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Eine Metabiografie oder Metabiographie beschaftigt sich mit der Beziehung von biografischen Darstellungen zum zeitlichen geografischen institutionellen intellektuellen oder ideologischen Standort ihres Verfassers Metabiografik ist eine Hermeneutik der Biografik Sie betrachtet die biografierte Person als ein kollektives Konstrukt unterschiedlicher Erinnerungskulturen und tragt dadurch der grundsatzlichen Instabilitat historischer Lebensbeschreibungen Rechnung 1 Zudem betrachten Metabiografien die Gattungskonventionen der traditionellen Biografik und thematisieren diese auf unterschiedliche Art und Weise 2 Mit den Worten von Steven Shapin betont die Metabiografik dass sich wandelnde biografische Traditionen dazu fuhren dass eine Person mehrere Lebensgeschichten hat von denen keine notwendigerweise mehr Anspruch auf Realitat erheben kann denn sie alle sind entsprechend den Empfindlichkeiten und Bedurfnissen der wechselnden kulturellen Rahmenbedingungen gestaltet und umgestaltet 3 In dieser Hinsicht ist Metabiografik Ausdruck der Uberzeugung dass historische Erkenntnis stets betrachterabhangig ist Inhaltsverzeichnis 1 Metabiografie vs Biografie 2 Metabiografien aus dem Bereich der allgemeinen Geschichtsschreibung 3 Metabiografien aus dem Bereich der Historiografie der Naturwissenschaften 4 Siehe auch 5 AnmerkungenMetabiografie vs Biografie BearbeitenSchon immer haben Biografen zur Vorbereitung ihrer eigenen Arbeit altere biografische Darstellungen der von ihnen behandelten Person herangezogen Bei der Beschaftigung mit ihren Vorgangern verfolgten diese Autoren etwa das Ziel die sachliche Unzulanglichkeit altere Forschungen zu demonstrieren und uberlieferte Mythen und Irrtumern zu widerlegen oder sie nutzen sie sie einfach nur als Grundlage fur eine neue endgultige Darstellung Metabiografik geht indessen uber die Analyse der Starken und Schwachen der vorangehenden Untersuchungen zu einer bestimmten Lebensgeschichte hinaus Es geht ihr weniger um den Wahrheitsanspruch biografischer Darstellungen als um deren unvermeidlichen relationalen Charakter 4 Es ist vorgebracht worden dass in der Wissenschaftsgeschichte Metabiografik eine lange funfzig Jahre zuruckreichende Tradition habe 5 die von Henry Guerlacs Studie uber Antoine Laurent de Lavoisier und seine Biografen 6 bis zu Rupert Halls Neuausgabe von Newton Biografien aus dem 18 Jahrhundert 7 und daruber hinaus reiche Fur diese Forscher hatte die Beschaftigung mit alteren Biografen eine propadeutische Funktion in Hinblick auf die biografischen Werke ihrer eigenen Epoche Sie verfolgten keinen relationalen Ansatz und verfugen somit nicht uber das entscheidende Merkmal metabiografischer Untersuchungen Metabiografien aus dem Bereich der allgemeinen Geschichtsschreibung BearbeitenIm Bereich der Kunstler und Schriftstellerbiografik findet sich der metabiografische Ansatz z B in einer Untersuchung von David Dennis uber Ludwig van Beethoven 1770 1827 8 und von Lucasta Miller 2001 die ihn erfolgreich am Beispiel von Emily Bronte 1818 48 9 anwandte Keine Metabiografie ist hingegen Gordon S Woods Arbeit uber die Amerikanisierung Benjamin Franklins 10 obwohl die Franklin Literatur eine ideale Materialgrundlage fur eine derartige Untersuchung darstellen wurde Metabiografien aus dem Bereich der Historiografie der Naturwissenschaften BearbeitenBeispiele fur Metabiografien uber Naturwissenschaftler sind The nine lives of Gregor Mendel von Jan Sapp 11 Newton the Making of Genius von Patricia Fara 12 und Alexander von Humboldt a Metabiography von Nicolaas Rupke 13 James Moore und Ralph Colp haben den metabiografischen Ansatz auf Charles Darwin angewandt 14 Eine metabiografische Tendenz ist auch im Reader s Guide to the History of Science 2000 erkennbar Siehe auch BearbeitenBiografieforschungAnmerkungen Bearbeiten Nicolaas Rupke Alexander von Humboldt A Metabiography korr Auflage University of Chicago Press Chicago London 2008 S 214 Julijana Nadj Die fiktionale Metabiographie Gattungsgedachtnis und Gattungskritik in einem neuen Genre der englischsprachigen Erzahlliteratur Theorie Analysemodell Modellinterpretationen Wissenschaftlicher Verlag Trier Trier 2006 ISBN 3 88476 811 5 Steven Shapin Lives after death In Nature Bd 441 2006 S 286 Zitate im Originalwortlaut that shifting biographical traditions make one person have many lives und configured and reconfigured according to the sensibilities and needs of the changing cultural settings Nicolaas Rupke Alexander von Humboldt A Metabiography korr Auflage University of Chicago Press Chicago London 2008 S 214 Thomas Soderqvist Besprechung von Nicolaas A Rupke Alexander von Humboldt a Metabiography In Isis Bd 98 2007 S 203 204 Soderqvist versteht unter Metabiografik jedoch die traditionelle kritische Begutachtung der biografischen Literatur zu einer bestimmten Person Henry Guerlac Lavoisier and his biographers In Isis Bd 45 1954 S 51 62 A Rupert Hall Isaac Newton Eighteenth Century Perspectives Oxford University Press Oxford usw 1999 David B Dennis Beethoven in German Politics 1870 1989 Yale University Press New Haven London 1996 Lucasta Miller The Bronte Myth Cape London 2001 Gordon S Wood The Americanization of Benjamin Franklin Penguin New York 2004 Jan Sapp The nine lives of Gregor Mendel In Homer E Le Grand Hrsg Experimental Inquiries Kluwer Dordrecht 1990 S 137 166 Sapp analysiert die verschiedenen Deutungen von Mendels Arbeiten zur Genetik durch spatere Fachleute auf diesem Gebiet die ihn wahlweise als Darwinisten Anti Darwinian Anhanger der Evolutionstheorie Gegner der Evolutionstheorie Mendelianer Nicht Mendelianer und als Forscher der seine Daten manipulierte bzw dies nicht tat und sogar als jemanden der seine Experimente zur Kreuzung von Pflanzen komplett erfunden hat Patricia Fara Newton the Making of Genius Macmillan London 2002 Nicolaas Rupke Alexander von Humboldt A Metabiography korr Auflage University of Chicago Press Chicago London 2008 Rupke zeigt wie in Deutschland seit der Mitte des 19 Jahrhunderts und bis heute Humboldt als Projektionsflache fur eine Abfolge verschiedener sozio politischer Ideologien benutzt wurde James Moore The Darwin Legend Baker Books Grand Rapids Michigan 1994 James Moore Telling tales Evangelicals and the Darwin legend In David N Livingstone D G Hart Mark A Noll Hrsg Evangelicals and Science in Historical Perspective Oxford University Press New York Oxford 1999 S 220 233 Ralph Colp Charles Darwin s past and future biographies In History of Science Bd 27 1989 S 167 197 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Metabiografie amp oldid 232947329