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In der Prasidentenwahl in Finnland 1956 wurde Urho Kekkonen erstmals zum Prasidenten der Republik Finnland gewahlt Das Vorfeld der Wahl war von einer starken Polarisierung der politischen Landschaft in Kekkonen Befurworter und Gegner gepragt Kekkonens hauptsachliche Gegenkandidaten waren der Sozialdemokrat Karl August Fagerholm sowie der fur die konservative Opposition antretende Sakari Tuomioja Im Wahlkampf standen sich pointiert die von Kekkonen verkorperte Politik der Annaherung an die Sowjetunion und die von seinen Gegnern propagierte unabhangigere und westlich orientierte Politik gegenuber Urho KekkonenDie Wahlen zum Wahlmannerausschuss am 16 und 17 Januar 1956 starkten Kekkonen ergaben jedoch keine klaren Mehrheiten Die eigentliche Prasidentenwahl durch den Wahlmannerausschuss am 15 Februar 1956 gestaltete sich dramatisch Im zweiten Wahlgang brachten die konservativen Parteien den Amtsinhaber Juho Kusti Paasikivi als neuen Kandidaten ins Spiel Taktisches Wahlverhalten der kommunistischen Volksdemokraten sorgte aber dafur dass sich im als Stichwahl ausgestalteten dritten Wahlgang Kekkonen und Fagerholm gegenuberstanden Hier gewann Kekkonen schliesslich mit 151 zu 149 Stimmen Das Zustandekommen der knappen Mehrheit sorgte in Finnland fur jahrzehntelange Spekulationen Inhaltsverzeichnis 1 Amt und Wahlverfahren 2 Ausgangslage 3 Kandidaten 3 1 Kekkonen 3 2 Fagerholm 3 3 Ubrige Kandidaten 4 Wahlkampf 5 Wahlen zum Wahlmannerausschuss 6 Prasidentenwahl 7 Die entscheidende Stimme 8 Literatur 9 EinzelnachweiseAmt und Wahlverfahren BearbeitenZu den pragenden Zugen der finnischen Verfassung von 1919 gehorte die starke Stellung des Prasidenten Der Prasident war der Oberbefehlshaber der Armee die Aussenpolitik unterstand seiner Autoritat Er hatte das jederzeitige Recht das Parlament nach eigenem Ermessen aufzulosen und Neuwahlen anzusetzen Vom Parlament beschlossene Gesetze bedurften grundsatzlich der Unterschrift des Prasidenten Verweigerte er die Ausfertigung konnte das Gesetz erst nach den nachsten Parlamentswahlen durch das neue Parlament erneut beschlossen werden In diesem Fall trat es auch ohne die Ausfertigung des Prasidenten in Kraft Die Wahl des Prasidenten erfolgte fur eine Amtszeit von sechs Jahren uber ein direkt vom Volk gewahltes mit 300 Personen besetztes Wahlmannergremium In den Wahlen zum Wahlmannerausschuss traten regelmassig Wahlbundnisse an die jeweils einen konkreten Prasidentschaftskandidaten unterstutzten In der Ausubung ihres Mandats waren die Wahlmanner aber frei und es war weder ausgeschlossen noch unublich dass auch noch wahrend des Wahlverfahrens im Wahlmannerausschuss neue Kandidaten ins Spiel gebracht wurden Im Wahlmannerausschuss wurde der Prasident in bis zu drei Wahlgangen gewahlt In den ersten beiden Wahlgangen war die absolute Mehrheit der Wahlmanner erforderlich Soweit kein Kandidat diese Mehrheit erreichte fand zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen ein Stichentscheid im dritten Wahlgang statt Ausgangslage BearbeitenZum Zeitpunkt der turnusmassigen Wahl des finnischen Prasidenten im Jahr 1956 war der amtierende Prasident Juho Kusti Paasikivi 85 Jahre alt Paasikivi hatte in seiner seit 1946 andauernden Amtszeit die Nachkriegspolitik Finnlands gepragt Sein Name stand fur eine Politik der Versohnung und der freundschaftlichen Beziehungen zum ehemaligen Kriegsgegner Sowjetunion und fur eine grosstmogliche Enthaltung Finnlands aus den Interessengegensatzen der Grossmachte Diese sogenannte Paasikivi Linie stand innenpolitisch einer starken Opposition gegenuber die sich aus dem konservativen Lager mit der Nationalen Sammlungspartei an der Spitze bis in die westlich