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Mardijkers waren freigelassene Sklaven in Niederlandisch Indien Mardijker war eine Sammelbezeichnung fur alle freigelassenen uberwiegend christlichen Sklaven und ihre Nachkommen 1 Mardijkers 1704 Die Portugiesen verwendeten in ihren Kolonien schon im 16 Jahrhundert die Bezeichnung mardicas abgeleitet von dem Sanskrit Wort maharddhika sehr reich glucklich und machtig Im alten Java bezeichnete das einen freien Mann der nicht mehr in Sklaverei oder Leibeigenschaft lebte In der Bahasa Indonesia lebt das Wort fort als merdeka was frei bedeutet Sowohl die Portugiesen wie spater die Niederlander ubernahmen die Bezeichnung verballhornten sie und gebrauchten sie vor allem um christliche Ex Sklaven zu bezeichnen Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 1 1 Freigelassene 1 2 Herkunft und Status 1 3 Kulturelle Vermischung 1 4 Namen 2 Wohngebiete 2 1 Tugu 2 2 Molukken 2 3 Batavia 2 4 Verarmung und Reichtum 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenFreigelassene Bearbeiten Ursprunglich bezeichnete man als Mardijker einheimische Kriegsgefangene der Spanier und Portugiesen Diese christlichen Soldaten erhielten die Freiheit zuruck nachdem sie einige Jahre im Dienst der VOC Niederlandische Ostindien Kompanie gestanden hatten Sie wurden Burger unter der Bedingung dass sie jederzeit zum Kriegsdienst einberufen werden konnten Das System war durch die Portugiesen eingefuhrt worden und wurde durch die Spanier ubernommen Christianisierte Sklaven wurden aus Vorderindien und selbst aus Afrika nach Ostindien gebracht und bildeten dort eine eigene Bevolkerungsgruppe eng verbunden mit den europaischen Machthabern Von den freigelassenen Sklaven wurde Militardienst verlangt aber sie waren frei sich niederzulassen wo sie wollten So verfugten die Portugiesen in den eroberten Landstrichen uber vertrauenswurdige inlandische Soldaten Die Freigelassenen hatten immerhin mehr gemein mit den europaischen Eroberern namlich die Religion als mit den heidnischen Asiaten Die Hollander nutzten das System der bekehrten inlandischen Milizen in wesentlich geringerem Masse als die Portugiesen Von den Niederlandern mitgebrachte Sklaven bandanesischer oder molukkischer Herkunft aber auch nicht inlandische Moslems wurden oft nach wenigen Jahren freigelassen Man gab ihnen den Namen Mardijkers Sie liessen sich schlussendlich in speziellen Wohnvierteln fur inlandische Christen nieder In Batavia entstand das noch heute bestehende Kampung Banda Die batavischen Mardijkers unterschieden sich in Religion und Aussehen von anderen Asiaten Sie trugen europaische Kleidung wie einen Hut und Schuhe und waren fur jeden erkennbar Christen Herkunft und Status Bearbeiten Viele Mardijkers waren Abkommlinge von Menschen unterschiedlicher Herkunft Ob ein Kind zu den Mestizen oder den Mardijkern gerechnet wurde hatte nichts mit reich oder arm zu tun sondern wurde bestimmt vom gesetzlichen Status seiner Geburt Mestizen und Mardijker waren Namen die die der Verwalter der VOC verwendeten Obwohl diese Ausdrucksweise auch von der Stadtbevolkerung selbst benutzt wurde und diese Bezeichnung auch die Realitat wiedergab verbarg sich hinter diesen zwei Begriffen eine grosse Vielfalt Mestizen und Mardijker bildeten ein grosses Spektrum von Menschen verschiedener Herkunft Kinder von gemischt asiatisch europaischer Herkunft die anerkannt waren wurden nach der offiziellen Terminologie als mixties oder mesties bezeichnet ein Begriff der vom portugiesischen Wort mestico abgeleitet war Nicht alle Kinder gemischt asiatisch europaischer Abstammung wurden zu den Mestizen gerechnet Wenn ein