www.wikidata.de-de.nina.az
Anthropogenes Iod 129 129I in der Umwelt welches durch Freisetzungen aus oberirdischen Kernwaffenversuchen und der Aufbereitung von Kernbrennstoffen erzeugt wird uberdeckt die naturliche Erzeugung von 129I 1 durch Spallation am Xenon der Atmosphare und uber spontane Kernspaltung 129I ist mit einer Halbwertszeit von 15 7 Mio Jahren das langlebigste Radioisotop des Elements Iod Inhaltsverzeichnis 1 Erzeugung und Zerfall 1 1 Relevante Kernreaktionen 1 2 Naturliche Produktion 1 3 Anthropogene Produktion 1 4 Zerfall 2 Globaler Iodkreislauf 3 Nachweis von 129I 4 Daten vom Fiescherhorngletscher 4 1 Probennahme und Aufbereitung 4 2 Vergleich mit anderen Daten 4 3 Diskussion und Bewertung 4 4 Radiologische Bewertung 5 Untersuchung weiterer Umweltreservoire 5 1 Untersuchung von Grundwasser 5 2 Untersuchung der Tiefenwasserbildung im Nordatlantik 6 EinzelnachweiseErzeugung und Zerfall BearbeitenRelevante Kernreaktionen Bearbeiten Spallation an Xenon Thermische Spaltung von 235U Spaltausbeute 0 71 2 Spontanspaltung von 238U Neutroneneinfang an Tellur Schnelle Neutronen 130Te n 2n 129Te 129I langsame Neutronen 128Te n g 129Te 129I Aufgrund seiner langen Halbwertszeit der hohen Spaltausbeute und seiner Beweglichkeit in der Umwelt ist Iod 129 von hoher Bedeutung bei der Langzeitbetrachtung von Lagerstatten fur abgebrannte Kernbrennelemente Naturliche Produktion Bearbeiten Zur naturlichen Produktion von Iod 129 tragen folgende Quellen bei Spontanspaltung von 238U im Ozean Auswaschung von Spaltprodukten aus Gestein Freisetzung von Spaltprodukten durch vulkanische Aktivitat Produktion durch kosmische Strahlung Spallation an Xenon Eintrag durch extraterrestrische Materie Neutroneneinfang an Tellur Alle naturlichen Quellen zusammen belaufen sich auf 3 6 1019 Atome pro Jahr 3 Diese Produktionsrate fuhrt zu einem Verhaltnis von 129I I 10 12 4 Anthropogene Produktion Bearbeiten Die anthropogene Produktion von 129I ubersteigt heutzutage die naturliche und wird im weiteren Verlauf dieses Artikels diskutiert Typische Messwerte im Iod der Schilddruse zeigen Werte fur Europa von 129I I 10 8 5 Zerfall Bearbeiten 129I geht zu 100 durch Beta Minus Zerfall in 129Xe uber Dieses emittiert teils prompt teils als Kernisomer mit der Halbwertszeit 8 8 h ein Gammaquant der Energie 40 keV 6 Globaler Iodkreislauf Bearbeiten nbsp Globaler IodkreislaufDer globale Iodzyklus lasst sich fur langfristige Effekte wie nebenstehend darstellen 7 Die Zahl links oben in jeder Box gibt die mittlere Aufenthaltsdauer von Iod in Jahren an Die Zahlen an den Pfeilen zeigen wie sich das eine Box verlassende Iod verteilt Aufgrund seiner langen Lebensdauer nimmt 129I am gesamten Iodkreislauf teil Da der Transport von 129I aus den Ozeanen auf das Land sehr effektiv ist dominiert dieser Transportweg uber den Fluss kosmogen produzierten Iods Nachweis von 129I BearbeitenAufgrund seiner langen Halbwertszeit und seiner niedrigen Gammaenergie sind Nachweismethoden die den Zerfall registrieren bei 129I sehr ineffizient Ublicherweise wird 129I daher massenspektrometrisch nachgewiesen Daten vom Fiescherhorngletscher BearbeitenProbennahme und Aufbereitung Bearbeiten In den Schweizer Alpen wurde im Jahre 1988 am Fiescherhorngletscher Berner Oberland in 3950 m Hohe von der Universitat Bern ein 76 m langer Eisbohrkern mit 75 mm Durchmesser genommen 8 Ziel der 129I Messungen