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Im Arztestreik 2006 legten an deutschen Universitatskliniken und kommunalen Krankenhausern angestellte Arzte die Arbeit nieder um gegen die aus ihrer Sicht unzumutbaren Arbeitsbedingungen und fur eine bessere Bezahlung zu demonstrieren Es war der erste Arztestreik in Deutschland seit uber dreissig Jahren und der erste Streik der angestellten Arzte uberhaupt Wahrend der Verhandlungen kam es zum Bruch des Arzteverbandes Marburger Bund mit der Gewerkschaft ver di die die nichtarztlichen Krankenhausangestellten vertritt Zu einer Grossdemonstration am 16 Mai 2006 reisten uber 5000 Mediziner nach Munster In der Woche nach dem 5 Juni wurden hunderte Betten an verschiedenen Unikliniken zum Teil ganze Stationen geschlossen Seinen Hohepunkt erreichte der Arztestreik am 16 Juni 2006 mit der bundesweiten Arbeitsniederlegung von uber 13 800 Arzten in 41 Unikliniken und Landeskrankenhausern Damit trat ein Grossteil der insgesamt 22 000 Universitatsmediziner in den Ausstand Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen 2 Universitatskliniken 3 Kommunale Krankenhauser 4 Einzelnachweise 5 WeblinksUrsachen BearbeitenSeit dem Jahr 2003 arbeiteten die offentlichen Arbeitgeber der Lander auf Drangen von CDU gefuhrten Landesregierungen darauf hin den Tarifverbund des offentlichen Dienstes aufzulosen Die Lander erhohten die Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden wochentlich ohne Lohnausgleich und bei abgesenkten Sonderzahlungen Die Einkommensminderung fur neu eingestellte Arzte an den Universitatskliniken betrug zwischen 15 und 20 Ausserdem verweigerten viele Kliniken die im alten Tarifvertrag vorgesehene Uberstundenvergutung Schliesslich forderten die Arzte fur sich die Umsetzung der europaischen Richtlinie 2003 88 EG uber bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung des Rates der Europaischen Union vom 22 Juni 2000 uber die maximale Dienstzeitbelastung Anfang 2005 erschien ein Thesenpapier der Arzte an der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg mit den Forderungen die spater vom Marburger Bund in den Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Lander ubernommen wurden die Arbeitszeiterhohungen und Kurzungen beim Weihnachts und Urlaubsgeld sollten zuruckgenommen werden und die Arztegehalter im Gegenteil um 30 Prozent erhoht werden die o g Arbeitszeitrichtlinie umgesetzt und Uberstunden vollstandig bezahlt werden Die durchschnittliche Arbeitszeit eines Arztes an einer deutschen Klinik betrug etwa 46 3 Stunden Woche 1 Zunehmende Unzufriedenheit der Arzte mit ver di fuhrte im September 2005 zur Auflosung des Vertretungsmandates des Marburger Bundes fur ver di und zum Ruckzug des Marburger Bundes aus den gemeinsamen Tarifverhandlungen mit dem Ziel diese eigenstandig zu fuhren In kurzer Zeit wuchs die Mitgliederzahl des Marburger Bundes auf 105 000 Mitglieder an Universitatskliniken BearbeitenAm 1 Marz 2006 rief der Marburger Bund zum Vollstreik auf nachdem die Verhandlungen uber einen Tarifvertrag fur die Arzte an Universitatskliniken ergebnislos abgebrochen wurden Zunachst wurde bundesweit an zwei Tagen in der Woche die Arbeit niedergelegt einmal wochentlich fanden sich 5 000 bis 11 000 Arzte zu Kundgebungen im gesamten Bundesgebiet zusammen Ab dem 8 Mai 2006 legten die Hochschul Mediziner in ganz Baden Wurttemberg die Arbeit nieder ab dem 15 Mai 2006 folgten Standorte in ganz Deutschland Die Versorgung der medizinischen Notfalle wurde durch einen arztlichen Notdienst gesichert nbsp Streikaktion in Heidelberg Luftbild Um ihrer Forderung nach einem ersten eigenstandigen Arztetarifvertrag Ausdruck und Gehor in der Offentlichkeit zu verschaffen entwickelte der Marburger Bund nach interner Diskussion die Forderung nach 30 mehr Gehalt Der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Lander TdL Niedersachsens Finanzminister Hartmut Mollring lehnte Tarifverhandlungen zunachst kategorisch ab musste sich nach ersten Streiks an den Uniklinika in Baden Wurttemberg jedoch politischem Druck der Bundeslander beugen und Ende 2005 offiziell in eigenstandige Tarifverhandlungen mit dem Marburger Bund eintreten Die Forderung nach 30 mehr Gehalt lehnte die TdL ab Die tatsachlichen Verdienste deutscher Arzte seien deutlich besser als behauptet Vermittlungsversuche scheiterten Am 24 Mai legten die Arzte eine Streikpause