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Mit dem Phasenmodell der Eskalation legte Friedrich Glasl im Jahr 1980 ein Modell vor um Konflikte zu analysieren Aus der Analyse konnen sich angemessene Reaktionen ergeben Das Modell hat neun Stufen im Gegensatz zum Modell nach Kurt R Spillmann und Kati Spillmann die funf identifizierbare Eskalationsstufen beschreiben 1 Diese Stufen sind in drei Hauptphasen Ebenen mit jeweils drei Abstufungen unterteilt Inhaltsverzeichnis 1 Phasenmodell 1 1 1 Hauptphase win win Es ist noch alles offen 1 2 2 Hauptphase win lose Ab hier Gewinner und Verlierer 1 3 3 Hauptphase lose lose Ab hier nur noch Verlierer 2 Eskalationsmechanismen 3 Deeskalations und Konfliktlosungsstrategien 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweisePhasenmodell BearbeitenGlasl stellt die Eskalation bewusst nicht als aufsteigende Leiter dar wie Herman Kahn 1965 2 weil der Weg der Eskalation mit einer gewissen zwingenden Kraft in Regionen fuhrt die grosse untermenschliche Energien aufrufen die sich jedoch auf die Dauer der menschlichen Steuerung und Beherrschung entziehen 3 In der ersten Hauptphase konnen beide Konfliktparteien noch gewinnen Win Win In der zweiten Hauptphase verliert eine Partei wahrend die andere gewinnt Win Lose und in der dritten Hauptphase verlieren beide Parteien Lose Lose Die drei Hauptphasen sind durch sogenannte Hauptschwellen voneinander getrennt Das Achten der ersten Hauptschwelle sichert eine kooperative Losung auf der Sachebene das Respektieren der zweiten Hauptschwelle bedeutet dass man sich noch von moralisch ethischen Skrupeln leiten lasst 4 nbsp Die drei Hauptphasen und neun Stufen der KonflikteskalationMan kann die unterschiedlichsten Konflikte damit analysieren zum Beispiel Scheidungen Konflikte zwischen Kollegen oder Schulern und auch Konflikte zwischen Staaten 1 Hauptphase win win Es ist noch alles offen Bearbeiten Stufe 1 VerhartungKonflikte beginnen mit Spannungen z B gelegentliches Aufeinanderprallen von Meinungen Es ist alltaglich und wird nicht als Beginn eines Konflikts wahrgenommen Wenn daraus doch ein Konflikt entsteht werden die Meinungen fundamentaler Der Konflikt konnte tiefere Ursachen haben Stufe 2 Debatte PolemikAb hier uberlegen sich die Konfliktpartner Strategien um den anderen von ihren Argumenten zu uberzeugen Meinungsverschiedenheiten fuhren zu einem Streit Man will den anderen unter Druck setzen Schwarz Weiss Denken entsteht Stufe 3 Taten statt WorteDie Konfliktpartner erhohen den Druck auf den jeweils anderen um sich oder die eigene Meinung durchzusetzen Gesprache werden z B abgebrochen Es findet keine verbale Kommunikation mehr statt und der Konflikt verscharft sich schneller Das Mitgefuhl fur den anderen geht verloren 2 Hauptphase win lose Ab hier Gewinner und Verlierer Bearbeiten Stufe 4 Koalitionen ImagesDer Konflikt verscharft sich dadurch dass man Sympathisanten fur seine Sache sucht Da man sich im Recht glaubt kann man den Gegner denunzieren Es geht nicht mehr um die Sache sondern darum den Konflikt zu gewinnen damit der Gegner verliert Stufe 5 GesichtsverlustDer Gegner soll in seiner Identitat vernichtet werden durch alle moglichen Unterstellungen oder ahnliches Hier ist der Vertrauensverlust vollstandig Gesichtsverlust bedeutet in diesem Sinne Verlust der moralischen Glaubwurdigkeit Stufe 6 DrohstrategienMit Drohungen versuchen die Konfliktparteien die Situation absolut zu kontrollieren Sie soll die eigene Macht veranschaulichen Man droht z B mit einer Forderung 10 Mio Euro die durch eine Sanktion Sonst sprenge ich Ihr Hauptgebaude in die Luft verscharft und durch das Sanktionspotenzial Sprengstoff zeigen untermauert wird Hier entscheiden die Proportionen uber die Glaubwurdigkeit der Drohung 3 Hauptphase lose lose Ab hier nur noch Verlierer Bearbeiten Stufe 7 Begrenzte Vernichtung sschlage Hier soll dem Gegner mit allen Tricks empfindlich geschadet werden Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen Ab hier wird ein begrenzter eigener Schaden schon als Gewinn angesehen sollte der des Gegners grosser sein Stufe 8 ZersplitterungDas Unterstutzersystem des Gegners soll mit Vernichtungsaktionen zerstort werden Stufe 9 Gemeinsam