an diesem Bohrkern war es die Depositionsrate von 129I zu bestimmen und die Quellen anthropogenen 129I zu identifizieren Ein Viertel des Querschnitts 10 7 cm2 wurde zur Messung der Radiokuklide 3H 10Be 36Cl 41Ca 129I und 137Cs verwendet Zur Datierung wurde das Maximum der Tritiumwerte ermittelt und damit das Jahr 1963 das Jahr mit dem grossten Fallout aus oberirdischen Kernwaffenversuchen identifiziert Unter der Annahme dass die jahrlichen Akkumulationsraten etwa konstant sind wurden vom Jahr 1963 ausgehend Jahresproben erstellt Das gesamte Eis eines Jahres wurde zu einer Probe verarbeitet Zu jeder Probe wurden zwischen 3 mg und 7 mg Iod in Form von I resp IO3 zugefugt und mittels Ionentauscher abgetrennt Uber die Messung des 129I I Verhaltnisses konnte aus dem Probenquerschnitt und der Annahme dass der komplette 129I Fallout in der Probe vorhanden ist die Ablagerung durch Niederschlage errechnet werden die in nebenstehender Abbildung zu sehen ist 9 nbsp I 129 Niederschlag am Fiescherhorn Schweiz Punkt Strich Berechneter Bombenfallout Dreiecke Aus Cs 137 Daten berechneter I 129 Fallout Gestrichelte Linie Abschatzung aus der Zunahme der atmospharischen Kr 85 Konzentration Kreise Baumringdaten Karlsruhe Vergleich mit anderen Daten Bearbeiten Unter Zuhilfenahme des oben dargestellten Modells des globalen Iodkreislaufs wurden fur die Berechnung folgende Annahmen gemacht Hauptquelle des 129I sind die grossen Bomben mit einer Sprengkraft von uber 1 Mt TNT Aquivalent 5 1015 J 1 6 1026 Spaltungen Diese Bomben gewinnen die Energie zur Halfte aus Kernfusion keine 129I Produktion und zur anderen Halfte aus der Schnellspaltung von 238U Es wurden nur Kernwaffentests der Nordhalbkugel berucksichtigt Nur die Halfte des produzierten 129I erreicht die Stratosphare und wird gemass dem Modell verteilt Eine Auflistung der berucksichtigten Kernwaffentests findet sich hier 9 Im selben Eisbohrkern wurden 137Cs Aktivitaten gemessen Diese wurden mit dem Verhaltnis der entsprechenden Ausbeuten bei der Schnellspaltung umgerechnet 85Kr ist wie 129I ein Spaltprodukt Als Edelgas durchmischt es sich sehr schnell mit der Atmosphare Auf dem Schauinsland im Schwarzwald 1240 m Baden Wurttemberg D werden seit 1955 die 85Kr Konzentrationen in der Luft gemessen Kurzzeitige Ausschlage werden dabei als lokale Effekte d h als Emissionen der europaischen Wiederaufarbeitungsanlagen interpretiert 10 Aus diesen Werten wurde auf die Emission von 129I das ebenfalls bei der Wiederaufarbeitung freigesetzt wird geschlossen 9 An einer Robinie Robinia pseudoacacia die in 1 km Abstand vom Abluftkamin der Versuchswiederaufarbeitunganlage Karlsruhe stand wurden die 129I I Verhaltnisse in den Baumringen gemessen 11 Pflanzen beziehen ihr Iod hauptsachlich aus dem Bodenwasser Das Iod im Bodenwasser kommt aus dem Boden selbst und dem Eintrag aus der Troposphare Da das Reservoire Boden mit 1000 Jahren Aufenthaltszeit sehr trage ist sind jahrliche Variationen wie sie in den Baumringen beobachtet werden auf den Eintrag aus der Atmosphare zuruckzufuhren Die Werte von Hausschild und Aumann wurden so skaliert dass sich fur die Jahre 1950 1970 eine gute Ubereinstimmung ergab Ab 1970 sind die Werte durch den lokalen Eintrag durch die Inbetriebnahme der WAA Karlsruhe nicht mehr mit den Fiescherhorndaten vergleichbar Diskussion und Bewertung Bearbeiten Im Folgenden werden die anthropogenen