und antikommunistisch orientierte Sozialdemokratische Partei erstreckte Zu den wichtigsten personellen Stutzen der Paasikivi Linie gehorte seit Jahren Urho Kekkonen aus der bauerlichen Partei Landbund Starker noch als Paasikivi vertrat Kekkonen neben den Sowjetbeziehungen eine auch innenpolitische Einbindung der finnischen Kommunisten in die Verantwortung Kekkonen war bereits 1944 45 als Justizminister unter Ministerprasident Paasikivi an der Koalition der grossen Drei aus Landbund Sozialdemokraten und der parlamentarischen Organisation der Kommunisten der Demokratischen Union des Finnischen Volkes Volksdemokraten beteiligt Unter Paasikivis Prasidentschaft war Kekkonen zwischen 1950 und 1956 in insgesamt funf Regierungen Ministerprasident Die Regierungen dieses Zeitraums neben Kekkonens Regierungen noch je ein Kabinett unter Sakari Tuomioja und Ralf Torngren sturzten immer wieder uber innenpolitische Krisen Die stets ausser Kontrolle zu geraten drohende Inflation schurte immer neue Arbeitskampfe in deren Schusslinie wegen der starken Regulierung der Wirtschaft auch stets die Regierung stand Die Streiks waren aber auch immer wieder Mittel im politischen Machtkampf insbesondere auch zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten die um die Beherrschung der Gewerkschaften wetteiferten Insbesondere Kekkonens Regierungen hatten gleichzeitig mit schwerer Kritik aus dem konservativen Lager aber auch aus dem rechten Flugel des Landbundes selbst zu kampfen die sich an der aussenpolitischen Linie ebenso entzundete wie an den kostentrachtigen Massnahmen zur Eindammung der Inflation Als Vertrauter Paasikivis und langjahriger Ministerprasident war Kekkonen ein offensichtlicher Kandidat fur die Nachfolge des Prasidenten Dagegen formierten sich die politischen Gegner im Wesentlichen mit dem gemeinsamen Ziel den Aufstieg Kekkonens zum Prasidenten zu verhindern So formulierte Vorstandsmitglied Lauri Aho in der Sitzung des Parteirates der Sammlungspartei 1 Wenn man die kommende Prasidentenwahl einfach und vollig offen charakterisieren wollte dann ist die Frage die ob aus Doktor Kekkonen im nachsten Februar das Oberhaupt der Republik wird oder nicht Die starkste Partei Finnlands gemessen an der Vertretung im Parlament waren die Sozialdemokraten die in den 1954 abgehaltenen Wahlen 54 der 200 Sitze errungen hatten Ihnen folgten der Landbund mit 53 Sitzen und die Volksdemokraten mit 43 Sitzen Die Sammlungspartei gehorte mit 24 Sitzen schon zu den kleineren Parteien Die mittelstandische Volkspartei Finnlands verfugte uber 13 die als Interessenvertreterin der schwedischsprachigen Minderheit agierende Schwedische Volkspartei uber 12 Mandate Kandidaten BearbeitenDie im Parlament vertretenen Parteien entschieden sich durchgehend dafur jeweils eigene Kandidaten fur die Prasidentenwahl aufzustellen und auf Wahlbundnisse zu verzichten Die zu erwartende Zuspitzung auf die Frage fur oder gegen Kekkonen war aber schon bei der Kandidatenwahl ein wichtiger Faktor Kekkonen Bearbeiten Der Landbund war die erste Partei die offiziell ihren Prasidentschaftskandidaten benannte Bereits ab September 1954 begannen die Bezirksverbande Urho Kekkonen zu ihrem Kandidaten zu erklaren Im November beschloss Kekkonens Heimatverband der Bezirksverband Kainuu eine entsprechende formelle Nominierungsvorlage an den Parteirat 2 Vollig einmutig erfolgte die Nominierung Kekkonens jedoch nicht Kekkonen war in seiner eigenen Partei nie unumstritten gewesen Insbesondere der rechte Parteiflugel hatte den wachsenden Einfluss Kekkonens teilweise erbittert bekampft Wie auch bei den Kritikern aus anderen Parteien war der hauptsachliche Reibungspunkt die Annaherungspolitik an die Sowjetunion Innerparteilich hatte