www.wikidata.de-de.nina.az
Potere Operaio deutsch Arbeitermacht abgekurzt PotOp war eine Organisation der ausserparlamentarischen Linken in Italien PotOp entstand wahrend der Arbeiterkampfe des so genannten Heissen Herbstes 1969 und loste sich im Juni 1973 auf Unter den Mitgliedern waren u a Antonio Negri Sergio Bologna Massimo Cacciari Oreste Scalzone Franco Piperno und Valerio Morucci Demonstration von Potere Operaio Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Entstehung Der heisse Herbst in Turin 3 Die Entwicklung von Potere Operaio 1970 73 4 Das Ende von Potere Operaio 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenPotere Operaio war eigentlich ein Schlachtruf der ausserparlamentarischen Linken in Italien der vor allem von operaistischen Gruppen gebraucht wurde Seit 1962 wurden immer wieder operaistische Flugblatter unter diesem Namen veroffentlicht Die erste Potere Operaio Gruppe formierte sich um Toni Negri Massimo Cacciari und Luciano Ferrari Bravo in Porto Marghera 1963 64 Seit 1966 kam es auch in anderen italienischen Stadten zur Grundung von Potere Operaio Gruppen wie etwa in Turin Perugia und vor allem in Pisa 1 Die Gruppe Lotta Femminista setzte sich beispielsweise fur bezahlte Hausarbeit unter Frauen ein Diese Gruppen waren zunachst nicht auf nationaler Ebene organisiert Uberlegungen die verschiedenen Gruppen zu vereinen brachten kein Ergebnis Fast alle dieser Gruppen lehnten jedoch eine Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und der Kommunistischen Partei Italiens PCI kategorisch ab Ziel war es stattdessen die Arbeiterkampfe autonom zu organisieren Entstehung Der heisse Herbst in Turin Bearbeiten1969 kam es zu Arbeitskampfen die eine bis dahin ungeahnte Qualitat erreichten Getragen durch alle drei Gewerkschaften und unterstutzt durch Protesterfahrungen der Studenten brachten es die Arbeiter auf insgesamt uber 300 Millionen Streikstunden und erkampften so Lohnerhohungen in Hohe von 18 3 1970 und weitere 9 8 bzw 9 in den beiden Folgejahren 2 Die Kampfe konzentrierten sich vor allem auf den Fiat Konzern in Turin wo sich auch zahlreiche prominente Vertreter der Neuen Linken an den Arbeitskampfen beteiligten Innerhalb dieser Arbeiter und Studentenavantgarden kam es zum Streit uber die Form der Organisation und die strategische Ausrichtung Wahrend des Sommers 1969 setzten sich zwei Stromungen durch Als Zentren dieser Stromungen entstanden die Organisationen Lotta Continua und Potere Operaio Lotta Continua stand in der Tradition von Il Potere Operaio di Pisa Die Aktivisten setzten vor allem auf die spontane und kreative Energie der revolutionaren Massen Erstrebt war der Aufbau stabiler landesweiter Strukturen die Inhalte und Projekte der Bewegung koordinieren sollten LC verstand sich dabei als Teil der Bewegung und nicht als externe Avantgarde Zu den Grundern von Lotta Continua zahlten Adriano Sofri Guido Viale und Luigi Bobbio Hochburgen von LC waren Turin und die Toskana 1976 loste sich LC als Organisation auf Die gleichnamige Zeitschrift die seit November 1969 herausgegeben wurde erschien noch bis 1982 Potere Operaio setzte sich vor allem aus Vertretern der romischen Studentenbewegung Potere Operaio di Porto Marghera und der Wochenzeitschrift La Classe zusammen die seit dem 1 Mai 1969 in Turin erschien Ziel von La Classe war es in erster Linie uber die Arbeitskampfe in Turin zu informieren Zugleich aber wurde der Aufbau