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Dieser Artikel beschreibt das Trinkgefass Zum deutschen Soziologen siehe Dietmar Sturzbecher Ein Sturzbecher ist ein Becher oder Pokal der auf Grund seiner Formgebung ohne Fuss nicht abgestellt werden kann sondern gesturzt d h auf dem Trinkrand ruhend 1 Zwei Sturzbecher aus Straubing ca 6 7 Jahrhundert Er besteht aus dem hohlen Kelchteil und einem unten spitz oder gerundet zulaufenden stielahnlichem Griffteil wodurch der Sturzbecher nur entleert umgekehrt abgestellt werden kann In gefulltem Zustand muss er in der Hand oder einem speziellen Gestell gehalten werden Inhaltsverzeichnis 1 Sturzbecher in der Antike 2 Sturzbecher im Fruhmittelalter 2 1 Herstellung 3 Spatere Sturzbecher 4 Sonstiges 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseSturzbecher in der Antike BearbeitenSchon in spatromischer Zeit sind glaserne Becher angefertigt worden die nur umgedreht auf dem Rand abgestellt werden konnten Typische Sturzbecher des fruhen Mittelalters dienten als Grabbeigaben in gut ausgestatteten Bestattungen Aus dieser Zeit sind zahlreiche Exemplare in Museen und Sammlungen gelangt Sturzbecher im Fruhmittelalter Bearbeiten nbsp Sturzbecher Wackelbecher ca 6 7 Jahrhundert Der fruhmittelalterliche Sturzbecher ist die Hauptglasform des Fruhmittelalters und besitzt keine direkten Vorlaufer im Spatromischen Die Form entwickelte sich vermutlich gegen Ende des 5 Jahrhunderts nach Christus aus den breiten glockenformigen Bechern uber verschiedene Zwischenformen bei denen eine immer starkere Gliederung des Gefasskorpers auftrat Bei den Sturzbechern des Fruhmittelalters handelt es sich um eine Becherform mit konkaver oder zylindrischer Wand der Boden ist vom ubrigen Teil des Gefasses deutlich abgesetzt Der Boden kann gerundet sein oder unterschiedlich gestaltete Spitzen aufweisen Gestelle zum Halten der Sturzbecher sind aus dem Fruhmittelalter nicht bekannt Der gerundete Boden kommt hierbei am haufigsten vor Bodenspitzen konnen kugelig tropfenformig oder bis zu nadelfein ausgezogen werden Vor allem kugelige Bodenspitzen konnen mit opak weisser Glasmasse verziert sein Hierfur wird entweder eine schon vorhandene Bodenspitze in eine anders farbige Glasmasse getaucht oder ein anders farbiger Glastropfen auf den Boden aufgesetzt und abgerundet Manchmal kann um eine Bodenspitze auch eine opak weisse Fadenspirale in ein bis drei Windungen gelegt werden Zudem unterscheidet man modelverzierte Sturzbecher mit zahlreichen feinen Rippen von solchen mit glatter Wand Glatte Wande konnen mit Fadenspiralen verziert werden Die fruhmittelalterlichen Sturzbecher sind meist hellgrun gelb oder olivgrun oder blaugrun In der Regel handelt es sich dabei um naturliche Farbungen die auf Verunreinigungen des zur Herstellung benotigten Quarzsandes durch Eisenoxide zuruckzufuhren sind Die Farbe konnte aber auch gezielt beispielsweise durch die Zugabe von Kupferoxiden erreicht werden Fur die opak weissen Verzierungen der Glaser wurde Antimon zur Glasmasse gegeben Die Glaser sind zudem haufig und sehr stark mit Blaschen schwarzen Russpartikeln und Schlieren durchsetzt Hierbei konnte es sich um eine beabsichtigte Art der Verzierung handeln Der fruhmittelalterliche Sturzbecher wird in drei Typen aufgeteilt Typ A Typ B und Typ D Sturzbecher A mit konkaver Wand Sturzbecher B mit konischer Wand Sturzbecher D mit annahernd zylindrischer WandHerstellung Bearbeiten Um die Sturzbecher herzustellen wurde das mit der Glasmacherpfeife aufgenommene Glas zu einer kleinen Glasblase erweitert und anschliessend mit einer Zange in der Mitte der Wand eingedruckt wodurch sich die fur die Sturzbecher charakteristische Einschnurung ergibt Durch weiteres Blasen wurde der Becher aufgeweitet anschliessend wurde der Boden unter Drehbewegungen auf eine Marbelplatte gedruckt um den ausladenden Bodenbereich zu erreichen Mit einer Zange oder einem anderen spitzen Gegenstand konnte eine Bodenspitze herausgezogen werden Um Glaser mit Modelverzierungen herzustellen wurde die Glasmasse in langsgerippte Formen aus Holz Stein oder Ton geblasen Das Glas wurde anschliessend unter Drehbewegungen herausgezogen wodurch sich eine schrage Riefelung ergab Spatere Sturzbecher BearbeitenIm 14 Jahrhundert entwickelten Siegburger Topfer eine Sonderform des Sturzbechers aus dem dort entwickelten Trichterhalsbecher 2 Dieses Steinzeuggefass wurde in rheinischen Topferzentren noch bis ins 17 Jahrhundert hergestellt und diente der Unterhaltung bei Trinkgelagen Eine Sonderform aus dem 16 17 Jahrhundert ist der Jungfrauenbecher oder Brautbecher bei dem eine zweite Schale drehbar angebracht ist Bei dieser im Nurnberger Raum verbreiteten Form musste ein Brautpaar beide Schalen gleichzeitig austrinken ohne dabei deren Inhalt zu verschutten Sonstiges BearbeitenDer Begriff hat sich uber die Jahrhunderte auch als Familienname etabliert zum Teil in sprachlichen Abwandlungen wie Sturzebecher und Stortebecker 3 Eine vergleichbare Bauform hat der in Grossbritannien bekannte Stirrup Cup Steigbugel Becher dort wurde er vor der Jagd den Reitern gereicht Satteltrunk Literatur BearbeitenBirgit Maul Fruhmittelalterliche Glaser des 5 7 8 Jahrhunderts n Chr Sturzbecher glockenformige Becher Tummler und Glockentummler Universitatsforschungen zur prahistorischen Archaologie Band 84 R Habelt Bonn 2002 ISBN 3 7749 3088 0 Dissertation Universitat Bonn 2 Bande 244 Seiten und Seite 252 528 Gisela Reineking von Bock Steinzeug Kataloge des Kunstgewerbemuseums Koln Band 4 Kunstgewerbemuseum Koln 1971 1976 1986 DNB 458229008 Weblinks BearbeitenJungfernbecher Sturzbecher Windmuhlbecher Steigbugelbecher in Das grosse Kunstlexikon von P W Hartmann Einzelnachweise Bearbeiten Laut Etymologie Duden bedeutet im Althochdeutschen sturzen so viel wie umstossen umstulpen fallen Gisela Reineking von Bock Steinzeug Kunstgewerbemuseum der Stadt Koln Koln 1986 S 100 Haufigkeitsverteilung des Familiennamens in Deutschland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sturzbecher amp oldid 233118467