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Als Totschlagargument oder Killerphrase bezeichnet man umgangs und pressesprachlich ein Scheinargument das anstelle eines Argumentum ad veritatem vorgebracht wird um die Aufmerksamkeit des Diskussionsgegners bzw des Publikums vom Kern des Themas auf einen irrelevanten Nebenaspekt abzulenken Es erscheint im Gewand der apodiktischen Aussage dass das vom Diskussionsgegner Behauptete bzw Geforderte ganz und gar indiskutabel sei 1 Beide Ausdrucke Totschlagargument und Killerphrase haben im Deutschen etwa seit 1980 Verbreitung erlangt 2 In Argumentationstheorie und Rhetorik spricht man bei derselben Sache von Red Herrings bzw Relevanzfehlschlussen engl fallacies of relevance relevance fallacies Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 1 1 Managementlehre 1 2 Politologie 1 3 Die Begriffe Totschlagargument und Killerphrase im Deutschen 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBegriffsgeschichte BearbeitenManagementlehre Bearbeiten Der Begriff killer phrase geht auf den Management Theoretiker Charles Clark zuruck der ihn 1958 zum ersten Mal verwendet hat Clarks Interesse galt der von Alex F Osborn 1939 erfundenen Ideenfindungstechnik des Brainstorming das Clark fortzuentwickeln suchte 3 Als killer phrases bezeichnete er in diesem Zusammenhang solche Beitrage die die Kreativitat der Teilnehmer einer Brainstormingsitzung nicht befeuern sondern ersticken Beispiele 4 Das haben wir schon immer so gemacht Das haben wir noch nie so gemacht Das wird nicht funktionieren Wir haben nicht genug Zeit Wir haben nicht genug Manpower Wir haben nicht genug Geld Wir haben das schon probiert Darauf sind wir noch nicht vorbereitet Klingt theoretisch gut aber in der Praxis Zu akademisch Was werden die Kunden denken Wenn die Idee gut ware hatte das jemand anders schon vorher gemacht Zu modern Zu altmodisch Lasst uns daruber ein andermal reden Ich verstehe euer Problem nicht Wir sind dafur zu klein Wir sind dafur zu gross Wir haben im Moment zu viele Projekte Lasst uns erst eine Marktstudie machen Politologie Bearbeiten Nur wenig spater als der Begriff Killerphrase entstand in der Politologie eine Bezeichnung fur eine ganz ahnliche Sache und zwar wiederum im Englischen In seinem 1961 erschienenen Buch Thought Reform and the Psychology of Totalism schrieb der amerikanische Psychiater Robert Jay Lifton von thought terminating cliches engl fur gedankenbeendende Klischees In diesem Buch ging es um die eigentumliche Struktur der von der Kommunistischen Partei Chinas geschaffenen Sprache in der Lifton acht totalitarische Themen identifizierte darunter das thought terminating cliche das er als Anfang und Ende jeder ideologischen Analyse the start and finish of any ideological analysis definierte Als Beispiele nannte er u a Schlagworter wie Fortschritt Befreiung proletarisch bourgeois ausbeutende Klassen kapitalistisch imperialistisch 5 Die Begriffe Totschlagargument und Killerphrase im Deutschen Bearbeiten Das Wort Totschlagargument lasst sich im Deutschen seit mindestens 1981 nachweisen wo populare Zeitschriften wie Der Spiegel und Bunte zu seiner Verbreitung beitrugen Wie die englische Entsprechung thought terminating cliche wurde auch dieser Begriff zunachst vor allem auf Beispiele aus der Politik angewandt 6 7 Schon in den spaten 1990er Jahren begann die Anwendung sich aber auszuweiten Der Begriff erschien nun nicht mehr nur im Zusammenhang mit politischen Sachverhalten sondern bezeichnete zunehmend Argumente ad rem aus allen moglichen Lebensbereichen etwa auch aus Managementlehre und Bildungswesen 8 9 Das deutsche Wort Totschlagargument wird ins Englische heute meist als knockout argument ubersetzt wobei der im Englischen seit dem ausgehenden 19 Jahrhundert verbreitete Ausdruck ursprunglich weniger ein manipulatives als vielmehr ein extrem schlagkraftiges Argument bezeichnet das ein Redner sich fur den Schluss aufhebt 10 Das Wort Killerphrase kann im Deutschen seit mindestens 1982 nachgewiesen werden wobei am Beginn die Clark Rezeption stand und Killerphrasen als Scheinargumente und Phrasen definiert wurden 11 Schon sehr fruh wurde der Kontext des Clarkschen Brainstorming aber auch verlassen und der Terminus Killerphrase verwendet um generell rucksichtsloses taktisches allein aufs Gewinnen angelegtes Argumentieren zu bezeichnen mit der Folge dass ein Bedeutungsunterschied zwischen Totschlagargument und Killerphrase im