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Zwischen zwei Kriegen ist ein Schwarzweissfilm von Harun Farocki aus dem Jahr 1978 FilmTitel Zwischen zwei KriegenProduktionsland DeutschlandOriginalsprache DeutschErscheinungsjahr 1978Lange 84 MinutenStabRegie Harun FarockiDrehbuch Harun FarockiProduktion Harun FarockiMusik Gustav MahlerKamera Axel Block Ingo KratischSchnitt Harun FarockiBesetzungHarun Farocki Autor 1 Ingemo Engstrom Krankenschwester Jeff Layton Hochofner Stephan Mattusch Ingenieur Friedhelm Ptok Schlotbaron Hildegard Schmahl Hure Peter Nau Nau Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Inszenierung 3 Hintergrund 4 Produktion 5 Rezeption 6 Varia 7 Literatur 8 DVD 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenEin Prolog fuhrt zunachst ins Jahr 1917 Eine Krankenschwester fragt zwei sterbende Soldaten Wofur kampft ihr und wofur sterbt ihr Sie bekommt einander widersprechende Antworten Die weiteren zeitlichen Stationen werden durch weiss auf schwarz handgeschriebene Jahreszahlen markiert 1919 1923 1925 1927 1929 1932 1933 Die Protagonisten des Films sind ein Hochofner und ein Ingenieur Sie teilen sich ein karges Zimmer und ein Bett Kommt der eine von der Schicht muss der andere aufstehen Das Interesse des Hochofners ist auf die Frage gerichtet welche Lehren die Arbeiter aus dem Krieg ziehen sollen Er gehort einer kleinen kommunistischen Zelle an und noch wenn er bei einer Prostituierten ist spricht er von Verdun und sagt Wir haben gelernt dass der Prolet keine Heimat hat Sie antwortet Wir konnen sprechen oder aus dem Fenster sehen Der Preis ist immer derselbe Das Interesse des Ingenieurs gilt der okonomischen Rationalisierung Was fur eine Energieverschwendung so stellt er durch Befragungen befreundeter Ingenieure fest Einerseits die Kokereien mit dem ruckgeleiteten aber unnotig starken Kokereigas zu versorgen und andererseits das uberschussige Gichtgas der Hochofen ungenutzt zu verbrennen Er uberzeugt den Schlotbaron von seinen Planen eines Verbundsystems in dem auch die Abfallprodukte eines Systemteiles an anderer Stelle des Systems Verwendung finden In der Wirtschaftskrise der Jahre 1929 1930 mussen sie erkennen dass der Verbund Zechen Kokereien Hochofen Stahlproduktion profitabel nur arbeitet wenn jedes Teil des Systems voll ausgelastet arbeitet 1932 stellt Hitler seine Plane zur vollen Auslastung der Schwerindustrie vor An einer Mauerwand der Schriftzug Hitler das ist der Krieg 1933 Um seiner Verhaftung zu entgehen begeht der Hochofner Suizid Neben der Spielfilm Handlung gibt es einige Szenen die eigentlich anderen Filmgenres angehoren Zum einen ist mehrere Male der Autor Farocki selbst im Bild und ergreift aus der Erzahlzeit des Jahres 1977 heraus das Wort gibt Erlauterungen zur Vor und Entstehungsgeschichte des Films Ausserdem gibt es in der zweiten Halfte des Films einen grosseren Block in dem mittels dokumentarischer Aufnahmen der Betriebsablauf in einer Kokerei dargestellt wird auch hierzu hort man die erklarende Stimme des Autors Inszenierung BearbeitenNicht nur die Zusammenfuhrung verschiedener Genres Spielfilm Essay Dokumentarfilm ist aussergewohnlich Die Weise wie Farocki viele Elemente und Situationen der Handlung in Filmszenen gestaltet fuhrt dazu dass sie nicht eigentlich realistisch wirken Zu den Worten des Autors der Krieg ist verloren Elsass und Lothringen sind an Frankreich gefallen erscheint im Bild die Freitreppe einer Kirche die aussieht wie ein expressionistisches Ateliergebaude uber die Treppe bewegt sich langsam traumverloren eine Frau Einmal erzahlt der Hochofner einen Traum von einem Vogel der von ihm selbst gelegte Eier aufpickt und austrinkt und dazu sieht der Filmzuschauer auf einem Schemel neben dem Bett