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Der Begriff soziales Faulenzen englisch social loafing beschreibt ein sozialpsychologisch relevantes Phanomen in einer Gruppe Sobald Individuen im Kollektiv mit anderen auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten und dabei ihre Einzelleistung nicht bekannt wird reduziert sich ihre physiologische Anspannung Diese Entspannung fuhrt zu einem Leistungsabfall bei einfachen Aufgaben und zu einer Leistungssteigerung bei schwierigen zum Beispiel neuen oder komplexen Aufgaben Zum Beispiel gibt es soziales Faulenzen bei Ruderern nicht aber bei Schwimmstaffeln denn dort sind die Zeiten der einzelnen Schwimmer immer noch sichtbar Eine Reihe von Faktoren kann Soziales Faulenzen verstarken oder hemmen Soziales Faulenzen ist eine Fortentwicklung des Ringelmann Effekts bei dem unklar ist ob die reduzierte Leistung wegen fehlender Koordination der Teilnehmer oder wegen Motivationsverlusten zustande kommt Der Gegenbegriff zum sozialen Faulenzen ist die Soziale Erleichterung Wird die Leistung des Einzelnen sichtbar fuhrt die resultierende Aufregung zu einem Leistungsabfall bei schwierigen Aufgaben und zu einer Leistungssteigerung bei einfachen Aufgaben 1 Inhaltsverzeichnis 1 Namengebendes Experiment 2 Neuere Entwicklungen 3 Erklarungsversuche 4 Massnahmen gegen soziales Faulenzen 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 Siehe auch 8 WeblinksNamengebendes Experiment BearbeitenNachdem der franzosische Agraringenieur Maximilien Ringelmann bereits Ende des 19 Jahrhunderts herausgefunden hatte dass die Leistung einer Gruppe beim Ziehen von Lasten nicht linear mit der Anzahl der Personen ansteigt beschaftigten sich erst 1974 Ingham und Kollegen wieder mit diesem Phanomen Sie fanden erstmals heraus dass die geringere Leistung nicht alleine an der schwierigen Koordination in einer grosseren Gruppe liegt sondern auch am Motivationsverlust der einzelnen Personen siehe Ringelmann Effekt Problematisch bei Inghams Experiment ist allerdings dass man nicht sagen kann ob die Leistung in der Einzelsituation vielleicht deswegen besser war weil mehr Leute zuschauten Social Facilitation Dieses Problem griffen 1979 Bibb Latane und Kollegen wieder auf Sie verwendeten eine andere Aufgabe namlich Lautstarke Produktion durch Klatschen und Rufen Auch sie verwendeten wie Ingham und Kollegen Pseudogruppen im Experiment Die Versuchsteilnehmer trugen Augenbinden und Kopfhorer und bekamen auch ihre Anweisungen uber diese Kopfhorer Die Teilnehmer dachten nun dass sie in der Gruppe klatschen und rufen sollten in Wirklichkeit waren sie aber die einzigen die Schall produzierten Auf diese Weise konnten Latane und Kollegen den Motivations vom Koordinationsverlust trennen soziale Vereinfachung ausschliessen und somit neben der Replikation der Ergebnisse von Ingham erstmals den Motivationsverlust unabhangig von anderen Faktoren in seiner reinen Form zeigen Um ihr gefundenes Phanomen vom Ringelmann Effekt der ja auch den Koordinationsverlust beinhaltet abzugrenzen pragten sie den bis heute gebrauchlichen Begriff des Social Loafing im Deutschen also etwa soziales Faulenzen Neuere Entwicklungen BearbeitenNach Latanes Experiment entwickelte sich ein grosses Forschungsinteresse am Phanomen des sozialen Faulenzens Im Jahr 1993 fassten Karau und Williams die bis zu diesem Zeitpunkt vorhandenen etwa 80 Experimente zu sozialem Faulenzen in einer Meta Analyse zusammen Sie fanden heraus dass der Faulenzer Effekt sowohl bei korperlichen als auch bei geistigen Aufgaben auftritt und zwar immer dann wenn nicht klar ist wie viel jeder einzelne zur Gesamtleistung beitragt Weiterhin stellten sie fest dass soziales Faulenzen bei Mannern und in den westlichen Kulturen starker ausgepragt ist als bei Frauen und in ostlichen Kulturen Ausserdem gibt es einige andere Merkmale der Aufgabe der Gruppe und der Situation aber auch Personlichkeitsmerkmale die soziales Faulenzen fordern oder reduzieren Seit der Analyse von Karau und Williams gilt es als sicher dass Menschen in Gruppen weniger motiviert sind die volle Leistung zu erbringen Neuere Untersuchungen beschaftigen sich vor allem mit sozialem Faulenzen in der Wirtschaft und in Sondersituationen So konnte George 1992 zeigen dass auch das von anderen wahrgenommene Faulenzen wichtig fur die eigene Leistung ist Und Ohlert 2009 konnte nachweisen dass soziales Faulenzen auch schon dann auftritt wenn man sich auf eine Aufgabe alleine vorbereitet auf eine Gruppenaufgabe bereitet man sich also schon schlechter vor Erklarungsversuche BearbeitenWarum soziales Faulenzen auftritt kann