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Nordhumbrisch Northumbrian war ein Dialekt der altenglischen Sprache der im Konigreich Northumbria gesprochen wurde Inhaltsverzeichnis 1 Geographische Verbreitung 2 Charakteristika 2 1 Wortschatz 2 2 Flexion 2 3 Lautentwicklung und Phonologie 3 Sprachzeugnisse 4 Historische Entwicklung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeographische Verbreitung Bearbeiten nbsp Altenglische Dialekte dargestellt ist die Unterteilung in vier Dialektregionen nach Baugh Cable und Obst Schlemann Weimann unterscheidet hingegen funf Dialekte durch Ausgliederung des Ostanglischen 1 Seine Verbreitung reichte vom Fluss Humber nach Norden bis zum Firth of Forth 2 Dieses Gebiet wurde nach der Landnahme der Angelsachsen von den Angeln besiedelt ebenso wie die sudlich des Humber gelegenen Gebiete in denen Merzisch gesprochen wurde Diese beiden Dialekte haben also bestimmte gemeinsame Charakteristika 3 Da es keine Moglichkeit gibt den gesprochenen Dialekt direkt nachzuweisen ist man auf die Analyse der Besonderheiten altenglischer Handschriften angewiesen die in diesem Gebiet entstanden Bedeutende oder zumindest bekannte Schreibstuben bzw Verwaltungszentren waren Lindisfarne 635 793 875 1082 Whitby 657 867 1077 Wearmouth Jarrow 674 794 860 Hexham 674 875 1050 York als Sitz des Erzbischofs seit 735 und als Sitz der Konige von Deira und spater Northumbria 626 Durham Coldingham Berwickshire Hartlepool 640 800Charakteristika BearbeitenBei der Betrachtung dialekttypischer Charakteristika ist die Klassifizierung als nordhumbrisch oder anglisch also dem nordhumbrischen und merzischen gemein nur als Hilfsvorstellung zu verstehen In der Realitat gibt es keine geographisch randscharfen Dialektmerkmale die fur alle Kennzeichen Vokabular Lautstand Flexion usw die exakt gleiche Verbreitung haben Vielmehr handelt es sich in der Regel um Haufigkeiten bestimmter Schreibungen die in der einen oder anderen Region bzw einer Handschrift einen Schwerpunkt bilden Dabei konnen auch innerhalb derselben Textquelle Merkmale verschiedener Dialekte vorkommen 4 Abkurzungen in den folgenden Abschnitten ws westsachsisch germ germanisch wgerm westgermanisch Wortschatz Bearbeiten Ausgewahlte Beispiele nordhumbrisch aec sod afreon aweordan asald astyltan baeersynnig basnung carr daerstan deadian druncenig drysn i an eftbehealdan eftsellan eftersona eftgemyndig forlonge forwost hoga infindan leohtisern ofergiwian ofstigan ondaelan sunset towesan untrymig winnung uvm 5 nordh ea aus germ ahwō water anglisch bebycgan verkaufen ws sellan nemne wenn nicht ws butan berende versehen mit ws baere z B atorbaerende giftig ws atorbaere oferhygd Uberheblichkeit ws modignys acwedan aeswic basnian cofa edwitan embeht ambeht forcuman geornness giestaern heonu lixan mordor naenig sceddan symbel telge deofend dreat waeccan westig wohfull ymbsellan uvm Flexion Bearbeiten nordhumbrisch Infinitivendung n entfallt haufig Prasensendungen auf es nordhumbrische Form der 1 Pers Sg von habban hafa ws haebbe in Waldere Fragment B generell ist im nicht ws die 1 Pers Sg u o a im Paradigma der starken Verben steht s meist realisiert als st nicht nur in der 2 sondern auch der 3 Pers Sg Ursache ungeklart Daraus entwickelt sich ne s Nom Pl exen statt z B merzisch oexen Nullstufe der Protoform germ uksnes Beibehaltung der Nullstufe Gen Sg ur or im altengl Wort fur father 1 Pers Pl Possessiv usa auch heute noch zwischen York und Stafford gebrauchlich Akk Sg thene neben thone e Vokalismus im Akk Sg seltene nordhumbrische Form 2 Pers Sg is vermutlich 3 Pers Sg benutzt fur 2 Pers anglisch Nom Akk Pl der ō Stamme e im Anglischen a in ws aus dem ursprunglichen Akk germ ōns reduplizierte Praterita heht called leolc played leort let reord advised