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Die Tallensi auch Talega Talni Talensi sind ein Volk in Ghana mit ca 43 000 Mitgliedern Die Sprache der Tallensi ist das Farefare aus der Gruppe der Gur Sprachen Die Tallensi leben im Norden Ghanas in der Upper East Region Der Talensi Nabdam District wurde nach diesem Volk benannt Bekannt wurden die Tallensi insbesondere durch die ethnologischen Studien von Meyer Fortes in den 1940er und 1950er Jahren Die Tallensi gelten als eine der sogenannten staatenlosen Gesellschaften Ghanas das heisst sie bilden eine Gesellschaft ohne dass sich im Laufe der Zeit eine zentralisierte politische Verwaltungsstruktur entwickelt hat Die uberwiegende Mehrzahl der Tallensi sind sesshafte Bauern welche seit vielen Generationen in den von ihnen bewohnten Gegenden siedeln und sich deshalb sehr stark mit ihren Landstucken verbunden fuhlen Dies ist moglicherweise auch der Grund warum Eroberungsversuche in der Vergangenheit immer wieder fehlschlugen oder man von vornherein einen Bogen um die Gebiete machte Hinzu kommt dass es eine politische Herrschaftsorganisation von der man eventuell hatte Tributzahlungen erzwingen konnen bis zur Errichtung der Kolonialherrschaft nicht gegeben hat Inhaltsverzeichnis 1 Traditionelle Siedlungsgebiete 2 Soziale Strukturen 3 Kultur 4 Heterogenitat unter den Tallensi 5 Fussnoten 6 Quellen 7 Weiterfuhrende Literatur 8 Siehe auchTraditionelle Siedlungsgebiete BearbeitenIn den ersten Dezennien des 20 Jahrhunderts war die Regionen nordlich des Weissen Volta etwa oberhalb von 11 30 N und ostlich von 1 W flachenmassig relativ dicht besiedelt vor mit einer Bevolkerung die verschiedene Dialekte der Mossi Dagomba Sprachgruppe sprach d h der Westgruppe der Oti Volta Dialekte des nordlichen Flugels der zentralen Gur Sprachen Daneben vereinte die hier siedelnde Bevolkerung scheinbar eine einheitliche Kultur Neben dem volligen Fehlen einer politischen Herrschaftsstruktur fiel bei dieser Bevolkerung besonders auf dass man keine Dorfer dieser Bewohner vorfand von Stadten ganz zu schweigen Im ganzen Land reihten sich flachendeckend die Areale aneinander die jeweils zu einzelnen Gehoften gehorten Oft liessen sich fur den Fremden weder zwischen den Gehoften noch zwischen den Sprachdialekten klare Grenzen erkennen d h sowohl politisch als auch linguistisch war ein mehr oder weniger kontinuierlicher Ubergang zum jeweils anderen auszumachen Diese Gehoftsiedlungen wurden von den Einheimischen Tale genannt und die darin lebenden Bewohner Tallensi Ihre Nachbarn waren im Osten die Kusasi im Westen die Nankanse oder Gurunsi und im Norden ebenfalls Nankanse oder Mossi Stamme Im Suden bildete der Weisse Volta mit den dahinter siedelnden Mamprussi eine naturliche Grenze Soziale Strukturen BearbeitenDie Tallensi bestehen im Grunde genommen aus zwei grossen Ur Clans Jede der Tale Siedlungen bekennt sich entweder zum einen oder zum anderen der beiden Hauptclans Dies sind die Namoos und zum anderen die Tallis Clangrunder und Grunder von Tongo der Clan Hauptsiedlung der Namoos war gemass der Uberlieferung ein Mann namens Mosur welcher einst aus dem Mamprussi Land aus der Stadt Mampurugu geflohen war und mit seinen Gefolgsleuten im Tale Land einen Gehoftverbund namens Tongo 1 grundeten Er gilt als der gemeinsame Vorfahr und Stammvater aller Namoos des Tale Landes Spatere Auswanderer aus Mamprussi grundeten ebenfalls Co Clans in Tongo und Umgebung sie verstehen sich allerdings ebenfalls als Namoos Der