www.wikidata.de-de.nina.az
Die Pariser Sinfonien sind ein Satz von sechs Sinfonien die Joseph Haydn 1785 und 1786 fur die Pariser Konzertreihe Concert de la Loge Olympique komponierte Im Hoboken Verzeichnis haben sie die Nummern I 82 bis I 87 Sinfonie Nr 82 in C Dur L Ours Der Bar Sinfonie Nr 83 in g Moll La Poule Die Henne Sinfonie Nr 84 in Es Dur Sinfonie Nr 85 in B Dur La Reine Die Konigin Sinfonie Nr 86 in D Dur Sinfonie Nr 87 in A DurJoseph Haydn Gemalde von Ludwig Guttenbrunn um 1770 Sie zahlen neben den zwolf Londoner Sinfonien zu den bekanntesten und am haufigsten aufgefuhrten Sinfonien Haydns Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Veroffentlichungsgeschichte 3 Rezeption 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDie Sinfonien Nr 82 bis 87 sind im Jahr 1784 oder Anfang 1785 von Claude Francois Marie Rigoley einem Mitbegrunder der Pariser Konzertreihe Concert de la Loge Olympique bei Haydn in Auftrag gegeben worden Das Concert de la Loge Olympique war seit 1781 neben der Concert spirituel die wichtigste Pariser Konzertreihe Sie wurde von der vornehmen und reichen Freimaurerloge de la Parfaite Estime amp Societe Olympique getragen die ihre Konzerte in der Salle des Cent Suisses in den Tuilerien veranstaltete 1 Das Orchester bestand mindestens zu zwei Dritteln aus Berufsmusikern die in blauen Gehrocken spielten und Degen trugen Die Konzerte waren nicht offentlich Im Jahr 1786 betrug die Maximalstarke insgesamt 65 Personen also deutlich mehr als in Haydns bis dahin hauptsachlicher Wirkungsstatte am Hofe von Esterhazy 2 Haydn fuhrte den Auftrag jedoch erst in den folgenden beiden Jahren aus Nach den Datierungen auf den Autographen entstanden im Jahr 1785 zunachst Nr 83 und 87 1786 dann Nr 82 84 und 86 Von Nr 85 ist nur die undatierte Einleitung als Autograph erhalten in Anlehnung an Haydns Brief vom 2 August 1787 siehe unten kann jedoch vermutet werden dass sie 1785 komponiert wurde Haydn sandte die Autographe an seine Auftraggeber nach Paris wo sie vermutlich sogleich aufgefuhrt wurden 3 Veroffentlichungsgeschichte BearbeitenObwohl die Loge Olympique sehr wahrscheinlich die Verlagsrechte mit erworben hatte ist die Veroffentlichungsgeschichte der Pariser Sinfonien kompliziert Michael Walter 4 gibt folgende kurze Ubersicht Details siehe weiter unten Die fruhe Publikationsgeschichte der Pariser Sinfonien ist nicht untypisch fur Haydns geschaftlichen Umgang mit Verlegern Zusammen mit den Sinfonien hatte er auch die Publikationsrechte an die Loge Olympique verkauft Dieses Exklusivrecht galt naturlich nur fur Frankreich insofern konnte er die Werke problemlos auch an den Wiener Verleger Artaria verkaufen Allerdings war Haydns Versicherung Artaria solle ganz allein damit bedienet werden ebenso eine Luge wie die Versicherung gegenuber dem Londoner Verleger Forster dass die Sinfonien noch nicht aus meiner Hand gegeben worden seien Freilich musste ein Komponist wegen des mangelnden Urheberrechts am Ende des 18 Jahrhunderts zusehen dass er seine Sinfonien moglichst an Verleger verkaufte bevor diese sich an Raubkopien bedienen konnten oder die Ausgabe eines Konkurrenten einfach nachstechen liessen insofern wird man die modernen verwertungsrechtlich moralischen Massstabe schwerlich anlegen durfen 4 Die Sinfonien erschienen zuerst 1787 beim Verleger Artaria in Wien allerdings scheint Haydn hier um die Erlaubnis der Loge Olympique gesucht und sie bekommen zu haben siehe Briefe ab 2 Mai 1787 Als Haydn bereits mit Artaria in Verhandlungen stand versuchte offenbar ein Unbekannter ein Geschaft mit unrechtmassig erworbenen Kopien zu machen indem er sie ausgerechnet Artaria anbot 5 Brief vom 