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Die Totzeit eines Teilchendetektors ganz entsprechend auch bei Strahlungsdetektoren ist eine Zeitspanne unmittelbar nach dem Nachweis eines Teilchens wahrend der der Detektor noch nicht wieder bereit ist ein weiteres Teilchen nachzuweisen Dadurch wird falls zwei Teilchen kurz nacheinander eintreffen das zweite nicht registriert Je nach Art des Detektors und der an ihn angeschlossenen elektronischen Apparatur kann die Totzeit von konstanter Grosse sein oder aber von der Teilchenenergie der Zahlrate und oder anderen Parametern abhangen Ausser dem Detektor selbst haben auch elektronische Komponenten wie z B Diskriminatoren Pile up rejectors und Vielkanalanalysatoren oder Koinzidenzschaltungen Totzeiten Das Gesamt Totzeitverhalten komplizierterer Detektorapparaturen kann dadurch unubersichtlich sein Bei vielen Messaufgaben lassen sich die Bedingungen so einrichten dass der Zahlverlust durch Totzeit vernachlassigbar klein bleibt oder sich durch eine annahernde rechnerische Korrektur genugend genau beheben lasst Inhaltsverzeichnis 1 Rechnerische Korrektur des Zahlverlusts 1 1 Zwei Typen von Totzeiten 1 2 Kunstliche Totzeit 2 Direkte Mitmessung des Zahlverlusts 3 Nutzung der Zeitintervall Verteilung 4 Live Time bei Vielkanalanalysatoren 5 Gepulste Strahlung 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksRechnerische Korrektur des Zahlverlusts BearbeitenIm Folgenden bedeutet n displaystyle n nbsp die gesuchte wahre Rate Anzahl pro Zeitspanne der Detektionsereignisse m displaystyle m nbsp die registrierte Rate und t displaystyle tau nbsp die Totzeit Angenommen wird dass n displaystyle n nbsp genauer die Wahrscheinlichkeit fur ein Detektionsereignis pro kurzem Zeitintervall d t displaystyle mathrm d t nbsp uber die Messdauer konstant bleibt und dass t displaystyle tau nbsp konstant ist Die Schwierigkeit bei dieser Korrekturmethode liegt meist darin die Totzeit der Detektorapparatur genau zu ermitteln dafur konnen aufwendige Messungen notig sein Zwei Typen von Totzeiten Bearbeiten Fur Berechnungen des Zahlverlusts werden zwei Typen von Totzeit unterschieden die nicht verlangerbare und die verlangerbare Totzeit Nicht verlangerbare Totzeit bedeutet dass ein Detektionsereignis das wahrend einer schon laufenden Totzeit eintritt nichts bewirkt es wird nicht registriert ruft aber auch keine weitere Totzeit hervor sondern Totzeiten entstehen nur durch die registrierten Ereignisse Die wahrend einer Messung registrierte Ereigniszahl multipliziert mit t displaystyle tau nbsp ist dann die Zeit wahrend der die Apparatur insgesamt tot war Der Anteil der verlorenen Ereignisse muss dem Anteil dieser Gesamt Totzeit an der Messdauer entsprechen Daraus ergibt sich die Korrekturformel 1 n m 1 m t displaystyle n frac m 1 m tau nbsp Verlangerbare Totzeit bedeutet dagegen dass mit jedem Detektionsereignis auch wenn es in eine schon laufende Totzeit fallt eine neue vollstandige Totzeit beginnt Die Totzeiten konnen sich also uberlappen In diesem Fall muss zur Berechnung die Haufigkeitsverteilung der Zeitintervalle zwischen aufeinander folgenden Ereignissen berucksichtigt werden Diese Intervallverteilung ist bekannt weil die Ereignisse selbst eine Poisson Verteilung bilden Die entsprechende Gleichung ist 2 m n e n t displaystyle m n cdot mathrm e n tau nbsp Hieraus muss n displaystyle n nbsp im Einzelfall mittels Iteration ausgehend von einem Schatzwert berechnet werden Bei einer extrem hohen Zahlrate der wirklichen Ereignisse wird die registrierte Rate im erstgenannten Fall gleich dem Kehrwert der Totzeit Im zweiten Fall wird die Apparatur durch