andere Clan die Tallis begreifen sich daneben als die wirklichen Tallensi Sie gliedern sich in zwei grosse Gruppen eine von ihnen lebt etwas nordlich von Tongo mit ihrer Kernsiedlung Bari 2 und die andere lebt an und auf den Tongo Hugeln Bei dieser zweiten Gruppe spricht man auch von den Hugel Tallis Die Talli Uberlieferung schreibt jedoch ihren einzelnen Unterclans auch unterschiedliche Ursprunge zu Vier Talli Clans einschliesslich der Baari der Gbizug und der Wakyi beanspruchen das Primat des hoheren Ranges gegenuber den anderen Talli Clans aufgrund des Umstandes dass ihre Vorfahren wie sie behaupten einst aus der Erde hervorkamen oder vom Himmel abstammen Alle anderen Talli Clans gelten als Ableger der ersten Clans oder als Immigranten aus anderen Gegenden Sie alle seien aber schon hier gewesen als der erwahnte Mosur in die Gegend kam Die Tallis haben ein raffiniertes System der Clanverkettungen welche auf einer angeblichen aber nicht wirklich existierenden Verwandtschaft basiert Grob gesehen ist jede Lineage eines jeden Clans mit einer Lineage irgendeines benachbarten Talli Clans verbunden uber eine teils auch erfundene Halbbruderschaft welche die eine Seite zur Gegenseitigkeit hinsichtlich bestimmter Privilegien und Verpflichtungen gegenuber der anderen Seite bindet Heiraten untereinander sind untersagt und die Mitglieder beider Bruderclans sind in einem gemeinsamen religiosen Kult miteinander vereint Kultur BearbeitenNamoos und Tallis sprechen eine gemeinsame Sprache sie haben das gleiche wirtschaftliche System das gegenseitig den jeweils anderen Clan mit einschliesst und auch ihre Gesetze in Bezug auf Landbesitz Erbschaftsangelegenheiten Nachfolge in Clanpositionen oder von Heiraten und Ehegultigkeit usw sind identisch Auch vollziehen beide Hauptclans gleiche rituellen Praktiken und haben dieselben religiosen Vorstellungen auch wenn es sich um unterschiedliche Kulte handelt und es auch bei der Ahnenverehrung Unterschiede gibt Allerdings hat man gegenseitig Mischehen auf Generationen hin vereinbart was unter anderem auch eine bei beiden Clanen einheitliche Rechtsprechung sowie einen gemeinsamen Typus hinsichtlich der einzelnen hauslichen Organisation zur Folge hat Man tauscht miteinander Handelsguter Geschenke und Guter in Erfullung von Verwandtschaftsverpflichtungen aus Jeder Namoo hat zahlreiche personliche Verwandte unter den Tallis und jeder Talli unter den Namoos Aufgrund dieser zahlreichen Gemeinsamkeiten haben Volkskundler des fruhen 20 Jahrhunderts Namoos und Tallis als gemeinsame Ethnie unter dem Begriff Tallensi zusammengefasst Die alljahrlich stattfindenden religiosen Erntefeste der Tallensi sind im Wesentlichen das Gingaung Festival der Namoos das Daa Festival bei den Baari und Gbizug das Golib Festival der Hugel Tallis Heterogenitat unter den Tallensi BearbeitenDennoch bleiben gewisse Unterschiede So fuhrt das Oberhaupt der Tongo Namoos den Titel eines Naa Dies ist aber nur bei den Namoos der Fall nicht jedoch bei den Tallis Das Hauptlingstum der Namoos ist das Naam das in seinen Ursprungen auf jenen mythischen Mosur zuruckgeht der einst das Naam der Namoos aus Mampurugu nach Tongo brachte Dies hat vor allem eine gewisse Bedeutung hinsichtlich der Wahl eines neuen Tongo Hauptlings Der neugewahlte Hauptling muss dabei seine Hauptlingswurde aus den Handen eines Erb Hauptlingswahlers erhalten 3 welcher als offizieller Reprasentant der Hauptlinge von Mampurugu gilt Auch andere Namoo Siedlungen wahlen ihren Naa welcher