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Carl Degenkolb auch Karl Degenkolb 1 8 September 1796 in Plauen 1862 in Rottwerndorf 2 war ein deutscher Unternehmer und Politiker der in Eilenburg lebte und wirkte Er war 1848 1849 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und gilt als Vorreiter bei der Schaffung einer Arbeitnehmervertretung als Vorlaufer der heutigen Betriebsrate Er ist der Vater des Rechtswissenschaftlers Heinrich Degenkolb Inhaltsverzeichnis 1 Unternehmerische und politische Tatigkeit 2 Sozialpolitisches Programm 3 Fabrikordnung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseUnternehmerische und politische Tatigkeit BearbeitenAls Schwiegersohn des Unternehmers Johann Jacob Bodemer ubernahm Degenkolb nach dessen Eintritt in den Ruhestand 1830 die Kattunfabrik Bodemer amp Co in Eilenburg Unter seiner Leitung begann der Aufstieg zum fuhrenden Kattunhersteller Preussens bis etwa 1860 Degenkolb besass in Eilenburg grossen Einfluss neben seiner unternehmerischen Tatigkeit gehorte er dem Stadtparlament an und war Vorsitzender des Eilenburger Gewerberates Mit seiner Forderung der maschinellen Arbeitsweise stiess er jedoch auf Gegnerschaft der Handarbeiter zu deren Wortfuhrern Anton Bernhardi gehorte und gegen dessen Streitschrift Der Handarbeiter und sein Nothstand 1847 er in der Lokalpresse polemisierte 1848 wurde Degenkolb aus seinem Wahlkreis Delitzsch in die Frankfurter Nationalversammlung gewahlt wo er der nationalliberalen Fraktion Casino angehorte Dort reichte er zusammen mit den Abgeordneten Wilhelm Adolf Lette Moritz Veit und Friedrich Gottlieb Becker den Entwurf einer Gewerbeordnung ein die unter anderem die Pflicht zur Einrichtung von Fabrikausschussen vorsah welche er wenig spater freiwillig in seinem eigenen Unternehmen einfuhrte Am 20 Mai 1849 legte Degenkolb sein Mandat in der Nationalversammlung mit weiteren preussischen Abgeordneten nieder nachdem Anfang April bereits alle osterreichischen Parlamentarier ausgeschieden waren Zu seinen engsten Freunden zahlten Karl August Jacob Johann Gottfried Boltze und Ludwig Wucherer mit denen er unter anderem im Jahr 1855 die Werschen Weissenfelser Braunkohlen AG grundete 3 Sozialpolitisches Programm BearbeitenDegenkolbs soziales Denken war fur die damalige Zeit ausserst fortschrittlich sein Handeln wird als sozialreformerisch bezeichnet 1 So fuhrte er in seiner Fabrik ein generelles Verbot der Kinderarbeit ein das uber das 1839 erlassene preussische Kinderschutzgesetz hinausging 1847 kaufte Degenkolb Getreide in grossen Mengen auf und liess es in einer eigenen Backerei verarbeiten um seine Belegschaft preiswert mit Brot zu versorgen 1850 wurde fur den Fall von Missernten und damit verbundenen Lebensmittelteuerungen ein Vorratslager angelegt das den Arbeitern die erschwingliche Versorgung mit Grundnahrungsmitteln garantieren sollte Auf Degenkolbs Betreiben hin entschlossen sich die vier grossen Textilfabrikanten Eilenburgs zu einem einheitlichen Vorgehen bei der Schaffung einer Fabrikordnung Am 1 Juli 1850 wurde ein derartiges Abkommen von den vier Fabrikanten unterzeichnet Es beinhaltete neben der Errichtung von Fabrikausschussen in jedem einzelnen der Betriebe auch die Schaffung eines gemeinsamen Fabrikrates Dies stellt die erste wirkliche Arbeitnehmervertretung in Deutschland dar Der Schulterschluss der vier Industriellen wird auch als Eilenburger Abkommen bezeichnet 4 Die seit 1847 in Degenkolbs Fabrik bestehende Krankenkasse wurde zur gemeinsamen Kranken und Pensionskasse der Eilenburger Textilindustrie erweitert Fabrikordnung BearbeitenDegenkolb stellte in seiner Zeit im Frankfurter Parlament den Minderheitsentwurf fur eine allgemeine Fabrikordnung auf 5 Fabrikordnung Art IIIFabrikausschusse 42 Jede Fabrik wahlt einen Fabrikausschuss Derselbe besteht a aus einem Mitglied jeder selbstandigen Gruppe der Fabrikarbeiter und b aus einem Werkmeister jeder Gruppe beide durch Arbeiter gewahlt c aus dem Inhaber der Fabrik oder dem von ihm bestimmten Stellvertreter 43 Die Fabrikausschusse haben folgende Befugnisse 1 Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern 2 Entwerfung und Aufrechterhaltung der besonderen Fabrikordnung 3 Einrichtung und Verwaltung der Krankenunterstutzungskasse 4 Uberwachung der Fabrikkinder 5 Vertretung der Fabrik