aber auch Kekkonens Neigung fur Arger gesorgt wichtige politische Entscheidungen ohne Konsultation der Parteiorgane zu fallen Die innerparteiliche Opposition war im Laufe der Funfzigerjahre schwacher geworden aber nicht erloschen So stellte der Bezirksverband Mittelosterbotten nur funf Tage nach dem Beschluss aus Kainuu Viljami Kalliokoski als Gegenkandidat auf Kalliokoski war seit 1922 fast durchgehend Parlamentsabgeordneter und war von 1941 bis 1945 Vorsitzender der Partei Als Vertreter der alten Politik gehorte er zu den Kraften die 1945 insbesondere auf Betreiben Kekkonens aus der Politik gedrangt wurden In seiner Entscheidung am 9 Dezember 1954 stellte sich der Parteirat mit deutlicher Mehrheit 62 gegen 10 Stimmen hinter Kekkonen der so als Kandidat nominiert wurde Die innerparteiliche Opposition hielt in der Folge noch an Kalliokoski als einer Art Reservekandidat fest Im Marz 1955 als Kekkonen wegen einer angeblichen Verwicklung in eine Schlagerei in die Kritik geriet stellte sich die Opposition auch offentlich gegen diesen Letztlich drang die Opposition aber nicht durch Die Bezirksversammlungen der Partei im September 1955 stellten sich einmutig hinter Kekkonen und stellten fur die Wahlmannerwahl ausschliesslich Kandidaten auf die diesen klar unterstutzten 3 Fagerholm Bearbeiten In der sozialdemokratischen Partei fuhrte die Kandidatenkur zu einer Spaltung in zwei Lager Der profilierteste Politiker der Partei in der Nachkriegszeit war Karl August Fagerholm Er hatte zwischen 1948 und 1950 als Ministerprasident einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung vorgestanden In dieser Zeit war es ihm gelungen den nach dem Krieg entstandenen Einfluss der Kommunisten in Politik und Gesellschaft zuruckzudrangen In diese Phase war allerdings auch eine Verhartung in den Beziehungen zur Sowjetunion gefallen Seit der Ablosung seiner Regierung bis zur Prasidentenwahl 1956 war Fagerholm als Parlamentsprasident formell zweithochster Amtstrager Finnlands Teile der Partei hatten jedoch Bedenken gegen die Kandidatur Fagerholms Er wurde als zu sowjetfreundlich eingeschatzt um als Gegenkandidat Kekkonens in einer moglichen Stichwahl auch die Stimmen des rechten Lagers auf sich vereinigen zu konnen 4 Daher wurde als Alternative Vaino Tanner ins Spiel gebracht Der 74 jahrige Tanner gehorte zu den bedeutendsten Politikern in der Zeit vor und wahrend des Krieges Als Mitglied des engsten Regierungskreises bis 1944 hatte er massgeblichen Einfluss auf die finnische Kriegspolitik und gehorte in den Augen der Sowjetunion zu den hauptsachlichen Kriegsschuldigen So musste er sich nach Kriegsende auch zunachst aus der Politik zuruckziehen und wurde 1946 im Kriegsschuldprozess zu einer Haftstrafe verurteilt In den Funfzigerjahren kehrte er in die Politik zuruck und genoss in seiner Partei hohes Ansehen wenn er auch zu diesem Zeitpunkt kein formelles Amt innehatte Auf dem Parteitag liess dessen Verfahrensausschuss zur Klarung der Stimmungslage eine inoffizielle Abstimmung durchfuhren Uber deren Ausgang gehen die Erinnerungsbilder auseinander Fagerholm erinnert sich eine Stimme mehr als Tanner erhalten zu haben 5 Tanner Biograf Hakalehto berichtet dagegen von einem Zweistimmenvorsprung fur Tanner 6 Klarheit schaffte der Stimmgang jedenfalls nicht Tanner hatte allerdings eine deutliche Unterstutzung in der Partei zur Bedingung fur seine Kandidatur gemacht Der Verfahrensausschuss des Parteitages stellte sich daher nach Abstimmung auf den Standpunkt dem Parteitag lediglich Fagerholm fur die eigentliche Kandidatenwahl vorzuschlagen Dieser wurde damit zum sozialdemokratischen Prasidentschaftskandidaten 7 Ubrige Kandidaten Bearbeiten Die Demokratische Union des Finnischen Volkes