einer landesweiten Organisation gefordert was dann mit der Grundung von Potere Operaio im September 1969 umgesetzt wurde 3 PotOp erstrebte den Aufbau einer Partei nach bolschewistisch leninistischem Vorbild Dabei sah sich die Gruppe als intellektuelle Avantgarde die die Bewegung fuhren und disziplinieren sollte Damit war PotOp wesentlich zentralistischer und elitarer als LC ausgerichtet 4 Die Entwicklung von Potere Operaio 1970 73 BearbeitenIm Herbst 1969 kam die erste Ausgabe der Zeitschrift Potere Operaio heraus Als Herausgeber fungierte Francesco Tolin der diese Funktion bereits bei den operaistischen Zeitschriften Classe Operaia und Contropiano ausgefuhrt hatte 5 Die erste PotOp Organisationskonferenz wurde im Januar 1970 in Florenz abgehalten Hier erst erhielt PotOp organisatorische Konturen Alberto Magnaghi wurde zum ersten Sekretar italienisch segretario nazionale gewahlt Nach diesem Kongress begann man in verschiedenen Stadten Buros zu eroffnen Hochburg war Rom wo Piperno und Scalzone bereits 1968 leader der Studentenbewegung waren Ein weiterer Schwerpunkt war der Nord Osten Italiens vor allem Padua und Venedig Porto Marghera Es gelang jedoch nie sich in den wichtigen Industriestadten des Nordens zu etablieren In Turin setzte sich LC durch wahrend in Mailand die leninistisch orientierte Gruppe Avanguardia operaia deutsch Arbeiteravantgarde und die Studentenbewegung der Statale um Mario Capanna den grossten Einfluss hatten Die politische Arbeit der Gruppe bestand vor allem darin in Fabriken und Arbeitervierteln zu agitieren und die Arbeiter von der Notwendigkeit einer proletarischen Revolution zu uberzeugen Dabei wurde die Notwendigkeit einer revolutionaren Partei nach leninistischem Vorbild betont Inhaltlich ging es PotOp vor allem um den Kampf gegen die kapitalistische Lohnarbeit Es stimmt nicht dass wir in dieser Gesellschaft frei sind Wir sind nur frei jeden Morgen aufzustehen und zur Arbeit zu gehen Wer nicht arbeitet isst nichts Ist das Freiheit Es gibt eine Sache die unserer Freiheit im Wege steht die Arbeit 6 Damit knupfte PotOp an eine zentrale These des fruhen Operaismus an die in erster Linie von Mario Tronti erarbeitet wurde 7 Bereits seit 1970 wurde innerhalb der Gruppe uber die Anwendung von Gewalt und das Problem der Illegalitat diskutiert Diese Diskussion pragte dann auch die dritte Organisationskonferenz 24 26 September 1971 in Rom Dort unterbreitete Francesco Pardi den Vorschlag geschlossen in den Untergrund zu gehen 8 Dieser Vorschlag wurde verworfen Einig waren sich aber die meisten Aktivisten dass eine Revolution nur durch einen bewaffneten Aufstand zu erreichen sei ital insurrezione armata Zur Vorbereitung dieses Aufstandes wurde ein kleiner militanter Kern fur illegale Arbeit gegrundet der gemass seiner Aufgabe als Lavoro Illegale abgek LI bezeichnet wurde LI erhielt eine politisch militarische Doppelspitze Oreste Scalzone wurde der politische Verantwortliche dem spateren Rote Brigaden Aktivisten Valerio Morucci wurde die militarische Verantwortung ubertragen 9 Zum segretario nazionale wurde Piperno gewahlt Die politische Organisation PotOp verfugte damit seit 1971 uber einen bewaffneten Arm LI Gegen den Aufbau dieser klandestinen Struktur hatte sich Toni Negri ausgesprochen der seinerseits fur eine Militarisierung der Massen pladierte Negri und Piperno hatten zudem unterschiedliche Auffassungen uber die Organisationsform Wahrend