Deutschen heute kaum noch zu erkennen ist 12 Mitte der 1980er Jahre fand im Deutschen auch der Ausdruck TINA Prinzip fur There Is No Alternative es gibt keine Alternative Verbreitung Wahrend Totschlagargumente und Killerphrasen solche Argumente ad rem bezeichnen mit denen Unerwunschtes als indiskutabel gebrandmarkt werden soll geht es beim TINA Prinzip umgekehrt darum etwas Erwunschtes als uber jede Kritik erhaben herauszustellen Auch hier handelt es sich um einen nicht fachsprachlichen Sprachgebrauch und in der Sache meist um Argumente ad rem Bekannt geworden ist es in Deutschland durch den von Bundeskanzlerin Angela Merkel verwendeten Ausdruck alternativlos 13 14 Die drei Satze Das haben wir schon immer so gemacht Das haben wir noch nie so gemacht und Da kann ja jeder kommen werden im Deutschen umgangssprachlich auch als Beamten Dreisatz bezeichnet 15 Siehe auch BearbeitenInformelle Logik Polemik Typen von ArgumentenLiteratur BearbeitenManagementtheoretische Literatur Charles Hutchison Clark Brainstorming Methoden der Zusammenarbeit und Ideenfindung Verlag Moderne Industrie 1973 Sachliteratur Antonia Cicero Julia Kuderna Clevere Antworten auf dumme Spruche Killerphrasen kunstvoll kontern Powertalking in Aktion Paderborn 2001 ISBN 3 87387 455 5 Meike Muller Killerphrasen und wie Sie gekonnt kontern Verlag Eichborn Frankfurt Main 2003 ISBN 3 8218 5564 9 Hans Jurgen Quadbeck Seeger Harald Bock Das hat noch nie funktioniert Die besten Killerphrasen von A wie Aber bis Z wie Zielgruppe Weinheim 2005 ISBN 3 527 50197 5 Hubert Schleichert Wie man mit Fundamentalisten diskutiert ohne den Verstand zu verlieren Anleitung zum subversiven Denken 4 Auflage Beck 2004 ISBN 978 3 406 51124 0 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Totschlagargument Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Chefspiegel Killerphrasen Katalog Haufigkeit Umgang Knill und Knill Kommunikationsberatung KillerphrasenEinzelnachweise Bearbeiten Roman Leuthner Manager Jargon Open Publishing Munchen 2015 ISBN 978 3 95912 035 7 S 88 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Totschlagargument Killerphrase und Killerargument im NGram Viewer Abgerufen am 24 Juli 2020 Charles H Clark Brainstorming The Dynamic New Way to Create Successful Ideas Wilshire Book Company Northern Hollywood 1958 Charles H Clark Brainstorming The Dynamik New Way to Create Successful Ideas Abgerufen am 26 Juli 2020 Robert Jay Lifton Thought Reform and the Psychology of Totalism Norton New York 1961 ISBN 0 8078 4253 2 S 429 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Jens Birkmeyer Bilder des Schreckens Springer 1994 ISBN 978 3 8244 4162 4 S 75 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Dagmar Gunther Alpine Quergange Kulturgeschichte des burgerlichen Alpinismus 1870 1930 Campus Frankfurt New York 1998 ISBN 3 593 36100 0 S 179 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Werner Pfeiffer Enno Weiss Lean Management Grundlagen der Fuhrung und Organisation lernender Unternehmen 2 Auflage Erich Schmidt Berlin ISBN 3 503 03678 4 S 248 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Karl Wilhelm Weeber Mit dem Latein am Ende Tradition mit Perspektiven Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1998 ISBN 3 525 34003 6 S 22 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Editorials In the Medical Critic and Guide Band 20 Nr 1 New York Januar 1917 S 6 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Fallstudie Nr 10 Indeenfindung durch Brainstorming In Jorg D Thiede Hrsg Fallstudiensammlung Duncker amp Humblot Berlin 1982 ISBN 3 428 05221 8 S 145 160 hier S 148 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Paul Ludwig Volzing Metakommunikation und Argumentation Oder die Kunst einen Drachen zu finden In Wolfgang Frier Hrsg Pragmatik Theorie und Praxis Radopi Amsterdam 1981 ISBN 90 6203 993 6 S 237 275 hier S 249 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Astrid Seville There is no alternative Wie das TINA Prinzip die Demokratie schwacht Deutschlandfunk Kultur 27 Januar 2018 Wie legitim ist das TINA Prinzip koerber stiftung de Michael Richling Ethik fur Fachfremde und Berufseinsteiger 9 10 Komplett ausgearbeitete Unterrichtseinheiten und direkt einsetzbare Praxismaterialien 9 und 10 Klasse Auer Verlag 2018 ISBN 978 3 403 07815 9 google de abgerufen am 4 August 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Totschlagargument amp oldid 235994479