tatsachlich einen lebendigen schwarzen Vogel und neben ihm aufgebrochene Eierschalen aber der Hochofner spricht so als wenn er den wirklichen Vogel vor seinen Augen gar nicht sahe 2 Vieles im Verhalten der einzelnen Figuren bleibt ohne Erklarung Der Ingenieur der eben noch bei den Kommunisten die Unfahigkeit des Kapitals zum Fortschritt beklagt hat schuttelt bald darauf im Haus des Schlotbarons eine Olive im Martini Auch die wahre Art des Verhaltnisses das den Hochofner mit der Frau die Geld fur Liebe nimmt 3 verbindet ist aus dem Film selbst nicht zu entnehmen sagt der Hochofner doch als ihm die Frau von der 1932er Rede Hitlers berichtet Wir mussen uns stellen als waren wir ein Liebespaar Hintergrund BearbeitenTeile der Dialoge und auch der Kommentare des Autors bestehen aus Zitaten deren Quellen im Film nicht explizit ausgewiesen werden Zwei Beispiele 4 Die prazisen Empfehlungen des Schlotbarons fur einen Zeitungsartikel Thema die Forderung der Gegenwart sind eine langere Passage aus dem Roman Union der festen Hand 1931 von Erik Reger Der Kommentar des Autors zu den Dokumentaraufnahmen des Betriebsablaufs in einer Kokerei ist mit wenigen Erganzungen und Anderungen weitgehend entnommen einer Reportage in Heinrich Hausers Buch Schwarzes Revier Die Quelle eines anderen langen wortlichen Zitats wird im Film genannt Bei ihrer letzten Begegnung ausserhalb der Wohnung es ist auf einer Fussgangerbrucke uber einen Kanal sagt die Hure zum Hochofner Es ist mir gelungen ein Stenogramm der Rede die Hitler vor dem Industrieclub in Dusseldorf hielt einzusehen Dann zitiert sie die Satze in denen Hitler den Anwesenden seine Plane zur 100 prozentigen Beschaftigung der gigantisch entwickelten Industrien erklart Und Hitlers Plane sind so stellt es der Film dar die Antwort auf die Erkenntnis des Schlotbarons als er sich eine Szene zuvor mit dem Ingenieur auf die Fahrt nach Dusseldorf begibt Jetzt haben wir den Verbund und damit eine Maschine die nur laufen kann wenn sie auf vollen Touren lauft Produktion BearbeitenMit dem zentralen okonomischen Stoff des Films dem Verbundsystem zwischen Kokereien und Hochofen Anlagen hatte sich Farocki vor Beginn der Filmdreharbeiten bereits seit mehreren Jahren beschaftigt und so wird im Abspann als Produktionszeitraum 1971 77 angegeben Ausgangspunkt der Beschaftigung Farockis mit dem Stoff war seine Lekture von Texten des marxistischen Sozialphilosophen Alfred Sohn Rethels im Kursbuch 21 aus September 1970 die unter dem Titel Zur politischen Okonomie Deutschlands 1932 erschienen waren 5 Farocki erwahnt das Sujet bereits in seinem 1975 gemeinsam mit Ingemo Engstrom realisierten Film Erzahlen In der ersten Episode des Films sitzt er gemeinsam mit Hanns Zischler am Ufer eines Flusses oder Kanals Er prasentiert seinem Freund in einer kurzen Zusammenfassung den Inhalt des Buches Stahl aus Luxemburg in dem es um das Verbundsystem im luxemburgischen Stahlwerk ARBED geht und daran anschliessend die Erkenntnis Solche Anlagen konnen profitabel nur hochtourig betrieben werden weshalb sich die deutschen Stahlkonzerne nach der Krise 1929 30 dem zuwandten der ihnen dauerhaft hohen Absatz ihrer Produkte versprach Hitler Daraufhin rat ihm Zischler Du solltest das nicht als eine wissenschaftliche Arbeit schreiben Du solltest das als eine Geschichte erzahlen Es folgte 1976 zur selben Thematik und zum grossen Teil aus Zitaten montiert das vom WDR produzierte Horspiel Das grosse Verbindungsrohr Die Dreharbeiten des Films fanden von Anfang September bis Anfang Oktober 1977 statt der fertig montierte Film lag am 26 Mai 1978 vor und die Erstauffuhrung war am 5 November 1978 im Rahmen der Duisburger Filmwoche Rezeption Bearbeiten Der Essay des Berliner Filmemachers Harun Farocki uber die