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Die Monumenta Judaica 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein war die erste grosse Ausstellung zur judischen Religion und Kunst bezogen auf den geografischen Raum des Rheinlands zwischen Basel und Emmerich Ausstellungsplakat Monumenta Judaica 200 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein Judisches Museum SchweizDie Ausstellung wurde vom 15 Oktober 1963 bis zum 15 Marz 1964 im Kolnischen Stadtmuseum gezeigt Mit 2200 dokumentierenden Exponaten aus 15 Landern gab die Ausstellung einen umfassenden Uberblick uber das Geistes und Gemeindeleben der Juden am Rhein zwischen Basel und Emmerich im Laufe von 2000 Jahren 1 Die Exponate stammten aus offentlichen Bibliotheken und Museen in Washington dem Vatikan Moskau London Wien Kopenhagen Budapest Amsterdam und deutschen Einrichtungen Die judischen Museen in New York und Cincinnati hatten sich nicht beteiligt ebenso wenig die Schocken Sammlung in Israel 2 Auch Sammlungen von Privatpersonen wurden in der Ausstellung gezeigt darunter die Judaica Sammlung von Eduard Hoffmann Krayer dem sogenannten Vater der Schweizer Volkskunde 3 Monumenta Judaica inspirierte die Grundung des Judischen Museums der Schweiz 1966 4 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Publikationen 3 Finanzierung 4 Schwerpunktthemen 5 Galerie 6 Zielgruppe und Besucherzahlen 7 Rezeption und Vermachtnis 8 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenEin wesentlicher Grund fur die Initiierung der Ausstellung waren die antisemitischen Schmierereien an der Kolner Synagoge in der Roonstrasse im Dezember 1959 die den Auftakt einer Welle von antisemitischen Vorfallen innerhalb der Bundesrepublik darstellten Die Notwendigkeit Menschen zu unterrichten und Informationen rund um das Judentum zu vermitteln fuhrte zu der Uberzeugung die 1960 61 in Recklinghausen gezeigte Ausstellung nach Koln holen zu sollen Allerdings entschieden sich die politisch Verantwortlichen dann fur eine neue Sonderausstellung die zwei Jahre lang unter der Leitung von Konrad Schilling vorbereitet wurde Anders als die Synagoga die erste umfassende Ausstellung zum Judentum in der Nachkriegszeit die vor allem prachtige judische Kultgegenstande zeigte waren die Monumenta Judaica mehr auf die regionalgeschichtlichen Ausstellungen der Weimarer Zeit ausgerichtet insbesondere auf die judische Abteilung im Rahmen der Jahrtausendausstellung des Rheinlandes 1925 5 nbsp Ausstellungsplakat Monumenta Judaica 200 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am RheinPublikationen BearbeitenDer Herausgeber des Katalogs und des Handbuchs Konrad Schilling wurdigt die Verdienste der Monumenta Judaica um die Ausstellung judischer Kult und Kunstgegenstande die eine Sektion der Rheinischen Jahrtausendausstellung 1925 in Koln bildete Die Organisatoren dieser judischen Abteilung Adolf Kober und Elisabeth Moses veroffentlichten eine reich bebilderte Ausstellungsubersicht in einem Sonderheft des Rheinischen Vereins fur Denkmalpflege und Heimatschutz Dusseldorf 1931 Die Monumenta Judaica hatte auch Materialien der Synagoga Ausstellungen in Recklinghausen November 1960 Januar 1961 und Frankfurt am Main Mai Juli 1961 aufgenommen Ihr Katalog wurde 1961 in Frankfurt am Main veroffentlicht Monumenta Judaica war wesentlich umfangreicher als Synagoga 6 Von den 20 Kapiteln des Handbuchs ist der grosste Teil einem historischen Uberblick uber das Leben der judischen Gemeinden im Rheinland gewidmet einige Kapitel befassen sich mit speziellen Themen wie Das judische Religionsjahr judische Wohlfahrt Einfluss der hebraischen Bibel auf die christliche Kunst die Makkabaer als christliche Martyrer der Beitrag judischer Kunstler und Schriftsteller zum deutschen Kulturleben Der Katalog ist nach demselben Schema aufgebaut und die Autoren sind in beiden Banden dieselben Unter den 15 Mitarbeitern sind Gunther Ristow Pater Willehad Eckert Fried Muhlberg Eleonore Sterling Peter Bloch Wilhelm Treue Ernst L Ehrlich E G Lowenthal Hendrik G van Dam Ernst Roth und E Schereschewski Rabbiner von Koln und Munster zu nennen der auch als Berater fungierte Das Handbuch ist mit ausfuhrlichen Fussnoten Bibliographien und einem Index versehen 6 Finanzierung BearbeitenDie Ausstellung trugen die Stadt Koln mit finanzieller Unterstutzung der Bundes und der Landesregierung Der Westdeutsche