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Bingo Voting ist ein elektronisches Wahlverfahren das am Europaischen Institut fur Systemsicherheit EISS des Karlsruher Instituts fur Technologie entwickelt wurde 1 und die fehlende Nachvollziehbarkeit vieler elektronischer Wahlverfahren durch kryptographische Methoden beheben soll Dabei wird die Korrektheit der Wahl unter der Annahme garantiert dass vertrauenswurdige Zufallszahlengeneratoren eingesetzt werden Der Name Bingo Voting stammt von der Idee als Zufallszahlengenerator ein mechanisches Gerat einzusetzen ahnlich wie bei Bingo oder Lotto Bei dem Verfahren werden Wahlcomputer zur Stimmabgabe und auszahlung eingesetzt allerdings bekommt der Wahler bei der Wahl einen Papierbeleg mit dessen Hilfe er die korrekte Zahlung seiner Stimme nachvollziehen kann Der Beleg ist dabei nicht einfach eine Kopie des ausgefullten Wahlzettels Vielmehr ist die Stimmverteilung aus dem Beleg nur fur den Wahler selbst ersichtlich Der Beleg ist weder dazu gedacht noch dazu geeignet eine Nachzahlung des Wahlergebnisses durchzufuhren und wird dem Wahler mit nach Hause gegeben Inhaltsverzeichnis 1 Konzept 2 Wahlablauf 2 1 Wahlvorbereitung 2 2 Wahl 2 3 Auszahlung 2 4 Beispiel 3 Sicherheit und Nachvollziehbarkeit 3 1 Anfechten der Wahl 4 Bingo Voting in der Praxis 4 1 Einsatz bei komplexen Wahlen 4 2 Reale Wahlen die mit Bingo Voting durchgefuhrt wurden 4 3 Auszeichnungen 5 Ahnliche Verfahren 6 Quellen 7 WeblinksKonzept BearbeitenDas erklarte Ziel des Bingo Voting Verfahrens ist es die Nachteile der herkommlichen Wahlmaschinen insbesondere die fehlende Nachprufbarkeit zu beheben und elektronische Verfahren fur die Stimmabgabe nachprufbar und damit verwendbar zu machen Die Grundidee des Verfahrens ist es dem Wahler einen Beleg aus dem er seine Stimme ersehen kann in die Hand zu geben und nach der Wahl Kopien aller Belege zu veroffentlichen Dies gewahrleistet Jeder Wahler kann nachprufen dass sein Beleg veroffentlicht wurde und damit dass seine Stimme gezahlt wurde Jeder kann das Ergebnis der Auszahlung anhand der veroffentlichten Belege nachprufen Ein triviales Verfahren ware dem Wahler einfach eine Kopie seines mit einer Identifikationsnummer versehenen Stimmzettels in die Hand zu geben Nach der Wahl werden alle Stimmzettel veroffentlicht und jeder kann nachprufen dass sein Stimmzettel darunter ist sowie die Auszahlung und damit das Wahlergebnis nachvollziehen Bei diesem naiven Verfahren waren durch den Beleg allerdings Erpressung und Stimmenkauf moglich das Wahlgeheimnis ware also nicht hinreichend geschutzt Kryptographische Verfahren ermoglichen jedoch Belege aus denen nur der Wahler selbst seine Stimme ersehen kann und niemand sonst Dadurch kann der Wahler mit seinem Beleg keiner anderen Person beweisen was er gewahlt hat Der Beleg enthalt neben der tatsachlichen Stimme des Wahlers so genannte Fullstimmen oder Dummy Stimmen Diese Stimmen wurden vor der Wahl festgelegt und gleichmassig an die Kandidaten verteilt Die echte Stimme wird in der Wahlkabine vor den Augen des Wahlers erzeugt so dass dieser sie kennt ist aber fur jeden anderen von einer Fullstimme nicht zu unterscheiden Wahlablauf BearbeitenWahlvorbereitung Bearbeiten Zur Vorbereitung der Wahl werden fur jeden Kandidaten Zufallszahlen erzeugt Diese Zufallszahlen dienen als Fullstimmen Auf die