haufiger r Formen in to be z B e aron 1 Sg beom am dedon neben dydon did Ausbreitung von germ waljan ins Verbparadigma von will Prateritum angl walde altsachs walda Lautentwicklung und Phonologie Bearbeiten nordhumbrisch Konjunktivform waelle statt ws wille Zusammenfallen der Hinterzungenvokale a und o u zu Schwa ab dem 10 Jhdt ws erst ab 11 Jhdt anglisch die anglische Ebnung smoothing macht durch die Monophthongierung des Brechungsdiphthongs vor velaren Konsonanten die Brechung von westgerm e ruckgangig e vor x berht statt beŏrht in Boethius Vom Trost der Philosophie Versfassung Ms Cotton Otho A VI eigentl ws Text vor den velaren Konsonanten k ɣ x wird der Diphthong aea zu e z B wird eac zu ek vgl dazu auch im Mittelengl Geoffrey Chaucer Canterbury Tales Introduction The General Prologue Zeile 5 Whan Zephirus eek with his sweete breeth auch eo wird zu e monophthongiert sec statt seoc vor l Konsonant keine Palatalisierung westgerm a gt altengl ae ald statt aeld keine Brechung von ae sondern Wiederherstellung von a auch vor r in labialer Umgebung innewardan statt innewaerdan in Boethius Vom Trost der Philosophie Prosafassung Bodleian Ms 180 eigentl ws Text Bevorzugung von lt o gt statt lt a gt in spateren Texten fur den denasalisierten Vokal ɒ wgerm e zwischen w und r Konsonant entwickelt sich zu ɔ z B worpan in AElfrics Lives of Saints Leben der Heiligen Eugenia eigentl ws Text worc statt weorc hworfan statt hweorfan im Waldere Fragment A Ny kgl saml 167b Erhaltung des Bindevokals in 3 Pers Sg Ind finded ws fint standed kein Umlaut des Wurzelvokals wie in ws stent in Waldere Fragment B Ny kgl saml 167b Sprachzeugnisse BearbeitenEs gibt nur wenige Sprachzeugnisse des nordhumbrischen Dialektes aus der altenglischen Periode Die drei wichtigsten Quellen sind die dem Priester Aldred zugeschriebene Interlinearglosse der Lindisfarne Gospels Codex Lindisfarnensis Cotton Nero D IV aus der Zeit zwischen 950 und 970 die im spatnordhumbrischen Dialekt abgefasst ist mit einer Mischung aus konservativen Zugen und Innovationen 6 Einige Beispiele fur auffallende Wortformen sind done statt westsachsisch thanon de statt se usig statt us bedon statt baedon diwble statt deofle Weitere Besonderheiten im Wortschatz siehe oben im entsprechenden Abschnitt Aldreds Interlinearglosse im sog Durhamer Rituale Durham Cathedral A IV 19 2 H 10 Jh wahrsch um 970 die Interlinearglosse im sog Rushworth Evangeliar ausgenommen die Glossierung von Mt Mk 1 2 15 u Joh 18 1 3 Bodleian Auct D 2 19 2 H 10 Jh wahrsch 950 970 Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der Death Song des Beda Venerabilis aus dem achten Jahrhundert von welchem eine nordhumbrische Version in einer Kopie des neunten Jahrhunderts in Sankt Gallen vorliegt 7 Darin sind die Worter aeththa statt westsachsisch odde hiniongae statt westsachsisch heonengange neid statt westsachsisch ned thoncsnotturra statt westsachsisch thances snotera ymbhycggannae statt westsachsisch gehicgenne wahrscheinlich typisch nordhumbrisch und tharf statt thearf zumindest anglisch also typisch nordhumbrisch und merzisch 8 Die Schreibweise der Buchstaben thorn und eth als th statt d sowie von ash als ae statt ae ist nicht dialekttypisch Ebenfalls bekannt ist der Schopfungshymnus von Caedmon dessen erste Versionen im fruhnordhumbrischen Dialekt vorliegen die haufig zitierte Fassung aus Bedas Historia ecclesiastica reprasentiert jedoch eine westsachsische Form 9 Erkennbare Dialektmerkmale sind 10 Beibehaltung des ungebrochenen a vor r Konsonant barnum statt bearnum Vokabular aelda barnum statt eordan bearnum Nordhumbrische Dialektmerkmale tragen auch eine altenglische Runeninschrift aus der ersten Halfte des 8 Jahrhunderts auf dem Urswick Cross Furness Cumbria 11 Sie enthalt geebnetes e in bekun