Schwerindustrie und das Gichtgas uberzeugt durch kuhle Abstraktionen durch die monomanische Besessenheit des Autors der an Hand eines einzigen Beispiels den selbstzerstorerischen Charakter der kapitalistischen Produktion zu belegen versucht Hans C Blumenberg 6 Zwischen zwei Kriegen nimmt sich fremd aus in unserer gegenwartigen Filmproduktion Farocki halt an einer didaktischen Form des Films fest wie er im Kino der studentischen Revolte von ihm und anderen rudimentar entwickelt worden war Im Kino werden jedoch bekanntlich im Augenblick nichts lieber als Geschichten erzahlt Abstraktion und Gedanklichkeit sind grundlich verpont wohingegen Zwischen zwei Kriegen nicht Geschichten sondern Geschichte sinnbildlich sicht und horbar machen will Wolfram Schutte 7 Varia BearbeitenAm 16 November 1978 druckte die Frankfurter Allgemeine Zeitung diese Meldung Eine unabhangige Jury darunter Jean Paul Sartre Michel Foucault Luis Bunuel und Nathalie Sarraute hat den Film von Harun Farocki Zwischen zwei Kriegen mit dem Preis Carosse d Or Goldene Kutsche ausgezeichnet Die Carosse d Or gilt Werken die das Geschichtsverstandnis fordern und vertiefen Allerdings Ein Preis dieses Namens der Prix du Carrosse d Or wurde erst mehr als 20 Jahre spater 2002 ins Leben gerufen Die Auszeichnung mit diesem Preis und die wahrhaft renommierte Zusammensetzung der Jury waren Farockis eigene Erfindung die er erfolgreich lancieren konnte 8 Literatur BearbeitenPeter Nau Zwischen Zwei Kriegen Filmprotokoll mit 68 Abbildungen Verlag Filmkritik Munchen 1978 Harun Farocki Ich habe genug Texte 1976 1985 Schriften Bd 4 Hrsg von Volker Pantenburg Verlag der Buchhandlung Walther Konig Koln 2019 ISBN 978 3 96098 226 5 Darin u a der Text des Horspiels Das grosse Verbindungsrohr mit Quellenangaben der teilweise auch im Film verwendeten Zitate der bereits sehr detaillierte Filmentwurf und mehrere weitere kurzere Texte zu Zwischen zwei Kriegen DVD BearbeitenFilm 3 auf DVD 1 in Filme 1967 2005 absolut MEDIEN 2009 ISBN 978 3 89848 969 0 Insgesamt zwanzig Filme auf funf DVDs DVD des Films als Beilage zu Alfred Sohn Rethel Die deutsche Wirtschaftspolitik im Ubergang zum Nazifaschismus Analysen 1932 1948 Ca ira Freiburg 2015 ISBN 978 3 86259 120 6 Weblinks BearbeitenZwischen zwei Kriegen in der Internet Movie Database englisch Zwischen zwei Kriegen bei filmportal deEinzelnachweise Bearbeiten Im Abspann des Films sind nur die Namen der Darsteller nicht die Rollenbezeichnungen angegeben Die hier angegebenen Rollenbezeichnungen folgen denen der jeweils ersten Erwahnung der Figur im Protokoll des Films von Peter Nau s Literatur Aufgelistet sind nur die Darsteller Rollen mit Auftritten in mehr als einer Szene die zahlreichen weiteren Darsteller Rollen also nicht Diese beiden Szenen hier nur exemplarisch fur zahlreiche auffallend gestaltete Momente im Film zitiert nach dem Filmprotokoll von Peter Nau s Literatur Beide Zitate bei Farocki Zwischen zwei Kriegen Outline in Ich habe genug s Literatur S 169 170 Die folgenden Quellenangaben sind entnommen dem gedruckten Text des Horspiels Das grosse Verbindungsrohr s Literatur Auf diesen Bezug hat Farocki mehrfach in Interviews hingewiesen siehe z B das Interview Nau Farocki in der Zeitschrift Medium 8 1978 online verfugbar auf der Website des Harun Farocki Instituts abgerufen am 1 November 2022 Hans C Blumenberg in Die Zeit vom 2 Februar 1979 abgerufen am 1 November 2022 Wolfram Schutte in Frankfurter Rundschau vom 9 Juni 1979 hier zitiert nach einem Vortrag von Farocki am 16 September 1979 abgedruckt in Ich habe genug s Literatur S 231 Siehe Website des Harun Farocki Instituts abgerufen am 1 November 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zwischen zwei Kriegen amp oldid 235115273