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Der Badische Verwaltungsgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe war das erste unabhangige Verwaltungsgericht in Deutschland Es wurde zum 1 Oktober 1864 errichtet und bestand formell bis 1945 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Prasidenten 2 Zusammensetzung 3 Zustandigkeit 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenBereits 1848 waren bei den parlamentarischen Beratungen uber ein Gesetz zur Neuorganisation der Verwaltung 1 Bedenken gegen eine Regelung aufgekommen nach der Entscheidungen der Kreisausschusse vom Innen oder Staatsministerium uberpruft werden sollten Die Regierung hatte daraufhin einen zusatzlichen Gesetzentwurf vorgelegt der die Einrichtung eines selbststandigen Verwaltungsgerichtshofs vorsah Da unklar war ob die vorgesehenen Regelungen mit der Paulskirchenverfassung vereinbar waren wurden die Plane zur Verwaltungsreform schliesslich nicht weiterverfolgt 2 Erst ab 1860 wurde die Verwaltungsreform wieder Gegenstand politischer Initiativen und schliesslich wurde das Gesetz die Organisation der innern Verwaltung betreffend vom 5 Oktober 1863 3 erlassen in dessen 1 bestimmt war Die Rechtspflege in bestimmten Streitigkeiten uber offentliches Recht wird in der letzten Instanz von dem Verwaltungsgerichtshof ausgeubt Nahere Bestimmungen uber den Gerichtshof enthielten die 15 bis 19 des Gesetzes Das Verfahren sollte aber durch eine Regierungsverordnung geregelt werden So erging am 12 Juli 1864 die Vollzugsverordnung zum Gesetze uber die Organisation der inneren Verwaltung insbesondere die Einrichtung und die Zustandigkeit der Behorden und das Verfahren betreffend 4 die diese Regelungen enthielt und das Gesetz zum 1 Oktober 1864 in Kraft setzte Damit bestand an diesem Tag zum ersten Mal in Deutschland ein unabhangiges Verwaltungsgericht 5 Wegen einer Ubergangsbestimmung in der Vollzugsverordnung waren die ersten Verfahren des Gerichts noch in geheimer Sitzung zu entscheiden wie dies zuvor bei der Behandlung von Rekursen auf dem Verwaltungsweg ublich gewesen war Nach diesem Verfahren erging am 15 Dezember 1864 die erste Entscheidung des Gerichts Die erste offentliche Sitzung des Verwaltungsgerichtshofs fand am 10 Januar 1865 unter grossem Interesse der Offentlichkeit statt Am selben Tag ergingen auch seine ersten offentlich verkundeten Entscheidungen 6 Eine gesetzliche Grundlage fur das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs brachte das Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 14 Juni 1884 7 Nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 teilte der Badische Verwaltungsgerichtshof das Schicksal der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit im allgemeinen Formell blieb er bestehen doch verlor er praktisch dadurch stark an Bedeutung dass die nationalsozialistischen Gesetze regelmassig keine gerichtliche Uberprufung von Massnahmen der Verwaltung vorsahen Zudem folgte es vor allem im Bereich der sogenannten politischen Polizei Rechtsansichten die darauf hinausliefen dass eine inhaltliche Prufung des Verwaltungshandelns nicht mehr stattfand Dementsprechend ging auch die Rechtsprechungstatigkeit des Gerichts stark zuruck Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden dem Gericht durch Vereinfachungserlasse praktisch fast alle noch bestehenden Zustandigkeiten entzogen Auch wurden fast alle Richter in die Verwaltung versetzt Ende 1944 wurde der Sitz des Gerichts dessen Personal nur noch aus dem Prasidenten einem Geschaftsstellenbeamten einer Schreibkraft und einem Hausmeister bestand nach Bad Rappenau verlegt 8 Der Alliierte Kontrollrat verfugte mit dem Kontrollratsgesetz Nr 36 wieder eine Verwaltungsgerichtsbarkeit 9 Die im deutschen Sudwesten errichteten Verwaltungsgerichtshofe weisen keine Kontinuitat zum Badischen Verwaltungsgerichtshof auf In Sudbaden wurde ein Verwaltungsgerichtshof in Freiburg errichtet wahrend in Wurttemberg Baden wozu Karlsruhe gehorte der Verwaltungsgerichtshof in Stuttgart eingerichtet wurde wahrend Karlsruhe nur noch ein erstinstanzliches Verwaltungsgericht erhielt 10 