europaischer Vater die Kinder die er mit einer Sklavin gezeugt hatte nicht anerkannte blieben sie unter der Obhut der Mutter Wenn sie christlich erzogen waren und die Freiheit erhielten wurden sie den Mardijkern zugerechnet Der Hintergrund der Vielfalt von Mestizen und Mardijkern war die sehr unterschiedliche Herkunft der Sklaven Manche hatten eine indische Mutter die Tamil sprach und Hindu war andere eine makassarische balinesische oder ambonesische Mutter die mit der Sprache und der Religion ihrer Heimat aufgewachsen war Kulturelle Vermischung Bearbeiten Schon zu Zeiten ihrer Sklaverei veranderten sich die Gebrauche der Sklaven Weit von ihrer Heimat entfernt lebten sie zwischen anderen Sklaven unterschiedlichster Herkunft und standen oft unter dem Druck ihrer Herren deren Religion anzunehmen Es entstand eine kulturelle Vermischung mit portugiesischen Elementen So war eine Form des Portugiesischen die meistgebrauchte Sprache mit der die verschiedenen Gruppen Sklaven und freie Menschen miteinander kommunizierten Die erste Generation Sklaven und Sklavinnen entstammte grosstenteils Vorderindien wo die Portugiesen im 16 Jahrhundert einen starken kulturellen Einfluss ausgeubt hatten Der Einfluss des kreolischen Portugiesischen nahm noch zu durch die Ankunft asiatischer Einwohner aus Gebieten die die VOC von den Portugiesen erobert hatten So wurde 1641 ein Teil der Bevolkerung von Malakka und von Ceylonesischen Orten wie Galle 1640 und Colombo 1656 nach Batavia verbracht Namen Bearbeiten Der portugiesische Einfluss ist deutlich an den Familiennamen wie De Fretes Ferrera De Mello Gomes Gonsalvo De Horta Cordero De Dias De Costa Soares Rodrigo De Pinto Perreira und De Silva erkennbar Dies waren Namen die in Batavia haufig vorkamen Dass jemand einen portugiesischen Namen trug hiess dabei nicht dass er auch portugiesische Vorfahren hatte Sklaven und Freie die durch die Portugiesen christianisiert und getauft worden waren hatten haufig den Namen eines Taufzeugen angenommen Diese Praktik ubernahmen manche Niederlander sodass sich auch niederlandische Namen verbreiteten Nicht selten trat ein Sklavenhalter selbst als Taufzeuge seiner christianisierten Sklaven auf Es konnte auch vorkommen dass ein Sklave nach dem General Gouverneur Jacques Specx benannt war In der Regel nahm ein Sklave bei der Taufe einen portugiesischen oder niederlandischen Vornamen an verbunden mit einem Nachnamen der seine geographische Herkunft erkennen liess z B Willem van Bengalen Magdalena van Bali oder Antonica da Costa von der Kuste Coromandels in Indien Ihre Kinder erhielten neben dem Vornamen auch stets den Namen ihres Vaters Pieter ein Sohn Willem van Bengalens hiess also Pieter Willemsz So entstanden im 17 Jahrhundert Familiennamen wie Michielsz Bastiaansz Simonsz Pietersz Manuelsz Jansz Fransz Davidtsz oder Abrahamsz Es waren typische Mardijker Familiennamen Wohngebiete BearbeitenAusser in Batavia lebten auch viele Mardijkers in Tugu und auf den Molukken Tugu Bearbeiten Nach dem Fall von Malakka und dem Sieg der Hollander 1641 wurden die Portugiesen vornehmlich die Mesticos Portugiesisch Asiatische Christen einheimische Christen und Mardijkers nach Batavia in das neue Handelszentrum der VOC verbracht 1661 stellte die VOC ein Stuck Land zur Bestellung als Dank fur geleistete Dienste bereit Dieses Land Tugu lag ungefahr 12 Kilometer nordostlich von Batavia Die ersten Tugunesen waren 23 Mardijker Familien die dort Landwirtschaft betrieben Sie waren bengalesischen oder coromandelsischen Ursprungs Hauptsachlich waren es mannliche Sklaven die mit balinesischen Frauen verheiratet waren Sie waren freigelassen worden