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Die Spaldingbahn war ein 1884 entwickeltes Feldbahnsystem ahnlich der acht Jahre zuvor in Frankreich erfundenen und patentierten Decauville bahn Gleisjoche verbindenArbeiter tragen GleisjocheHerausheben Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Bauweise 3 Wagen 4 Erfahrungsbericht eines Aachener Landschaftsgartners 5 Zuckerrubenbahn bei Wesselburen 6 Kosten Nutzen Rechnung 7 Unterschiede gegenuber der Decauvillebahn 8 Patentschrift 9 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Unternehmer Heinrich Andreas Spalding 18 August 1844 aus Jahnkow bei Glewitz setzte 1884 als erster deutscher Industrieller unter eigenem Risiko eine schmalspurige Wanderbahn fur den Transport von Waldprodukten in der Koniglich Preussischen Oberforsterei Grimnitz in der Mark Brandenburg ein 1 Der Erfolg den Spalding dort in zwei grossen Kiefernschlagen des Reviers in Entfernungen von 2 und 3 km vom schiffbaren Gewasser dem grossen Werbellin See erzielte fuhrte bei der transportierten Menge von 8536 Festmetern Kiefern Nutz und Brennholz uber eine Durchschnittsentfernung von 4 7 km eine Transportkostenreduzierung von 11 387 Mark Die Beschaffungskosten fur die Waldbahnstrecke betrugen 47 000 Mark so dass sich die Bahnanlage in vier Jahren bezahlt gemacht haben durfte Kaiser Wilhelm I der Schirmherr der deutschen Jagerei fuhr bei der Einweihung der Spaldingbahn in einem improvisierten Jagdsalonwagen uber die lose verlegten Gleisjoche in das beruhmte Rotwild Jagdgebiet der Schorfheide Von dort wurde auf der Ruckfahrt auch zum ersten Mal in der Geschichte des Waidwerks die Jagdbeute eines deutschen Kaisers auf Stahlschienen von der Strecke abtransportiert 2 Bauweise Bearbeiten nbsp Oberbau Systeme nach Spalding und Dolberg 1892 3 Die Spaldingbahn verwendete Vignolschienen Die Querverbindung wurde anfangs durch zwei Holzschwellen eine breite und eine schmale Abb 18 a erzielt wobei die breite Schwelle uber das Ende des einen Schienenpaares hinausreichte wahrend die schmale Schwelle hinter das andere Ende des Schienenpaares zuruckstand Beim Zusammenfugen der Joche kam die breite Schwelle des einen Jochs neben der schmalen Schwelle des andern zu liegen Die freien Schienenenden reichten wie beim festen Stoss ein Stuck uber die breite Schwelle hinaus und werden mittels Klemmplatten und Schrauben auf dieser festgehalten Das System hatte den Vorteil dass die erforderlichen Ausbesserungen leicht zu besorgen waren Bei niedrigen Schwellen war aber die Spurhaltung nicht genugend gesichert und bei hohen Schwellen lag die Schiene zu hoch uber der Bodenflache wodurch der Verkehr zwischen den Schienen unmoglich wurde 4 5 Die Maschinenfabrik Dolberg in Rostock verbesserte das System Spalding durch Einziehung von Spurstangen und Fortlassung der schmalen Holzschwelle an dem einen Rahmenende Zur Sicherung der Stossverbindung lagen die Schienen auf einer breiten metallischen Stossschwelle Eine Schiene wurde mit einer hornartigen Lasche die um einen Zapfen am Ende der anderen Schiene greift versehen Diese Verbindung konnte nur durch Anheben des entgegengesetzten Rahmenendes gelost werden Abb 19 und 20 4 5 nbsp Spaldingsche Universalweiche nbsp Drehscheibe mit Anschlussschienen Die 2 m langen Gleisjoche mit einer Spurweite von 600 mm bestanden aus Schienen die an beiden Enden durch metallische Spurstangen verbunden waren und auf Holzschwellen ruhten Mit Leichtigkeit konnte ein Mann ein Joch tragen Die Verbindung der Joche erfolgte durch ungewohnlich geformte diagonal versetzt angebrachte selbst verriegelnde Dolberg Laschen so dass die Joche an beiden Enden zusammenpassten und sich durch