Zufallszahlen werden Commitments veroffentlicht zusammen mit einem Zero Knowledge Beweis dass jeder Kandidat die gleiche Anzahl Fullstimmen erhalten hat Ein Commitment Verfahren bietet die Moglichkeit einen Wert so zu veroffentlichen dass man auf ihn festgelegt ist ohne ihn zu verraten das heisst man veroffentlicht nicht den Wert selbst sondern eine verschlusselte Version davon Die Entwickler schlagen dafur Pedersen Commitments vor da diese vorteilhafte Eigenschaften fur die notwendigen Beweise besitzen Aus praktischen Grunden erhalt jede Wahlmaschine einen eigenen Pool an Fullstimmen Im Folgenden wird das Verfahren zur Veranschaulichung mit nur einer Wahlmaschine und einem Pool an Fullstimmen beschrieben Wahl Bearbeiten Die fur das Verfahren notwendige Wahlmaschine besteht aus einem Wahlcomputer mit einem Bildschirm einem Eingabegerat beispielsweise ein Touchscreen einem Drucker und einem vertrauenswurdigen Zufallszahlengenerator Ein Wahler gibt seine Stimme an einer Wahlmaschine ab Dabei sind durch das Verfahren selbst keine Einschrankungen gegeben die Darstellung und Stimmabgabe sowie etwaige Hilfen konnen an die Wahl angepasst werden Nachdem der Wahler seine Stimme abgegeben hat erzeugt der Zufallszahlengenerator fur jede Stimme die abgegeben wurde eine Zufallszahl und zeigt diese auf einem eigenen Display an Der Wahler bekommt nun einen ausgedruckten Beleg und kann direkt in der Wahlkabine uberprufen ob der Beleg korrekt ist Dazu vergleicht er die Zufallszahlen die seine Stimmen reprasentieren also an den entsprechenden Stellen stehen mit den Zufallszahlen die vom Zufallszahlengenerator angezeigt werden Stimmen diese uberein kann er sicher sein dass die Wahlmaschine seine Stimme korrekt gespeichert hat Die Zufallszahlen auf dem Beleg die nicht abgegebene Stimmen reprasentieren stammen von den vorher festgelegten Listen Der Wahlcomputer streicht diese Zufallszahlen von seiner Liste sobald diese fur einen Beleg verwendet wurden so dass diese nicht ein zweites Mal benutzt werden Auszahlung Bearbeiten Die Auszahlung geschieht anhand der nicht benutzten Fullstimmen Der Kandidat der die meisten Fullstimmen in seiner Liste behalten hat gewinnt die Wahl Denn wenn ein Wahler seine Stimme fur einen Kandidaten abgibt verlieren alle anderen Kandidaten eine Fullstimme aus ihrer Liste Die genaue Verteilung der Stimmen lasst sich aus der Anzahl der unbenutzten Fullstimmen und der Anzahl der Wahler berechnen Nach der Wahl werden neben dem Wahlergebnis noch weitere Informationen veroffentlicht Alle unbenutzten Zufallszahlen Fullstimmen von den Listen der Kandidaten werden veroffentlicht Alle Belege werden veroffentlicht Fur jeden Beleg wird ein Zero Knowledge Beweis veroffentlicht der beweist dass sich auf dem Beleg genau eine frische Zufallszahl befindet und die restlichen Zufallszahlen aus den Listen der Kandidaten stammen Mit der Hilfe dieser veroffentlichten Daten kann jeder Wahler uberprufen ob sein Beleg veroffentlicht und damit seine Stimme bei der Zahlung berucksichtigt wurde jeder nachvollziehen dass fur jeden Beleg und damit fur jeden Wahler von jeder Liste mit Fullstimmen ausser einer der des Kandidaten fur den die Stimme abgegeben wurde eine Zufallszahl gestrichen wurde und jeder nachvollziehen dass die Anzahl der Belege mit der Anzahl der Wahler und dem Wahlergebnis korrespondiert