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Die Kartellenquete oder Kartell Enquete war eine Enquete uber den Stand und Rolle der Kartellierung der Industrie Deutschlands welche in den Jahren 1902 bis 1905 durchgefuhrt wurde Offiziell wurde sie am 20 November 1905 wegen Uberlastung der Reichsbehorden abgebrochen Inhaltsverzeichnis 1 Allgemein 2 Bewertung durch Fritz Blaich 3 Literatur 4 EinzelnachweiseAllgemein BearbeitenAusloser war die Preispolitik des Rheinisch Westfalisches Kohlen Syndikats in der Rezession des Jahres 1901 worauf in mehreren erregten Debatten im Reichstag die Frage nach der Rolle der Kartelle im Allgemeinen aufkam Die Enquete stand unter der Leitung des Staatssekretars im Reichsamt des Innern Arthur von Posadowsky Wehner praktisch geleitet wurde sie von Geheimrat Richard van der Borght Sie basierte auf durch Posadowsky angeregte Vorarbeiten des Kartellexperten Voelcker und einigen Mitarbeitern des Kartellreferats im Reichsamt des Innern Als Mitglieder wurden ausgewahlte Kartellvertreter Politiker und Wissenschaftler eingeladen die in freier kontradiktorischer Aussprache die Untersuchung durchfuhrten Es wurden 20 Kartelle als reprasentativer Querschnitt ausgewahlt und ein Fragenkatalog von 14 Fragen ausgearbeitet Vertreter der Wissenschaft waren Gustav von Schmoller Lujo Brentano und Johannes Conrad Vertreter aus den Parteien waren Spahn Zentrum Molkenbuhr SPD Graf Kanitz Deutsch Konservative Gothein Freisinnige Muller Sagan Freisinnige Beumer Nationalliberal als Generalsekretar des Langnam Verein zugleich Vertreter der Rohstoff und SchwerindustrieEin grosser Streitpunkt war ob die Kartellvertreter die Verpflichtung auferlegt werden sollte wahrheitsgemasse Aussagen zu machen Schmoller Brentano Gothein und Spahn traten dafur ein die Kartellvertreter protestierten Geheimrat Borght entschied sich gegen eine solche Verpflichtung Die Ergebnisse wurden zunachst im Reichsanzeiger dann in Buchform veroffentlicht Kontradiktorische Verhandlungen uber Deutsche Kartelle Band 1 Steinkohlen und Koks 1903 Band 2 Druckpapier und Buchhandel 1904 Band 3 Eisen und Stahl 1 1904 Band 4 Eisen und Stahl 2 1905 Band 5 Spiritus 1906 Heft 11 Die Verbande in der Tapetenindustrie 1906 Bewertung durch Fritz Blaich BearbeitenLaut dem Wirtschaftshistoriker Fritz Blaich diente diese Enquete als Quelle fur zahlreiche Arbeiten uber das Kartellproblem die sich aber nicht die Frage nach dem Informationswert dieser Quelle stellen Laut ihm kam auf Grund der Marktmacht der Kartelle und dem mangelnden Willen der Reichsbehorden gegen die Kartelle zu ermitteln keine objektive Untersuchung zu Stande Die Marktmacht der Kartelle sei bereits so gross geworden dass es schwierig war Vertreter nichtkartellierter Industrien die als Zulieferer und Abnehmer von diesen abhangig waren zur Teilnahme an den Verhandlungen zu zwingen und sie zu prazisen Aussagen zu bewegen So schrieb der Deutsche Handelstag am 11 November 1902 an Posadowsky dass sie geeignete Vertreter der Abnehmer des Drahtstiftsyndikats zur Teilnahme ausgewahlt habe doch diese abgelehnt haben da sie wohl mit Recht furchteten bei freier Aussprache in einem dem Syndikat ungunstigen Sinne von diesem boykottiert und dadurch moglicherweise in ihrer Existenz gefahrdet werden 1 Brentano der bald verargert und enttauscht aus der Enquete ausschied berichtet von einer Ausserung des Prasidenten des Walzwerkverbandes der ihm gegenuber sagte Sie sind ein unabhangiger Mann und konnen ohne Gefahr reden ich aber riskiere Schwierigkeiten im Kohlebezug 2 Die Verhandlungen wurden laut Blaich durch die Beamten des Reichsamtes des Innern in entscheidenden Phasen zugunsten der Kartelle und Syndikate gelenkt Als beispielsweise Professor Brentano die Frage nach der Ruckwirkung der Kartelle auf die Konzentration der Industrie stellen wollte zog Geheimrat Borght buchstablich die Notbremse mit der Begrundung die Herren aus dem Rheinland wollten mit dem Zwei Uhr Zug aus Berlin abfahren und zuvor noch zu Mittagessen 3 Voelcker wurde wahrend der Verhandlungen von einem Kritiker der Kartelle zu einem Freund der Kartelle Blaich weist darauf hin dass er 1904 in den Vorstand des Stahlwerksverbandes wechselte lasst aber offen ob die Industrie ihn umgedreht hat Uberhaupt lasst Blaich die Frage offen ob die Beamten von der Industrie bestochen wurden oder ob sie bei der langen und intensiven Beschaftigung fur die Argumente der Kartellinteressenten empfanglich wurden Den eigentlichen Grund fur den Abbruch der Enquete sieht Blaich in der Resignation der Reichsbehorden an objektive Informationen zu gelangen Literatur BearbeitenFritz Blaich Die Kartellenquete 1902 1905 Ein Beitrag zum Verhalten der Ministerialburokratie gegenuber wirtschaftlichen Interessengruppen im Wilhelminischen Deutschland In Ingomar Bog u a Hrsg Wirtschaftliche und soziale Strukturen im Wandel Hannover 1974 Band 3 S 775 ff Einzelnachweise Bearbeiten Blaich S 781 L Brentano Mein Leben im Kampf um die soziale Entwicklung Deutschlands Jena 1931 S 232 Zit n Blaich S 782 Blaich S 780 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