statt beacn und die Endung s im Prasens des Verbparadigmas in gebidaes statt gebiddad Imp 2 Pers Pl das Kreuz von Ruthwell Im Northumbrian Gloss to the Gospel of St Mark sind u a zu beobachten 12 altes redupliziertes Prateritum des starken Verbs ws on draedan erscheint ausnahmslos als ondreard ard neben ws eart Gen Pl scae ws scoe Diphthonge ei und ai z B in fifteig gefraign Metathesis von r vor ht kommt im nordh haufig vor brehi statt berhto frohto frohtende wrihtes neben wyrihte und worhte sehr regelmassig Verlust von abschliessendem inflektionalem n dreimal hundrad neben hundradum fremde neben fremde nordh h statt finalem c in unbetonten Silben z B ah meh neben mec deh neben dec usih neben usic Schliesslich kann auch die harte Aussprache des c zum Beispiel in cald cold gegenuber der weichen Aussprache ċald ċeald die sich im Westsachsischen entwickelt als nordhumbrisches und zugleich merzisches Dialektmerkmal gesehen werden 13 Nach der normannischen Eroberung wurde diese Aussprache zum englischen Standard Solche Einzelnachweise reprasentieren jedoch immer eine bestimmte Entstehungszeit und eine Schreibschule Die mundartliche Gliederung Englands durfte wesentlich komplexer gewesen sein als es die vereinfachende Darstellung in vier oder funf Dialekte suggeriert eine Reinform der postulierten Dialekte war praktisch nicht existent 14 Stattdessen kann und muss fur jedes sprachliche Einzelmerkmal eine eigene geographische und zeitliche Verteilung betrachtet werden 15 Historische Entwicklung BearbeitenZeit und Ursache der Entstehung altenglischer Dialekte sind umstritten Wahrscheinlich brachten die Invasorengruppen bereits einige sprachliche Unterschiede vom Festland mit wahrend sich andere erst auf der Insel im Laufe der Jahrhunderte entwickelten Die Theorie dass die Dialekte zeitlich nacheinanderfolgende Einwanderungen aus demselben Ursprungsgebiet reprasentieren 16 ist widerlegt worden 17 Im 7 Jahrhundert hatte Nordhumbrien eine politische und kulturelle Vorrangstellung so dass man fur den dortigen Sprachgebrauch eine uber die Region hinausreichende Wirkung vermuten kann 18 Die Schreibschulen der Kloster Lindisfarne und Whitby spielten eine bedeutende Rolle Bedeutungsverlust des Dialektes insbesondere als Schriftsprache ist durch die Plunderung des Klosters Lindisfarne 793 und dessen Aufgabe 875 sowie die Zerstorung des Klosters Whitby 867 anzunehmen Nahezu alle monastischen Strukturen im Norden und Osten wurden in dieser Zeit vernichtet 19 bis es im ausgehenden 10 und 11 Jahrhundert zu zahlreichen Wiederherstellungen und Neugrundungen kam Seit der Wikingerzeit zwischen 793 und 954 macht sich skandinavischer Einfluss auf den Dialekt bemerkbar Dieser Einfluss kann zum Beispiel in Wulfstans Sermo Lupi ad Anglos in Wortern wie grid gridian lagu thrael nydgyld und thegengylde vermutet werden 20 Fur diese Zeit sind rund 150 altnordische Worter im altenglischen Wortschatz belegt Vermutlich gab es auch einen sehr hohen Grad von Zweisprachigkeit in der Bevolkerung der skandinavisch besetzten Gebiete 21 Nach dem Ubergang zur mittelenglischen Sprache wird der nordlich des Humber gelegene Dialekt als Northern bezeichnet 22 Auch heute noch besitzen diese Gebiete eigene sprachliche Charakteristika so beschaftigt sich zum Beispiel die Northumbrian Language Society 23 unter anderem mit der Forderung des Dialektes der heutigen Grafschaft Northumbria die einen Teil des altenglischen Dialektgebietes abdeckt Literatur BearbeitenAlbert C Baugh Cable T A History of the English Language Routledge Abingdon 2002 ISBN 0 415 28099 0 J Bosworth T N Toller An Anglo Saxon Dictionary Oxford 1898 with supplements 1921 and addenda by A Campbell Oxford 1972 Michelle P Brown Manuscripts from the Anglo Saxon Age The British Library London 2007 