die Idee zum Aufbau einer Partei vor allem von Piperno vertreten wurde pladierte Toni Negri auch in diesem Punkt fur eine offenere Struktur und autonome Aktionsformen Das Ende von Potere Operaio BearbeitenPotOp galt abgesehen von den Roten Brigaden als radikalste Gruppe der ausserparlamentarischen Linken Italiens und war entsprechend isoliert Um diese Isolation zu durchbrechen wurde u a auch ein Zusammenschluss mit Il Manifesto angestrebt der jedoch nicht zustande kam Aufgrund der Isolation und der Erfolglosigkeit geriet PotOp spatestens 1972 in eine Krise Hinzu kam eine anhaltende finanzielle Krise nach dem Tod des wichtigsten Finanziers Giangiacomo Feltrinelli 15 Marz 1972 Am 16 April 1973 kam es im romischen Stadtteil Primavalle zudem zu einem schwerwiegenden Zwischenfall Bei einem Brand im Haus eines MSI Aktivisten starben zwei seiner Sohne Daran dass das Feuer von einigen PotOp Aktivisten gelegt wurde bestanden von Beginn an kaum Zweifel Dementsprechend verscharfte dies die innere Krise von PotOp und viele Aktivisten verliessen in der Folge die Organisation 10 Als Konsequenz dieser anhaltenden Krise wurde beim vierten und letzten Kongress von PotOp in Rosolina 31 Mai bis 3 Juni 1973 schliesslich die Auflosung beschlossen Negri hatte bereits im Vorfeld das Ende der Gruppen propagiert weil diese durch die Arbeitskampfe der Jahre 1972 73 von der Wirklichkeit uberholt worden seien Die Arbeiter hatten ein neues Niveau der Basisorganisation erreicht Gruppen wie Lotta Continua oder Potere Operaio waren nach Ansicht Negris damit uberflussig geworden 11 Hintergrund war dass Fiat Arbeiter im Marz 1973 die Fabrik Fiat Mirafiori einige Tage besetzt hielten und die Auslieferung damit massiv behinderten Diese Besetzung wurde von den Arbeitern selbst und gegen den ausdrucklichen Willen der Gewerkschaften organisiert 12 Bereits im Marz 1973 wurde auf einem Kongress in Bologna die Bewegung der Autonomia Operaia dt Arbeiterautonomie ins Leben gerufen in der sich dann auch viele ehemalige PotOp Aktivisten engagierten darunter auch Piperno und Scalzone Andere z B Valerio Morucci oder Adriana Faranda traten spater in die Roten Brigaden ein Die Zeitschrift Potere Operaio erschien noch bis Dezember 1973 Literatur BearbeitenToni Negri Krise des Plan Staats Kommunismus und revolutionare Organisation Merve IMD 33 1973 PO 25 September 1971 Franco Berardi La nefasta utopia di Potere operaio Lavoro tecnica movimento nel laboratorio politico del Sessantotto italiano Castelvecchi Rom 1998 Giorgio Bocca Il caso 7 aprile Toni Negri e la grande inquisizione Feltrinelli Mailand 1980 Luca Castellano Hrsg Aut Op La storia e i documenti da Potere operaio all Autonomia organizzata Savelli Mailand 1980 Aldo Grandi Hrsg Insurrezione armata Per la prima volta parlano i protagonisti di Potere operaio Rizzoli BUR Mailand 2005 Aldo Grandi La generazione degli anni perduti storie di Potere Operaio Einaudi Mailand 2003 Valerio Morucci La peggio gioventu Una vita nella lotta armata Rizzoli Mailand 2004 Giampaolo Pansa L utopia armata Come e nato il terrorismo in Italia Dal delitto Calabresi all omicidio Tobagi Sperling amp Kupfer Mailand 2006 S 11 74 Potere Operaio Alle Avanguardie per il partito Bozza di documento politico elaborata dalla Segreteria Nazionale di P O e proposta alla discussione dei militanti Mailand 1970 Oreste Scalzone Biennio rosso 68 69 Figure e passaggi di una stagione