weil sie ihrem katholischen Glauben abgeschworen hatten und calvinistisch geworden waren Sie wohnten in einer einfachen Niederlassung die anfanglich nicht einmal einen Friedhof hatte so dass die Bewohner ihre Toten in Batavia begraben mussten Tugu entwickelte sich zu einem Bollwerk der portugiesischen Mestizenkultur wo eine Mischung aus Portugiesisch und Indisch in zunehmendem Masse mit malaiischen Ausdrucken gesprochen wurde Die portugiesische Sprache hielt sich lange in dem isolierten Dorf bis sie gegen Ende des 19 Jahrhunderts vom Malaiischen verdrangt wurde Ungefahr 1930 sammelte der Tuguer Lehrer Jacob Quiko die portugiesischen Worte die die altere Generation noch gebrauchte Die Liste lasst erkennen dass ein anderes Portugiesisch gesprochen wurde als in den portugiesischen Kolonien Flores und Timor Das Tugu Portugiesisch lebte allein noch fur die Musik wie das Orkes Keroncong von Samuel Quiko Wahrend das Mardijker Portugiesisch noch lange in Tugu bestand war in Batavia davon bereits Mitte des 19 Jahrhunderts nur wenig zu finden Ausser im Dorf Tugu wo manche Namen noch fortleben sind die typischen Mardijker Familiennamen uberall verschwunden Auf dem Friedhof kommen portugiesische wie niederlandische Namen gleichermassen vor Molukken Bearbeiten Uberall wo die Portugiesen koloniale Stutzpunkte hatten traf man Mardicas und Mesticos an Auf den Molukken gab es bereits seit dem fruhen 16 Jahrhundert portugiesische Garnisonen und Kolonisten die in grossem Umfang Sklaven hielten Die portugiesische Kultur auf Ambon ist bald nach der Eroberung durch die VOC im Jahr 1605 verschwunden und war allein noch an den Familiennamen erkennbar Auf den Molukken haben die portugiesischen Namen allerdings einen anderen Ursprung als in Batavia wo die portugiesische Kultur durch portugiesisch indische Sklaven eingefuhrt wurde Auf den Molukken stammten die meisten Sklaven vom indonesischen Archipel Es handelte sich uberwiegend um sogenannte Makassaren eine Gruppe von Sklaven aus Celebes und Umgebung Bei einer Volkszahlung im Jahre 1672 unterteilte die Verwaltung der VOC die Bevolkerung in zwei Gruppen die grossere Gruppe die Grunen Geusen so genannt nach den grunen Fahnen ihrer Schutzengruppen und daneben eine kleine Gruppe Makassaren die vermutlich Moslems waren Die Grunen Geusen waren Mardijker die als Sklaven von Bali Ternate den sudlichen Molukken und Batavia nach Ambon verschleppt worden waren Batavische Sklaven kamen von viel weiter her aus Vorder Indischen Gebieten Die sehr gemischte Gruppe von Mardijkern auf der Insel Ambon bestritt ihren Lebensunterhalt fast ausschliesslich durch die Kultivierung der Garten nahe der Festung Victoria und durch Reisanbau Sie betrieben einen eigenen Gemusemarkt noch heute Pasar Mardicas Mardijker Markt genannt Nach den Bevolkerungsstatistiken war die Zahl der Mestizen auf Ambon nicht sehr gross 1672 sollen in der Stadt Ambon nur 132 Mestizen gewohnt haben 20 Manner 32 Frauen und 80 Kinder Die Gruppe der Mardijker war mit 557 Personen um ein Vielfaches grosser Auffallend ist der grosse Uberschuss an Frauen 222 Frauen und 151 Manner Moglicherweise befanden sich unter den 184 Kindern dieser Mardijker Frauen viele uneheliche Kinder von VOC Bediensteten Wie in Batavia war die wirkliche Anzahl von Kindern gemischter Abkunft viel grosser als die offiziellen Zahlen angaben Batavia Bearbeiten General Gouverneur Rijckloff van Goens 1678 1681 meldete dass 1679 ungefahr 3000 Mardijker und weitere rund 16000 Sklaven in der Kolonie lebten 1679 wohnten in der Innenstadt und den Vorstadten Batavias 2227 Niederlander 760 Mestizen und 5348 Mardijker 1699 lebten in der Stadt