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Cecilia Mangini 31 Juli 1927 in Mola di Bari 1 21 Januar 2021 in Rom war eine italienische Dokumentarfilmerin Drehbuchautorin und Fotografin Sie gilt als erste und bedeutendste italienische Dokumentarfilmregisseurin der Nachkriegszeit Mangini arbeitete oft mit ihrem Mann Lino Del Fra aber auch anderen italienischen Intellektuellen wie Pier Paolo Pasolini zusammen Ihre Werke waren stets sozialkritisch und kommunistisch gepragt 2 Cecilia Mangini auf dem IFFR 2020 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Kindheit und Jugend 1 2 Berufseinstieg als Filmkritikerin 1 3 Fotografie 1 4 Filmregie 1 5 Zusammenarbeit mit Lino Del Fra 2 Filmografie 2 1 Als Regisseurin 2 2 Als Drehbuchautorin 3 Auszeichnungen 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenKindheit und Jugend Bearbeiten Manginis Mutter war Florentinerin ihr Vater stammte aus Apulien und handelte mit Leder Im Jahr 1933 Mangini war sechs Jahre alt verliess die Familie den von der Wirtschaftskrise hart getroffenen Suden Italiens und zog nach Florenz Dort wurde die Jugendliche wie viele ihrer Altersgenossen zur gluhenden Anhangerin des Faschismus Sie begann sich fur bildende Kunst und Kino zu interessieren und besuchte die ortlichen Cinegufs von faschistischen Universitatsgruppen organisierte Filmzirkel Erst nach dem Krieg entdeckte sie den Neorealismus und den Kommunismus 2 fur sich wurde regelmassige Besucherin der Filmclubs von Florenz 3 und grundete dort selbst den Filmclub Controcampo auf Deutsch Gegenschuss 4 1952 zog sie nach Rom wo sie fur die Organisation der italienischen Filmclubs arbeitete Dort lernte sie ihren ebenfalls dort tatigen spateren Mann den Dokumentarfilmer Lino Del Fra kennen 5 Berufseinstieg als Filmkritikerin Bearbeiten Ahnlich wie andere italienische Filmemacher und auch Del Fra begann sie ihre Laufbahn als Filmkritikerin Ab den fruhen 1950er Jahren verfasste sie Rezensionen fur die linksgerichtete Filmzeitschrift Cinema Nuovo 6 7 ausserdem schrieb sie fur Cinema 60 und Eco del cinema 8 Daneben verfasste sie aber auch Eintrage fur das Lexikon Enciclopedia Cinematografica Conoscere 5 Fotografie Bearbeiten Tief verwurzelt in der Welt des Films begann Mangini u a bei Dreharbeiten zu fotografieren 5 1952 reiste sie fur ihre erste Fotoreportage nach Lipari Dort dokumentierte sie mit ihrer Zeiss Super Ikonta 6 6 die beschwerlichen Arbeitsbedingungen und den Alltag von Arbeiterinnen und Arbeitern eines Bimssteinbruchs Auf Panarea fotografierte sie die tagliche Arbeit einheimischer Kinder z B beim Fischen oder im Tourismus Die Fotografien wirken wie Schnappschusse sind jedoch sorgfaltig komponiert und lassen bereits Manginis Nahe zum Neorealismus erahnen Sie wurden teilweise erst 2017 veroffentlicht 9 Mangini arbeitete bis ungefahr 1958 als Fotografin Ihre wichtigste Fotoreportage war allerdings ein Stuck uber die Lebensbedingungen in Vietnam wahrend des Vietnamkriegs das erst 1965 im linksgerichteten L Espresso und im feministischen Magazin Noi donne erschien 7 Ursprunglich war sie mit Lino Del Fra fur ein Filmprojekt nach Vietnam gereist Die beiden mussten das Land wegen der starker werdenden Kriegshandlungen jedoch bereits nach vier Monaten verlassen der Film wurde nie realisiert Laut eigener Aussage beendete Mangini ihre Karriere als Fotografin nachdem ihr Sohn Luca geboren worden war 10 Filmregie Bearbeiten Mitte der funfziger Jahre nahm Mangini an einem von dem Anthropologen Ernesto de Martino geleiteten ethnografischen Filmprojekt teil 7 Ende der funfziger Jahre brachte sie der Produzent Fulvio Lucisano auf die Idee Dokumentarfilme zu drehen 11 So begann sie in einer damals vorwiegend mannlich gepragten beruflichen Umgebung erste Kurzfilme zu realisieren Sie dokumentierte das Leben von