Die letzten beiden Punkte konnen von jedem uberpruft werden unabhangig von der Teilnahme an der Wahl oder der Auszahlung Beispiel Bearbeiten nbsp In der Wahlkabine Der Wahler hat per Wahlcomputer links Kandidat B gewahlt und bekommt einen Beleg rechts bei dem die zu Kandidat B gehorende Zufallszahl mit der Anzeige des Zufallszahlengenerators Mitte ubereinstimmt Eine Wahl mit drei Kandidaten konnte etwa wie folgt ablaufen Die Wahlkommission gibt zusammen mit den drei Kandidaten drei verschlusselte Listen von Zufallszahlen eigentlich Commitments auf die Zufallszahlen bekannt Dabei wird auch bewiesen dass alle drei Listen gleich lang sind also die gleiche Anzahl an Zufallszahlen enthalten In der Wahlkabine wahlt der Wahler einen der drei Kandidaten aus zum Beispiel mit einem Touchscreen Nach der Bestatigung startet ein Zufallszahlengenerator ein kleines Gerat mit Anzeige das mit dem Computer verbunden ist Der Wahlcomputer generiert nun einen Beleg dazu nimmt er von den beiden Listen der Kandidaten die nicht gewahlt wurden je eine Zufallszahl sowie die Zufallszahl vom Zufallszahlengenerator Die beiden Zufallszahlen von den Listen werden zu den jeweiligen Kandidaten geschrieben der Kandidat der gewahlt wurde bekommt die Zufallszahl die eben vom Zufallszahlengenerator erzeugt wurde Der Wahler bekommt nun einen Beleg bei dem hinter jedem Kandidaten eine Zahl steht Er kann nachprufen dass der Beleg seine Stimme korrekt wiedergibt dazu muss die Zahl neben dem Kandidaten den er gewahlt hat mit der Zahl die vom Zufallszahlengenerator angezeigt wird ubereinstimmen Ist dies der Fall kann er die Wahlkabine verlassen und den Beleg mit nach Hause nehmen Niemand der nicht dabei war als die Zufallszahl erzeugt und vom Zufallszahlengenerator angezeigt wurde kann dem Beleg ansehen fur wen der Wahler gestimmt hat Nach der Wahl kann der Wahler nachschauen ob sein Beleg veroffentlicht wurde Damit kann er sicher sein dass seine Stimme gezahlt wurde Zu jedem Beleg gibt es ausserdem einen Beweis dass zwei der drei Zufallszahlen aus den vorher festgelegten Listen stammen Damit kann sich der Wahler sicher sein dass bei den Kandidaten die er nicht gewahlt hat je eine Zufallszahl gestrichen wurde denn diese erscheinen ja auf seinem Beleg Die Zufallszahl des Kandidaten den der Wahler gewahlt hat kann nicht von der Liste stammen denn sie wurde in der Wahlkabine vor seinen Augen erzeugt Sicherheit und Nachvollziehbarkeit BearbeitenDie Sicherheit des Verfahrens basiert auf dem Grundgedanken dass jeder Wahler die korrekte Auszahlung seiner eigenen Stimme uberprufen kann Dazu muss der Wahler in der Wahlkabine den Beleg mit der Anzeige des Zufallszahlengenerators vergleichen und nach der Wahl uberprufen dass sein Beleg veroffentlicht wurde Die Beweise die fur die Sicherheit ebenfalls notig sind konnen unabhangig davon nachvollzogen werden auch von Personen oder Gruppen die an der Wahl selbst nicht beteiligt waren Die beweisbare Korrektheit des Verfahrens basiert auf dem Zufallszahlengenerator Ist dieser korrumpiert kann die Korrektheit des Verfahrens nicht gewahrleistet werden Die Autoren argumentieren dass es leichter ist einen Zufallszahlengenerator nachvollziehbar zu bauen und zu zertifizieren als eine komplette Wahlmaschine Die Sicherheit des Wahlgeheimnisses basiert auf der Wahlmaschine und dem Vertrauen in die