bemuhte sich zunachst sich mit den Sozialdemokraten auf einen gemeinsamen Kandidaten der Arbeiterbewegung zu verstandigen Die Verhandlungen verliefen jedoch ergebnislos So stellten die Volksdemokraten ihren Abgeordneten Eino Kilpi auf Kilpi war ursprunglich Sozialdemokrat und von 1932 bis 1947 Chefredakteur des Parteiorgans Suomen Sosialidemokraatti gewesen Er gehorte in der Schlussphase des Krieges zur sogenannten Friedensopposition die einen schnellen Sonderfrieden mit der Sowjetunion befurwortete In der Koalition der grossen Drei von 1946 bis 1948 war er zunachst Bildungs und dann Innenminister In dieser Zeit wechselte er in die Reihen der Volksdemokraten Die konservative Sammlungspartei tat sich zunachst schwer bei der Suche nach einem Kandidaten der in einer Stichwahl gegen Kekkonen in der Lage ware die Stimmen der Kekkonengegner auf sich zu vereinen Vergeblich bemuhte man sich Nobelpreistrager Artturi Ilmari Virtanen oder Erzbischof Ilmari Salomies als Kandidaten zu gewinnen Schliesslich entschied sich die Partei im April 1955 fur den damaligen Botschafter in London Sakari Tuomioja Tuomioja war von 1945 bis 1955 Chef der finnischen Zentralbank gewesen Er diente als Minister in mehreren Regierungen und war von 1953 bis 1954 selbst Ministerprasident einer Ubergangsregierung Tuomioja selbst war Mitglied der Kleinpartei Liberaler Bund die ihn ebenfalls als Kandidaten benannte Die Volkspartei Finnlands ging mit dem Oberburgermeister von Helsinki Eero Rydman ins Rennen Die Schwedische Volkspartei vertraute auf Ralf Torngren der in zahlreichen Regierungen Minister gewesen war und 1954 als Vermittlungslosung die Fuhrung einer ansonsten aus Landbund und Sozialdemokraten gebildeten Regierung ubernommen hatte Wahlkampf BearbeitenDer Prasidentschaftswahlkampf Urho Kekkonens wurde durch eine effiziente Parteiinfrastruktur gestutzt die vom Generalsekretar des Landbundes Arvo Korsimo seit 1950 nachdrucklich entwickelt worden war Sie beruhte auf einem Netz von lokalen Verbindungspersonen die durch Schulungen auf den Wahlkampf vorbereitet und durch personliche Treffen mit Kekkonen motiviert wurden Kekkonen selbst sprach landesweit auf 253 Wahlveranstaltungen 8 Sachlich konzentrierte sich die Kampagne auf das Thema der friedlichen Weiterentwicklung des Landes unter der aussenpolitischen Fuhrung Kekkonens Kekkonen wurde als Fortfuhrer der erfolgreichen Paasikivi Linie dargestellt Einen besonderen Schub erhielt diese Strategie im Herbst 1955 als Kekkonen gemeinsam mit Prasident Paasikivi nach Moskau reiste und beide dort die Zusage erhielten dass die Sowjetunion die Halbinsel Porkkala die Finnland nach dem Krieg als sowjetischen Militarstutzpunkt hatte abtreten mussen im Januar 1956 vorzeitig zuruckgeben wurde In der Wahlpropaganda stellte man den Anteil Kekkonens an diesem Erfolg in den Vordergrund und begann von der Paasikivi Kekkonen Linie zu sprechen 9 Die Sozialdemokraten bewarben ihren Kandidaten mit dem Slogan Fagerholm Ein Mann des Volkes an die Spitze des Volkes 10 Die Kampagne blieb in ihrem Nachdruck hinter der Maschinerie des Landbundes zuruck Nach Einschatzung des den Sozialdemokraten nahestehenden Geschaftsmannes Kalle Kaihari lag dies einerseits am Fehlen eines Machers vom Kaliber Korsimos andererseits an der in der Kandidatenkur aufgetretenen Spaltung der Partei 11 Im Ubrigen war der sozialdemokratische Wahlkampf in erster Linie von der Gegnerschaft gegen Kekkonen einerseits und gegen die radikale Linke andererseits getragen Generalsekretar Vaino Leskinen stellte im Januar 1956 fest 12 Wenn nicht Fagerholm dann wenigstens nicht Kekkonen In diesem Land darf kein Prasident mit Hilfe der Kommunisten gewahlt werden Besonders aggressiv bezog das rechte