am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen die trostlosen Vorstadte und die letzten Reste von vorindustriellen Traditionen auf dem Land 11 Bei einigen dieser Filme wirkte Pier Paolo Pasolini als Autor mit Ignoti alla citta und La Canta delle Marane sind von seinem ersten Roman Ragazzi di Vita 1955 inspiriert und behandeln das Leben von Jugendlichen in der romischen Vorstadt 12 In Stendali werden trauernde Frauen in Manginis Heimat Apulien gezeigt die Griko sprechen eine lokale Minderheitensprache mit griechischen Elementen Mangini selbst bezeichnete die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Autor und den Arger mit der Zensur den sie wegen einer Szene in Ignoti hatte als Karrieresprungbrett 5 Anfang der 1960er Jahre drehten Mangini Del Fra und der sozialistische Filmkritiker Lino Micciche zusammen den Found Footage Film All armi siam fascisti Zu den Waffen wir sind Faschisten Aus bestehendem Filmmaterial wurden historische Szenen aus der Zeit zwischen 1911 und 1961 13 montiert mit denen das Phanomen des Faschismus ergrundet werden sollte Diese Szenen wurden durch einen von Franco Fortini gesprochenen oft sarkastischen Kommentar miteinander verbunden Der Film hatte monatelang Schwierigkeiten mit der Zensur Im Vorfeld hatte sich das Istituto Luce Italiens grosstes Archiv fur Dokumentarfilme geweigert Material zur Verfugung zu stellen Die Filmemacher hatten deswegen mit nicht italienischen Archiven zusammengearbeitet Nachdem All armi siam fascisti bei den Filmfestspielen von Venedig uraufgefuhrt worden war 14 wurde er von der Zensur wieder auf Eis gelegt und konnte erst nach einigem Hin und Her herausgebracht werden Bei einer Vorstellung in Rom sturmten Neofaschisten das Kino Nichtsdestotrotz wurde der Film zum Kassenschlager und die Kritik hob seinen historischen Wert hervor 7 Nach diesem Erfolg versuchten Mangini Del Fra und Fortini sich mit dem Mythos Stalin in einem Film kritisch zu beschaftigen der ebenfalls auf Archivmaterial basieren sollte Mangini die im Gegensatz zu Del Fra nicht Mitglied der sozialistischen Partei 15 war konnte in die USA reisen und sammelte dort rares Filmmaterial z B aus der Library of Congress aus den Archiven der Fox und Paramount und aus dem Museum of Modern Art Da der Produzent Lucisano jedoch weitreichende Anderungen im Schnitt vornehmen liess um den Film an den US amerikanischen Markt anzupassen zogen die Filmemacher ihre Autorenschaft zuruck Der von Lucisano schliesslich unter dem Titel Processo a Stalin 1963 veroffentlichte Film wurde ein Flop 7 Mitte der 1960er Jahre wurde Mangini von der Rai 11 mit einer Recherche beauftragt aus der schliesslich der Dokumentarfilm Essere Donne entstand Sie reiste unterstutzt durch die Kommunistische Partei durch ganz Italien um die Lebens und Arbeitsbedingungen von Frauen zu zeigen Dabei machte sie deren Diskriminierung und schlechtere Bezahlung sichtbar sowie ihre Schwierigkeiten damit Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren 5 Sie arbeitete auch hier wieder mit Found Footage sowie mit Collagen 7 Auch bei diesem Projekt bekam Mangini Probleme mit einer Behorde wohl weil das vermittelte Frauenbild nicht genehm war Der Film durfte deswegen nicht in den italienischen Kinos gezeigt werden Er wurde im Inland nur an Versammlungsorten der Kommunistischen Partei vorgefuhrt lief aber 1965 auf dem Filmfestival in Krakau und erhielt im selben Jahr auf dem Leipziger Dokumentarfilmfestival den Sonderpreis der Jury 2019 wurde er von der Cineteca Bologna restauriert 16 1977 gewann der Spielfilm Antonio Gramsci Die Jahre im Kerker bei dem Lino Del Fra Regie fuhrte und Mangini als Co Autorin mitwirkte den Goldenen Leoparden beim Filmfestival in Locarno Tatsachlich sind Gramsci und seine Schriften fur Mangini und ihr Filmverstandnis wichtig Sie selbst gab in einem Interview an dass Gramscis