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Ein Werk im Bereich der Literatur besteht aus Text und wird durch seine Veroffentlichung ein literarhistorisches Faktum 1 Im Allgemeinen wird der Begriff Werk fur eine bestimmte Anzahl an varianten oder invarianten Textstucken verwendet die trotz ihrer Varianz gegeneinander so weitgehend ubereinstimmen dass sie unter ein gemeinsames Dach gehoren so Rudiger Nutt Kofoth 2 In editionsphilologischer Hinsicht ist der Erstdruck eines Werkes diejenige Fassung durch den der Text seinen Werkcharakter erhalt und der als Grundlage fur eine Edition angesehen wird 3 Manchmal gibt es allerdings keinen nicht fragmentarischen Text aber es soll dennoch eine Werkausgabe erstellt werden In einem solchen Fall meinen Herbert Kraft Diana Schilling und Gert Vonhoff in Anlehnung an Walter Benjamin wird als Werk auch dasjenige begriffen was als ein erzwungenes Ergebnis des Entstehungsprozesses eines Werks angesehen werden kann 4 Die traditionelle Auffassung sah ein Werk als das Ergebnis eines Schaffensaktes an den man sich als originalasthetisch vorstellte und demzufolge sich ein Werk durch Originalitat und Identitat auszeichnete Die Hamburger Goethe Ausgabe beispielsweise die seit den spaten 1940er Jahren herauskam und zum Muster fur andere historisch kritische Ausgaben wurde ist nach Ansicht von Kraft Schilling und Vonhoff weitgehend in diesem Paradigma idealistischer Asthetik verblieben Sie zeichnet sich von ihrem Werkbegriff her dadurch aus dass Fragen des Ursprungs und des Einflusses denen nach Originalitat und Identitat zumeist untergeordnet wurden 5 Demgegenuber steht eine Auffassung von Werk die sich in den ideologiekritischen Debatten Ende der sechziger Jahre herauszubilden begann Auf Julia Kristevas Bachtin Rezeption vor allem ihre Arbeit mit seinem Konzept der Dialogizitat geht die Einfuhrung des Begriffs der Intertextualitat zuruck der vielfaltige Ausformungen erfuhr 5 Im Anschluss an diese begrifflichen Erweiterungen versuchen Kraft Schilling und Vonhoff mit dem Begriff funktionale Verweisungen zu verdeutlichen dass es einen Werkbegriff jenseits der Grenzen der burgerlich genialischen Entitatskonzepte geben kann insofern ein Werk mehr ist als eine in sich abgeschlossene monadenartig zu denkende Grosse 5 Funktionale Verweisungen bestimmen ein Werk durch dessen stets besondere Formung kontextueller Bezuge 5 Weitere Auffassungen und Definitionen von Werk finden sich bei Siegfried Scheibe 1991 6 bei Klaus Kanzog 1991 7 und bei Heinrich Schepers 1991 8 Diese lauten nach Einschatzung von Herbert Kraft anders als die seine 9 Durch den Leseprozess werden Werke in ihrer Bedeutung konstituiert 10 Werkbegriff und Textbegriff seit den 1970er Jahren BearbeitenDie Bezeichnung Werk ist in der Literaturwissenschaft seit den 1970er Jahren umstritten und ersatzweise kommt in weiten Bereichen des Fachgebiets der Textbegriff zum Einsatz Die Grunde dafur sind unter anderem dass genieasthetische Autorkonzepte abgelehnt werden ebenso wie traditionelle Auffassungen von einer Geschlossenheit und Ganzheitlichkeit eines Werkes Stattdessen wird die Ansicht vertreten dass Literatur prozesshaft ist und die performative Offenheit durch die Verwendung des Begriffs Text besser zur Geltung kommt Der Werkbegriff ist unter Umstanden dennoch besser geeignet nicht manifeste Eigenschaften in den Blick zu bringen die sich nicht allein aufgrund der Textgestaltigkeit ausmachen lassen Ein Werk ist in dieser Perspektive nicht mit dem Text identisch auf dem es basiert Zu den hier ausschlaggebenden relationalen Eigenschaften eines Werkes gehort etwa die Tatsache dass eine wortgetreue Kopie des Textes dieselbe textuelle Grundlage zweier verschiedener Werke sein kann 11 Siehe auch BearbeitenUrtextEinzelnachweise Bearbeiten Herbert Kraft Die Geschichtlichkeit literarischer Texte Eine Theorie der Edition Rotsch Bebenhausen 1973 S 37 und 41f Rudiger Nutt Kofoth Varianten der Selbstdarstellung und der Torso des Gesamtprojekts Aus meinem Leben Goethes autobiografische Publikationen in Varianten Variants Variantes herausgegeben von Christa Jansohn und Bodo Plachta Niemeyer Tubingen 2005 ISBN 3 484 29522 8 S 137 156 S 137 Herbert Kraft Diana Schilling Gert Vonhoff Editionsphilologie Lang Frankfurt New York 2001 ISBN 3 631 35676 5 S 35 Herbert Kraft Diana Schilling Gert Vonhoff Editionsphilologie Lang Frankfurt New York 2001 ISBN 3 631 35676 5 S 146 a b c d Herbert Kraft Diana Schilling Gert Vonhoff Editionsphilologie Lang Frankfurt New York 2001 ISBN 3 631 35676 5 S 164f Siegfried Scheibe Editorische Grundmodelle in Zu Werk und Text Beitrage zur Textologie herausgegeben von Siegfried Scheibe und Christel Laufer Berlin Akademie Verlag 1991 ISBN 3 05 001104 1 S 23 48 darin S 25 Klaus Kanzog Strukturierung und Umstrukturierung in der Textgenese Versuche Regeln fur die Konstituierung eines Werkes zu finden in Zu Werk und Text Beitrage zur Textologie herausgegeben von Siegfried Scheibe und Christel Laufer Berlin Akademie Verlag 1991 ISBN 3 05 001104 1 S 87 97 Heinrich Schepers Zur Problematik des Werkes in statu crescendi Ein Nachtrag zur Diskussion in Zu Werk und Text Beitrage zur Textologie herausgegeben von Siegfried Scheibe und Christel Laufer Berlin Akademie Verlag 1991 ISBN 3 05 001104 1 S 99 103 Herbert Kraft Diana Schilling Gert Vonhoff Editionsphilologie Lang Frankfurt New York 2001 ISBN 3 631 35676 5 S 223 Fussnote 4 Herbert Kraft Diana Schilling Gert Vonhoff Editionsphilologie Lang Frankfurt New York 2001 ISBN 3 631 35676 5 S 9 Tilmann Koppe und Simone Winko Neuere Literaturtheorien Eine Einfuhrung 2 aktualisierte und erweiterte Auflage Metzler Stuttgart Weimar 2013 Inhaltsverzeichnis ISBN 978 3 476 02475 6 S 135 136 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Werk Literatur amp oldid 205441092