eine hohe Ereignisrate dauerhaft gelahmt die registrierte Rate wird gleich Null Nach Krieger 3 ist das klassische Geiger Muller Zahlrohr ein Beispiel fur verlangerbare Totzeit Allgemein sind die beiden Totzeittypen jedoch nur idealisierte Extremfalle das Totzeitverhalten vieler wirklicher Zahlapparaturen liegt dazwischen 4 1 Kunstliche Totzeit Bearbeiten Manchmal wird in die Signalverarbeitungskette eine kunstliche Totzeit eingebaut Dies ist eine zusatzliche Verarbeitungsstufe mit fester genau bekannter Totzeit die langer gewahlt wird als alle schon durch die anderen Komponenten gegebenen Totzeiten so dass sie das Verhalten dominiert Der Zahlverlust wird dadurch zwar grosser aber genauer berechenbar Direkte Mitmessung des Zahlverlusts BearbeitenEs ist auch moglich den Zahlverlust wahrend der eigentlichen Messung mitzumessen Dazu werden zusatzlich kunstliche Impulse mit bekannter Rate eingespeist und deren Verluste beobachtet Wenn es sich bei dem Experiment nicht um Impulse einheitlicher Hohe sondern um Impulshohen Spektroskopie handelt mussen die kunstlichen Impulse zufallsweise auf die Spektrumsimpulse der verschiedenen Hohen folgen und die Rate der Einspeisung muss ein gleichbleibender Bruchteil der Gesamtzahlrate des Spektrums sein 5 6 Nutzung der Zeitintervall Verteilung BearbeitenDie oben genannte Intervallverteilung der Ereignisse wird wie die Zahlrate durch Totzeiten verandert denn kurzere Intervalle als die Totzeit kommen nicht vor Aus der Messung zweier verschiedener Integrale der Intervallverteilung kann im Fall nicht verlangerbarer Totzeit direkt die wahre Ereignisrate bestimmt werden 7 Live Time bei Vielkanalanalysatoren BearbeitenDer Digital Analog Konverter ADC eines Vielkanalanalysators hat je nach Typ eine relativ lange von der Impulshohe abhangige aber nicht verlangerbare Totzeit In vielen Anwendungen wie etwa Gammaspektrometern ist diese der bei weitem dominierende Beitrag Deshalb bieten viele Gerate bei der Vorwahl der gewunschten Messdauer die Wahl zwischen True time und Live time an Mit true time ist die reale Zeit gemeint die vom Beginn bis zum Ende der Registrierung verstreicht Live time bedeutet dagegen dass die Messzeit Uhr wahrend jeder Totzeit des ADC angehalten wird die Gesamtdauer der Messung verlangert sich dadurch um die Summe der aufgetretenen Totzeiten Unter der Voraussetzung dass die wahre Ereignisrate und das Impulshohenspektrum sich wahrend der Messdauer nicht merklich andern ergibt die Option live time einen automatischen Ausgleich des totzeitbedingten Zahlverlustes Bei hoher Zahlrate kann durch laufende Mitmessung des Verhaltnisses live time true time und Einfugen eines schnellen digitalen Prozessors der die registrierten Ereignisse mit Gewichtsfaktoren versieht der Totzeitverlust auch bei nicht konstanter Zahlrate sofort wahrend der Messung ausgeglichen werden 8 9 Gepulste Strahlung BearbeitenWenn die Teilchen oder Quanten den Detektor nicht mit gleichbleibender Rate sondern gepulst also mit regelmassigen Unterbrechungen erreichen hangt der totzeitbedingte Zahlverlust vom Verhaltnis der Totzeit zur Puls und Pausendauer ab Es sei t displaystyle tau nbsp die Totzeit T 1 displaystyle T 1 nbsp die Dauer des Strahlungspulses und T 0 displaystyle T 0 nbsp die Dauer der Pause zwischen den Pulsen Die Wiederholungsfrequenz beispielsweise vom Teilchenbeschleuniger bestimmt ist also f 1 T 1 T 0 displaystyle f 1 T 1 T 0 nbsp Die Dauer T 1 displaystyle T 1 nbsp kann der des Beschleuniger Makropulses entsprechen aber auch langer sein wenn z B verzogerte Emissionen oder Teilchenflugzeiten eine Rolle spielen Besonders interessant ist der Fall dass