26 April 1787 Auszuge aus den Briefen an Artaria 3 26 April 1787 an Artaria besonders wan Sie mir als wahrer Freund und rechtschaffener Mann nur offenherzig gestehen wer derjenige seye so Ihnen meine neue Sinfonien angetragen ich schwore Ihnen bei meiner Ehre demselben nicht ein Worth davon zu melden da aber ein solcher Diebstahl fernerhin mich sehr unglucklich machen kann wobey auch Sie vielleicht kunftighin Schaden leiden konnen so befiehlt es Ihr Gewinnst mir hierin die Wahrheit zu gestehen und diesen gefahrlichen Unterschleif mir noch bei Zeit zu entdecken 2 Mai 1787 Bin ungemein erfreuet uber die Unwahrheit in Betreff meiner Sinfonien Ich erwarte taglich ein Schreiben aus Paris sobald ich die Erlaubnis haben werde sollen Sie ganz allein damit bedient werden 21 Juni 1787 Wollen Sie die 3 ersteren Sinfonien von mir haben so lassen Sie mir Ihre meinung zu wissen machen 2 August 1787 Ich vergasse letzhin die Ordnung der Sinfonien anzuzeigen und mussen solche folgenderarth gestochen werden Die Sinfonie Ex A Numero 1 Ex bfa Nro 2 Ex g Nro 3 Ex Es Nro 4 Es D Nro 5 Ex C Nr 6 Nachdem die Direktoren des Concert de la Loge Olympique ihr Verlagsrecht offenbar verkauft hatten erfullte Artaria jedoch Haydns Bitte die Sinfonien in der Reihenfolge Nr 87 85 83 84 86 und 82 zu drucken nicht sondern veroffentlichte sie entsprechend der heute gebrauchlichen Nummerierung erste authentische Ausgabe 6 In England erschienen die Sinfonien in derselben Reihenfolge wie bei Artaria beim Verleger Longman amp Broderip Artarias Londoner Geschaftspartner um die Jahreswende zu 1788 nach Vorlagen von Artaria aber neu gestochen 3 Weiterhin hatte Haydn im April und August 1787 die Sinfonien auch dem Verleger Forster in London angeboten und dabei die Sinfonien in der Reihenfolge Nr 82 87 85 84 83 und 86 angegeben Forster bezahlte vertauschte bei der Herausgabe zweite authentische Ausgabe aber Nr 83 und 85 3 Die Veroffentlichung erfolgte kurz nach der bei Longman amp Broderip Die Peinlichkeit war gross 2 Longman amp Broderip scheinen die Ausgabe von Forster als Konkurrenz beanstandet zu haben So schreibt Haydn am 28 Februar 1788 Allerliebster Mons Forster Sind Sie auf mich nicht bose wenn Sie wegen meiner mit H Longman Verdrieslichkeiten haben So viel werden Sie von selbst einsehen dass wer von mir 6 neue Stucke fur sich allein besitzen will mehr als 20 guinee spendieren muss Wahrscheinlich bezieht sich diese Aussage auf die Pariser Sinfonien die Haydn an Forster verkauft hatte wahrend Longman amp Broderip sie rechtmassig von Artaria erhalten hatten Haydn wurde offenbar nach seiner Ankunft in London im Jahre 1791 vgl Sinfonie Nr 93 zur Zahlung eines Strafgeldes verurteilt 3 Die dritte authentische Ausgabe erschien 1788 beim Verleger Imbault in Paris der die Verlagsrechte vermutlich von den Direktoren des Concert de la Loge Olympique erworben hatte Er veroffentlichte die Werke in der Reihenfolge Nr 83 87 85 82 86 und 84 3 Ebenfalls in 1788 wurden die Sinfonien auch beim Pariser Verleger Sieber in der Reihenfolge Nr 85 83 87 86 82 und 84 veroffentlicht Dieser hatte die Vorlagen vom damaligen Konzertmeister des Orchesters der Loge Olympique Joseph Bologne Chevalier de Saint Georges bekommen Moglicherweise war der Konzertmeister mit den Verhandlungen zwischen Haydn und der Loge Olympique betraut konnte Rechte an den Sinfonien geltend machen und diese dem Verleger Sieber wiederabtreten 3 Rezeption Bearbeiten 1781 betrug Haydns Anteil an den aufgefuhrten Symphonien 17 1782 schon 39 1783 73 1784 64 5 1785 57 1786 75 und 1787 63 1788 in dem Jahr in dem die Pariser Symphonien wahrscheinlich zum ersten Mal in das offentliche Konzert kamen