aber dem Naa von Tongo untergeordnet ist Bei den Tallis ist dagegen der Tendaana das lokale Oberhaupt Wortlich bedeutet dieser Titel Eigner des Landes und ist auch genau in diesem Sinne zu verstehen Die Nachfolge bei der Hauptlingswurde ist durch Rechte innerhalb einer sich patrilinear definierenden Blutslinie festgelegt Heutzutage beansprucht der Naa von Tongo zwar die Oberherrschaft uber samtliche Tale Siedlungen aber seine wirkliche exekutive Autoritat reicht kaum uber seine eigene Siedlung hinaus Die exekutive Autoritat eines Tendaana erstreckt sich dagegen uber seinen jeweiligen Clans unabhangig davon in welcher Gegend sich die Gehofte seiner Clanmitglieder befinden Mitunter kann sich aber dessen Macht auch uber andere Clans erstrecken aber das ist eine Frage lokaler Autoritat und vor allem von gleichzeitiger Prasenz rivalisierender Clans Im Falle des Letzteren bleibt man allerdings friedlich Kein Clan versucht die Oberherrschaft uber den anderen zu erlangen und wurde sie auch wenn man eine solche gewaltsam erringen wurde wohl kaum auf langere Zeit wurde behaupten konnen Trotz aller Gemeinsamkeit sind Namoos und Tallis und insbesondere der Naa und der Tendana durch eine Reihe von Taburegelungen voneinander abgegrenzt Viele dieser Tabus haben allerdings nur symbolischen Charakter So darf der Naa nicht mit dem nackten Fuss die Erde betreten er darf keinen einzigen Grashalm ausreissen oder sich in Landbau betatigen usw da der Talli Tendana der Eigner der Erde ist Ein Tendana dagegen darf keinerlei Stoffkleidung tragen sondern nur Felle und Tierhaute Traditionell sind gewebte Kleidung Pferde und Schusswaffen fur alle Tallis tabu wahrend sie fur Namoos ein charakteristisches Merkmal bilden Hinzu kommen Tabus moralischer Natur So mussen bspw Besitzgegenstande welche man auf dem Land verloren hat oder weggelaufene oder verirrte Tiere dem Tendana ausgehandigt werden bei Strafe eines ubernaturlich auferlegten Todes Verirrte Kuhe Hunde oder auch umherziehende Menschen Landstreicher werden dann jedoch dem Naa ubergeben Die wichtigsten Verbotsregeln von allen betreffen jedoch die religiose Praktiken die bei den Tallis mit einem Erdkult verbunden sind Hier finden sich haufig Erdschreine Tongbana Tengbana in heiligen Hainen oder an heiligen Bachen oder Teichen zu welchen die Namoos in ihrer Gesamtheit keine Zutrittsberechtigung haben Tallis und Namoos scheinen in fruheren Zeiten bittere Feinde gewesen zu sein Die Erinnerung hieran wird nicht nur in Marchen und Legenden wachgehalten sondern auch anschaulich im militarischen Pantomimespiel und Tanzdarstellungen dargestellt die z B Begrabniszeremonien oder andere Festivitaten begleiten Die Barriere die zwischen den beiden Hauptclanen liegt ist zwar heute immer noch nicht uberwunden aber es existiert auch keine unversohnliche Gegnerschaft mehr sondern vielmehr herrscht eine Art Gleichgewichtszustand der behaftet ist mit einer gewissen gegenseitigen Austauschwechselwirkung Raumlich als auch im gewissen Sinne politisch gesehen steht in der Mitte zwischen beiden Kraften der Tendana der Gbizug Familie Sein Gehoft befindet sich geographisch in der Mitte zwischen den Namoos und den Hugel Tallis und er ist nicht nur der politische sondern auch der religiose Mittler zwischen den beiden Gruppen Der Haupt Tendana der Baari kann wenn er es mochte direkt an den Naa von Tongo herantreten was den Tendanas der Hugel Tallis oder die Hauptlinge der Nicht Talli Clans verwehrt ist ohne am Tendana der Gbizug