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Das Postdorfle ist eine Wohnsiedlung im Stuttgarter Stadtbezirk Stuttgart Nord in der Nahe des Hauptbahnhofs Sie wurde als erste Arbeitersiedlung in Stuttgart 1869 bis 1871 fur niedere Post und Eisenbahnbedienstete durch den Architekten Georg von Morlok in Bauformen der Renaissance errichtet Postdorfle 1872 Vorn Heilbronner Strasse links Im Kaisemer rechts Vordernbergstrasse Das Hanggelande wurde durch 7 Terrassen mit 21 zeilenweise angeordneten dreistockigen Wohngebauden erschlossen die an Mietetagenhauser erinnerten Die Siedlung verfugte uber rund 200 Wohnungen fur etwa 1000 Bewohner Zwei weitere Gebaude nahmen die mit moderner Technik ausgerusteten Gemeinschaftseinrichtungen auf Badhaus Kantine Waschhaus Kinderkrippe und Konsumladen Im Zweiten Weltkrieg wurde die Siedlung grosstenteils zerstort und vereinfacht wieder aufgebaut Die Nachkriegsbauten wurden spater teilweise durch moderne Gebaude mit Komfortwohnungen ersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Name 2 Lage 3 Beschreibung 4 Nachkriegsentwicklung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseName BearbeitenDie schwabische Eigenart das Diminutiv durch die Nachsilbe le zu bilden hat auch dem Postdorfle zu seinem Namen verholfen Schon Franziska von Hohenheim die Geliebte und spatere Gemahlin von Herzog Karl Eugen bezeichnete ihr Englisches Dorf in Stuttgart Hohenheim als Dorfle Das Postdorfle war kein Dorf sondern eine dorfahnliche Siedlung fur Postler und Eisenbahner Zwei spater entstandene Siedlungen in Stuttgart wurden ebenfalls als Dorfle bezeichnet das Eisenbahnerdorfle auf der Prag zwischen Nordbahnhofstrasse und Rosensteinstrasse das zwischen 1894 und 1912 ebenso wie das Postdorfle fur Unterbedienstete der wurttembergischen Verkehrsverwaltung erbaut wurde 1 das Birkendorfle im Stuttgarter Norden eine Sackstrassensiedlung die auf den alten Flurnamen Birkenwald zuruckgeht und zwischen 1907 und 1911 erbaut wurde In der Anfangszeit hiess das Postdorfle im Volksmund Kleinhemmingen nach dem Initiator des Postdorfles dem wurttembergischen Aussen und Eisenbahnminister Karl von Varnbuler dessen Familiensitz sich in Hemmingen befand 2 Lage Bearbeiten nbsp Lageplan 1869 Lageplan um 90 Grad gedreht nbsp Lageplan 2018 nbsp Gelandeprofil 1869 Das Postdorfle liegt im Stuttgarter Stadtbezirk Stuttgart Nord an der Heilbronner Strasse einer Hauptdurchgangsstrasse die von der Stadtmitte nach Heilbronn fuhrt Das rechteckige Areal ist mit seinen Breitseiten nach Suden und mit seinen Schmalseiten zur Heilbronner Strasse hin ausgerichtet Das Rechteck misst 120 mal 200 Meter und umfasst eine Flache von 2 5 Hektar Das Grundstuck des Postdorfle wird an seinen Schmalseiten von der Heilbronner Strasse und der Birkenwaldstrasse begrenzt und an den Breitseiten von der Strasse Im Kaisemer und der Vordernbergstrasse 3 Das Gelande ist ein ehemaliger Weinberg so wie die noch heute in der naheren Umgebung bewirtschafteten Weinberge Monchhalde und der Weinberg auf dem Kriegsberg Zwischen dem hochsten Punkt an der Birkenwaldstrasse 290 Meter und dem niedrigsten Punkt an der Heilbronner Strasse 260 Meter besteht ein Hohenunterschied von 30 Metern das entspricht einer Hangneigung von 12 5 4 Beschreibung Bearbeiten nbsp Einzelgebaude mit 6 Wohnungen 1869 nbsp Doppelhaus mit 12 Wohnungen 1869 In der 2 Halfte des 19 Jahrhunderts war der Wohnungsmarkt in Stuttgart stark angespannt Der wurttembergische Staat sah sich daher genotigt auf dem stadtischen Wohnungsmarkt zu intervenieren um wenigstens einem Teil seiner Unterbediensteten oder niederen Bediensteten in den Verkehrsanstalten billigere Kleinwohnungen zu verschaffen Eine treibende Kraft dieser Bestrebungen war der wurttembergische Aussen und Eisenbahnminister Karl von Varnbuler Als Baugrundstuck konnte ein geschlossenes Weinberggelande ausserhalb des damaligen Stadtzentrums kostengunstig erworben werden Die Planung des Postdorfle wurde dem Architekten Georg von Morlok ubertragen Als Eisenbahningenieur hatte er den Bau vieler Bahnlinien geleitet Er war einer der Erbauer des Alten Bahnhofs in der Bolzstrasse in Stuttgart 1863 1868 und war am Aufbau der ersten wurttembergischen Arbeitersiedlung in Kuchen beteiligt 1857 1869 Die Hanglage des Grundstucks erschwerte zwar die Bebauung Morloks genialer Entwurf machte jedoch aus der Not eine Tugend Er teilte das Gelande in 7 Terrassen auf denen 21 Wohngebaude mit 196 Wohnungen und 2 Gemeinschaftshauser in Bauformen der Renaissance errichtet wurden Die erste Hangsiedlung in Stuttgart bereicherte durch die Terrassierung den Siedlungsbau um eine bisher unbekannte Variante Durch die lockere Terrassenbebauung entsprach die Siedlung