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Mankurt 1 ist ein Film des turkmenischen Regisseurs Hojaguly Narlyyew der 1990 in der damaligen Sowjetunion seine Premiere feierte In Turkmenistan wurde der Film erst im Jahr 2007 gezeigt Er basiert auf einem Kapitel des 1980 veroffentlichten Romanes Ein Tag langer als ein Leben 2 Russisch I dolshe veka dlitsya den des kirgisischen Autors Tschingis Aitmatow FilmTitel MankurtProduktionsland TurkmenistanOriginalsprache Turkmenisch Russisch TurkischErscheinungsjahr 1990Lange 86 MinutenStabRegie Hojaguly NarlyyewDrehbuch Mariya UrmatovaMusik Rejep RejepovKamera Nurtai BorbiyevBesetzungTarik Tarcan Yalaman Maya Gozel Aymedova Ayim Xocadurdi Narliyev Kabbor Maise Almazova Gozel Yilmaz Duru Donmez Tahir Narliyev Tannir Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Produktionsgeschichte 2 1 Hojaguly Narlyyew 3 Darstellerische Mittel 3 1 Zwischenfiguren 3 2 Filmtechnische Gestaltung und Motivik 4 Weiterfuhrende Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenIn der turkmenischen Steppe findet ein Kampf statt Ein Ort wird von einer Gruppe Reitern uberfallen dessen Einwohner vor den Kampfern fluchten Nach dem Kampf werden in der offenen Landschaft die erbeuteten Sklaven zugerichtet Die gefangenen Manner werden in Junge und Alte eingeteilt Den alten Mannern werden die Augen ausgestochen die jungen an Holzbalken gefesselt bevor ihnen das Haupthaar abrasiert wird Ein Kamel wird geschlachtet Die Sieger versehen die Besiegten mit ewigen Kappen indem auf die kahlen Kopfe jeweils ein Stuck frische Tierhaut gebunden wird das sich in die Haupter der Manner einbrennt wahrend diese fur mehrere Tage gefesselt am Wustenboden liegen Dieser Vorgang wird den Kindern des erobernden Volkes wie ein Lehrwerk vorgefuhrt Im Folgenden verlagert sich die Haupthandlung auf einen der Gefangenen Der junge Yelaman wird wahrend des entmenschlichenden Mankurt Werdens aus der Nahe betrachtet In Flashbacks wird sein Vorleben mit Hilfe seiner Erinnerungen reproduziert Ein zweiter Handlungsstrang zeigt die verzweifelte Familie deren Vater Domnɘz und Sohn Yelaman nicht aus dem Kampf zuruckkehrten Als die Mutter Ayim und Yelamans Frau vermuten er wurde allein nicht wieder heimkehren beschliesst die Mutter sich auf die Suche nach dem Sohn zu machen Zeitgleich steht der gefesselte Yelaman kurz vor dem Identitatsverlust der mit dem Verschwimmen und schlussendlich dem Erloschen der Erinnerungen einhergeht Wahrend sich Ayim auf ihrem weissen Kamel reitend auf die Reise begibt wird ihr entseelter Sohn zum Mankurt Als willenloser Posten fungiert er fortan als Huter einer Ziegenherde An den Ort wo Yelaman grosstenteils allein die Tiere hutet gelangt kurze Zeit spater auch die Mutter All ihre Versuche die Erinnerungen ihres Sohnes wieder hervorzurufen scheitern Als sie einige Tage spater einen letzten Versuch unternimmt Yelaman zum Heimkehren zu bewegen verschafft ihr der Junge Tannir durch seinen Suizid Zeit Der Junge gehort dem gegnerischen Volk an und tritt bereits vorher durch sein emotionales von der Gesamtheit abweichendes Verhalten hervor Die Zeit die durch Tannirs Selbstmord gewonnen wird wirkt sich jedoch nicht positiv auf die Ruckgewinnung Yelamans aus Die wiederholten Versuche der Mutter auf ihn einzuwirken fuhren am Ende dazu dass er sich bedroht fuhlt und seine Mutter erschiesst Produktionsgeschichte BearbeitenDer 81 minutige Film wurde im Jahr 1990 in der