die Beweglichkeit leicht jedem unebenen Gelande anpassten Die Laschen hielten die Stosse ohne Verschraubung fest zusammen Sie waren aber falls die Gleise fur lange Zeit auf einer Strecke liegen bleiben sollten mit Lochern zum Zusammenschrauben vorbereitet Bogenjoche waren in einem Radius von 4 m gebogen Sie waren nur 1 5 m lang und konnten fur Rechts und Linkskurven verwendet werden Das leichte Auseinandernehmen ermoglichte es dass Fuhrwerke schnell passieren konnten indem einfach ein oder zwei Joche herausgehoben wurden Die 4 m lange Spaldingsche Universalweiche war an der Stellvorrichtung mit sogenannten Zwangsschienen als Radlenker versehen die ein Entgleisen selbst bei falscher Weichenstellung unmoglich machen sollten Durch einfaches Abschrauben von der Unterlage und anschliessendes Wenden konnte eine Rechtsweiche in eine Linksweiche verwandelt werden und umgekehrt da die fur die Weichen verwendeten Doppelkopfschienen oben und unten das gleiche Profil hatten Fur Abbiegungen im rechten Winkel wurden leicht und sicher zu bedienende Drehscheiben mit Anschlussschienen verwendet Die Drehscheibe liess sich nach jeder Drehung durch einen leichten Hebel feststellen 6 7 Wagen Bearbeiten nbsp Kipplore mit Hebelbremse nbsp Entleeren der Kipploren nbsp Bergab mit Bremsknuppel statt Bremse Die Kipploren hatten Doppelspurkranzrader und waren sehr handlich 7 Der Inhalt fiel so weit neben das Gleis dass die Bahn stets frei blieb Beim Kippen rutschte der gesamte Inhalt aus der Mulde ohne dass wie bei anderen Systemen ein grosser Teil von Hand herausgeschaufelt werden musste Das Untergestell der Kipploren konnte ohne die an den beiden Enden befindlichen bogenformigen Aufsatze die durch einen mit Schrauben versehenen Zapfen festgehalten wurden als Flachlore zum Transport von Stuckgut benutzt werden Die Wagen waren je nach Wunsch mit oder ohne Bremse lieferbar Die Bremse war eine gleichzeitig und gleichmassig auf alle vier Rader wirkende Hebelbremse die den Wagen mit einem Griff oder Zug schnell zum Stehen brachte Bei Wagen ohne Bremse genugte selbst bei stark fallendem Gelande ein einfacher Bremsknuppel Die Wagen waren ungewohnlich leicht Das Eigengewicht eines Wagens betrug 200 kg wahrend ein eiserner Wagen bei gleicher Grosse und Tragfahigkeit das doppelte wog die Arbeiter also stets 200 kg tote Mehrlast mitbewegen mussten Die Unterwagen sowie die Kippkasten waren aus bestem Kiefernholz hergestellt und so einfach gebaut dass sie jeder Schmied und jeder Zimmermann bei etwaigen Beschadigungen leicht ausbessern konnte 6 Erfahrungsbericht eines Aachener Landschaftsgartners BearbeitenW Kiehl ein Gartentechniker aus Aachen erprobte den Feldbahnbetrieb mit der Spaldingbahn erfolgreich seit Anfang des Jahres 1903 in einem Gartenbaubetrieb Er konnte eine Strecke von 250 m uber unebenes Gelande mit drei Mann in drei Stunden fix und fertig verlegen wobei die einzelnen Joche von verschiedenen Stellen zusammengeholt werden mussten Er verwendete keine Schrauben zum Verbinden der Schienenjoche unter anderem weil diese nicht zum bestellten Lieferumfang gehort hatten Das ganze rollende wie liegende Material war so solide hergestellt dass wenn nicht durch Unvorsichtigkeit der Arbeiter verschuldet nur hochst selten Reparaturen notig waren So sind in dem Aachener Betrieb wahrend eines ganzen Jahres in dem die Bahn tagtaglich im Gange war keine Ausbesserungen die besondere Kosten verursacht hatten notig gewesen W Kiehl empfahl jedem Landschaftsgartner der Erdarbeiten auszufuhren hatte diese Bahn auf das Warmste Er werde bald einsehen um wie viel billiger und leichter sich mit diesem System arbeiten liess das aus der Praxis fur die