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Der Begriff Lederschnitt bezeichnet eine Technik der Lederverzierung bei der ein Motiv mit einem Messer in vorher erwarmtes und eingeweichtes Leder geschnitten wird und durch anschliessendes Empordrucken der Schnittkanten plastisch erhaben erscheint Lederschnitt Einband des Stonyhurst CollegesDer Lederschnitt wurde im Mittelalter in ganz Europa zur Verzierung vieler lederbezogener Gebrauchsgegenstande eingesetzt Sowohl Kasten und Truhen als auch Schwertscheiden oder Urkundebehalter wurden auf diese Weise geschmuckt Vornehmlich im deutschen Sprachraum des 15 Jahrhunderts fand der Lederschnitt daruber hinaus vielfache Anwendung auf kostbaren Einbanden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Herstellung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenWahrend die Kopten schon sehr fruh ihre Einbande mit Lederschnitt verzierten war die Verwendung dieser Technik im Abendland obwohl schon seit dem 7 Jahrhundert bekannt noch eine Seltenheit Die beiden fruhesten erhaltenen Lederschnittbande stammen aus dem 8 Jahrhundert Die Fuldaer Codices Bonifatiani 2 und 3 der sogenannte Ragyndrudis Codex Fulda Dommuseum Cod Bonif 2 und das sogenannte Cadmug Evangeliar Fulda Dommuseum Cod Bonif 3 1 sowie das Cuthbert Evangeliar des Stonyhurst College in Lancashire London British Library Additional MS 89000 fruher ebd Loan 74 stellen aber sowohl in ihrem zeitlichen Auftreten als auch durch ihre schlichte Ornamentik seltene Ausnahmen dar nbsp Lederschnitt Einband des 15 JahrhundertsIm 15 Jahrhundert jedoch kam der Lederschnitt zu einer wahren Blute Besonders deutsche Lederschnittkunstler schufen zahlreiche Weise Luxuseinbande die zumeist sehr vielfaltig phantasievoll und detailreich verziert waren Die Darstellungen reichten von Tiermotiven Madonnen und Heiligenfiguren uber Wappen und Medaillons hin zu der bevorzugten Schmuckform rein ornamentalen von der Natur inspirierten Mustern Zu Beginn des Jahrhunderts noch relativ flach gehalten lediglich die Umgebung wurde niedergepunzt wurden die Darstellungen zur Jahrhundertmitte hin immer plastischer Teilweise ging man sogar uber das reine Heraustreiben der Motive hinaus und erzeugte durch Unterlegen der Schnittkanten mit Kitt reliefartige Anmutungen In der Regel trat der Lederschnitt als einziger Schmuck auf lediglich in der zweiten Jahrhunderthalfte wurde er gelegentlich auch mit dem Blinddruck kombiniert Farben oder Beize konnten die Darstellung auf den meist braunen Ledern jedoch beleben Zu Beginn des 16 Jahrhunderts brach die Anwendung des Lederschnitts vollstandig ab Der Versuch einiger Kunstler des 19 Jahrhunderts u a Georg Hulbe aus Hamburg ihn wiederzubeleben scheiterte Im Gegensatz zu anderen Einbandverzierungen lag der Lederschnitt in der Regel nicht in der Hand des Buchbinders sondern wurde von eigenstandigen Lederschnittmeistern ausgefuhrt Diese arbeiteten jedoch meist anonym und zogen umher so dass bisher nur in wenigen Fallen eine namentliche Zuordnung gelungen ist Inwiefern bei kombinierten Lederschnitt Blinddruck Banden eine Kooperation zwischen Buchbinder und Lederschnittkunstler stattfand ist noch nicht endgultig geklart Herstellung Bearbeiten nbsp Moderne Lederschnitt ArbeitDer Lederschnitt erfolgte wie alle Deckenverzierungen stets nach dem Beziehen der Buchdeckel dem sogenannten Insledermachen Eine eventuelle Bearbeitung des Leders durch Beizen hatte jedoch schon zuvor in einem Arbeitsgang mit dem Scharfen des Leders zu geschehen Falls vorhanden musste zunachst die Vorzeichnung auf das Leder ubertragen werden Dieses wurde dafur angefeuchtet die Zeichnung aufgelegt und mithilfe eines spitzen Stiftes durchgepaust Vor dem Schneiden des Leders musste der Einband wieder trocknen Dann wurde das Messer senkrecht angesetzt und vom Ausfuhrenden weg stuckweise der Vorzeichnung entlang durch das Material geschnitten Dabei war besonders auf die Schnitttiefe zu achten um einerseits nicht durch das Leder hindurch zu schneiden andererseits aber auch genug Raum fur die folgende Modellierung zu geben Durch ein weiteres Anfeuchten liess man die Schnittkanten nun zunachst etwas aufquellen Damit sich die Linien nicht mehr schlossen trieb man sie anschliessend mithilfe eines Aufreissstiftes auseinander um sie direkt darauf mit dem Modelliereisen in die abschliessende Form zu bringen Eine Punzierung des unbearbeiteten Grundes schliesslich konnte erheblich zur Erzeugung von Licht und Schatten beitragen War das Leder erst wieder getrocknet blieb die plastische Ausformung spater dauerhaft erhalten Literatur BearbeitenHellmuth Helwig Einfuhrung in die Einbandkunde Anton Hiersemann Stuttgart 1970 ISBN 3 7772 7008 3 S 76ff Otto Mazal Einbandkunde Die Geschichte des Bucheinbandes Elemente des Buch und Bibliothekswesens 16 Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden 1997 ISBN 3 88226 888 3 Friedrich Adolf Schmidt Kunsemuller Corpus der gotischen Lederschnitteinbande aus dem deutschen Sprachgebiet Denkmaler der Buchkunst 4 Hiersemann Stuttgart 1980 ISBN 3 7772 8022 4 Friedrich Adolf Schmidt Kunsemuller Lederschnitt In Severin Corsten Hrsg Lexikon des gesamten Buchwesens Band 4 Institut fur Buch und Handschriftenrestaurierung Lyser Hiersemann Stuttgart 1995 ISBN 3 7772 9501 9 S 427 f Fritz Wiese Der Bucheinband Eine Arbeitskunde mit Werkzeichnungen 5 durchgesehene Auflage Schluter Hannover 1979 ISBN 3 8770 6300 4 S 340f Weblinks BearbeitenInformationstext der niederlandischen Nationalbibliothek zum Lederschnitt mit zahlreichen Abbildungen Beispiel fur ein mit Lederschnitt Punzierung und Relief gearbeitetes MinnekastchenEinzelnachweise Bearbeiten Siehe Artikel Bonifatius 1 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lederschnitt amp oldid 222544495