frankfurt am Main 196 S 60 Stefan Mecheels Herbert Vogler Josef Kurz Kultur amp Industriegeschichte der Textilien Wachter GmbH Bonnigheim 2009 ISBN 978 3 9812485 3 1 S 423 Rudolf Pummerer Hrsg Chemische Textilfasern Filme und Folien Grundlagen und Technologie Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1953 S 574 Deutsches Patent DE 666 264 I G Farbenindustrie Akt Ges in Frankfurt Main Verfahren zum Nassspinnen von Kunstfaden aus Polymerisationsprodukten Patentiert am 20 Oktober 1931 Rudolf Pummerer Hrsg Chemische Textilfasern Filme und Folien Grundlagen und Technologie Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1953 S 576 Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 70 Robert Bauer Unternehmen Chemiefaser bei der deutschen Farbenindustrie Verlag fur Wirtschaftspraxis Frankfurt am Main 1962 S 63 Zakhar Aleksandrovic Rogowin Chemiefasern Chemie Technologie Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 1982 ISBN 3 13 609501 4 S 317 Deutsches Patent DE596 911 I G Farbenindustrie Akt Ges in Frankfurt a M Verfahren zur Darstellung von Kunstmassen aus Vinylchloriden Patentiert am 24 Mai 1932 Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 72 Autorenkollektiv Textile Faserstoffe Zweite verbesserte Auflage Fachbuchverlag Leipzig 1967 S 548 Herbert M Ulrich Handbuch der chemischen Untersuchung der Textilfaserstoffe Zweiter Band Chemismus Eigenschaften und Einsatz der textilen nicht veranderten Faserstoffe und ihre Prufung Springer Verlag Wien 1956 S 585 Robert Bauer Chemiefaserlexikon Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 1960 S 94 Zakhar Aleksandrovic Rogowin Chemiefasern Chemie Technologie Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 1982 ISBN 3 13 609501 4 S 318 US Patent 1 990 685 Process For Fractionating Vinyl Resins And The Product Obtained Thereby Angemeldet am 28 Marz 1931 erteilt am 12 Februar 1935 Menachem Lewin Hrsg Handbook of Fiber Chemistry Third Edition Taylor amp Francis Group Boca Raton 2007 ISBN 978 0 8247 2565 5 S 313 Rudolf Pummerer Hrsg Chemische Textilfasern Filme und Folien Grundlagen und Technologie Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1953 S 589 Stefan Mecheels Herbert Vogler Josef Kurz Kultur amp Industriegeschichte der Textilien Wachter GmbH Bonnigheim 2009 ISBN 978 3 9812485 3 1 S 424 Rudolf Pummerer Hrsg Chemische Textilfasern Filme und Folien Grundlagen und Technologie Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1953 S 590 Walter Loy Chemiefasern fur technische Textilprodukte 2 grundlegende uberarbeitet und erweiterte Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 86641 197 5 S 68 Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 186 S J Eichhorn J W S Hearle M Jaffe T Kikutani Handbook of textile fibre structure Volume1 Fundamementels and manufactured polymer fibers Woodhead Publishing Ltd Cambridge 2009 ISBN 978 1 84569 380 0 S 319 Website von Denka Abgerufen am 11 Juli 2021 S J Eichhorn J W S Hearle M Jaffe T Kikutani Handbook of textile fibre structure Volume1 Fundamementels and manufactured polymer fibers Woodhead Publishing Ltd Cambridge 2009 ISBN 978 1 84569 380 0 S 319 Robert Bauer Chemiefaserlexikon Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 1960 S 104 Franzosische Patent FR 913 164 Nouvelles solutions de derives polyvinyliques et leur procede de fabrication Angemeldet am 21 Juni 1941 Rudolf Pummerer Hrsg Chemische Textilfasern Filme und Folien Grundlagen und Technologie Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1953 S 587 Menachem Lewin Hrsg Handbook of Fiber Chemistry Third Edition Taylor amp Francis Group Boca Raton 2007 ISBN 978 0 8247 2565 5 S 313 Menachem Lewin Hrsg Handbook of Fiber Chemistry Third Edition Taylor amp Francis Group Boca Raton 2007 ISBN 978 0 8247 2565 5 S 316 321 1 Website MDPI Abgerufen am 11 Juli 2021 Wolfgang Bobeth Hrsg Textile Faserstoffe Beschaffenheit und Eigenschaften Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1993 ISBN 3 540 55697 4 S 279 Walter Loy Chemiefasern fur technische Textilprodukte 2 grundlegende uberarbeitet und erweiterte Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 86641 197 5 S 66 Walter Loy Chemiefasern fur technische Textilprodukte 2 grundlegende uberarbeitet und erweiterte Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 86641 197 5 S 67 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chlorofaser amp oldid 234293121