Parteienspektrum allen voran die Sammlungspartei Stellung gegen Kekkonen Seine massgebliche Rolle an den Kriegsschuldprozessen prangerte man als ebenso vaterlandslos an wie die Politik der Zugestandnisse an die Sowjetunion Die Wahl Kekkonens zum Prasidenten wurde die Ruckkehr der Kommunisten in die Regierung bedeuten Die Angriffe gingen auch in die personliche Ebene Kekkonens Lebenswandel sei unstet er sei streitsuchtig und gewalttatig Diese Beschuldigungen erhielten im Februar 1955 besonderen Auftrieb als Kekkonen angeblich betrunken in eine Schlagerei mit seinem ehemaligen Weggefahrten und nunmehrigen Gegner Tauno Jalanti verwickelt war Die Flut der Kritik wurde begleitet von mehreren aus dem Boden gestampften Boulevardzeitungen die sich auf Berichterstattung uber Kekkonens Verfehlungen spezialisierten 13 Der Wahlkampf der Volksdemokraten enthielt sich dagegen weitgehend irgendwelcher Stellungnahmen zu Kekkonen Die Propaganda richtete sich gegen den das Grosskapital reprasentierenden Tuomioja und den rechten Sozialdemokraten Fagerholm Sie stellte heraus dass an Fagerholm gegebene Stimmen sich am Ende als Stimmen fur Tuomioja entpuppen konnten In der spateren innerparteilichen Diskussion wurde das schwache Abschneiden Kilpis insbesondere damit begrundet dass fruh erkennbar geworden war dass Kekkonen fur die Kommunisten eine akzeptable Alternative sei und dass die Wahler sich deshalb sogleich letzterem zugewandt hatten 14 Der Wahlkampf aller Parteien fand in erster Linie auf Wahlveranstaltungen und uber die Presse statt Im offentlichen Rundfunk Finnlands durften die Kandidaten in den zwei Monaten vor der Wahl nicht erscheinen Ausnahme war eine Programmreihe im Januar in der jeder Kandidat sich einmal im Monologstil aussern durfte 15 Wahlen zum Wahlmannerausschuss BearbeitenKandidat Wahlmanner Stimmen AnteilUrho Kekkonen 88 510 783 26 9 K A Fagerholm 72 442 408 23 3 Sakari Tuomioja 57 372 973 19 7 Eino Kilpi 56 354 575 18 7 Ralf Torngren 20 130 145 6 9 Eero Rydman 7 85 690 4 5 Die funften Wahlen zum Wahlmannerausschuss im unabhangigen Finnland wurden am 16 und 17 Januar 1956 abgehalten Erstmals ermoglichte das Wahlgesetz die Stimmabgabe auch in Krankenhausern den finnischen Botschaften und auf finnischen Schiffen im Ausland Die Wahlbeteiligung lag mit 73 4 hoher als je zuvor in Wahlmannerwahlen jedoch niedriger als in der Parlamentswahl 1954 Die Abstimmung endete in einem deutlichen Sieg fur Kekkonen Sein Wahlbund erhielt 26 9 der Stimmen und 88 Wahlmanner Im Jahr 1950 als Kekkonen ebenfalls Kandidat gewesen war hatte er nur 62 Wahlmannermandate errungen Die anderen Kandidaten blieben hinter den Erwartungen zuruck Tuomioja blieb mit 57 Wahlmannern nur Dritter hinter Fagerholm aus dessen Wahlbund 72 Wahlmanner gewahlt wurden Kilpi erzielte mit 56 Wahlmannern ein deutlich hinter der parlamentarischen Starke seiner Partei zuruckbleibendes Resultat Torngren war mit 20 Rydman mit sieben Wahlmannern vertreten Die Wahlen hatten keinem der Kandidaten einen solchen Sieg beschert dass dessen Wahl zum Prasidenten hatte gesichert erscheinen konnen Die Zeit bis zum Zusammentreten der Wahlmanner zur Prasidentenwahl war daher von intensiven Sondierungsgesprachen und Verhandlungen gekennzeichnet die jedoch bis zum Wahltag keine eindeutigen Ergebnisse erbrachten Im Lager Kekkonens ging man davon aus dass die Unterstutzung der Volksdemokraten unerlasslich sei und man diese auch gewinnen werde Die fehlenden sieben Stimmen hoffte man aus dem Lager der Schwedischen Volkspartei und der Volkspartei Finnlands zu erhalten Letztere geriet mit ihren sieben Wahlmannern bald in eine Schlusselstellung Sie wurde auch von der Sammlungspartei und den Sozialdemokraten umworben 16 Viel schien davon