Quellen des 129I diskutiert 129I aus BombentestsDie gemessenen 129I Kurven zeigen zwischen 1960 und 1965 nicht die Struktur des berechneten Bombenpeaks Insbesondere fehlt in den Ioddaten der Hauptpeak von 1963 Eine mogliche Erklarung dieser Abweichung konnte sein dass die Verteilung von 129I in der Stratosphare und seine Aufenthaltsdauer anders sind als fur die Spaltprodukte 137Cs und 90Sr fur die das Ergebnis dieser Modellrechnung hinreichend gut stimmt 129I aus militarischer WiederaufarbeitungDie 85Kr Kurve zeigt einen starken Anstieg um 1955 Grund hierfur ist die vor allem in den USA und der UdSSR asiatischer Teil durchgefuhrte militarische Aufarbeitung von Kernbrennstoffen zur Plutoniumgewinnung Bei der Wiederaufarbeitung werden Edelgase wie 85Kr vollstandig und fluchtige Substanzen wie 129I teilweise in die Atmosphare abgegeben In den Jahren bis 1970 stimmen die 129I und 85Kr Kurve weder in der Form noch in der Hohe uberein Daraus kann geschlossen werden dass 129I nicht wie 85Kr emittiert und global in der Atmosphare verteilt wird 129I aus ziviler WiederaufarbeitungDer Wiederanstieg des 129I ab 1965 ist auf die Emissionen der Wiederaufarbeitungsanlagen WAA in La Hague F und Sellafield GB zuruckzufuhren Da fur zivile Zwecke Brennstabe mit deutlich hoherem Abbrand und damit entsprechend hoherem 129I Gehalt aufgearbeitet werden hat sich die 129I Abgabe dieser Anlagen stark erhoht 9 Radiologische Bewertung Bearbeiten Die Abgaben der europaischen Wiederaufarbeitungsanlagen fuhren zu einem 129I Fallout von 2 107 Atomen pro cm2 und Jahr Dies fuhrt gemass obigem Modell zu einer 129I I Konzentration von 10 8 in der Biosphare Werte dieser Grossenordnung werden aktuell auch in Schilddrusen gemessen 5 Der radiologische Grenzwert fur 129I I liegt bei 10 3 also einen Faktor 100000 daruber Untersuchung weiterer Umweltreservoire BearbeitenUntersuchung von Grundwasser Bearbeiten Iod und Chlor werden als Salze in Wasser gelost und sind in Grundwasserstromen nachweisbar Mit Iod 129 und Chlor 36 Halbwertszeit 301 300 Jahre 12 haben diese Elemente zwei langlebige Radioisotope mit deren Hilfe eine Altersbestimmung von Grundwasserstromen gemacht werden kann Ein grundsatzliches Problem dabei ist die Entstehung von Mischwasser wenn angenommen werden muss dass an mehreren Stellen junges Wasser eingetreten ist In gleicher Weise muss der Effekt durch den Eintrag von Salzsole berucksichtigt werden Insbesondere unterscheiden sich die 129I und 36Cl Signaturen je nachdem ob alte Sole mit altem Wasser hinzutritt oder alte Sole mit jungem Wasser Nachweise dieser Art dienen der Untersuchung von Kohlenwasserstofflagerstatten beispielsweise der Fruitland Formation USA 13 Untersuchung der Tiefenwasserbildung im Nordatlantik Bearbeiten Iod 129 wurde und wird in grossem Masse von den Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und La Hague ins Meer abgegeben Bei Sellafield ist dies etwa 20 kg pro Jahr Bei La Hague war der Wert bis etwa 1990 auch etwa in diesem Bereich Danach stieg der Wert aufgrund des vermehrten Einstiegs in die zivile Wiederaufarbeitung auf etwa das zehnfache an 14 15 Die Abgaben von Sellafield und La Hague vereinen sich in der Nordsee und ziehen zusammen mit dem Nordatlantikstrom nordwarts So konnen an der Kuste Norwegens von Sud nach Nord abnehmende Konzentrationen im Verhaltnis 129I I gemessen werden Da dies auch eine Folge