Sowjetunion in dem grossten turkmenischen Filmstudio Turkmenfilm studios produziert Das Filmteam bestand hauptsachlich aus turkischen und libyschen Schauspielern Dreh und Handlungsort war die turkmenische Wuste Tschingis Aitmatow befurwortete die filmische Teilinszenierung seines Romans ausdrucklich und unterstutzte Narlyyew bei der Umsetzung Die Ausstrahlung in Turkmenistan wurde durch den ersten Prasidenten Turkmenistans Saparmyrat Nyyazow reguliert Er gab folgende Grunde fur das Ausstrahlungsverbot an I simply wanted the younger generation to know the true story of their people and not to become mankurts 3 Erst nach seinem Tod kam es im September 2007 zur Premiere auf den Filmfestspielen in Baku Hojaguly Narlyyew Bearbeiten Hojaguly Narlyyew graduierte 1960 am Gerassimow Institut fur Kinematographie in Moskau mit Auszeichnungen sowohl fur seine Arbeit als Kameramann als auch fur die als Regisseur Nach seiner Ausbildung verschlug es ihn wieder in sein Heimatland wo er bei Turkmenfilm zunachst als Kameramann anfing Sein erster Film der national und sowjetweit Beachtung fand war Newestka turkmenisch Gelin deutsch Schwiegertochter Dies markiert auch den Beginn der Zusammenarbeit mit Maja Gosel Aimedowa die fur viele Jahre seine Muse blieb und in vielen seiner Filme das Leid und die Hoffnung turkmenischer Frauen verkorperte Im Film Mankurt spielt sie die Mutter des entseelten Yelamans Narlyyew ist bekannt fur ernsthafte Themen und einen pragnanten moralischen Anspruch den er an seine Arbeit und die Zuschauer stellt Das gewahlte Setting ist zumeist die Wuste und ihre Bewohner einfache Nomaden die sich ihrer Herkunft und Traditionen bewusst sind und nach ihnen leben Sein Hauptaugenmerk liegt auf den Wurzeln seines Volkes und wie diese unter allen Umstanden bewahrt werden mussen Oftmals sind die wichtigsten Figuren Frauen junge Madchen oder bereits Mutter deren Aufgabe der Erhalt der Traditionen und Ideale ist Darstellerische Mittel BearbeitenNarlyyew setzt in seinem Film detailreiche Bilder ein die dem Rezipienten ein Mitfuhlen ermoglichen Ebenso arbeitet er stark mit Ambivalenzen wie Jung Alt oder Gut Bose Besonders intensiv verarbeitete Motive sind die der Mutterliebe des Identitatsverlustes und der Wustenlandschaft mit ihren Bewohnern Auf Handlungsebene bedient sich der Regisseur in Mankurt ebenso an Zwischenfiguren die der Romanvorlage nachtraglich hinzugefugt wurden Die filmtechnische Umsetzung zeichnet sich durch eine geschickt wechselnde Kamerafuhrung aus durch welche verschiedene Perspektiven der Beteiligten wahrgenommen werden konnen Bei der Umsetzung schreckt er auch nicht von unzensierten Gewaltaufnahmen zuruck die den schonungslosen Umgang mit den Gefangenen das Ausbluten der Kamele und Tannirs Suizid zeigen Mit seiner Verarbeitung der verschiedenen Identitatskrisen macht er auf die derzeitige Problematik der spatsowjetischen Kulturpolitik aufmerksam Zwischenfiguren Bearbeiten Neben der Ehefrau von Yelaman die fiebernd im Bett liegt fugt er Tannir als aktiv handelnde Zwischenfigur hinzu Dieser ist ein kleiner Junge der dem Eroberervolk angehort Er unterscheidet sich im Denken und Handeln von seinen Mitmenschen Seine Handlungen sind von Mitgefuhl gepragt das auch durch emotionale Entladungen wie dem Weinen zum Ausdruck kommt Bereits in der Anfangsszene wird seine Empathiefahigkeit und die damit einhergehende Reaktion des Vaters in Form von Unverstandnis verdeutlicht Anders als die