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Die Carta Caritatis ist das Verfassungsdokument des Zisterzienserordens Das Dokument regelt die Beziehungen der Zisterzienserkloster untereinander Es wurde 1119 von Papst Calixtus II approbiert und gelangte um 1155 zu seiner gereiften Form Als kanonisches Regelwerk machte es den Zisterzienserorden zum ersten Orden der Kirchengeschichte Es gehort zu den wesentlichen Wesensmerkmalen des Ordens und geniesst eine universale Wertschatzung als juristisches Monument Inhaltsverzeichnis 1 Name 2 Inhalt 3 Rezeption 4 Fassungen 4 1 Carta Caritatis prior 4 2 Summa Cartae Caritatis 4 3 Carta Caritatis posterior 5 Editionen 6 Literatur 7 AnmerkungenName BearbeitenDer Name Carta Caritatis wird im Dokument selbst erklart Diesem Dekret wollten sie den Namen Carta Caritatis geben denn es schliesst jede Belastung durch Abgaben aus und hat so allein die Liebe und das Wohl der Seelen in gottlichen und menschlichen Dingen zum Ziel 1 Der Name wird oft aus mangelnder Kenntnis des Textinhalts als Urkunde der Liebe im affektiven oder spirituellen Sinne missdeutet Tatsachlich stellt sie jedoch einen Verwaltungs und Verfassungstext dar Die Liebe caritas des Titels bezieht sich auf die Befreiung der Kloster von finanziellen Abgaben an die Mutterkloster Im vorhergehenden cluniazensischen Modell wovon die Zisterzienser sich abgrenzen wollten waren namlich hohe Abgaben zu leisten Inhalt BearbeitenDie Carta regelt die gemeinsame Existenz von mehreren Klostern in einem Verband hauptsachlich durch die Rechtsmittel der Visitation durch den Vaterabt dessen Kloster das Tochterkloster gegrundet hat und des jahrlichen Generalkapitels in Citeaux der Mutterabtei aller Zisterzen Ebenso regelt die Carta folgende Punkte Verbot von materiellen Belastungen der Neugrundungen einheitliche Riten und liturgische Bucher verpflichtende Auslegung der Benediktsregel durch das Kloster Citeaux Verbot von Privilegien oder Grablegung von Stiftern Rangfragen beim Zusammentreffen mehrerer Abte Professriten Visitation Neugrundungen Verfahren beim Generalkapitel Abtwahlen bzw Sedisvakanzen Abtsrucktritt Ermahnungs und Absetzungsverfahren fur Abte abweichenden Ort des Generalkapitels und Bestandigkeit des Ortes Stabilitas loci Die Stelle die im Wortlaut weiteste Verbreitung gefunden hat lautet una caritate una regula similibusque vivamus moribus Wir wollen in der einen Liebe unter der einen Regel und nach denselben Brauchen leben Diese Aussage wie auch eigentlich der gesamte Inhalt des Textes wird heute vom Orden nur im ubertragenen Sinne aufrechterhalten Allein die Aufhebung des Filiationssystems durch die modernen Kongregationen hat die Systematik der Carta Caritatis undurchfuhrbar gemacht Rezeption BearbeitenDie Carta gelangte durch das IV Laterankonzil zu ihrer vollen geschichtlichen Wirkung da sie dort vor allem wegen der vorgeschriebenen Visitation als Vorbild fur alle neuen Orden ausgerufen wurde 2 Auch Nachfolgerpapste haben sie zur Schatztruhe der Tugenden deklariert 3 Fassungen BearbeitenSeit Jahrhunderten wird daruber gestritten ob Stephan Harding als Verfasser der Carta gelten darf Das Verfassungswerk ist wie bei fast allen Verfassungen allerdings als Ergebnis vieler Autoren zu sehen Zwei Funde haben die Carta Forschung im 20 Jahrhundert besonders angefeuert Pater Tiburtius Humpfner entdeckte 1932 eine Version der Summa Cartae Caritatis Auguste Trilhe 1939 eine der Carta Caritatis prior Bis heute geniesst sie grosse Aufmerksamkeit von Rechts und Ordenshistorikern Eine erste nicht erhaltene Fassung wird vom Centre Europeen pour le Rayonnement de la Culture Cistercienne CERCCIS in Citeaux und in der franzosischen Forschung als Charte de charite et d unanimite Carta der Liebe und der Einmutigkeit bezeichnet 4 Die Carta Caritatis liegt heute in drei Fassungen vor Carta Caritatis prior Bearbeiten Die alteste Fassung ist die Carta Caritatis prior die bald nach den ersten Tochtergrundungen von Citeaux verfasst wurde die in den Jahren 1113 bis 1115 stattfanden In diesem Dokument geht es um das Verhaltnis der Tochterkloster zu ihrer Mutterabtei Citeaux Jede Tochterabtei wird einmal pro Jahr visitiert Nicht visitiert wird aber das Mutterkloster Citeaux Ausserdem schreibt das Dokument dem Abt von Citeaux weitgehende Vollmachten beim Generalkapitel zu Diese Fassung der Carta Caritatis war lange unbekannt Die Handschrift der von ihm so genannten Carta