in den AbgrundAb hier kalkuliert man die eigene Vernichtung mit ein um den Gegner zu besiegen Eskalationsmechanismen BearbeitenGlasl beschreibt neben dem Verlauf einer zunehmenden Konflikteskalation auch zentrale Mechanismen die diesen Prozess vorantreiben Grundsatzlich stellt er z B fest dass die beteiligten Parteien zunehmend irrational handeln sich immer starker am bisher Erlebten orientieren dabei jedoch die Folgen ihres Tuns fur die Zukunft ausblenden und in ihrer Wahrnehmung des tatsachlichen Geschehens immer starker beeintrachtigt sind Diese Begleiterscheinungen der Eskalation bleiben den Beteiligten allerdings meist verborgen 5 Glasl hat funf Kernmechanismen der Eskalation herausgearbeitet Er geht davon aus dass sie eine starke Dynamik erzeugen und es viel Kraft und Energie braucht um ihnen entgegenzuwirken 6 Zunehmende Projektion bei wachsender SelbstfrustrationJede Personen neigt unterschiedlich stark dazu eigene Schwachen nur schwer annehmen zu konnen was zu inneren Spannungen fuhrt Damit verbundene Verhaltensweisen werden in der Folge anderen zugeschrieben oder sogar als von diesen verursacht erlebt was allerdings mit Selbstvorwurfen und Schuldgefuhlen einhergeht Es droht dadurch ein Teufelskreis von zunehmender Anspannung neuen Projektionen und ggf Uberreaktionen gegenuber Anderen die weitere Spannungen und Frustrationen erzeugen 7 Ausweitung der strittigen Themen bei gleichzeitiger kognitiver KomplexitatsreduktionKonfliktparteien bemuhen sich im Zweifel darum lieber zu viele als womoglich zu wenige Argumente fur ihre Position zu haben und fuhren diese z T auch aus taktischen Grunden dann ins Feld selbst wenn sie unwesentlich sind Die Sachlage wird damit unubersichtlicher und die Komplexitat des Konflikts steigt mit zunehmender Dauer der Auseinandersetzung Parallel wachst in der Regel der Stress auch durch Zeitdruck oder schwindende Handlungsspielraume Das verlangt von den Parteien Vereinfachungen und Auslassungen die eine Versteifung im Denken und eine Verscharfung des Auftretens und moglicher Forderungen begunstigen Glasl spricht hier von der paradoxen Verkopplung der ausseren Zunahme der Komplexitat und der inneren Verringerung von Komplexitat die Stress und Unbehagen weiter verstarkt 8 Wechselseitige Verflechtung von Ursachen und Wirkungen Kausalitatsumkehr bei Simplifizierung der KausalitatsbeziehungenKonfliktparteien bilden fur sich im Verlauf der Auseinandersetzung eigene Denkmodelle dazu was geschieht und worin die Grunde dafur bestehen Diese unterscheiden sich in der Regel zwischen den Parteien Was eine Seite fur Ursachen halt erscheint der anderen haufig als Wirkung und umgekehrt Dass diese Denkmodelle sich im Prozess stetig verandern verkompliziert die Situation weiter wahrend sich die Parteien gleichzeitig immer starker einfache und eindeutige Erklarungsmodelle von Ursachen und Wirkungen suchen 9 Ausweitung der sozialen Arena bei gleichzeitiger Tendenz zum Personifizieren des Konfliktes verbunden mit einer sinkenden Verantwortungsubernahme fur das jeweils eigene HandelnGlasl geht davon aus dass Konfliktparteien oft in der Angst die Gegenseite konnte das bereits getan haben andere Personen oder sogar die Offentlichkeit in das Konfliktgeschehen einbeziehen und damit eine von ihnen eigentlich gefurchtete Ausweitung des Konflikts bewirken Durch immer mehr Beteiligte wachst die Gefahr von Missverstandnissen oder unangemessenen Handlungen weiter an Statt zunehmendem Einfluss erleben die Beteiligten einen weiteren Kontrollverlust Stress und Unbehagen steigen weiter In diesem Zuge nehmen die Beteiligten sich wechselseitig immer weniger konkret wahr sondern entwickeln holzschnittartige Bilder und Vorstellungen der anderen Beteiligten bis hin zu Feindbildern Die Aussagen der Personen werden dabei immer weniger gesehen und ggf abgelehnt Die Ablehnung richtet sich stattdessen immer mehr gegen die Personen selbst bzw eigentlich die von diesen entwickelten inneren Bilder In solchen Kontexten haufig von allen Seiten vorgenommene Verantwortungszuschreibungen in Richtung der Gegenseite werden dabei in der Regel jeweils zuruckgewiesen Dadurch entstehen und wachsen Bereiche des Konfliktgeschehens in denen sich