rivoluzionaria Sugarco Mailand 1988 Wright Steve Den Himmel sturmen Eine Theoriegeschichte des Operaismus Assoziation A Berlin 2005 Jobst C Knigge Feltrinelli Sein Weg in den Terrorismus Humboldt Universitat Berlin 2010 open access Einzelnachweise Bearbeiten Zur Geschichte und den Positionen von Il Potere Operaio di Pisa Roberto Massari Hg Adriano Sofri il 68 e il Potere operaio pisano Bolsena 1998 Vgl auch Jan Kurz Die Universitat auf der Piazza Entstehung der Zerfall der Studentenbewegung in Italien 1966 1968 Koln 2001 S 300ff Aldo Cazzullo I ragazzi che volevano fare la rivoluzione Storia crtica di Lotta Continua 1968 1978 Mailand 2006 S 39ff Paul Ginsborg A History of Contemporary Italy Society and Politics 1943 1988 New York 2003 Seite 309ff Friederike Hausmann Kleine Geschichte Italiens von 1943 bis zur Ara nach Berlusconi Berlin 2006 Seite 81f Die wichtigsten Artikel aus La Classe sind abgedruckt in Lucio Castellano Hg Aut Op La storia e i documenti Da Potere operaio all Autonomia organizzata Savelli Mailand 1980 S 25ff vgl auch Elena Petricola I diritti degli esclusi nelle lotte degli anni settanta Lotta Continua Edizioni Associate Rom 2002 S 39ff Ausfuhrlich zum Gegensatz PotOp vs LC Giuseppe Carlo Marino Biographia del Sessantotto Utopie conquiste sbandamenti Bompiani Mailand 2004 S 368ff Am 24 November 1969 wurde er unter dem Vorwurf zum Aufstand gegen den Staat aufgerufen zu haben inhaftiert Vgl Potere Operaio Contro la repressione stato capitale liberiamo Tolin e gli altri compagni in Potere Operaio 10 27 November 1969 S 2 Potere Operaio Alle Avanguardie per il partito Bozza di documento politico elaborata dalla Segreteria Nazionale di P O e proposta alla discussione dei militanti Mailand 1970 S 25f Mario Tronti Marx forza lavoro classe operaia in Ders Operai e Capitale Turin 1977 zuerst 1966 dt Titel Marx Arbeitskraft Arbeiterklasse S 259 263 Francesco Pardi in Aldo Grandi Insurrezione armata Per la prima volta parlano i protagonisti di Potere operaio Rizzoli BUR Mailand 2005 S 279 285 hier S 283f Zu LI Francesco Bellosi in Aldo Grandi Insurrezione armata Per la prima volta parlano i protagonisti di Potere operaio Rizzoli BUR Mailand 2005 S 22 52 vor allem S 31ff Valerio Morucci La peggio gioventu Una vita nella lotta armata Rizzoli Mailand 2004 S 82ff Giampaolo Pansa L utopia armata Come e nato il terrorismo in Italia Dal delitto Calabresi all omicidio Tobagi Sperling amp Kupfer Mailand 2006 S 26ff Vgl Luca Telese Cuori Neri Dal rogo di Primavalle alla morte di Ramelli 21 delitti dimenticati degli anni di piombo Mailand 2008 S 63 119 Pino Casamassima Il libro nero delle Brigate Rosse Gli episodi e le azioni della piu nota organizzazione armata dagli anni di piombo fino ai nostri giorni Newton Compton Rom 2007 S 328ff Aldo Grandi Insurrezione armata Per la prima volta parlano i protagonisti di Potere operaio Rizzoli BUR Mailand 2005 S 145ff Vgl vor allem die Aufsatze von Toni Negri Un passo avanti due indietro la fine dei gruppi und Articolazioni organizzative e organizzazione complessiva il partito di Mirafiori beide abgedruckt in Sergio Bianchi Lanfranco Caminiti Hrsg Gli autonomi Le storie le lotte le teorie Derive Approdi Rom 2007 Bd 2 S 74 84 Ausfuhrlich dazu Trikont Verlag Hrsg Fiat Arbeiter produzieren die Krise Gegenmacht als Kampfform Trikont Munchen 1974 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Potere operaio amp oldid 236813226