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Es handelt sich bei dem Alemannenerlass 1 um ein 1961 verfasstes innerdienstliches Rundschreiben des damaligen Landesamtsdirektors Elmar Grabherr der als oberster Beamter Vorarlbergs 1955 bis 1976 der Vorgesetzte uber damals etwa 1600 Beamtinnen und Beamten war 2 Obwohl in diesem Rundschreiben der Begriff Alemannen oder das Attribut alemannisch nicht vorkam wurde es ab 1979 unter dem Begriff Alemannenerlass in der Offentlichkeit diskutiert Entstehung und Inhalt BearbeitenDas als Erlass bezeichnete Rundschreiben des Landesamtsdirektors Grabherr vom 16 Mai 1961 richtete sich an alle Abteilungen und nachgeordneten Dienststellen des Landes Vorarlberg 3 Veranlasst wurde das Rundschreiben durch die Tatsache dass es aus der Sicht Elmar Grabherrs an einer rechtlichen Definition des Vorarlbergers mangelte Von einer Vorarlbergerin war nicht die Rede Eine andere rechtliche Definition eines Vorarlbergers als eines osterreichischen Staatsburgers mit ordentlichem Wohnsitz in Vorarlberg so Grabherr sei daher nicht mehr moglich und fugte hinzu Dieser Zustand ist vom Gesichtspunkt der Landesinteressen aus gesehen hochst unbefriedigend Nach seiner Vorstellung sollte die Einfuhrung des Rechtsbegriffes landsmannschaftliche Herkunft behoben werden der sich weder auf den ordentlichen Wohnsitz noch auf den Geburtsort beschranken konne Der Begriff landsmannschaftliche Herkunft bedeutet nach ha Auffassung so wurde klargestellt ein engeres Verhaltnis einer Person zu einem Bundesland Dieses Verhaltnis wird in erster Linie bestimmt durch objektive Tatsachen wie Abstammung siehe hier u a auch Familiennamen Geburtsort einem Besitz des Heimatrechtes langjahriger Aufenthalt Beherrschung der Mundart usw Der Erlass forderte im Sinne foderalistischer Staatsauffassung den Begriff der landsmannschaftlichen Herkunft in Zukunft uberall dort zu verwenden wo eine Beachtung der Bodenstandigkeit von Personen sachlich gerechtfertigt erscheint Ausserdem wurden die Dienststellen des Landes gebeten die Anwendungsmoglichkeit des Begriffes der landsmannschaftlichen Herkunft zu prufen und dem Prasidium vom Ergebnis Mitteilung zu machen Der Landesamtsdirektor Grabherr versuchte den Begriff der landsmannschaftlichen Herkunft in weiteren Gesetzen zu verankern etwa im Ehrenzeichengesetz von 1962 das die Handschrift Grabherrs trug Hier sollte der Beirat der bestimmte wer einen Orden bekommen sollte und wer nicht nach dem Kriterium der landsmannschaftlichen Herkunft besetzt werden bzw es sollten all jene ausgeschlossen werden konnen die aufgrund ihrer Herkunft nicht in ausreichendem Masse bodenstandig waren ausserdem hatte Grabherr dem Landesamtsdirektor also sich selbst einen Platz im Ehrenzeichenbeirat zu sichern versucht Diese Vorgangsweise erregte jedoch grosses Aufsehen und Emporung worauf der Rechtsausschuss des Landtages sich genotigt sah den Gesetzesentwurf entsprechend zu korrigieren 4 Die erbetenen Antworten der Dienststellen wurden offentlich nicht bekannt und auch 1980 im Rahmen einer Anfragebeantwortung im Landtag durch den damaligen Landeshauptmann Herbert Kessler unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit nicht bekannt gemacht 5 Notwendig geworden war die Antwort des Landeshauptmannes weil der damalige Landtagsabgeordnete Arnulf Hafele in einer Anfrage vom 17 Dezember 1979 danach gefragt hatte Frage 3 lautete beispielsweise Wie stimmt der Inhalt des Alemannenerlasses mit Ihren Aussagen uberein dass in Vorarlberg keine wie immer geartete Benachteiligung von Mitburgern nichtalemannischer Herkunft bestehe In Hafeles Anfrage wurde der Begriff Alemannenerlass erstmals verwendet In Reaktion auf diese Anfrage gab Elmar Grabherr einer Vorarlberger Tageszeitung ein Interview Hier wurde in der Einleitung den Leserinnen und Lesern der Zusammenhang folgendermassen erklart Einer Groteske kommt die jetzt vom Abgeordneten Dr Hafele SPO entfachte Diskussion um den sogenannten Alemannen