Caritatis prior fand Josef Turk 1939 im Codex 31 der Universitatsbibliothek von Ljubljana 5 ediert wurde sie 1947 von Canisius Noschitzka 6 Heute sind acht Handschriften der Carta Caritatis prior bekannt die Handschrift des Codex 31 der aus dem Jahr 1152 stammt ist aber weiterhin die alteste Summa Cartae Caritatis Bearbeiten 1927 entdeckte der Priester Auguste Trilhe aus Toulouse in einer Handschrift der Pariser Nationalbibliothek 7 einen Vorlaufer der bis dahin einzig bekannten Uberlieferung der Carta Im von Tiburtius Humpfner 1932 edierten Text bekam Trilhes Entdeckung den Titel Summa Cartae Caritatis SCC 8 Die Bedeutung dieser Entdeckung wurde erst in spateren Jahren erkannt Die SCC ist eine Zusammenfassung der Carta Caritatis prior Eine weitere Abschrift der SCC befindet sich im Kodex von Trient 9 den Jean Leclercq entdeckte 10 Diese Handschrift durfte aus den Jahren 1130 bis 1134 stammen Heute sind funf Handschriften der Summa Cartae Caritatis bekannt entstanden durfte die Summa etwa 1124 sein Inhaltlich geht die Summa genauer auf das Verhaltnis von Vater und Tochterabt ein auch die Vollmacht eines Visitators wird genauer beschrieben 11 Carta Caritatis posterior Bearbeiten Neben der Carta Caritatis prior und der Summa Cartae Caritatis gibt es noch eine dritte Fassung die heute als Carta Caritatis posterior bezeichnet wird Bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts war sie die einzig bekannte Fassung der beruhmten Zisterzienserverfassung Diese Version durfte um 1165 in ihrer letzten Fassung festgelegt worden sein sie ist in 26 Handschriften bezeugt 12 Editionen BearbeitenPatrologia Latina Bd 166 1854 S 1377 1384 M Hildegard Brem OCist Alberich Martin Altermatt Hg Einmutig in der Liebe Die fruhesten Quellentexte von Citeaux Antiquissimi textus Cistercienses lateinisch deutsch Quellen und Studien zur Zisterzienserliteratur Bd 1 Bernardus Verlag Langwaden 1998 ISBN 2 503 50695 X Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Polykarp Zakar Art Carta Caritatis In Dizionario degli Istituti di Perfezione Bd 2 Cambiagio Conventualesimo Edizioni Paoline Rom 1975 Sp 609 613 Jean Baptiste Auberger L unanimite cistercienne primitive Mythe ou realite Editions Sine Parvulos Achel 1986 Monika R Dihsmaier Carta Caritatis Verfassung der Zisterzienser Rechtsgeschichtliche Analyse einer Manifestation monastischer Reformideale im 12 Jahrhundert Berlin 2010 ISBN 978 3 428 13404 5 M Hildegard Brem OCist Die Carta Caritatis In Cistercienser Chronik 126 Jg 2019 S 194 214 Mauro Giuseppe Lepori OCist Etre utiles a tous A propos de la Carta caritatis In Alliance Inter Monasteres Bulletin de l AIM ISSN 1779 4811 Jg 2020 Nr 118 S 83 87 Anmerkungen Bearbeiten Carta Caritatis Prior Memento vom 17 Juni 2010 im Internet Archive Antonio Garcia y Garcia Constitutiones concilii quarti Lateranensis una cum commentariis glossatorum Rom 1981 Constitutio 12 Thesaurus virtutum so die Formulierung von Papst Innozenz IV in einer Bulle vom 2 Mai 1245 zitiert in Jorg Oberste Visitation und Ordensorganisation Formen sozialer Normierung Kontrolle und Kommunikation bei Cisterziensern Pramonstratensern und Cluniazensern 12 fruhes 14 Jahrhundert Vita regularis Bd 2 Lit Munster 1996 ISBN 3 8258 2587 6 S 64 Fn 38 Eric Delaisse La Charte de Charite 1119 2019 Un document pour preserver l unite entre les communautes In Alliance Inter Monasteres Bulletin de l AIM ISSN 1779 4811 Jg 2020 Nr 118 S 88 91 hier S 88 Josef Turk Prvotna Charta charitatis Akademija znanosti in umetnosti Ljubljana 1942 Canisius Noschitzka Codex manuscriptus 31 Bibliothecae Universitatis Labacensis In ACi Bd 6 1950 S 1 124 Paris Bibliotheque Nationale ms lat 4346 Tiburtius Humpfner Exordium Cistercii cum summa Cartae caritatis et fundatio primarum quattuor filiarum Cistercii Typographia catholica Vac 1932 Trento Biblioteca Comunale ms 1711 Jean Leclercq Une ancienne redaction des coutumes cisterciennes In Revue d histoire ecclesiastique RHE Jg 47 1952 S 172 176 M Hildegard Brem OCist Alberich Martin Altermatt Hg Einmutig in der Liebe Die fruhesten Quellentexte von Citeaux Antiquissimi textus Cistercienses Bernardus Verlag Langwaden 1998 S 23 M Hildegard Brem OCist Alberich Martin Altermatt Hg Einmutig in der Liebe Die fruhesten Quellentexte von Citeaux Antiquissimi textus Cistercienses Bernardus Verlag Langwaden 1998 S 23f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Carta Caritatis amp oldid 237638229