Rundfunk trug durch Spenden viel zum Gelingen bei Von den Gesamtkosten steuerte die Stadt Koln ein Drittel bei Ein weiteres Drittel wurde durch den Verkauf von Handbuch und Katalog und den Eintritten eingenommen Das letzte Drittel schliesslich waren die Zuwendungen von Bund Land und Rundfunk 7 Schwerpunktthemen BearbeitenDer Bildungsauftrag war den Organisatoren der Ausstellung besonders wichtig Das Zusammenleben der judischen Minderheit und der christlichen Mehrheit die gegenseitige Befruchtung der Religionen und Kulturen sowie die Uberwindung der ideologischen Sichtweise des Judentums aus der NS Zeit waren ebenfalls zentrale Themen Die Entwicklungsrichtlinien der Ausstellung konnen als modern und auch heute noch aktuell bezeichnet werden Darstellung vom innerjudischen Standpunkt aus Vielfaltigkeit der Umwelteinflusse auf das Schicksal der judischen Minderheit Vermeidung des Eindrucks als sei judische Geschichte nur Verfolgungsgeschichte Darstellung des Lebens auch der kleinen Leute nicht nur Lebensgeschichten Prominenter 8 Galerie Bearbeiten nbsp Blick auf das Modell des Judenbades von Koln um 1170 nbsp Kaiserurkunden und Judenschreinsbuch der Kolner Laurenzpfarre nbsp Dokumente zur Geschichte der Juden am Rhein im NS Staat nbsp Deutschland unter der Hitler Diktatur 1933 1945 Wandkarte von Werner Hilgemann nbsp Leseecke der Bibliothek Germania Judaica nbsp Vitrine mit Rimonim Torakronen und Torawimpel nbsp Toraschrein Ewiges Licht und Vorbeterpult nbsp Sukka Deutschland 19 Jahrhundert nbsp Judisches Jahr Pessach Sedertisch mit Tafelaufsatz aus lackiertem Blech in den Vitrinen zahlreiche Sederteller daruber SchriftteppicheZielgruppe und Besucherzahlen BearbeitenNach dem Bericht von Konrad Schilling besuchten 114 450 Personen die Ausstellung darunter Gruppen aus Religionseinrichtungen aus dem Bildungswesen der Streitkrafte sowie der Politik z B der Prasident der Bundesrepublik Deutschland Heinrich Lubke Kardinal Frings Moshe Sharett Nahum Goldmann Israel Goldstein und Siegfried Moses 2 Den Ausstellungsmachern und organisatoren lag eine Adressatengruppe besonders am Herzen die Jugendlichen Die Besucherzahlen belegten den Erfolg dieser Bemuhungen Uber 61 Prozent der Besucher 70 232 Personen waren Jugendliche und junge Erwachsene 8 Curt C Silbermann hatte diesbezuglich folgendes in der deutsch judischen Exilzeitung Aufbau 7 Februar 1964 geschrieben Von dem Frohsinn junger Menschen war im Museum nichts zu verspuren sie waren ausserordentlich ernst und fuhlten sich einigermassen unsicher in einer Umgebung die ihnen fremd oder vom Elternhaus verzerrt geschildert war Wenn man diese Gruppe junger Menschen als Massstab nehmen kann so ergibt sich als positives Resultat dass diese Jugend den Kontakt sucht um zu lernen und um sich eine unabhangige d h von ihrem Elternhaus unabhangige Vorstellung zu machen Dabei muss zugegeben werden dass eine Begegnung mit Museumsobjekten trotz aller guten Erklarung durch Wort und Schrift nicht eine Begegnung mit dem lebenden Organismus ersetzen kann Deshalb ist es auch schwierig fur die jungen Besucher hinter den Ausstellungsgegenstanden die so dokumentierte Vergangenheit zu rekonstruieren 8 Die schweizerische Radiosendung Echo der Zeit berichtete am 10 Oktober 1963 folgendes Die Ausstellung Monumenta Judaica im Kolner Stadtmuseum zieht vor allem zwei Lebensalter an die alteren Leute uber sechzig auf der Spur ihrer Erinnerungen und die Jungen zwischen sechzehn und funfundzwanzig die wissen wollen was es mit den Juden in Deutschland nun wirklich auf sich hatte Diese Jungen wollen Dokumente sehen und das wollen die Alten auch Die mittlere Generation fehlt fast ganz Soziologisch ist auffallend Die Jungen die kommen sind fast alle Schuler oder Studenten Auch unter den Alteren kaum ein Arbeiter 9 Rezeption und Vermachtnis BearbeitenDie Kolner Ausstellung hat zahlreiche Besprechungen in der nationalen und internationalen Presse erhalten So schrieb die deutsche Tageszeitung Die Welt am 19 Oktober 1963 Die Ausstellung will weder anklagen noch wiedergutmachen sie will ganz einfach die Wahrheit aufdecken und zu ihr hinfuhren sie will durch Fakten Dokumente und Monumente belehren und erziehen Ihr Ziel ist Toleranz nicht Mitleid und auch nicht Scham allein Toleranz und Vorurteilslosigkeit als Vorbedingungen fur echte Mitmenschlichkeit und gegenseitiges Verstandnis 10 Die Turkisch