vorbei zu mussen dessen Aufgabe es u a ist die Belange der anderen Hauptlinge beim Naa vorzubringen und gegebenenfalls zwischen beiden Seiten zu vermitteln Daneben ist auch der Gbizug Tendana in die Installationsriten eines neuen Tonga Naa mit einbezogen Im Rahmen dieser besitzt er die Verantwortlichkeit und das Privileg fur die Opferdarbringung des allerheiligsten Fetisches der Tongo Hauptlingschaft Von dieser Opferdarbringung hangt die Beschutzung des Lebens und das Wohlergehen des neuen Hauptlings ab und damit auch der Wohlstand im ganzen Land Obwohl der Fetisch in seinem Gehoft wohnt konnen weder der Tonga Naa noch seine Verwandten ihn jemals zu Gesicht bekommen nur der Gbizug Tendana und die Mitglieder seiner Lineage konnen dies Der Naa behandelt daher auch den Fetisch mit allergrosster Ehrfurcht Eine Machtbalance zwischen Namoos und Tallis wird allerdings durch die Regenmacher Krafte des Naa wiederhergestellt Nur Namoos durfen eine Regenmedizin besitzen welche von ihren Vorfahren in das Tale Land mitgebracht worden war Wenn sich die Periode der Trockenheit zeitlich uber das Normale hinaus ausdehnt dann sprechen alle Talli Tendanas angefuhrt vom Gbizug Tendana beim Tongo Naa vor und flehen ihn an sich darum zu kummern dass wieder Regen fallt Seine Regenmacherkrafte gelten als so gross dass es sogleich regnen wird wenn er lediglich im Namen der Vorfahren den Tendanas gegenuber erklart dass ihre vorgetragenen Wunsche erfullt werden wurden Ein solcher Fall ist z B fur das Jahr 1934 belegt Fussnoten Bearbeiten Die heutige Ortschaft Tongo bei 10 43 N 0 48 W 10 716666666667 0 8 221 Bari oder Baari bei 10 44 N 0 48 W 10 733333333333 0 8 Das Amt des Erb Hauptlingswahlers ist erblich an eine bestimmte Lineage gebunden Quellen BearbeitenMeyer Fortes Ritual festivals and social cohesion in the hinterland of the Gold Coast in American Anthropologist N S 38 7 1936 S 590 604 Ethnologue comWeiterfuhrende Literatur BearbeitenFortes Meyer und Edward E Evans Pritchard Hrsg African Political Systems Oxford 1940 Fortes Meyer 1945 The Dynamics of Clanship among the Tallensi London Oxford University Press for International African Institute Fortes Meyer 1949 The Web of Kinship among the Tallensi London Oxford University Press for International African Institute Fortes Meyer 1959 Oedipus and Job in West African Religion Cambridge Cambridge University Press Two reports of a stay among the Tallensi in Gbeogo Cleovoulou Marios June 1998 How does development affect culture Cleovoulou Marios 1998 1998 Newsletter Insoll Timothy MacLean Rachel Kankpeyeng Benjamin 2013 Temporalising Anthropology Archaeology in the Talensi Tong Hills Northern Ghana Frankfurt Africa Magna Verlag Riehl Volker 2003 The Dynamics of Peace role of traditional festivals of the Tallensi in northern Ghana in creating sustainable peace In Kroger F B Meier ed Ghana s North Frankfurt M Peter Lang Verlag 207 223 Riehl Volker Christiane Averbeck 1994 Die Erde kommt die Erde geht Zum religiosen Naturverstandnis der Tallensi in Nord Ghana In Sociologus N F Bd 44 136 148 Riehl Volker 1993 Natur und Gemeinschaft Sozialanthropologische Untersuchungen zur Gleichheit bei den Tallensi in Nord Ghana Frankfurt M Peter Lang Verlag Riehl Volker 1989 The Land is Ours Research on the Land Use System among the Tallensi in Northern Ghana In Cambridge Anthropology Vol 14 No 2 26 42Siehe auch BearbeitenListe der Volker Ghanas Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tallensi amp oldid 204851977