von einer Woche an um aufgeschobene medizinische Behandlungen durchfuhren zu konnen 2 Mollring setzte wahrenddessen verstarkt auf eine Tarifeinigung mit der Gewerkschaft ver di fur die ubrigen Beschaftigten der Kliniken diese Einigung konnte er zusammen mit ver di am 19 Mai 2006 verkunden Mollring fugte hinzu der Tarifvertrag gelte auch fur die Klinikumsarzte zwar habe der Marburger Bund nicht mitverhandelt da ver di aber klar die grossere Gewerkschaft sei liege hier die Tarifhoheit Verhandlungen mit dem Marburger Bund seien daher nicht mehr vorgesehen 3 In den daraufhin bundesweit am 19 Mai 2006 abgehaltenen Vollversammlungen von Arzten an Universitatskliniken wurden jedoch weitere unbefristete Streiks ab dem 29 Mai 2006 beschlossen Im Juni wurden transportfahige Patienten der Universitatskliniken Heidelberg Freiburg und Ulm verlegt Am 13 Juni streikten 13 500 Arzte an 25 Universitatskliniken und an 16 Landeskrankenhausern 4 Nach vielen Verhandlungsrunden seit Ende 2005 einigten sich der Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Lander am 16 Juni 2006 auf einen Arztetarifvertrag Dies war der erste arztespezifische und eigenstandige Tarifvertrag mit der TdL uberhaupt Insbesondere fur Berufsanfanger und Assistenzarzte aber auch fur die tarifvertraglich entlohnten Oberarzte gab es Gehaltsteigerungen bis zu 20 Prozent Daruber hinaus enthalt dieser erste arztespezifische Tarifvertrag der Bundesrepublik weitere wesentliche arztespezifische Regelungen zur Arbeitszeit Dienstvergutung und Regelungen zur Facharztweiterbildung In der Urabstimmung akzeptierten 86 Prozent der Arzte an Universitatskliniken diesen Abschluss Kommunale Krankenhauser BearbeitenNach dem Teilerfolg an den landeseigenen Kliniken und mehrwochigen Verhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbande rief der Marburger Bund seine Mitglieder am 20 Juni 2006 auch im kommunalen Bereich zur Urabstimmung auf 97 der betroffenen Arzte stimmten fur Streiks Ab dem 26 Juni legten 7500 Arzte in vier Bundeslandern die Arbeit nieder Am 28 Juni ruhte die Arbeit von uber 10 000 Arzten in sechs Landern am Folgetage traten bereits 11 500 Arzte in acht Bundeslandern in den Streik Einige kommunale Krankenhauser beantragten bei den Arbeitsgerichten einstweilige Anordnungen die Arbeitsgerichte Kiel AZ 1 Ga 11b 06 vom 30 Juni 2006 und Fulda AZ 1 Ga 4 06 vom 5 Juli 2006 wiesen sie jedoch ab 5 Am 1 August einigte sich die VKA mit ver di und dbb tarifunion auf einen Einheitstarif fur den Krankenhausbereich Danach sollten Vergutungen fur Bereitschaftsdienste und Ausbildungsentgelte erhoht werden Einkommenserhohungen fur die Krankenhausarzte ergeben sich dabei nur durch eine Erhohung der Arbeitszeiten von 38 5 auf 40 0 Wochenstunden 6 Erwartungsgemass wurden die Verhandlungen von den Arzten nicht anerkannt die Streiks weitergefuhrt In einer Marathonsitzung einigen sich die Tarifparteien am 17 August auf den Abschluss eines Tarifvertrages 7 Danach wurde die Arbeitszeit von 38 5 auf 40 0 Wochenstunden verlangert und Einkommensverbesserungen von 10 bis 13 Prozent im Vergleich zum Tarifvertrag fur den offentlichen Dienst vorgesehen Die Einkommen in Ostdeutschland blieben zunachst bei 95 5 Prozent sollten aber zum 1 Juli 2007 auf 97 Prozent steigen Die Bemessungssatze fur Bereitschaftsdienste entsprachen denen des Ver di Tarifvertrages vom 1 August 2006 8 Einzelnachweise Bearbeiten Hannes Spengler Einkommen und Arbeitszeiten junger Klinikarzte in Deutschland DIW Berlin Jahrg 2005 Abstract Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Financial Times Zumutung fur Alle 14 Mai 2006 ZDF Heute Einigung im offentlichen Dienst 19 Mai 2006 Memento vom 3 Juli 2006 im Internet Archive Ende der Arzte Streiks in Sicht Thieme Via medici online 21 Juni 2006 Memento vom 3 August 2007 im Webarchiv archive today MB Streiks der Arzte an kommunalen Krankenhausern rechtmassig Memento vom 6 Juli 2006 im Internet Archive Pressemitteilung des VKA zur Tarifeinigung vom 1 August 2006 Handelsblatt 17 August 2006 Kommunale Klinik Arzte setzen sich durch VKA Pressemitteilung vom 17 August 2006 Memento vom 28 September 2007 im Internet Archive Weblinks Bearbeiten nbsp Wikinews Portal Streik in den Nachrichten Homepage der Tarifgemeinschaft deutscher Lander TdL Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arztestreik in Deutschland 2006 amp oldid 209478047