Deutsche Post berichtete am 18 November 1963 dass keine Stadt so dazu berufen ist das judische Erbe in Deutschland zu pragen wie Koln Mit der Ausstellung Monumenta Judaica hat sie eine Dokumentation zusammengetragen die dieser Aufgabe gerecht wird 11 Die New Yorker Staats Zeitung schrieb am selben Tag folgendes Eine Form geistiger Wiedergutmachung die sich in ihrer nachhaltigen Wirkung vielleicht noch segensreicher auf das deutsch judische Verhaltnis auswirken wird als manche materielle Entschadigung 11 Die Stimmen aus den Niederlanden die die Abschwachung der Nazi Zeit bemerken waren kritischer In der Wochenendbeilage der Zeitung Nieuwe Rotterdamsche Courant vom 7 Dezember 1963 heisst es man konne die Organisatoren der Monumenta Judaica nur bewundern wenn man die Ausstellung besuche Wenn man die Ausstellung betritt fragt man sich ob die Organisatoren den teuflischen Versuchen des Dritten Reiches das judische Volk zu vernichten genugend Aufmerksamkeit geschenkt haben Man kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren dass die Beschamung eine repressive Wirkung hatte Obwohl der Abschnitt uber die Nazizeit etwas versteckt ist kann man ihn nicht ubersehen wenn man systematisch durch die Ausstellung geht 12 Eines der Vermachtnisse der Monumenta Judaica war die Entstehung des Judischen Museums der Schweiz Es wurde 1966 als erstes Museum im deutschsprachigen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg gegrundet nachdem Mitglieder des judischen Vereins Esperance eine Beerdigungsgesellschaft oder Chewra Kadischa vom Besuch der Ausstellung zur Grundung eines judischen Museums inspiriert waren 4 Anlasslich des 60 Jahrestages der Ausstellung veroffentlichte das Judische Museum der Schweiz am 16 Oktober 2023 einen Beitrag 13 Einzelnachweise Bearbeiten Rachel Wischnitzer Rezension zu Schilling Konrad Hrsg Monumenta Judaica Handbuch und Katalog Koln 1964 In Jewish Social Studies Band 28 Nr 1 1966 S 48 a b Rachel Wischnitzer Rezension zu Maria Garding Konrad Schilling Kurt Hackenberg Hrsg Monumenta Judaica Fazit Koln 1965 In Jewish Social Studies Band 30 Nr 1 1968 S 56 Naomi Lubrich Tabea Buri on the collector Eduard Hoffmann Krayer In Judisches Museum Schweiz 26 Januar 2023 abgerufen am 29 August 2023 a b Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund SIG Judisches Museum der Schweiz In Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund SIG Abgerufen am 29 August 2023 Elfi Pracht Jorns Judische Lebenswelten im Rheinland Kommentierte Quellen von der Fruhen Neuzeit bis zur Gegenwart Koln 2011 S 352 a b Rachel Wischnitzer Rezension zu Schilling Konrad Hrsg Monumenta Judaica Handbuch und Katalog Koln 1964 In Jewish Social Studies Band 28 Nr 1 1966 S 50 Maria Garding Konrad Schilling Kurt Hackenberg Monumenta Judaica 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein Eine Ausstellung im Kolnischen Stadtmuseum 15 Oktober 1963 bis 15 Marz 1964 Fazit Hrsg Kolnisches Stadtmuseum Koln 1965 S 12 a b c Elfi Pracht Jorns Judische Lebenswelten im Rheinland Kommentierte Quellen von der Fruhen Neuzeit bis zur Gegenwart Koln 2011 S 353 Maria Garding Konrad Schilling Kurt Hackenberg Monumenta Judaica 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein Eine Ausstellung im Kolnischen Stadtmuseum 15 Oktober 1963 bis 15 Marz 1964 Fazit Hrsg Kolnisches Stadtmuseum Koln 1965 S 92 Maria Garding Konrad Schilling Kurt Hackenberg Monumenta Judaica 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein Eine Ausstellung im Kolnischen Stadtmuseum 15 Oktober 1963 bis 15 Marz 1964 Fazit Hrsg Kolnisches Stadtmuseum Koln 1965 S 85 a b Maria Garding Konrad Schilling Kurt Hackenberg Monumenta Judaica 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein Eine Ausstellung im Kolnischen Stadtmuseum 15 Oktober 1963 bis 15 Marz 1964 Fazit Hrsg Kolnisches Stadtmuseum Koln 1965 S 98 Maria Garding Konrad Schilling Kurt Hackenberg Monumenta Judaica 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein Eine Ausstellung im Kolnischen Stadtmuseum 15 Oktober 1963 bis 15 Marz 1964 Fazit Hrsg Kolnisches Stadtmuseum Koln 1965 S 105 f Naomi Lubrich Alliya Oppliger blickt zum 60 Jahrestag auf die Ausstellung Monumenta Judaica zuruck In Judisches Museum Schweiz Judisches Museum Schweiz 16 Oktober 2023 abgerufen am 18 Oktober 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Monumenta Judaica amp oldid 239574443