in den Fabrikraten Fabrikrate 44 Fur jeden Gewerbebezirk wird von den Fabrikausschussen ein Fabrikrat gewahlt in welchem die im Bezirk befindlichen Industriezweige sowohl durch Fabrikinhaber als durch Fabrikarbeiter soweit Angelegenheiten der letzteren in Frage kommen vertreten sein mussen 45 Dem Fabrikrate stehen zu 1 Die Genehmigung der besonderen Fabrik Ordnungen und die Oberaufsicht uber deren Beobachtung 2 die Festsetzung und Vermittlung der Arbeitszeit und der Kundigungsfristen 3 die Festsetzung der Anzahl der Lehrlinge und die Prufung der Lehrlinge 4 die Aufsicht uber die Krankenunterstutzungskassen 5 die Entwerfung der Statuten der Fabrikpensionskassen und deren Verwaltung 6 die Vertretung der Fabrikinteressen des Bezirkes bei der Gewerbekammer des Kreises Es folgten noch die Paragraphen 46 Fabrikschiedsgerichte 47 Kreisgewerbekammern 50 Zentralgewerbekammer 51 Allgemeine deutsche GewerbekammerSpater setzte Degenkolb in Eilenburg mit anderen ortlichen Unternehmern seine Ideen in die Praxis um Fur vier Unternehmen galten die folgenden Regeln 6 1 Jede Fabrik wahlt einen Fabrikausschuss bestehend aus a dem Fabrikinhaber oder dem von ihm ernannten Stellvertreter b einem technischen Arbeiter c einem im Tagelohn Arbeitenden aus der Klasse der Handarbeiter letztere beide gewahlt durch die betreffenden Arbeiterklassen 2 Die 4 Fabriken wahlen gemeinschaftlich einen Fabrikrat bestehend aus a 3 Fabrikinhabern b 1 technischen Arbeiter c 1 aus der Klasse der Handarbeiter letztere beide gewahlt durch die betreffenden Arbeiterklassen 3 Den Fabrikausschussen sind folgende Befugnisse beigelegt 1 Die Aufrechterhaltung und Vollziehung der Fabrikordnung 2 die uberwachung der in den Fabriken arbeitenden Kinder sowohl in sittlicher Beziehung als hinsichtlich des regelmassigen Schulbesuches 3 Vermittlung der Streitigkeiten zwischen den Arbeitern 4 Einziehung beziehentlieh Entscheidung der Strafen und Strafgelder 5 Einziehung und Ablieferung der Beitrage zu der Krankenunterstutzungskasse 4 Dem Fabrik Rat stehen folgende Befugnisse zu 1 Entscheidung der Beschwerden der Fabrikarbeiter gegen ihre Arbeitgeber 2 Entscheidung der Streitigkeiten zwischen Fabrikanten unter sich 3 Festsetzung und Vermittlung der Arbeitszeit und der Kundigungsfristen 4 Festsetzung der Anzahl anzunehmender Lehrlinge bei den Formstechern und Druckern im Verhaltnis zu den selbstandigen Arbeitern 5 uberwachung und Forderung der sittlichen und gewerblichen Fortbildung der jungeren Fabrikarbeiter sowie Oberaufsicht uber alle Schulangelegenheiten 6 Verwaltung der Pensionscassa und Oberaufsicht uber die Krankenunterstutzungscassa sowie Entscheidung der Anspruche auf Pension 7 Forderung der Industrie im allgemeinen der Eilenburger insbesondere Uberwachung der Gesamtinteressen und Entscheidung der darauf gerichteten Antrage und Massregeln 8 Vertretung der Gesamtinteressen bei dem hiesigen Gewerberat sowohl als auch nach auswarts Literatur BearbeitenOtto Ruhmer Entstehungsgeschichte des deutschen Genossenschaftswesens Genossenschafts und Sozial Bucherei Band 1 Johs Krogers Buchdruckerei und Verlag Hamburg Blankenese 1937 Weblinks BearbeitenNachlass Bundesarchiv N 1755Einzelnachweise Bearbeiten a b Otto Ruhmer Entstehungsgeschichte des deutschen Genossenschaftswesens Genossenschafts und Sozial Bucherei Band 1 Johs Krogers Buchdruckerei und Verlag Hamburg Blankenese 1937 S 47 ff Angaben zu Carl Degenkolb im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek abgerufen am 2 Dezember 2012 Erich Neuss Karl August Jacob Gebauer Schwetschke Druckerei und Verlag 1929 S 254 Hans Jurgen Teuteberg Zur Entstehungsgeschichte der ersten betrieblichen Arbeitervertretungen in Deutschland In Soziale Welt Band 11 1960 Heft 1 2 S 69 82 Webarchiv PDF 11 5 MB Hans Jurgen Teuteberg Geschichte der Industrielle Mitbestimmung 1961 S 108 f Hans Jurgen Teuteberg Geschichte der Industrielle Mitbestimmung 1961 S 219 Normdaten Person GND 11605123X lobid OGND AKS VIAF 49966399 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Degenkolb CarlALTERNATIVNAMEN Degenkolb KarlKURZBESCHREIBUNG deutscher Unternehmer Politiker und SozialreformerGEBURTSDATUM 8 September 1796GEBURTSORT PlauenSTERBEDATUM 1862STERBEORT Rottwerndorf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Carl Degenkolb amp oldid 237995147