Werk die ideologische Basis fur ihre Filme darstellte 7 1982 drehte Mangini zusammen mit ihrem Mann und wieder im Auftrag der Rai Comizi d amore 80 Eine Bestandsaufnahme der Sexualitat der italienischen Bevolkerung 20 Jahre nach Pasolinis Dokumentation Gastmahl der Liebe Originaltitel Comizi d amore Da die Produktion und Finanzierung von Dokumentarfilmen in Italien immer schwieriger wurde 3 legte sie anschliessend eine lange filmische Schaffenspause ein 17 Diese Pause beendete die nunmehr 82 jahrige Mangini erst 2009 durch die Zusammenarbeit mit der jungen Filmemacherin Mariangela Barbanente In In viaggio con Cecilia reisten die beiden durch ihre gemeinsame Heimat Apulien und dokumentierten die Veranderung des Landstrichs im Zuge der Industrialisierung seit der Nachkriegszeit 18 Im selben Jahr wurde eine Retrospektive von Manginis Filmen auf dem NododocFest in Triest gezeigt 19 2011 kam es zu einem Treffen mit Agnes Varda Der aus der Begegnung resultierende Kurzfilm Dialogo tra Cecilia e Agnes war im selben Jahr bei der Festa di Cinema del Reale in Corigliano d Otranto zu sehen 20 Ein paar Jahre spater arbeitete Mangini wieder im Tandem mit einem jungen Filmemacher Zusammen mit Paolo Pisanelli realisierte sie die Dokumentarfilme Le Vietnam sera libre 2018 21 und Due scatole dimenticate un viaggio in Vietnam 2020 Darin werden Manginis und Lino Del Fras Reise nach Vietnam in den 1960er Jahren Manginis Fotografien die dort entstanden und das nie verwirklichte Filmprojekt behandelt Seit 2019 arbeitete Mangini wieder zusammen mit Paolo Pisanelli an einer Dokumentation uber die einzige Italienerin die jemals den Literatur Nobelpreis gewann Grazia Deledda 22 Cecilia Mangini starb im Januar 2021 im Alter von 93 Jahren in Rom 23 Im Filmarchiv der italienischen Arbeiterbewegung wurde eine nicht religiose Gedenkfeier fur sie ausgerichtet 24 Zusammenarbeit mit Lino Del Fra Bearbeiten Mit ihrem Mann war Mangini bis zu seinem Tod 1997 in einer symbiotischen Arbeitsbeziehung verbunden Es ist teilweise schwer festzustellen wo das Werk der einen aufhort und das des anderen beginnt 11 Manginis Sohn Luca Del Fra beschreibt das gemeinsame Zuhause als Werkstatt in der Drehbucher viele Male gemeinsam umgeschrieben wurden und uber scheinbare Kleinigkeiten lange diskutiert wurde 5 Filmografie BearbeitenAls Regisseurin Bearbeiten Ignoti alla citta 1958 Kurzfilm Maria e i giorni 1959 Firenze di Pratolini 1959 25 La canta delle Marane 1960 Kurzfilm Stendali Suonano ancora 1960 Kurzfilm La passione del grano 1960 zusammen mit Lino del Fra Fata Morgana 1961 zusammen mit Lino del Fra All armi siam fascisti 1962 zusammen mit Lino Del Fra und Lino Micciche La statua di Stalin 1963 dokumentarischer Kurzfilm zusammen mit Lino Del Fra Divino Amore 1963 Trieste del mio cuore 1964 Pugili a Brugherio 1965 Tommaso 1965 Felice Natale 1965 Essere donne 1965 Brindisi 66 1966 Domani vincero 1969 La briglia sul collo 1974 In viaggio con Cecilia zusammen mit Mariangela Barbanente 2013 Le Vietnam sera libre zusammen mit Paolo Pisanelli 2018 Due scatole dimenticate un viaggio in Vietnam zusammen mit Paolo Pisanelli 2020 26 Als Drehbuchautorin Bearbeiten Stendali Suonano ancora 1960 All armi siam fascisti 1962 La statua di Stalin 1963 La torta in cielo Regie Lino Del Fra 1970 La villeggiatura Regie Marco Leto 1973 Antonio Gramsci Die Jahre im Kerker Regie Lino Del Fra 1977 Klon Regie Lino Del Fra 1994 Regina Coeli Regie Nico D Alessandria 2000 In viaggio con Cecilia 2013 Auszeichnungen Bearbeiten2009 wurde Mangini fur ihre langjahrigen Verdienste als Filmemacherin der Solinas Preis und die Medaille des Prasidenten der Republik Italien verliehen 19 Weblinks BearbeitenCecilia Mangini in der Internet Movie Database englisch Viennale Memories Cecilia Mangini V 19 auf YouTube abgerufen am 2 Juli 2020 