niemand als verantwortlich empfindet und Verantwortlichkeiten werden generell zu einem Themenfeld der Auseinandersetzung 10 Beschleunigung durch pessimistische Antizipation BremsenUnter dem bestehenden und ggf z B durch gesetzte Ultimaten forcierten Druck entsteht ein Wettlauf um moglichst gunstige Positionen Diese wollen die Parteien sich entweder vorsorglich sichern und wieder aufholen wo sie von Positionsverbesserungen der Gegenseite ausgehen Reaktionen erfolgen oft in Anlehnung an das schlimmst mogliche Szenario und fuhren so zu Handlungen die von der Gegenseite als unverhaltnismassig erlebt werden und dann weitere Schritte auf deren Seite zur Folge haben Versuche durch Demonstrationen von Starke oder Entschlossenheit das Gegenuber zum Einlenken zu bewegen und eine weitere Eskalation so abzubremsen fuhrten stattdessen zu unangemessen massiven Massnahmen und der Gefahr ubereilter weiterer Schritte also letztlich zum Gegenteil des eigentlich Bezweckten 11 Deeskalations und Konfliktlosungsstrategien BearbeitenDas Modell beschreibt wie sich zwei oder ggf auch mehr Konfliktparteien verhalten Losungen zur Deeskalation werden in diesem Modell auf den ersten Blick nicht angeboten 12 Insbesondere dann wenn bei Konflikten fur beide Konfliktparteien ein Verlassen der Situation nicht moglich erscheint z B aggressiver Akt auf das Hoheitsgebiet eines Staates Trennung eines gemeinsamen Kindes vom anderen Elternteil Entzug von Burgerrechten durch einen Staat Massenentlassungen zur Verbesserung des Shareholder Value oder eine Partei die bewusste Konflikteskalation als strategisches Moment auswahlt Glasl weist den verschiedenen Eskalationsstufen jedoch folgende Strategiemodelle zur Deeskalation zu Stufe 1 3 Moderation Stufe 3 5 Prozessbegleitung Stufe 4 6 sozio therapeutische Prozessbegleitung Stufe 5 7 Vermittlung Mediation Stufe 6 8 Schiedsverfahren gerichtliches Verfahren Stufe 7 9 MachteingriffDabei bietet die Berucksichtigung der Mechanismen die die Eskalationsdynamik befeuern Anhaltspunkte dafur wie eine Deeskalation erreicht werden kann Die Fahigkeit zum weltbild und wertfreiem Erkennen und Eliminieren von konfliktnahrenden Kraften zum Zwecke einer Konfliktdeeskalation bietet insbesondere Fuhrungskraften Beratern und Sozialarbeitern grosse Vorteile Siehe auch BearbeitenPaul Graham Konflikteskalations Modell Konfliktmanagement Mediation Dramadreieck Gewaltfreie Kommunikation Wirtschaftsethik Delphinstrategie Harvard Konzept Der Rosenkrieg GRIT TechnikLiteratur BearbeitenFriedrich Glasl Konfliktmanagement Diagnose und Behandlung von Konflikten in Organisationen Haupt Bern Stuttgart 1980 ISBN 3 258 02971 7 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 Alexander Redlich Konfliktmoderation in Gruppen mit Lehrfilm auf DVD 7 Auflage Windmuhle Hamburg 2009 ISBN 978 3 937444 18 5 Einzelnachweise Bearbeiten Kurt R Spillmann und Kati Spillmann Feindbilder Entstehung Funktion und Moglichkeiten ihres Abbaus In Zurcher Beitrage zur Sicherheitspolitik und Konfliktforschung Nr 12 1989 ISBN 3 905641 06 2 S 19 ff Volltext pdf Herman Kahn On Escalation Praeger New York 1965 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Diagnose und Behandlung von Konflikten in Organisationen Haupt Bern Stuttgart 1980 ISBN 3 258 02971 7 S 235 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Diagnose und Behandlung von Konflikten in Organisationen Haupt Bern Stuttgart 1980 ISBN 3 258 02971 7 S 237 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 205f Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 308f Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 210 215 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 215 218 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 218 220 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 222 226 Friedrich Glasl Konfliktmanagement Ein Handbuch fur Fuhrungskrafte Beraterinnen und Berater 11 Auflage Haupt Bern Stuttgart 2013 ISBN 978 3 772528 11 8 S 226 228 http www friedenspaedagogik de themen kriegsgeschehen verstehen krieg konflikteskalation die neun stufen der konflikteskalation nach glasl Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Phasenmodell der Eskalation amp oldid 238027224