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Bispel oder auch Bischaft von mittelhochdeutsch bispil was im Neuhochdeutschen so viel bedeutet wie Bei Erzahlung bzw das dazu Erzahlte sind kurze beispielhafte Erzahlungen die Bild und Sinn gleichnishaft nebeneinander stellen 1 Es handelt sich um eine Textform des hohen Mittelalters die in den Werken vieler Autoren Eingang fand Beispielsweise auch in den lehrhaften Schriften des Strickers Er hat das Bispel Mitte des 13 Jahrhunderts zu einem eigenstandigen literarischen Genre erhoben Man verzeichnet eine breite Textrezeption vom Beginn des Genres um 1230 bis ins spate 15 Jahrhundert Die Wiener Handschrift 2705 enthalt mit 117 Stucken den altesten reprasentativen Korpus von Bispeln 2 Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau und Form 2 Bezug zu anderen literarischen Genres 3 Literatur 4 EinzelnachweiseAufbau und Form BearbeitenDas Bispel ist thematisch sehr offen Meist behandelt es Minne Ehe und Geschlechterverhaltnis es kann aber auch Sozial und Zeitkritik zum Ausdruck bringen Oft sind Bispel als selbstandige Binneneinheiten in grossere lehrhafte Werke eingebunden Zu den typischen Kennzeichen eines Bispel zahlen eine stichische Form endgereimte Reimpaare und ein relativ knapper Umfang von 8 bis 500 Versen Durch seinen zweiteiligen Textaufbau unterscheidet sich das Bispel von einer Verserzahlung Zunachst wird im Bildteil von einer kuriosen Begebenheit erzahlt 3 Er ist relativ kurz gehalten und orientiert sich am Vorwissen der Rezipienten Im anschliessenden Auslegeteil generalisiert der heterodiegetische Erzahler die fiktive Situation und ubertragt sie auf eine ausgelagerte Vergleichsphare Auf dieser werden Geschichte und Lehre miteinander in Einklang gebracht Beim Ubergang von der Grundsphare auf die Vergleichsphare erfolgt ein semantischer Transfer Die Lehre des Erzahlers wird auf eine bereits bekannte Situation angewendet und verschafft ihr so einen neuen Sinn 4 Bei der Auslegung wird vorausgesetzt dass das Publikum seinen eigenen Wissens und Erfahrungshorizont mit in den Verstehensprozess einbringt Es muss daher uber umfassende Kenntnisse der sozialen Strukturen mit ihren kulturellen Eigenheiten verfugen 5 Vor allem in kurzeren Bispeln werden evidente hochgradig konventionalisierte Beispielfalle dargestellt 6 In der Forschungsliteratur wird an verschiedenen Stellen immer wieder darauf verwiesen die Rekonstruktion des ursprunglichen Sinns der mittelalterlichen Erzahlung dem Rezipienten der Neuzeit sehr schwer fallen Grund hierfur sind die fehlenden semantischen Grundlagen das Wissen uber die Kultur und gangige Konventionen des jeweiligen Publikums Bezug zu anderen literarischen Genres BearbeitenDas Bispel ahnelt in seinem Aufbau und seiner Wirkungsabsicht sehr dem moralisch exemplarischen Mare Die Darstellung eines drastischen Geschehens soll als abschreckendes Beispiel dienen Meist geht es in der Erzahlung um eine Figur niederen Standes die sich fehlerhaft verhalt Den Schuldigen treffen in der Folge seiner Tat die Strafe und der Spott der Gesellschaft Wie auch bei dem moralischen Schwankmare handelt es sich bei dem Bispel vorwiegend um negative Exempel aus dem burgerlich landlichen Milieu 7 Weitere verwandte Formen sind die Sangspruchdichtung das Rasonnement und die weltlich didaktische Rede wie sie bei Freidank vorkommt Freidank war ein fahrender Kleriker der zu Beginn des 13 Jahrhunderts im suddeutschen Raum wirkte Das Bispel unterscheidet sich von der heldenepischen Kleindichtung die strophisch verfasst ist und vom deutlich langeren hofischen Roman mit 3000 bis 5000 Versen 8 Literatur BearbeitenEduard Neumann Bispel In Werner Kohlschmidt u a Hrsg Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte Band 1 De Gruyter Berlin 1958 ISBN 3 110 17252 6 Z 178f Franz Josef Holznagel Gezahmte Fiktionalitat Zur Poetik des Reimpaarbispels In Emilio Gonzalez Hrsg Die Kleinepik des Strickers Texte Gattungstraditionen und Interpretationsprobleme Philologische Studien und Quellen Band 199 Schmidt Berlin 2006 ISBN 3 503 07983 1 S 47 71 Gerhard Kopf Hrsg Marendichtung Metzler Stuttgart 1978 ISBN 3 476 10166 5 Michael Schilling Poetik der Kommunikativitat in den kleineren Reimpaartexten des Strickers In Emilio Gonzalez Hrsg Die Kleinepik des Strickers Texte Gattungstraditionen und Interpretationsprobleme Philologische Studien und Quellen Band 199 Schmidt Berlin 2006 ISBN 3 503 07983 1 S 28 46 Bernard Willson Wolframs bispel In Wolfram Jahrbuch Wiesbaden 1955 S 28 51 Einzelnachweise Bearbeiten Eduard Neumann Bispel In Werner Kohlschmidt u a Hrsg Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte Band 1 de Gruyter Berlin 1958 Z 178f Franz Josef Holznagel Gezahmte Fiktionalitat Zur Poetik des Reimpaarbispels In Emilio Gonzalez Hrsg Die Kleinepik des Strickers Texte Gattungstraditionen und Interpretationsprobleme Philologische Studien und Quellen Band 199 Schmidt Berlin 2006 S 47 Vgl Gerhard Kopf Hrsg Marendichtung Metzler Stuttgart 1978 S 89f Holznagel S 49ff Holznagel S 55ff Michael Schilling Poetik der Kommunikativitat in den kleineren Reimpaartexten des Strickers In Emilio Gonzalez Hrsg Die Kleinepik des Strickers Texte Gattungstraditionen und Interpretationsprobleme Philologische Studien und Quellen Band 199 Schmidt Berlin 2006 S 41 Holznagel S 65 Holznagel S 57 Kopf S 36 39 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bispel amp oldid 208441787