Interview mit Mangini gefuhrt von Viennale Direktorin Eva Sangiorgi Einzelnachweise Bearbeiten Addio a Cecilia Mangini regista e documentarista madrina del Cinema del reale In Nuovo Quottidiano di Puglia Abgerufen am 22 Januar 2021 italienisch a b Claudia Lenssen Arbeit ist das harte Leben In Der Tagesspiegel 4 Februar 2016 abgerufen am 30 August 2020 a b Anne Violaine Houcke Cecilia Mangini agitateur culturel In Critikat 26 April 2011 abgerufen am 1 September 2020 franzosisch Omaggio a Cecilia Mangini In SalinaDocFest 23 September 2014 abgerufen am 1 September 2020 italienisch a b c d e f Elisabetta Povoledo A Legendary Documentary Maker Closes an Open Wound In The New York Times 24 Januar 2020 ISSN 0362 4331 nytimes com Marco Pistoia Cinema Nuovo In Treccani 2003 abgerufen am 30 August 2020 italienisch a b c d e f g Dalila Missero Cecilia Mangini A Counterhegemonic Experience of Cinema In Feminist Media Histories Band 2 Ausgabe 3 University of California Press 2016 abgerufen am 30 August 2020 englisch Il capolavoro del cinema perduto e ritrovato In Resto al Sud 23 Juli 2013 abgerufen am 1 September 2020 italienisch Cecilia Mangini Isole un viaggio a Panarea e Lipari In Arte it 2017 abgerufen am 30 August 2020 italienisch Concita de Gregorio Un mistero grande nelle cose piccole In la Repubblica 9 Juni 2016 abgerufen am 16 September 2020 italienisch a b c d Cecilia Mangini e Lino Del Fra In Fondo Cecilia Mangini Lino Del Fra Cineteca Bologna abgerufen am 6 September 2020 italienisch Ignoti alla citta In Viennale Abgerufen am 6 September 2020 englisch All armi siam fascisti In Fondazione Archivio Audiovisio del Movimento Operaio e Democratico Abgerufen am 8 September 2020 italienisch All armi siam fascisti In Movieday Abgerufen am 8 September 2020 italienisch Addio a Lino Del Fra il regista che amava le fiabe e l impegno In La Repubblica 21 Juli 1997 abgerufen am 14 September 2020 italienisch Zoe Rogez Essere donne di Cecilia Mangini Storia di un boicottaggio In Cinefilia Ritrovata Cineteca di Bologna 25 Juni 2019 abgerufen am 16 September 2020 italienisch Nicola Bellantuono Cecilia Mangini la grande Molese compie 90 anni In Citta Nostra 1 August 2017 abgerufen am 23 September 2020 italienisch In viaggio con Cecilia In Ischia Film Festival Abgerufen am 25 September 2020 englisch a b Mangini Cecilia In SIUSA Sistema Informativo Unificato per le Soprintendenze Archivistiche Abgerufen am 15 September 2020 italienisch Dialogo tra Cecilia e Agnes In cinemadelreale it 2011 abgerufen am 8 Oktober 2022 italienisch Cecilia Cristiani Cecilia Mangini e il Vietnam In Cinefilia Ritrovata Cineteca di Bologna 5 Marz 2019 abgerufen am 3 September 2020 italienisch Grazia Deledda Cecilia Mangini lavora a un docufilm In CinemaItaliano info 29 Marz 2019 abgerufen am 21 September 2020 italienisch Antonella Gaeta Addio a Cecilia Mangini la prima documentarista d Italia aveva 93 anni Era la donna rock del cinema In La Repubblica 22 Januar 2021 abgerufen am 22 Januar 2021 italienisch Nick Vivarelli Cecilia Mangini Italian Documentary Cinema Pioneer Dies at 93 In Variety 25 Januar 2021 abgerufen am 28 Januar 2021 englisch Firenze di Pratolini In Docucity Universita degli Studi di Milano abgerufen am 6 September 2020 italienisch Two Forgotten Boxes A trip to Vietnam Due scatole dimenticate Un viaggio in vietnam 2020 documentaries films amp docu In Luce Cinecitta Abgerufen am 2 September 2020 italienisch Normdaten Person GND 1099947677 lobid OGND AKS VIAF 165263543 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Mangini CeciliaKURZBESCHREIBUNG italienische Dokumentarfilmregisseurin Drehbuchautorin und FotografinGEBURTSDATUM 31 Juli 1927GEBURTSORT Mola di BariSTERBEDATUM 21 Januar 2021STERBEORT Rom Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cecilia Mangini amp oldid 226902663