Praxis erstanden sei 6 Zuckerrubenbahn bei Wesselburen Bearbeiten nbsp Zuckerrubenwagen der Spalding bahn im Frankfurter FeldbahnmuseumVom Bahnhof Osterhof an der Bahnstrecke Wesselburen Busum Westbahn fuhrte eine 1883 verlegte 2500 m lange Spaldingbahn mit 600 mm Spurweite zum Landgut Osterhof des Zuckerfabrikanten von Wesselburen bei Busum Um 1883 wurden taglich bis zu 300 t 6000 Zentner Zuckerruben darauf befordert Die Drehgestellwagen dieser Bahn hatten vier Achsen mit Doppelspurkranzradern und eine Tragfahigkeit von 3 t 60 Zentner 8 Zwei Wagen sind noch im Frankfurter Feldbahnmuseum erhalten einer davon mit den originalen Drehgestellen mit Doppelspurkranzradern Kosten Nutzen Rechnung BearbeitenDas laufende Gleis kostete 1883 laut einer Mitteilung in der Zeitung des Vereines deutscher Eisenbahnverwaltungen 5 Mark pro Meter die sonstigen Einrichtungskosten Wagen und dergleichen etwa 5000 Mark so dass die Beschaffung einer Bahn von 3000 Meter Lange 20 000 Mark erforderte Auf einer solchen Bahn die auf einem Landgut des Grafen H eingerichtet war haben 6 Pferde in 40 Tagen etwa 3200 t 64 000 Zentner Ruben gefordert Da ein gewohnliches Viergespann 6 t 125 Zentner taglich fortschaffen wurde hatte man 12 Viergespanne gebraucht um in gleicher Zeit die gleiche Arbeitsleistung zu verrichten 11 Viergespanne sind somit erspart worden und da jedes Viergespann an jedem der 40 Arbeitstage 10 Mark Kosten verursacht hatte belief sich die Gesamtersparnis durch die Feldbahn in der einen Kampagne auf 4400 Mark oder 22 des ganzen Anlagekapitals 3 Fur das Verlegen als Waldeisenbahn wurden 1886 etwa 20 Mark pro Kilometer veranschlagt 9 Unterschiede gegenuber der Decauvillebahn BearbeitenDie wichtigsten Unterschiede gegenuber der Decauvillebahn waren Standardlange der Gleisjoche 2 m statt 5 m Universalweichen mit Doppelkopfschienen statt Vignolschienen Kipploren aus Kiefernholz statt aus Metall Doppelspurkranzrader statt gewohnlicher Eisenbahnrader Schienen mit Holzschwellen verschraubt statt unlosbar mit Stahlschwellen vernietet Selbstverriegelung an den SchienenstossenPatentschrift BearbeitenH A Spalding in Jahnkow bei Langenfelde Pommern Neuerungen an transportablen Schienenwegen oder Feldeisenbahnen Patentschrift N 28074 vom 24 Juli 1884 des Kaiserlichen Patentamts Einzelnachweise Bearbeiten Eduard Spalding Geschichte des deutschen Zweiges der Familie Spalding 1898 Bericht uber die XLIII General Versammlung des Naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande Westfalens und des Reg Bez Osnabruck am 14 15 und 16 Juni 1886 in Aachen a b E A Ziffer Uber Feldeisenbahnen In E Schrodter und W Beumer Zeitschrift fur das Eisenhuttenwesen 12 Jahrgang Nr 8 Commissionsverlag von A Bagel Dusseldorf 15 April 1892 a b Victor Freiherr von Roll Enzyklopadie des Eisenbahnwesens Band 5 Berlin Wien 1914 S 42 54 a b Victor Freiherr von Roll Enzyklopadie des eisenbahnwesens Zweite Auflage Band 5 Urban amp Schwarzenberg Berlin 1914 S 48 a b c W Kiehl Feldbahnbetrieb mit der Spaldingbahn Hierzu acht Abbildungen des Verfassers In Die Gartenwelt Illustriertes Wochenblatt fur den gesamten Gartenbau Jahrgang IX 25 Februar 1905 No 22 S 257 262 a b Victor Tilschkert Der Verpflegsnachschub im Kriege auf der transportablen Feldeisenbahn und Bericht uber die Feldeisenbahn Ausstellung in Lundenburg im August 1886 In k k Technisches amp Administratives Militar Comite Mittheilungen uber Gegenstande des Artillerie und Genie Wesens 18 Jahrgang 1887 S 481 489 Kurznachrichten der BD Hamburg 17 Oktober 1883 Adolf Runnebaum Die Waldeisenbahnen Springer Verlag 1886 S 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spaldingbahn amp oldid 225983335