abzuhangen wer in einem angenommenen dritten Wahlgang der Gegenkandidat Kekkonens ware Im Landbund ging man davon aus die besten Chancen auf ein Abwerben burgerlicher Stimmen zu haben wenn der Gegner Fagerholm hiesse Andererseits hatten die Sozialdemokraten auch Bedenken gegen eine Unterstutzung Tuomiojas angedeutet wenn dieser gegen Kekkonen antreten wurde Bald nach der Wahl brachte die burgerliche Presse daher die Moglichkeit eines gemeinsamen Kompromisskandidaten ins Spiel Hier wurde einerseits mit Vaino Tanner andererseits mit dem amtierenden Prasidenten Paasikivi spekuliert ohne dass die Parteien konkrete Einigung erzielt hatten Gleichzeitig sondierten die Volksdemokraten erneut die Moglichkeit eines gemeinsamen Kandidaten mit den Sozialdemokraten Diese zeigten sich aber nicht interessiert Schliesslich begannen die Prasidentenwahlen am 15 Februar mit den ursprunglichen Kandidaten 17 Prasidentenwahl BearbeitenKandidat Stimmen in Wahlgang 1 2 3Urho Kekkonen 88 102 151K A Fagerholm 72 114 149J K Paasikivi 84 Sakari Tuomioja 57 Eino Kilpi 56 Ralf Torngren 20 Eero Rydman 7 Die 300 Wahlmanner und frauen traten am 15 Februar 1956 um 15 Uhr im Parlamentsgebaude in Helsinki zusammen Als Vorsitzender der Versammlung fungierte den Vorschriften der Verfassung entsprechend der Ministerprasident Urho Kekkonen obwohl dieser selbst Prasidentschaftskandidat war Im ersten Wahlgang stimmten alle Gruppierungen geschlossen fur ihre jeweiligen Kandidaten Die Verfassung sah fur den Fall dass keiner der Kandidaten eine absolute Stimmenmehrheit erhalt die sofortige Abhaltung des zweiten Wahlganges vor Um den politischen Gruppierungen noch einmal Gelegenheit zu Verhandlungen zu geben wurde die Sitzung jedoch zum Zwecke der Stimmnachzahlung unterbrochen Die Verhandlungspause zog sich letztlich auf fast vier Stunden hin 18 Die Verhandlungen auf den Gangen und in den Salen des Parlamentsgebaudes waren fieberhaft Johannes Virolainen der uber Jahrzehnte an der Spitze der finnischen Politik beteiligt war schrieb 1984 19 Ich habe nie zuvor und nie danach im Parlamentsgebaude eine solche Flut von Verhandlungen Vorhersagen Geruchten und sich schnell andernden Informationen erlebt wie am 15 Februar 1956 Die Sammlungspartei und die beiden Volksparteien kamen in einer gemeinsamen Verhandlung zu dem Beschluss dass nur eine Kandidatur Paasikivis die Wahl Kekkonens noch verhindern konne Als man mit dem amtierenden Prasidenten Kontakt aufnahm setzte dieser fur eine Kandidatur die Unterstutzung auch durch den Landbund voraus was unter den gegebenen Umstanden als ausgeschlossen gelten konnte In der Folge setzten sich auch Vertreter des rechten Flugels der Sozialdemokraten um Tanner fur eine Wahl Paasikivis ein Die Mehrheit der sozialdemokratischen Wahlmannergruppe hielt aber an dem fruheren Beschluss fest dass die Gruppe bis zum Schluss geschlossen hinter Fagerholm stehen sollte Die Sammlungspartei und die Volksparteien entschlossen sich nichtsdestoweniger dafur im zweiten Wahlgang fur Paasikivi zu stimmen Sie nahmen an dass dieser ohne Weiteres den Sprung in den dritten Wahlgang schaffen und dort dann auch die Stimmen der Sozialdemokraten erhalten wurde Die Frage der Zustimmung Paasikivis blieb unklar man ging aber davon aus dass ihm letztlich die Unterstutzung einer breiten Mehrheit genugen wurde 20 Derweil versuchten die Abgeordneten des Landbundes sich die Unterstutzung der Volksdemokraten zu sichern Fur diese war Ausgangspunkt dass der Antikommunist Fagerholm nicht wahlbar war Dagegen ware Paasikivi als Symbolfigur der sowjetfreundlichen Aussenpolitik fur die hinter den Volksdemokraten stehenden Kommunisten grundsatzlich ein annehmbarer Kandidat gewesen Dennoch konnten sich die