Erlass fur den Vorarlberger Landesdienst gleich Der sozialistische Abgeordnete vermutet darin stark rassistische Tendenzen Und weil der Vater dieses Erlasses Landesamtsdirektor a D Elmar Grabherr ist der gleichzeitig als prominenter Exponent der Burgerinitiative auftritt will Dr Hafele diesen Rassismus auch gleich auf die Burgerinitiative Pro Vorarlberg ubertragen wissen 6 Aus der Beantwortung der Fragen durch Landeshauptmann Kessler ging auch hervor dass Grabherrs Erlass 1964 durch den damaligen Landeshauptmann Ulrich Ilg 1905 1986 Landeshauptmann 1945 1964 fur gegenstandslos erklart worden sei 7 Hafeles Anfrage im Landtag hatte mit der 1979 vorgestellten Initiative Pro Vorarlberg zu tun deren wichtigster Proponent der ehemalige Landesamtsdirektor Grabherr war der Verfasser des Erlasses von 1961 Er war mittlerweile seit 1976 im Ruhestand Die Initiative forderte eine grossere Selbstandigkeit fur Vorarlberg und eine Starkung des Foderalismus Die von Pro Vorarlberg veranlasste Volksabstimmung die im Juni 1980 stattfand brachte eine Zustimmung von knapp 70 Prozent fur das 10 Punkte Programm der Initiative 8 Dennoch gerieten die Forderungen alsbald in Vergessenheit Ahnlich ging es dem Alemannenerlass der nur hin und wieder von Historikerinnen und Historikern erwahnt wurde Erst die Forschungen von Leo Haffner brachten das Dokument wieder in Erinnerung das eine diskriminierende Praxis die sich gegen Nicht Vorarlberger die in Vorarlberg lebten zu legalisieren beabsichtigte Der sog Alemannenerlass sollte entsprechende Massnahmen vorbereiten 9 Literatur BearbeitenPeter Melichar Zwischen Herkunftsmythos und Uberfremdungsdiskurs Der Alemannenerlass von 1961 in Montfort Zeitschrift fur Geschichte Vorarlbergs 2022 1 S 79 101 Markus Barnay Pro Vorarlberg Eine regionalistische Initiative Bregenz 1983 Kurt Greussing Meinrad Pichler Politische Kultur 1986 Vom Arier zum Alemannen in Kultur Zeitschrift fur Kultur und Gesellschaft Jg 1 1986 Nr 9 S 4 6 Kurt Greussing Die Bestimmung des Fremden Hundert Jahre Gastarbeit in Vorarlberg in Rainer Baubock u a Hg und raus bist du Ethnische Minderheiten in der Politik Wien 1988 S 185 197 Leo Haffner Sie kriechen eben alle Die Tagebucher Karl Tizians als Quelle fur die Nachkriegsgeschichte Vorarlbergs in Bludenzer Geschichtsblatter 64 2002 S 51 63 Leo Haffner Ein besessener Vorarlberger Elmar Grabherr und die Ablehnung der Aufklarung Hohenems Wien 2009 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Peter Melichar Zwischen Herkunftsmythos und Uberfremdungsdiskurs Der Alemannenerlass von 1961 in Montfort Zeitschrift fur Geschichte Vorarlbergs 2022 1 S 79 101 Vgl Arnulf Benzer Elmar Grabherr 1911 1987 in Schriften des Vereins fur Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 1989 Heft 107 S V VII hier VII Schreiben des Landesamtsdirektors Dr Elmar Grabherr Amt der Vorarlberger Landesregierung Prs 592 1 an alle Abteilungen und angeschlossene Dienststellen im Hause und alle nachgeordneten Dienststellen 16 Mai 1961 Der Erlass wurde einem Aufsatz von Leo Haffner als Faksimile beigefugt und somit auch uber das Internet leicht zuganglich Vgl Leo Haffner Sie kriechen eben alle Die Tagebucher Karl Tizians als Quelle fur die Nachkriegsgeschichte Vorarlbergs in Bludenzer Geschichtsblatter 64 2002 S 51 63 das Faksimile findet sich auf S 60 61 Ulrich Nachbaur Vorarlberger Landesauszeichnungen in Montfort 56 Jahrgang 2004 Heft 1 2 S 92 106 hier 94 ff Vorarlberger Landtag 1 Sitzung 6 Februar 1980 S 13 Willy Hillek Groteske um Alemannen Erlass Alemannisch kommt nie vor VN Gesprach mit Landesamtsdirektor a D Elmar Grabherr in Vorarlberger Nachrichten 22 Dezember 1979 Vorarlberger Landtag 1 Sitzung 6 Februar 1980 S 13 Markus Barnay Pro Vorarlberg Eine regionalistische Initiative Bregenz 1983 S 49 f Leo Haffner Ein besessener Vorarlberger Elmar Grabherr und die Ablehnung der Aufklarung Hohenems Wien 2009 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alemannenerlass amp oldid 230890781