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Atelierwand ist eines von zwei Gemalden dieses Titels die Adolph von Menzel schuf Es stammt aus dem Jahr 1852 entstand in Menzels damaligem Atelier in der Berliner Ritterstrasse 1 und befindet sich in der Alten Nationalgalerie in Berlin AtelierwandAdolph von Menzel 1852Ol auf Papier auf Holz kaschiert61 44 cmAlte NationalgalerieVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Das zweite Bild Menzels mit demselben Titel ist 20 Jahre junger Beide Bilder aber gelten als Beispiele eines entscheidenden Umbruchs in der Kunst des 19 Jahrhunderts Wolf Jahn schrieb uber diese Darstellungen ihre Elemente wirkten wie Versatzstucke einer ehemals einheitlich gedachten Weltordnung In ihnen artikuliere sich die Erfahrung des Fragmentarischen ebenso die der Gleichheit der Dinge untereinander 2 Auch wird Menzel als der erste Kunstler angesehen der die Gipsabgusse nach denen Kunststudenten das Zeichnen und Malen lernen sollten als eigenstandiges Sujet behandelte Die Wertschatzung des Materials Gips ging um die Mitte des 19 Jahrhunderts deutlich zuruck Die Aktfotografie ersetzte oft den Abguss des menschlichen Korpers wahrend Gipskopien plastischer Kunstwerke nach und nach aus den Sammlungen der Museen verschwanden Gips wurde zunehmend als leblos minderwertig und unkunstlerisch wahrgenommen 3 Eva Mongi Vollmer erklart Menzel befinde sich mit seiner Darstellung des durch Licht und Farbe belebten Materials jenseits der herkommlichen Gattungsgrenzen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Rezeption und Deutungsversuche 3 Ausstellung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenBei Menzels Bild von 1852 handelt es sich um eine hochformatige Olskizze rechts oben signiert mit A M und datiert mit 20 Marz 1852 1 die einen Teil einer von rechts unten her unregelmassig beleuchteten gelblich oder braunlich gestrichenen Wand zeigt An dieser hangen zwei Gipsabformungen muskuloser menschlicher Arme Der eine ein rechter Arm ist ungefahr im rechten Winkel angewinkelt so dass seine Hand auf den anderen Arm zu weisen scheint Dieser ein linker Arm ist nach unten ausgestreckt Seine Hand umfasst mit gestrecktem Zeigefinger ein stabartiges Gebilde das als gesenkte Fackel gedeutet wird Unterhalb der beiden Arme ist auf der Mittelachse des Bildes ein anatomisches Modell oder ein Praparat einer linken Hand zu sehen Diese ist so angebracht dass das Handgelenk sich oben befindet und die Finger nach unten weisen der Daumen ist abgespreizt so dass es wirkt als sei die Palette die nur angeschnitten am unteren Bildrand senkrecht unter dieser entfleischten Hand zu sehen ist dieser entfallen Am linken Bildrand ist ebenfalls angeschnitten ein Schrank zu sehen auf dem unterhalb des angewinkelten Armabgusses ein menschlicher Schadel liegt Am rechten Bildrand erkennt man den Rahmen eines Fensters Rezeption und Deutungsversuche BearbeitenAngesichts der zahlreichen Hinweise auf die Verganglichkeit scheint das Stillleben zunachst als Memento mori des Kunstlers zu deuten zu sein Sabine Heiser weist auf die Kombination naturlicher mit kunstlichen Elementen und auf die stark orthogonal ausgerichteten Bildelemente sowie die Axialitat der Komposition hin und erschliesst daraus eine Verweisstruktur Alle Verweise der toten Hande munden schliesslich in die Palette des Malers 4 Heiser wagt auch die Theorie dass es sich hier um die Paraphrase eines Selbstportrats Menzels handelt und die Leerstellen zwischen den toten Gliedmassen an der Wand dessen Korper formen 4 Sie sieht aber in dem Thema Fragment Potenzial in zwei Richtungen Einerseits kann es Teil eines einstmals Ganzen sein und damit auf die Verganglichkeit aller irdischen Dinge hinweisen andererseits aber auch Teil eines erst noch zu schaffenden Ganzen Wahrend das Fragment es aber im Rahmen der Literaturwissenschaft bis zur eigenstandigen Gattungsbezeichnung gebracht habe und im kunstgeschichtlichen Kontext haufig auf dem Gebiet der Architektur und der Skulptur benutzt werde sei seine Anwendung in der Malerei deutlich weniger reflektiert worden die kunstwissenschaftliche Forschung konzentriere sich dabei ausserdem auf die Kunst des 20 Jahrhunderts Geradezu zu einer Fragment und zugleich einer Entzifferungsmanie sei es so Heiser in der Wissenschaft um das Ende des 18 Jahrhunderts gekommen Sie nennt als Beispiele die Anfange der Papyrologie ebenso wie Lavaters Physiognomische Fragmente Der seit der fruhen Romantik etablierte Begriff des Fragments habe unter anderem eine wichtige Rolle bei der Etablierung von Geschichte als Wissenschaft gespielt denn das Sammeln und Montieren von Fragmenten stelle einen in jeglicher