Batavia 1783 Europaer 670 Mestizen 2407 Mardijker 3679 Chinesen und 867 andere Die Zahl der Sklaven machte vermutlich circa 50 der Stadtbevolkerung aus 1739 lebten in Batavia 1276 Europaer 421 Mestiezen 1038 Mardijker 4199 Chinesen 299 andere und ungefahr 12 000 Sklaven Verarmung und Reichtum Bearbeiten Im Laufe des 17 Jahrhunderts bluhte die Sklavenkolonie Batavia immer weiter auf Die Anzahl der Sklaven stieg von rund 1000 um 1630 auf 25 000 am Ende des Jahrhunderts Mehr als die Halfte der Bevolkerung in der Innenstadt bestand aus Sklaven Das fuhrte zu grossen sozialen Problemen weil viele Sklaven erst freigelassen wurden wenn sie alt und krank waren und den Haltern nur noch wenig Nutzen brachten Auch gaben die Halter oft die Freiheit aus Dankbarkeit fur langjahrige treue Dienste aus humanitaren Erwagungen zuruck So war es vor allem die Vergreisung des Sklavenbestandes der am Ende des Jahrhunderts die Zahl der Freigelassenen stark zunehmen liess Eine grosse Zahl von Ex Sklaven uberflutete die Mardijker Wohnviertel Vor allem alte Sklavinnen bildeten eine bedurftige Gruppe Sie konnten nur schwer an Nahrung gelangen und lebten in grosser Armut Die reformierte Diakonie versorgte diese vrije swartinnen sorgte fur hunderte Obdachlose und unterhielt ein Armenhaus Nicht alle Mardijker gehorten zu den Armen Um 1700 gab es schon einzelne wohlhabende Familien die das Sklavenleben zwei oder drei Generationen hinter sich gelassen hatten Mit Handels und Spekulationsgeschaften verstanden es einige einen erheblichen Wohlstand zu erreichen und konnten so Landereien im Umland von Batavia erwerben Die Mardijker standen deshalb loyal zur VOC welche viele Regimenter aus ihren Kreisen bildete und in zahlreichen Kriegen am Ende des 17 Jahrhunderts einsetzte Verschiedene Mardijker Seehandler brachten regelmassig mit ihren Schiffen die VOC Post nach Ternate und Ambon Am zahlreichsten waren die Mardijker in Batavia in der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts Ihr Bevolkerungswachstum hielt Schritt mit dem der niederlandischen Gemeinschaft In den letzten Jahren der VOC gegen Ende des 18 Jahrhunderts waren Mardijker und Christen nahezu zu einem Synonym geworden Die Mardijker unterschieden sich von den Indonesiern durch ihre dunklere Hautfarbe ihre Sprache das kreolische Portugiesisch und ihre Namen portugiesische und spater niederlandische Taufnamen Selbst ihre Kleider hatten einen portugiesischen Schnitt Als die Zahl der Niederlander im 18 Jahrhundert abnahm und weniger christliche Sklaven eintrafen schrumpfte auch die Gemeinschaft der Mardijker Der Unterschied zwischen Mestizen und Mardijkern Swarten wurde durch viele Hochzeiten untereinander immer kleiner Im letzten Viertel des 18 Jahrhunderts sprach man schliesslich von Indischen Christen oder auch Portugiesen was fur diese Gruppe grosstenteils asiatischer Abkunft eine verwirrende Bezeichnung war Siehe auch BearbeitenTopasseLiteratur BearbeitenUlbe Bosma Remco Raben Being Dutch in the Indies A History of Creolisation and Empire 1500 1920 Ubersetzt von Wendie Shaffer National University of Singapore Press Singapur 2008 ISBN 978 9971 69 373 2 Jean Gelman Taylor The Social World of Batavia European and Asian in Dutch Asia University of Wisconsin Press Madison 1983 Einzelnachweise Bearbeiten R Leirissa Ambon and Ternate through the 19th century In Authority and enterprise among the people of South Sulawesi Bijdragen in taal land en volkenkunde 156 Nr 3 Universitat Leiden Leiden 2000 S 619 633 KITLV S 249 auf kitlv journals nl Zugriff nur uber Login moglich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mardijker amp oldid 238286505