Prasidenten Bearbeiten Der erste Prasident des Badischen Verwaltungsgerichtshofs war Gideon Weizel Dieser verstarb im Jahr 1872 und 1874 wurde Ludwig Renck dessen Nachfolger 11 Von 1900 bis 1913 war Ferdinand Lewald der Prasident und anschliessend ab 1913 Karl Glockner 12 Zusammensetzung BearbeitenDer Badische Verwaltungsgerichtshof bestand aus einem Prasidenten und sechs Raten und entschied in einer Besetzung von funf Richtern Nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz von 1884 7 mussten die Mitglieder die Befahigung zum Richteramt haben und durften wahrend ihrer Amtsdauer nicht in der Verwaltung tatig sein 13 Ehrenamtliche Richter waren an dem Gericht nicht tatig 14 Zustandigkeit BearbeitenFur die Zustandigkeit des Verwaltungsgerichtshofs galt das Enumerationsprinzip Der Gerichtshof war nur fur solche Angelegenheiten zustandig die ihm durch einen im Gesetz aufgestellten Katalog ausdrucklich ubertragen waren Hierzu gehorte zunachst die Entscheidung uber Rekurse gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen der Bezirksrate deren Zustandigkeit wiederum nach einem abgeschlossenen Katalog bestimmt war Hierunter fielen etwa Streitigkeiten uber Gemeindezugehorigkeit oder das aktive und passive kommunale Wahlrecht verschiedene Beitragspflichten Feldbereinigung Gewasserbenutzung Jagd und Fischerei Als einzige Instanz entschied der Verwaltungsgerichtshof uber vermogensrechtliche Streitigkeiten zwischen Burger und Staat oder auch Staatsanstalten wie etwa Pensionskassen uber die Pflicht zu Staatsabgaben den Anspruch auf das badische Staatsburgerrecht und uber Kosten fur bestimmte polizeiliche Massnahmen 15 Auch das Verwaltungsrechtspflegegesetz von 1884 7 hielt am Enumerationsprinzip fest brachte aber eine erhebliche Ausweitung des Zustandigkeitskatalogs 13 Literatur BearbeitenLudwig Renck Das erste Jahrzehnt der badischen Verwaltungsorganisation In Zeitschrift fur badische Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege Nr 20 vom 3 Oktober 1874 S 189 194 Digitalisat der Staatsbibliothek BerlinEinzelnachweise Bearbeiten Gesetz Die Einrichtung und den Geschaftskreis der Verwaltungsbehorden betreffend vom 10 April 1840 Reg Bl S 205 Ina Bauer Die Entstehung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Baden In Verwaltungsgerichtshof Baden Wurttemberg Hrsg Festschrift 150 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit Ursprung Entwicklungslinien und Perspektiven im deutschen und im europaischen Kontext Boorberg Stuttgart u a 2014 ISBN 978 3 415 05160 7 S 33 57 hier S 35 38 Reg Bl S 399 Reg Bl S 333 Bauer S 33 34 Bauer S 43 55 a b c Gesetz Die Verwaltungsrechtspflege betreffend vom 14 Juni 1884 Reg Bl S 197 Christian Kirchberg Von der Konsolidierung zur Marginalisierung Verwaltungsrechtspflege in Deutschland von der Jahrhundertwende bis zum Ende des Dritten Reichs In Verwaltungsgerichtshof Baden Wurttemberg Hrsg Festschrift 150 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit Ursprung Entwicklungslinien und Perspektiven im deutschen und im europaischen Kontext Boorberg Stuttgart u a 2014 ISBN 978 3 415 05160 7 S 77 88 hier S 79 87 insbesondere S 82 83 Matthias Etzel Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat 1945 1948 Mohr Tubingen 1992 ISSN 0934 0955 S 102 f Claus Maissner Die Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland seit 1945 In Verwaltungsgerichtshof Baden Wurttemberg Hrsg Festschrift 150 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit Ursprung Entwicklungslinien und Perspektiven im deutschen und im europaischen Kontext Boorberg Stuttgart u a 2014 ISBN 978 3 415 05160 7 S 89 104 hier S 91 Bauer S 33 Personendatenbank der Landesbibliographie Baden Wurttemberg In www statistik baden wuerttemberg de Abgerufen am 27 Mai 2018 a b Eugen Trostel Die Verwaltungsgerichtsbarkeit von der Grundung bis zum Ausgang des Kaiserreiches VBlBW 1988 363 365 Eugen Trostel Die Verwaltungsgerichtsbarkeit von der Grundung bis zum Ausgang des Kaiserreiches VBlBW 1988 363 369 Bauer S 39 40 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Badischer Verwaltungsgerichtshof amp oldid 236188785