Wahlleitung die vor der Wahl die Zufallszahlen erzeugt Speichert die Wahlmaschine wann welche Stimme abgegeben wurde oder wird die Liste der Zufallszahlen komplett bekannt ist das Wahlgeheimnis nicht mehr gesichert Anfechten der Wahl Bearbeiten Es gibt mehrere Probleme die wahrend oder nach einer manipulierten Wahl auftreten konnen Ein Wahler stellt fest dass der Beleg die frische Zufallszahl des Zufallszahlengenerators nicht oder an der falschen Stelle aufweist Ein Wahler stellt fest dass sein Beleg nicht veroffentlicht wurde Einer der Zero Knowledge Beweise ist fehlerhaft Das Bingo Voting Verfahren macht keine Aussage daruber bei welcher Beweislage eine Wahl angefochten werden kann Es dient lediglich der Aufdeckung von Wahlmanipulationen Bingo Voting in der Praxis BearbeitenEinsatz bei komplexen Wahlen Bearbeiten Einer der Vorteile von Wahlverfahren die Wahlcomputer einsetzen ist die Unterstutzung die der Computer bei komplexen Wahlen mit vielen Stimmen sowie der Moglichkeit des Kumulierens und Panaschierens bieten kann Ab einer gewissen Grosse stosst Bingo Voting dabei an eine Grenze da die Grosse des Belegs und die Anzahl der Zufallszahlen mit der Stimmenanzahl zunehmen Bei einer Wahl mit drei Kandidaten und einer Stimme muss der Wahler auf einem Beleg mit drei Zufallszahlen eine Zahl suchen und mit der Anzeige des Zufallszahlengenerators vergleichen Bei einer Wahl mit 50 Kandidaten und neun Stimmen tragt der Beleg schon 450 Zufallszahlen von denen der Wahler neun mit dem Zufallszahlengenerator vergleichen muss Diese Aufgabe kann zwar durch Hilfestellung des Computers und eine entsprechende Formatierung des Belegs erleichtert werden ist aber in jedem Fall zeitaufwandig Reale Wahlen die mit Bingo Voting durchgefuhrt wurden Bearbeiten Bingo Voting wurde erstmals bei der Studierendenparlamentswahl der Universitat Karlsruhe im Jahre 2008 bei einer realen Wahl eingesetzt Dort wurden ungefahr 2 5 der abgegebenen Stimmzettel per Bingo Voting abgegeben die ubrigen Stimmen waren herkommliche Papierzettel 2 3 4 Der Wahlausschuss berichtete nach der Wahl allerdings von Problemen mit dem Prototypsystem bis hin zur Moglichkeit dass Mitarbeiter des EISS das Wahlgeheimnis hatten brechen konnen 5 Auszeichnungen Bearbeiten Am 24 Oktober 2008 wurde das Projekt Bingo Voting Verifizierbare Wahlen mit Wahlmaschinen mit dem Deutschen IT Sicherheitspreis der Horst Gortz Stiftung ausgezeichnet 6 Ahnliche Verfahren BearbeitenEs existieren andere kryptographische Wahlverfahren mit einem ahnlichen Ziel wie Bingo Voting Eines davon ist Punchscan das von David Chaum entwickelt wurde Quellen Bearbeiten Jens Matthias Bohli Jorn Muller Quade Stefan Rohrich Bingo Voting Secure and coercion free voting using a trusted random number generator Pressemitteilung im Archiv des Karlsruher Instituts fur Technologie KIT Homepage des Wahlausschusses des unabhangigen Modells Uni Karlsruhe Ubersicht der Urnen und abgegebenen Stimmen bei der StuPa Wahl 2008 in Karlsruhe Protokoll der 6 Sitzung des Studierendenparlaments der Universitat Karlsruhe Anhang Anmerkungen des Wahlausschuss WS07 08 PDF 61 kB heise Security uber die Verleihung des Deutschen IT Sicherheitspreises 2008Weblinks BearbeitenWebsite des Verfahrens Heise online uber Bingo Voting Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bingo Voting amp oldid 231208051