man bis heute noch nicht genau sagen Man kann vermuten dass es vor allem daran liegt dass das Gehirn immer okonomisch arbeitet und daher in Situationen in denen nicht klar ist wie viel Leistung man selbst erbringt unbewusst auf Sparbetrieb schaltet Karau und Williams erklaren in ihrem Collective Effort Model den Effekt mit der Wertigkeit sowie der Klarheit des Ergebnisses fur die einzelne Person Das Modell geht davon aus dass ein Individuum nur dann motiviert ist wenn es die Erwartung hat dass seine individuelle Anstrengung auch zur Erreichung eines wertgeschatzten Ergebnisses fuhrt Eine Person strengt sich demnach nur dann an wenn sie das Gefuhl hat dass diese Anstrengung dazu fuhrt dass sie abschliessend ein fur sie personlich wertvolles Ergebnis erreichen kann Und zwar gilt dies sowohl fur die Einzel als auch fur die Gruppensituation In der Einzelsituation fuhrt die individuelle Anstrengung zur individuellen Leistung und die wiederum zu einem individuellen Ergebnis das fur den Handelnden einen bestimmten Wert hat Hier ist also fur die Person relativ leicht abschatzbar ob ihr Verhalten auch das gewunschte Ergebnis haben wird In der Gruppensituation hingegen ist der Wert der individuellen Leistung nicht sofort erkennbar Die eigene Leistung hat in der Regel zunachst einen Einfluss auf die Gruppenleistung Diese bedingt dann das Ergebnis fur die Gruppe und daraus entsteht schliesslich das Ergebnis fur die Einzelperson das eine gewisse Wertigkeit besitzt Abgesehen davon dass in dieser komplexeren Situation der Einzelne schlechter abschatzen kann ob er mit seiner Anstrengung auch das gewunschte Ergebnis erzielt sinkt die individuelle Leistung sofort wenn die Person das Gefuhl hat die eigene Anstrengung sei nicht relevant fur das Gesamtergebnis Wenn also beispielsweise ein Mensch seinen Beitrag in der Gruppe als irrelevant fur die Gesamtleistung der Gruppe empfindet z B ein Hanfling beim Tragen einer Last zusammen mit zehn Muskelprotzen sinkt seine Motivation und damit auch die Anstrengung Das Collective Effort Model ist das heute gangige Modell fur soziales Faulenzen allerdings wurde noch nie genau uberpruft ob es wirklich die Wertigkeit der Leistung sowie die Sichtbarkeit des Ergebnisses ist was die personliche Motivation beeinflusst Massnahmen gegen soziales Faulenzen BearbeitenSoziales Faulenzen ist uberall da ein Problem wo Leistung in Teams oder Gruppen erbracht werden muss also beispielsweise in der Wirtschaft oder auch in Sportteams Interessanterweise gibt es allerdings noch keine kontrollierten Untersuchungen dazu welche Massnahmen soziales Faulenzen wirklich verhindern konnen Bei den folgenden Massnahmen kann man allerdings annehmen dass sie soziales Faulenzen reduzieren sollten den einzelnen Teammitgliedern die eigene Bedeutung und Wichtigkeit fur das Team bewusst machen das Verantwortungsgefuhl der einzelnen Teammitglieder erhohen die personliche Bedeutsamkeit eines Erfolges einer guten Leistung erhohen sowohl individuelle als auch Teamziele setzen Teammeetings durchfuhren und Ursachen fur eventuelle Missstimmungen klaren dafur sorgen dass jedes Teammitglied einen individuellen Beitrag leisten kann den sonst niemand anderer ubernimmt das kreative Einbringen von Einzelmeinungen aller Teammitglieder fordern Verstandnis fur andere entwickeln z B durch RollentauschAlle genannten Massnahmen haben prinzipiell das Ziel die Einzelperson im Team besser wahrzunehmen denn vor allem dann wenn man sich als Individuum und nicht als anonymes unwichtiges Gruppenmitglied sieht strengt man sich auch mehr an Literatur BearbeitenLatane B Williams K D amp Harkins S 1979 Many hands make light the work The causes and consequences of social loafing In Journal of Personality and Social Psychology 37 6 822 832 Karau S J amp Williams K D 1993 Social loafing A meta analytic review and theoretical integration In Journal of Personality and Social Psychology 65 4 681 706 Jeannine Ohlert Teamleistung Social Loafing in der Vorbereitung auf eine Gruppenaufgabe Verlag Dr Kovac Hamburg 2009 ISBN 978 3 8300 4001 9 George J M 1992 Extrinsic and intrinsic origins of perceived social loafing in organizations In Academy of Management Journal 35 1 191 202 Einzelnachweise Bearbeiten E Aronson T D Wilson R M Akert Sozialpsychologie Pearson Studium 6 Auflage 2008 ISBN 978 3 8273 7359 5 S 280ff Siehe auch BearbeitenGruppenleistungWeblinks BearbeitenOelsnitz Dietrich von der amp Busch Michael W Faulenzen in der Gruppe faz net 7 April 2008 Print FAZ 7 April 2008 Nr 81 S 24 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Soziales Faulenzen amp oldid 228031226