der Verdunnung durch salzhaltiges Wasser des Nordatlantikstroms sein konnte wurden zusatzlich die 129I Konzentrationen im Verhaltnis zu anderen Spaltprodukten wie 137Cs und 99Tc gemessen Die verschiedenen Messungen sind gut mit einer deutlichen Erhohung des Gesamtausstosses um 1990 vertraglich 16 17 Im Nordatlantik kuhlt der Nordatlantikstrom immer weiter ab es kommt zur Bildung des Nordatlantischen Tiefenwassers Dieses fliesst uber den Gronland Schottland Rucken Richtung Nordamerika dann weiter nach Suden um nach etwa 1000 Jahren die Antarktis zu erreichen Langs dieses Weges kann nun Iod 129 als Tracer verwendet werden 18 Einzelnachweise Bearbeiten CAS Nummer 15046 84 1 Cumulative Fission Yields IAEA Michael J M Wagner Mittelschwere Radionuklide Neue Nachweismethoden und Anwendungen von Nickel 59 Zinn 126 und Iod 129 Doktorarbeit Zurich 1995 a Anhang F Download U Fehn G R Holdren D Elmore T Brunelle R Teng P W Kubik Determination of natural and anthropogenic 129I in marine sediments In Geophys Res Letters Band 13 1986 S 137 a b J Handl E Oliver D Jakob K J Johanson P Schuler Biospheric 129I concentrations in the pre nuclear and nuclear age In Health Physics Band 65 1993 S 265 G Pfennig H Klewe Nebenius W Seelmann Eggebert Nuklidkarte Forschungszentrum Karlsruhe 1998 M J M Wagner B Dittrich Hannen H A Synal M Suter U Schotterer Increase of 129I in the environment In Nuclear Instruments and Methods in Physics Research B Band 113 1996 S 490 F Stampfli Ionenchromatographische Analysen an Eisproben aus einem hochgelegenen Alpengletscher Lizentiatsarbeit Inst anorg anal und phys Chemie Universitat Bern 1989 a b c d Michael J M Wagner Mittelschwere Radioniklide Neue Nachweismethoden und Anwendungen von Nickel 59 Zinn 126 und Iod 129 Doktorarbeit Zurich 1995 b Kapitel 4 4 Download Ch Schiffmann Messung und Interpretation von Kr 85 Aktivitaten in Hydrologie und Bodengasproben Lizentiatsarbeit Physikalisches Institut Universitat Bern 1993 J Hausschild D C Aumann Iodine 129 and natural iodine in tree rings in the vicinity of a small nuclear fuels reprocessing plant In Naturwissenschaften Band 72 1985 S 270 Chlor 36 G Snyder J Fabryka Martin I 129 and Cl 36 in dilute hydrocarbon waters Marine cosmogenic in situ and anthropogenic sources Applied Geochemistry 22 3 2007 692 714 doi 10 1016 j apgeochem 2006 12 011 F Yiou G M Raisbeck Z Q Zhou L R Kilius P J Kershaw Improved Estimates of Oceanic Discharges of 129I from Dellafield and La Hague International Conference on Environmental Radiochemistry Oslo Norway 1995 G M Raisbeck F Yiou Z Q Zhou L R Kilius Marine discharges of I 129 by the nuclear reprocessing facilities of La Hague and Sellafield Radioprotection 32 1997 S 91 G M Raisbeck F Yiou Z Q Zhou L R Kilius 129I as a Tracer of Reprocessing Discharges in the Arctic Oceans International Conference on Environmental Radiochemistry Oslo Norway 1995 F Yiou G M Raisbeck G C Christensen 129I 127I 129I 137Cs and 129I 99Tc in the Norwegian coastal current from 1980 to 1998 Journal of Environmental Radioactivity 60 2002 S 61 H N Edmonds Z Q Zhou G M Raisbeck F Yiou J M Edmond Distribution and behavior of anthropogenic 129I in water masses ventilating the North Atlantic Ocean Journal of Geophysical Research Atmospheres 106 2001 S 6881 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anthropogenes Iod 129 in der Umwelt amp oldid 232129718