Gruppenvorsitzenden Arvo Korsimo vom Landbund und Hertta Kuusinen von den Volksdemokraten auf ein abgestimmtes Vorgehen einigen Entscheidend war fur Letztere dass die Wahl Paasikivis von den argsten politischen Gegnern betrieben wurde und daher verhindert werden musse Die Volksdemokraten versprachen daher ihre Stimmen so unter Kekkonen und Fagerholm aufzuteilen dass diese und nicht Paasikivi in den dritten Wahlgang einziehen 21 Gegen 19 45 Uhr traten die Wahlmanner wieder zusammen und Kekkonen verkundete das offizielle Ergebnis des ersten Wahlganges Sodann wurde zum zweiten Wahlgang geschritten In diesem erhielten Fagerholm 114 Kekkonen 102 und Paasikivi 84 Stimmen Das Vorgehen der Volksdemokraten und das Ausscheiden Paasikivis sorgte im burgerlichen Lager fur grosse Verargerung Auch nach dem zweiten Wahlgang wurde eine kurze Verhandlungspause organisiert Die Sammlungspartei beschloss nun sich geschlossen hinter Fagerholm zu stellen obwohl drei Abgeordnete lieber fur Kekkonen stimmen wollten Ein ebensolcher Beschluss erging auch in der Wahlmannergruppe der Schwedischen Volkspartei Deren Wahlmann Verner Korsback stellte sich allerdings offen gegen diesen Beschluss und kundigte an fur Kekkonen zu stimmen Aus der Volkspartei Finnlands hatte der Landbund bereits nach dem ersten Wahlgang Signale erhalten dass funf der sieben Wahlmanner in einem entscheidenden Wahlgang Kekkonen stutzen wurden Nach dieser Ausgangslage und unter der Annahme dass die Wahlmanner des Landbundes und der Volksdemokraten geschlossen fur Kekkonen stimmen wurden schien es mit 150 zu 150 Stimmen zu einem Patt zu kommen In diesem Fall hatte das Los die Wahl entschieden 22 Nach Durchfuhrung des dritten Wahlganges sortierten die Wahlleiter die Stimmzettel in Stapel fur Kekkonen und Fagerholm Sodann gegen 20 45 Uhr las der zum Wahlleitergremium gehorende Vaino Leskinen einer der erbittertsten Gegner Kekkonens jeden einzelnen Stimmzettel laut vor beginnend mit den Stimmen Kekkonens Der Name Kekkonen erklang 151 mal Nach einer nochmaligen Nachzahlung der Stimmen verkundete der Versammlungsvorsitzende Urho Kekkonen dass er zum Prasidenten der Republik fur die Amtszeit vom 1 Marz 1956 bis zum 1 Marz 1962 gewahlt worden sei und schloss die Versammlung 23 Die entscheidende Stimme BearbeitenVerlauf und Ausgang der Wahlen riefen sturmische Reaktionen hervor Der Arger der Unterlegenen richtete sich einerseits gegen die Volksdemokraten die durch ihre taktische Stimmaufteilung Fagerholm in den dritten Wahlgang verholfen hatten Andererseits entlud sich der Groll gegen die Verrater aus dem burgerlichen Lager Unmittelbar nach der Wahl wie auch uber Jahrzehnte spater wurde uber die Frage geratselt wer die entscheidende 151 Stimme fur Kekkonen abgegeben hatte Als Kandidaten fur den entscheidenden Uberlaufer wurden in hunderten Zeitungsartikeln Anna Flinck und Penna Tervo von den Sozialdemokraten Ture Hollsten von der Schwedischen Volkspartei Leo Mattila von der Volkspartei Finnlands sowie Helena Virkki und Aatto Koivisto von der Sammlungspartei gehandelt Uber die Jahre wurden zahlreiche sich widersprechende Enthullungen gemacht 1981 berichtete Kalle Kaihari in einem eigens veroffentlichten Buch dass er die entscheidende Stimme von Penna Tervo organisiert habe 24 Im Jahr 2006 verkundeten die Nachkommen des verstorbenen Ture Hollsten dass dieser der Uberlaufer gewesen sei 25 Kekkonen selbst meinte ebenfalls den Uberlaufer zu kennen 1974 erklarte er im Familienkreis dass Niilo Kosola von der Sammlungspartei ihm seinen Stimmzettel gezeigt habe unmittelbar bevor er ihn in die Urne warf und dass auf diesem Kekkonens Name gestanden habe 26 Kekkonen Biograf Juhani Suomi stellt fest dass sich nachdem die politische Position