den Forderungen an ausreichende Beluftung Belichtung und einen angemessenen Abstand der Hauser untereinander Auf der untersten Terrasse an der Heilbronner Strasse wurden zwei Gemeinschaftshauser errichtet die Bad und Speiseanstalt und die Waschanstalt die mit moderner Technik ausgestattet wurden Der Hauptweg entlang der symmetrischen Mittelachse verlief von einer Freitreppe und einem Bassin zwischen den Gemeinschaftshausern uber ein Bassin und einen Brunnen in der Mitte bis zur obersten Terrasse des Postdorfle Vom Hauptweg zweigten die Seitenwege ab die zu den Wohngebauden fuhrten Die Zwischenraume zwischen den Hausern waren als Mietergarten parzelliert Auf den Ebenen 2 7 wurden 21 dreistockige Gebaude errichtet 13 Einzelgebaude mit je 6 Wohnungen 7 Doppelhauser mit je 12 Wohnungen und ein dreiflugeliges Funffachhaus mit 34 Wohnungen Die komfortablen Wohnungen bestanden aus Wohnzimmer teilweise mit Erker Schlafzimmer Kinderzimmer Kuche teilweise mit Balkon Toilette und Vorplatz Zu jeder Wohnung gehorte ein Keller ein Holzstall ein Dachbodenanteil und eine Gartenparzelle 5 Nachkriegsentwicklung Bearbeiten nbsp Gemeinschaftshauser des Postdorfle 1869 nbsp Hotel Arcotel Camino 2018 Im Zweiten Weltkrieg wurden die Wohngebaude des Postdorfle grosstenteils zerstort wahrend die Gemeinschaftshauser erhalten blieben Die Wohngebaude wurden vereinfacht unter Beachtung der ursprunglichen Grundstucksaufteilung wieder aufgebaut Das Rondell mit Bassin und Brunnen in der Mitte des Hauptwegs wurde durch eine Grunflache mit 8 Randbaumen ersetzt Die Nachkriegsneubauten rechts des Hauptwegs von der Heilbronner Strasse aus gesehen wurden durch moderne Gebaude mit Komfortwohnungen ersetzt 6 Eine Haltestelle der Buslinie 44 oberhalb des Postdorfle in der Birkenwaldstrasse wurde nach dem Postdorfle benannt Nach den Planen des Wiener Architekten Harald Schreiber und des Frankfurter Buros Christoph Mackler Architekten wurden 2007 die ehemaligen Gemeinschaftshauser unter Beibehaltung der Fassaden zu einem Hotel umgebaut Hotel Arcotel Camino Zwischen die beiden bestehenden Gebaude wurde ein Neubau fur die Lobby und den Eingangsbereich des Hotels errichtet Literatur BearbeitenNorbert Bongartz Inventur Stuttgarter Wohnbauten 1865 1915 Eine Photo Ausstellung zum Europaischen Denkmalschutzjahr 1975 Kunstgebaude am Schlossplatz 21 8 21 9 1975 Wurttembergischer Kunstverein Stuttgart Stuttgart 1975 S 41 42 Eisenbahnarbeitersiedlungen aus der Zeit der fruhen Hochindustrialisierung aufgezeigt am Siedlungsbeispiel Postdorfle In Peter Kirsch Arbeiterwohnsiedlungen im Konigreich Wurttemberg in der Zeit vom 19 Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkrieges Geographisches Institut Tubingen 1982 S 82 96 Foto 4 Stefan Heinz Postdorfle In Stadtarchiv Stuttgart Digitales Stadtlexikon 21 Oktober 2021 Georg von Morlok Die Koniglich Wurttembergischen Staatseisenbahnen Ruckschau auf deren Erbauung wahrend der Jahre 1835 1889 unter Berucksichtigung ihrer geschichtlichen technischen und finanziellen Momente und Ergebnisse Dargestellt von G von Morlok Oberbaurat und Baudirektor Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1890 Nachdruck Siedentop Heidenheim 1986 ISBN 3 924305 01 3 S 126 128 125 Raetz Kolonie von Wohnungen fur die Niederbediensteten der konigl wurttemberg Verkehrsanstalten das sog Arbeiterdorfchen in Stuttgart Entworfen und erbaut von Oberbaurath Morlok In Allgemeine Bauzeitung Jahrgang 39 1874 S 78 80 Tafel 79 89 online Jurgen Reulecke Hrsg Geschichte des Wohnens Band 3 1800 1918 das burgerliche Zeitalter Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1997 S 627 628 Eisenbahnerdorfle In Christina Simon Philipp Herausgeberin WohnOrte 90 Wohnquartiere in Stuttgart von 1890 bis 2017 Entwicklungen und Perspektiven Stuttgart Karl Kramer Verlag 2017 S 68 70 W Weinberg Fuhrer durch die Haupt u Residenzstadt Stuttgart den Teilnehmern der 78 Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher u Arzte gewidmet von der Stadtgemeinde Stuttgart und in deren Auftrag herausgegeben von der Geschaftsfuhrung Gruninger Stuttgart 1906 S 77 archive org Martin Worner Gilbert Lupfer Ute Schulz Architekturfuhrer Stuttgart Reimer Berlin 2006 Nummer 174 S 112 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Postdorfle Sammlung von BildernEinzelnachweise Bearbeiten Simon Philipp 2017 Kirsch 1982 S 85 Die Heilbronner Strasse hiess bis 1936 Bahnhofstrasse Die Strasse Im Kaisemer hiess bis 1888 Kaiserstrasse dann Kaisemerstrasse und ab 1912 Im Kaisemer Raetz 1874 S 78 Raetz 1874 Kirsch 1982 Worner 2006 48 788213 9 180426 Koordinaten 48 47 17 6 N 9 10 49 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Postdorfle Stuttgart amp oldid 230721097