ISBN 978 0 7123 0680 5 R D Fulk C M Cain A History of Old English Literature Blackwell 2003 ISBN 0 631 22397 5 P R Kitson Old English Dialects and the Stages of the Transition to Middle English In Folia Linguistica Historica 11 1992 for 1990 S 27 87 P R Kitson The nature of Old English dialect distributions mainly as exhibited in charter boundaries In Jacek Fisiak Hrsg Medieval Dialectology Trends in Linguistics Studies and Monographs 79 1995 ISBN 3 11 089200 6 S 43 136 F Kortlandt The origin of the Old English dialects In Dieter Kastovsky Aleksander Szwedek Hrsg Linguistics across historical and geographical boundaries I Linguistic theory and historical linguistics de Gruyter Mouton 1986 ISBN 3 11 010426 1 S 437 442 F Kortlandt The origin of the Old English dialects revisited In Amsterdamer Beitrage zur alteren Germanistik Band 51 1999 S 45 51 E M Lea The Language of the Northumbrian Gloss to the Gospel of St Mark In Anglia Zeitschrift fur englische Philologie Vol 1894 No 16 S 62 134 Richard Marsden The Cambridge Old English Reader Cambridge University Press Cambridge 2004 ISBN 0 521 45612 6 W Obst F Schleburg Lehrbuch des Altenglischen Universitatsverlag Winter Heidelberg 2004 ISBN 3 8253 1594 0 H Schabram Superbia Studien zum Altenglischen Wortschatz Teil I Die dialektale und zeitliche Verbreitung des Wortguts W Fink Verlag Munchen 1965 K Weimann Einfuhrung ins Altenglische UTB Quelle amp Meyer Heidelberg Wiesbaden 1995 ISBN 3 8252 1210 6 F Wenisch Spezifisch anglisches Wortgut in den nordhumbrischen Interlinearglossierungen des Lukasevangeliums C Winter Universitatsverlag Heidelberg 1979 ISBN 3 533 02723 6 Weblinks BearbeitenThe Northumbrian Language Society http www northumbriana org uk langsoc yorkshiredialect comEinzelnachweise Bearbeiten K Weimann Einfuhrung ins Altenglische UTB Quelle amp Meyer Heidelberg Wiesbaden 1995 S 36 Albert C Baugh T Cable A History of the English Language Routledge Abingdon 2002 S 54 Albert C Baugh T Cable A History of the English Language Routledge Abingdon 2002 S 53 P R Kitson The nature of Old English dialect distributions mainly as exhibited in charter boundaries In Jacek Fisiak Hrsg Medieval Dialectology Trends in Linguistics Studies and Monographs 79 1995 S 43 F Wenisch Spezifisch anglisches Wortgut in den nordhumbrischen Interlinearglossierungen des Lukasevangeliums C Winter Universitatsverlag Heidelberg 1979 S 325 ff W Obst F Schleburg Lehrbuch des Altenglischen Universitatsverlag Winter Heidelberg 2004 S 255 Richard Marsden The Cambridge Old English Reader Cambridge University Press Cambridge 2004 S 167 Richard Marsden The Cambridge Old English Reader Cambridge University Press Cambridge 2004 S 168 Richard Marsden The Cambridge Old English Reader Cambridge University Press Cambridge 2004 S 77 Richard Marsden The Cambridge Old English Reader Cambridge University Press Cambridge 2004 S 80 W Obst F Schleburg Lehrbuch des Altenglischen Universitatsverlag Winter Heidelberg 2004 S 245 E M Lea The Language of the Northumbrian Gloss to the Gospel of St Mark In Anglia Zeitschrift fur englische Philologie Vol 1894 No 16 Richard Marsden The Cambridge Old English Reader Cambridge University Press Cambridge 2004 S xxxiii W Obst F Schleburg Lehrbuch des Altenglischen Universitatsverlag Winter Heidelberg 2004 S 22 P R Kitson The nature of Old English dialect distributions mainly as exhibited in charter boundaries In Jacek Fisiak Hrsg Medieval Dialectology Trends in Linguistics Studies and Monographs 79 1995 F Kortlandt The origin of the Old English dialects In Dieter Kastovsky Aleksander Szwedek Hrsg Linguistics across historical and geographical boundaries I Linguistic theory and historical linguistics de Gruyter Mouton 1986 P 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