anderen Kinder die zu Kriegern erzogen werden halt er den Bildern die die vorgefuhrte bestialische Prozedur mit sich bringt nicht standhalt und rettet sich weinend zu seiner Mutter Auch als Wachposten neben den gefesselten und ausgesetzten Mannern steht er Yelaman bei indem er seinem Wunsch nach Wasser nachgibt Dem Suizid zum Ende geht ebenso eine emotionale Szene voraus in der Tannir unter Tranen die klaglichen Versuche der Mutter beobachtet die Erinnerungen ihres Jungen wieder hervorzurufen Ein mogliches Verstandnis fur die Funktion dieser Figur lasst sich uber den politischen Kontext erschliessen in dem der Film erschien Die Umbruchphase der Perestroika wird auch als Phase des Umbaus bezeichnet Die Veranderungen auf allen Ebenen des sozialen Lebens gehen mit einer Ungewissheit einher die ambivalente Gefuhle hervorruft Eine besondere Rolle spielen hier die jungen Vertreter der Generation die durch eine ambivalente Denkweise ausgezeichnet sind Zum einen Blicken die jungen Sowjets mit Hoffnung in die Zukunft zum anderen halten sie an dem fest was ihnen anerzogen wurde Tannir konnte diese Generation versinnbildlichen Einerseits bildet er durch seine Empathiefahigkeit eine Gegenposition zum restlichen Volk andererseits befolgt er trotz seelischem Schmerz alle Anweisungen seines Vaters Den Suizid konnte man sozialkritisch als letzten Ausweg aus einer Gesellschaft sehen Filmtechnische Gestaltung und Motivik Bearbeiten Mit gezielter Kamerafuhrung bietet sich dem Zuschauer die Moglichkeit den Film auf verschiedenen Metaebenen zu verstehen Beispielhaft ist der Wechsel von Innen und Aussenperspektive Yelamans Diese wird nicht nur funktionalisiert um den Vorgang des Gedachtnisverlustes zu explizieren sondern vermittelt dem Zuschauer zusatzlich ein bestimmtes Bild der nomadischen Bevolkerung Turkmenistans Darstellungen von Ambivalenzen lassen sich auch in der vermittelten Mutterliebe erkennen Sie wird nicht nur genutzt um die Handlung voranzutreiben sondern auch um eine emotionale Verbundenheit darzustellen Das Motiv der Mutterliebe zeigt sich in Yelamans Mutter ebenso wie in der Beziehung von Tannir und seiner Mutter Diese bietet ihrem Sohn Obhut und Schutz als er den Forderungen seines Vaters die darauf abzielen einen Kampfer zu schaffen nicht standhalt uns emotional einbricht Diese Verbundenheit kann im Entstehungskontext der spaten Sowjetunion auf die Verbundenheit des Volkes werden In der Perestroika wird diese hinterfragt bzw gerat ins wanken Neben dem figurengebundenen Perspektiven und Motivwechsel arbeitet Narlyyew auch mit der Distanz vom Zusehenden auf das Geschehen Nachdem der Zuschauer die Anfangsszene aus der Froschperspektive und sicherer Entfernung beobachtet wird ihm der Prozess des Mankurt Werdens aus der Nahe als ware er selbst teilnehmender Beobachter vorgefuhrt Mittels dieser Wechsel von Distanz und Distanzlosigkeit wird die Wahrnehmung des Rezipienten gezielt gelenkt Der Verlust der Wurzeln und damit der Verlust der eigenen Identitat wird in Mankurt als das schlimmste Schicksal das einen ereilen kann dargestellt Obwohl Ayim und Domnɘz am Ende beide ihren Tod gefunden haben ist ihr Schicksal bei weitem nicht so grausam wie das ihres Sohnes Dass der jungeren Generation dieses Los zuteilwird ist kein Zufall Narlyyew stand der aufgezwungenen Kulturrevolution zunachst durch die Sowjetunion dann durch den neuen Prasidenten Saparmyrat Nyyazow uberaus kritisch gegenuber Er wollte