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Die Musikphilologie ist eine gelegentlich vorkommende 1 Bezeichnung fur eine Teildisziplin der Musikwissenschaft und bezeichnet die Lehre von der Musik als Sprache Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Bestimmung 2 Quellenforschung 3 Textkritik 4 Hermeneutik 5 Einzelnachweise 6 LiteraturAllgemeine Bestimmung BearbeitenDie Musikphilologie beschreibt analog zur klassischen Philologie der Literatur die Auseinandersetzung mit Musik im Sinne einer Sprache denn die Musik ist gleichermassen zeitlich messbar besitzt Strukturen und verfugt uber eine Schrift 2 Die Musikphilologie hat es sich zum Ziel gesetzt originale Notenschriften zu verstehen zu erklaren und wiederherzustellen Sie bezieht sich deshalb auf Primarquellen wie Manuskripte oder fruhe Druckausgaben und bemuht sich mit Akribie pedantisch wie ihre Verachter meinen 3 diese genau zu rekonstruieren Wahrend unsere exacten Musikphilologen den anderen Classikern fast schon unbequem werden und sich in ganzen Schwarmen auf Punktchen und Strichlein werfen liess man lange genug kostliche Haydn Schatze abseits liegen Herausgeber einer Haydn Oper 1895 3 Demnach ist das Hauptziel der Musikphilologie die Quellenforschung und Textkritik das heisst das Aufzeigen und die Korrektur von Fehlern in uberlieferten Notenschriften Die meisten Musikwissenschaftler fassen den Begriff noch weiter indem sie auch die Hermeneutik Auslegungskunst miteinbeziehen Nach Georg Feder kann man es folgendermassen zusammenfassen Bei der Musik haben wir als Kern die primare Quellen und Notationskunde musikalische Orthographie und Palaographie um die herum sich die Textkritik aufbaut der sich die theoretische Text und Werkinterpretation Hermeneutik anschliesst Einen weiteren Kreis bildet die Musiktheorie als historische musikalische Grammatik und als musikalisches Lexikon der Tonsprache sowohl im stilistischen Sinn einer systematischen Zusammenstellung musikalischer Paradigmata wie im musiktheoretischen als Worterbuch der musikalischen Termini 4 Quellenforschung BearbeitenNach Feder unterscheidet man in den Geisteswissenschaften drei Arten von Quellen 5 die Quelle aus der der Autor schopfte als er sein Werk schuf die Quelle aus der der Historiker schopft um zur Erkenntnis der Vergangenheit zu gelangen die Quelle aus der der Philologe schopft wenn er den richtigen Text eines schriftlich niedergelegten Werkes ermitteln will Wahrend die erstgenannte Quellenart keine Anwendung in der Musikwissenschaft findet werden Quellen der zweiten Art vor allem fur die Abfassung von Komponistenbiografien oder Darstellungen des Musiklebens einer Zeit herangezogen Auch fur den Musikphilologen konnen solche Quellen wie Verlagsanzeigen Theaterzettel oder Augenberichten hilfreich sein Andere Beispiele fur diese Quellenart sind Komponistenausserungen und Dokumente der Werkrezeption die vorrangig der Hermeneutik dienen oder indirekte Quellen wie die Akten eines Musikensembles oder Kirchendokumente Die dritte Quellenart findet ihre Anwendung hauptsachlich in der Musikwissenschaft Hierzu zahlen die bereits genannten historischen Manuskripte und Notendrucke sowie neuerdings Tonaufnahmen zum Beispiel Einspielungen der Werke vom Komponisten selbst Mit eingeschlossen sind Skizzen Korrekturen und altere Fassungen Zudem konnen Musikinstrumente aus jener Zeit einen Quellenwert haben Quellenforschung schliesst aber immer auch eine Quellenkritik mit ein Es ist die Frage nach der Beziehung des Uberlieferers zum Komponisten sofern ein Notentext nicht in der Handschrift des Komponisten vorliegt und der Glaubwurdigkeit der Zeugen beziehungsweise Uberlieferer Je nach Quellenart bedeutet es auch eine Uberprufung der Herkunft und des Alters der Quelle Eine fundierte Quellenkritik setzt zunachst voraus dass die Konkordanzen der den Notentext bezeugenden Quellen wie Textzeugen oder Vorlagen bekannt sind Heuristik Die Kunst Quellen aufzuspuren 6 Zu ihnen gehoren Werkverzeichnisse Briefeditionen dokumentarische Biografien und Spezialabhandlungen sowie allgemein quellenkundliche Schriften Repertoire International des Sources Musicales Eitners Biographisch bibliographisches Quellenlexikon der Musik Textkritik BearbeitenNach Friedrich Schleiermacher Definition ist Textkritik die Forschung uber Alter Echtheit und Richtigkeit der Schriften 7 oder letztlich die einzige Frage nach der Echtheit namlich der des Autors des Datums und des Noten textes Notentextkritik bedeutet im Einzelnen die Untersuchung des Autornamens von Datierung Gattungsbezeichnung Notenschrift Form und Besetzung Satztechnik der Vortragsanweisungen und sonstigen Beischriften wie Widmung und Schlussvermerke sowie des Gesangstexts In einem zweiten Schritt ist gegebenenfalls Entsprechendes zu bestimmen wenn es nicht direkt der Quelle zu entnehmen ist Gattungsbestimmung Ermittlung des fehlenden Datums chronologische Folge undatierter Satz und Werkfassungen 8 Da nicht alle Exemplare eines Notendruckes identisch sind ist das Heranziehen mehrerer Exemplare ein notwendiges Vorgehen jedes Textkritikers Hermeneutik BearbeitenMit der Hermeneutik wird die Musik ausgelegt erklart und theoretisch interpretiert oder mit den Worten des Begrunders der musiktheoretischen Hermeneutik Hermann Kretzschmar aus dem Jahre 1902 Hermeneutik ist die Blosslegung des Gedankengangs der Komposition 9 Sie ist ausschlaggebend fur eine mogliche spatere Transkription als auch fur die auffuhrungspraktische Interpretation Musikwissenschaftliche Methoden und Forschungsergebnisse sind die Basis von der philologischen Grundlagenarbeit Studium und Auswertung der Quellen bis hin zu auffuhrungspraktischen Konsequenzen Ein Musikverleger uber seine Bach Ausgaben 10 Einzelnachweise Bearbeiten Feder Musikphilologie Vorwort Feder Musikphilologie S 1 a b Feder Musikphilologie S 22 Feder Musikphilologie S 26 Feder Musikphilologie S 30 Feder Musikphilologie S 43 Feder Musikphilologie S 38 vgl Feder Musikphilologie S 39 vgl Feder Musikphilologie S 83 vgl Feder Musikphilologie S 25Literatur BearbeitenGeorg von Dadelsen Uber den Anteil der Interpretation an der Dokumentation in Quellenforschung in der Musikwissenschaft hrsg v G Feder W Rehm amp M Ruhnke Wolfenbuttel 1982 Georg Feder Musikphilologie Eine Einfuhrung in die musikalische Textkritik Hermeneutik und Editionstechnik Darmstadt 1987 ISBN 3534017846 Nikolaus Urbanek Was ist eine musikphilologische Frage in M Calella N Urbanek Hg Historische Musikwissenschaft Grundlagen und Perspektiven Stuttgart Metzler 2013 S 147 183 Musikphilologie Hrsg von Bernhard R Appel und Reinmar Emans Laaber Laaber Verlag 2017 Kompendien Musik 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Musikphilologie amp oldid 229866687