Kekkonens sich stabilisiert hatte so viele Wahlmanner aus dem Fagerholm Lager zu einer Stimmabgabe fur Kekkonen bekannt hatten dass das Ergebnis ganzlich anders hatte aussehen mussen Da er auch tatsachlich mehrere Uberlauferversionen fur glaubwurdig halt neigt er zu der Annahme dass es die eine entscheidende Stimme in Wirklichkeit nicht gegeben habe Stattdessen habe es moglicherweise auf beiden Seiten Uberlaufer gegeben die Gruppen des Landbundes und der Volksdemokraten hatten in Wirklichkeit nicht geschlossen hinter Kekkonen gestanden 27 Allen Verhinderungsversuchen zum Trotz wurde Urho Kekkonen am 1 Marz 1956 der achte Prasident der Republik Finnland Er sollte dieses Amt fur fast 26 Jahre bis 1982 innehaben und damit zur dominierenden Figur der finnischen Nachkriegspolitik werden Literatur BearbeitenKalle Kaihari Ratkaiseva aani 149 151 Jannitysvaalit 1956 Weilin Goos Espoo 1981 ISBN 951 35 2470 1 zitiert Kaihari Juhani Suomi Kuningastie Urho Kekkonen 1950 1956 Otava Helsinki 1990 ISBN 951 1 10403 9 zitiert Suomi Einzelnachweise Bearbeiten zitiert nach Suomi S 444 Originalzitat Jos tahtoisi yksinkertaisesti ja aivan avoimesti luonnehtia tulevaa presidentinvaalia niin kysymys on siita tuleeko tohtori Kekkosesta tasavallan paamies ensi helmikuussa vai ei Suomi S 443 Suomi S 440 443 460 465 Suomi S 445 Karl August Fagerholm Puhemiehen aani Tammi Helsinki 1977 ISBN 951 30 3981 1 S 261 Ilkka Hakalehto Vaino Tanner Omalla linjalla Kirjayhtyma Helsinki 1974 S 182 Suomi S 445 f Kaihari S 57 f Suomi S 475 477 Original Fagerholm Kansan mies kansan johtoon Abbildung des Wahlplakats auf der Website der Sozialdemokratischen Partei Finnlands Memento vom 11 Februar 2012 im Internet Archive und bei Arjenhistoria fi Kaihari S 58 f zitiert nach Suomi S 456 Originalzitat Ellei Fagerholm niin ei ainakaan Kekkonen Tahan maahan ei saa valita presidenttia kommunistien avulla Suomi S 446 456 Suomi S 457 Raimo Ranta Presidenttikysymys 1956 Asetelmat vaalitaistelussa ja niiden esihistoriaa Pro Gradu Arbeit der Universitat Helsinki 1980 S 49 Suomi S 483 f Suomi S 483 486 Suomi S 489 f Johannes Virolainen Muistiinpanoja ja myllykirjeita Otava Keuruu 1984 ISBN 951 10 8037 7 S 291 Originalzitat En ole milloinkaan ennen enka jalkeen kokenut sellaista neuvottelujen ennustusten huhujen ja nopeasti vaihtuvien tietojen tulvaa eduskuntatalossa kuin 15 helmikuuta 1956 Suomi S 491 494 Suomi S 494 496 Suomi S 496 497 Kaihari S 85 f Die Radioubertragung der Stimmauszahlung des dritten Wahlgangs ist abrufbar im lebenden Archiv des finnischen Rundfunks Kalle Kaihari Ratkaiseva aani 149 151 Jannitysvaalit 1956 Weilin Goos Espoo 1981 ISBN 951 35 2470 1 Suku vahvisti Hollsten aanesti Kekkosta Artikel in Helsingin Sanomat vom 2 April 2006 Suomi S 499 unter Bezugnahme auf private Korrespondenz Kekkonens und Interviews mit Kekkonens Sohn Matti Suomi S 498 500 Wahlen und Volksabstimmungen in FinnlandPrasidentschaftswahlen 1919 1925 1931 1937 1940 1943 1944 1946 1950 1956 1962 1968 1973 1978 1982 1988 1994 2000 2006 2012 2018 nbsp Parlamentswahlen 1907 1908 1909 1910 1911 1913 1916 1917 1919 1922 1924 1927 1929 1930 1933 1936 1939 1945 1948 1951 1954 1958 1962 1966 1970 1972 1975 1979 1983 1987 1991 1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019 2023Regionalwahlen 2022Kommunalwahlen 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1928 1930 1933 1936 1945 1947 1950 1953 1956 1960 1964 1968 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2017 2021Europawahlen 1996 1999 2004 2009 2014 2019 2024Volksabstimmungen 1931 1994 indirekte Wahl nbsp Dieser Artikel wurde am 12 Februar 2008 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prasidentschaftswahl in Finnland 1956 amp oldid 225722200