mit seinem Film verdeutlichen dass die Kultur und die Traditionen eines Volkes nicht etwa von aussen oder von oben sondern nur aus sich selbst erhalten und entstehen konnten Dies war nicht nur eine Kritik am ersten turkmenischen Prasidenten und den starken Personenkult den er nach Amtsantritt um sich etablierte was auch der Grund war dass Mankurt lange Zeit auf seine offizielle Premiere in Turkmenistan warten musste Es war vor allem eine Kritik an der Kulturpolitik der Sowjetunion der Turkmenistan von 1925 bis zu ihrem Zerfall 1991 angehorte Der Figur des Mankurts wird ihre Identitat entzogen und ist sich dieser Entwurzelung im Nachhinein gar nicht mehr bewusst ein Schicksal das die vielen Volker der ehemals sowjetischen Lander geteilt haben Nicht nur dass ganze Volksgruppen in vermeintlich passendere Gegenden umgesiedelt wurden es wurden auch nationale Identitaten die sich meist nach der grossten Bevolkerungsgruppe richteten und trotzdem im grosseren sowjetischen Rahmen aufgehen mussten erfunden Auch Turkmenistan wurde dahingehend revolutioniert Ein Beispiel hierfur war die sogenannte Befreiung der muslimischen Frau vom Kopftuch das als Triumph der sowjetischen Herrschaft galt ungeachtet der langen Tradition dieses religiosen Brauchs Die Ruinen am Anfang und am Ende des Films die den Hintergrund fur das finale Aufeinandertreffen der Figuren bilden sind ein Mahnmal fur die Verganglichkeit der Eroberer und gleichzeitig eine Erinnerung dass man nur uberleben kann wenn man sich trotz Eroberung die Traditionen und Erinnerungen des eigenen Volkes bewahrt Die Wuste und die Lebewesen in ihr sind ebenfalls von grosser Bedeutung fur Narlyyew In Szenen in denen der Zuschauer das Leben von Yelamans Stamm naher kennenlernt wird die Wuste als lebendig sogar fast grun dargestellt Die junge Familie spielt sogar in einem Strom das lebensspendende Nass steht hier fur eine verheissungsvolle Zukunft dass dies ein leeres Versprechen wird ahnt einzig Ayim und versucht das Schicksal ihres Sohnes abzuwenden indem sie ihn aus dem unaufhaltsam stromenden Wasser rettet Die Geier die um die Gefangenen kreisen stehen fur die Grausamkeit der Wuste und gleichzeitig fur die Endlosigkeit eines naturlichen Kreislaufes Auf der anderen Seite steht die Grausamkeit der Menschen Anstatt ein Kreis ist diese eine Spirale die unweigerlich in der Ausloschung der menschlichen Rasse resultiert Yelamans vegetativer Status und Tannirs Tod zeigen das Ende ihrer Stamme an denn aus ihren Schicksalen erwachst nur neues Leid kein neues Leben Weiterfuhrende Literatur BearbeitenFirat Caner An Allegory of Unthinking Slave In Nalans Band 5 Nr 9 2017 S 57 64 Viatcheslav Morozov Russia s Postcolonial Identity Palgrave Macmillan UK 2015 Karl Reichl Oral Epics into the Twenty First Century The Case of the Kyrgyz Epic Manas In Journal of American Folklore Band 129 Nr 513 2016 S 327 344 Weblinks BearbeitenMankurt in der Internet Movie Database englisch Einzelnachweise Bearbeiten K Narliev Mankurt In YouTube Durdy Bayramov Art Foundation 15 August 2017 abgerufen am 6 August 2018 englisch untertitel Cingiz Ajtmatov Ein Tag langer als ein Leben Vollst erw Ausg 1 Auflage Unionsverlag Zurich 1995 ISBN 3 293 20057 5 Swetlana Slapke Fragments from the history of turkmen cinema In Cinema in Central Asia Rewriting Cultural Histories I B Tauris London New York 2013 S 101 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mankurt Film amp oldid 231979314