die Totzeit langer als der Puls aber kurzer als die Pause ist T 1 lt t lt T 0 displaystyle T 1 lt tau lt T 0 nbsp Unter diesen Umstanden wird aus jedem Strahlungspuls das erste und nur das erste Detektionsereignis registriert Die mittlere wahre Ereigniszahl pro Puls N displaystyle N nbsp ergibt sich aus der mittleren registrierten Ereigniszahl pro Puls M displaystyle M nbsp einer Zahl zwischen 0 und 1 zu 10 N ln 1 M displaystyle N ln 1 M nbsp Die korrigierte Zahlrate ist damit n N f displaystyle n N cdot f nbsp Eine solche Kombination von T 1 displaystyle T 1 nbsp T 0 displaystyle T 0 nbsp und t displaystyle tau nbsp hat den wichtigen praktischen Vorteil dass der Zahlverlust nicht beeinflusst wird vom genauen Wert der Totzeit ihrer eventuellen Veranderlichkeit Verlangerungsverhalten usw und auch nicht von der Form des Strahlungspulses die manchmal in der Literatur zu findende Einschrankung auf rechteckige Strahlungspulse 11 ist hier nicht notwendig 12 Der Strahlungspuls kann z B in die bei Hochfrequenzbeschleunigern unvermeidlichen Mikropulse unterteilt sein Notwendig ist nur dass fur den Makropuls die obige Ungleichung eingehalten wird und dass keine Detektionsereignisse in den Pausen auftreten Die letztere Bedingung lasst sich notigenfalls erfullen indem in den Pausen die Signalkette vor der Komponente mit der bestimmenden Totzeit unterbrochen wird Die Gultigkeit der Korrekturformel unter diesen Bedingungen wurde in einem Experiment mit kunstlichen Totzeiten bei Zahlverlusten bis zu 80 auf 1 bis 2 genau nachgewiesen 12 Ein vergleichbarer Nachweis wurde bei der Spektroskopie gepulster Rontgenstrahlung gefuhrt 13 Literatur BearbeitenGlenn F Knoll Radiation detection and measurement 2 Auflage New York Wiley 1989 ISBN 0 471 81504 7 Seite 120 130 Konrad Kleinknecht Detektoren fur Teilchenstrahlung 4 Auflage Teubner 2005 ISBN 978 3 8351 0058 9 Hanno Krieger Strahlungsmessung und Dosimetrie 2 Auflage Springer 2013 ISBN 978 3 658 00385 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b Knoll siehe Literaturliste Seite 121 Knoll siehe Literaturliste S 122 Krieger siehe Literaturliste Seite 162 J W Muller Generalized dead times Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Bd A 301 1991 543 551 H H Bolotin et a Simple technique for precise determination of counting losses in nuclear pulse processing systems Nuclear Instruments and Methods Bd 83 1970 Seite 1 12 W Gorner An adaptation of the pulser method for the determination of losses in counting short lived nuclides Nuclear Instruments and Methods Bd 120 1974 363 364 J Sabol Another method of dead time correction Journal of Radioanalytical and Nuclear Chemistry Letters 127 5 1988 Seite 389 394 G P Westphal Loss free counting a concept for real time compensation of dead time and pile up losses in nuclear pulse spectroscopy Nuclear Instruments and Methods Bd 146 1977 Seite 605 606 S Pomme et al Accuracy and precision of loss free counting in gamma ray spectrometry Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Bd S 422 1999 Seite 388 394 Knoll siehe Literaturliste Seite 127 Knoll siehe Literaturliste Seite 126 a b U von Mollendorff H Giese Experimental tests of dead time corrections Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Bd A 498 2003 Seite 453 458 Y Danon et al Dead time and pileup in pulsed parametric X ray spectroscopy Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Bd A 524 2004 Seite 287 294Weblinks BearbeitenS Pomme Pile up dead time and counting statistics BIPM Uncertainty Workshop 2007 PDF Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Totzeit Teilchenmesstechnik amp oldid 234590971