waren es 90 1789 84 und 1790 80 Andere Komponisten tauchten kaum noch auf 2 In der lokalen Presse wurde Haydn gefeiert und gelobt So schreibt der Mercure de France am 12 April 1788 Man hat bei fast allen Konzerten Symphonien von Herrn Haydn aufgefuhrt Jeden Tag nimmt man sie besser wahr und als Konsequenz bewundert man um so mehr die Produktionen dieses grossen Genies das es in jedem seiner Stucke so gut versteht aus einem einzelnen Thema so reiche und so verschiedenartige Entwicklungen abzuleiten im Unterschied zu den anderen unschopferischen Komponisten die standig von einer Idee zur nachsten weitergehen ohne eine einzige in veranderten Formen prasentieren zu konnen und die ohne Verbindung und ohne Geschmack in mechanischer Weise standig Effekt auf Effekt haufen 7 8 Die haufigen Wiederholungen von Haydn Sinfonien in den Konzertreihen in denen bis dahin standig Neuauffuhrungen ublich waren fuhrten dazu dass die Werke immer genauer studiert werden konnten und immer bekannter wurden Dies ergab einen weiteren Ruckkopplungseffekt auf die Wiederholungen Hier liegen auch die Anfange des stabilen sinfonischen Spielplanes 2 Die Pariser Symphonien sind Haydns erster Symphonien Zyklus in dem sich Einheit und Mannigfaltigkeit auch auf der Ebene der Organisation des ganzen opus in grossem Massstab verbinden im Prinzip genauso wie es in den Streichquartetten schon fruher verwirklicht wird sechs deutlich unterschiedene Werk Individualitaten auf der Basis eines bis ins letzte Detail ausgearbeiteten Personal und Gattungsstils und miteinander verbunden durch eine klare Abstufung des Anspruchs der Formen und der Affekte und durch subkutane Beziehungen von Werk zu Werk Hinzu kommt die Orientierung des Gattungsstils auf eine Offentlichkeit hin von welcher der Komponist wenigstens eine ungefahre Vorstellung hat Das auffalligste Merkmal in dem die Pariser Symphonien uber die alteren Werke und Werkgruppen hinausgehen ist die Orchesterbehandlung Vor allem geht es um die Holzblaser die mit einer bis dahin unerhorten Phantasiefulle eingesetzt werden 2 Ob die Pariser Sinfonien von Haydn als Zyklus konzipiert wurden ist eine offene und vermutlich zu verneinende Frage Denn Haydn verlangte fur den Druck der Sinfonien bei Artaria in Wien eine andere Reihenfolge als fur den bei Forster erfolgten Druck in London Dass Haydn die Fahigkeiten des grossen Orchesters vermutlich relativ genau kannte zeigt seine Orchesterbehandlung insbesondere der solistische Gebrauch der Holzblaser zum Beispiel in den konzertanten Holzblaser Soli im Adagio der Sinfonie Nr 87 4 Literatur BearbeitenBernard Harrison Haydn The Paris Symphonies Cambridge University Press Cambridge 1998 ISBN 0 521 47164 8 Einzelnachweise Bearbeiten Dieser Ort wurde bis 1784 vom Concert spirituel benutzt Zu dessen Abschied und seinem Umzug in die Salle des Machines wurde Haydns Abschiedssinfonie gespielt Finscher 2000 S 330 a b c d e Ludwig Finscher Joseph Haydn und seine Zeit Laaber Verlag Laaber 2000 ISBN 3 921518 94 6 S 330 ff a b c d e f g Anthony van Hoboken Joseph Haydn Thematisch bibliographisches Werkverzeichnis Band I Schott Verlag Mainz 1957 S 133 ff a b c Michael Walter Haydns Sinfonien Ein musikalischer Werkfuhrer C H Beck Verlag Munchen 2007 S 88 ff Walter Lessing Die Sinfonien von Joseph Haydn dazu Samtliche Messen Eine Sendereihe im Sudwestfunk Baden Baden 1987 89 3 Band Baden Baden 1989 S 22 Begriffe nach van Hoboken 1957 S 133 f Concert spirituel In Mercure de France 12 April 1788 S 77 online auf Gallica Zitiert und aus dem Franzosischen ubersetzt bei Walter 2007 S 86 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pariser Sinfonien amp oldid 235006662