Hinsicht und fur jede Disziplin wissensgenerierenden rekonstruierenden aber eben auch einen kunstlerischen Akt dar 4 Verfall und Verluste seien Voraussetzung fur einen mnemotechnischen und abstrahierenden Prozess der ausserdem die Moglichkeit biete neue Konstellationen zu schaffen Im kunstlerischen Sinne konne dieses kreative Verfahren etwa zu einem Pasticcio einem Capriccio einer Assemblage wie hier bei Menzel zu einer Collage oder Montage fuhren nbsp Torso vom BelvedereDass auch der menschliche Korper fragmentiert dargestellt wird ist freilich nicht Menzels Erfindung William Hogarth etwa wahlte fur die Titelradierung seiner Analysis of Beauty in der Mitte des 18 Jahrhunderts den Torso vom Belvedere spatestens im 19 Jahrhundert wurde der Torso eine eigenstandige Gattung der Skulptur lange vorher schon waren Schadel und Gebeine Symbole der Verganglichkeit In der Moderne gehen laut Heiser das unvollendete Werk und das unvollkommen erhaltene Objekt ein Bundnis miteinander ein das zum Programm werde Denn der Vanitasgedanke konne bereits in den kunstlerischen Schaffensprozess integriert werden und die Zerstorung werde schon vor ihrer eigentlichen Zeit dargestellt 4 In diese Tradition konnte man auch Menzels Atelierwand stellen nbsp Christliche VotivgabenJutta und Peter Griebel greifen Heisers Gedanken zu Menzels Atelierwand im Rahmen einer Betrachtung zu einem Bild Fritz Griebels auf Sie weisen darauf hin dass Menzel eine ganze Reihe von Bildern mit Korperfragmenten hinterlassen hat Darunter ist etwa das zweite Bild mit dem Titel Atelierwand 20 Jahre nach dem Bild von 1852 entstanden und mit seinen rasanten Fluchtlinien sowie zahlreichen identifizierbaren Totenmasken deutlich anders konzipiert als das altere Bild aber auch Der Fuss des Kunstlers 5 von 1876 oder die Rechte Hand mit Buch sowie die Rechte Hand mit Farbnapf beide von 1864 Die Atelierwand von 1852 weist jedoch eine gewisse Verwandtschaft mit Fritz Griebels Stilleben mit Votivgaben aus dem Jahr 1939 auf Griebel nutzte als Vorlage fur sein Bild Votivgaben im Benediktinerkloster Michelsberg in Bamberg entzog diese jedoch ihrem ursprunglichen Bezug indem er auf die Andeutung von Architektur verzichtete Ubrig blieben entpersonalisierte Artefakte die wie Objets trouves behandelt wurden 6 deren Anordnung aber nicht zufallig erscheint Etwa an der Stelle an der in Menzels Darstellung die praparierte oder nachgebildete linke Hand hangt Menzel war Linkshander befindet sich auf Griebels Bild ein herzformiger roter Beutel Hans Joachim Muller wiederum zieht einen Vergleich zwischen Menzel und Julius Grunewald der zum Teil sehr verwandte Themen behandelt Darunter ist das Thema der behangten Wand in seinem Werk Ahnen Interieur von 2007 es gibt aber auch zahlreiche Einzeldarstellungen von Korperteilen Muller bezieht sich wohl weniger auf die Atelierwand als auf die Hand und Fussdarstellungen Menzels wenn er einen entscheidenden Unterschied zu Grunewalds Bildern sieht Bei Menzel muten Hande und Fusse wie Ausschnittvergrosserungen des eigenen Korpers an Menzel mikroskopiert holt naher heran was von Armen und Beinen auf Abstand gehalten wird Julius Grunewald schneidet ab amputiert Das ist das eigentlich Befremdliche die Herkunftslosigkeit und Isolation der Gliedmassen 7 Ausstellung Bearbeiten2008 wurden beide Bilder Menzels die den Titel Atelierwand tragen in einer Ausstellung in Hamburg zusammen mit Fotografien von Lois Renner gezeigt 8 Weblinks BearbeitenDie Atelierwand in der Online Datenbank der Staatliche Museen zu BerlinEinzelnachweise Bearbeiten a b c Eva Mongi Vollmer Das Atelier des Malers Lukas Verlag 2004 ISBN 978 3 936872 12 5 S 71 Wolf Jahn Die Erfahrung des Fragmentarischen auf www abendblatt de 3 Juni 2008 Lars Stamm Indexikalische Korperplastik der Naturabguss in der Kunst des 20 Jahrhunderts Hrsg Lars Stamm 1 Auflage Graphentis Verlag e K Gottingen 2013 ISBN 978 3 942819 03 9 S 83 85 496 S eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b c d uni giessen de Arbeitsvorhaben Dr Sabine Heiser Das Fragment als Gedachtnismedium Memento vom 19 Dezember 2005 im Internet Archive Der Fuss des Kunstlers auf www freunde der nationalgalerie de Memento des Originals vom 7 Januar 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www freunde der nationalgalerie de Jutta und Peter Griebel Stillleben mit Votivgaben auf www fritzgriebel de Hans Joachim Muller Julius Grunewald Memento vom 7 Januar 2014 im Internet Archive PDF 8 1 MB in Kunstler Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst 89 Heft 4 1 Quartal 2010 S 2 www hamburg web de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Atelierwand 1852 amp oldid 228875591